VwGH vom 02.09.2008, 2008/16/0080
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der G O in W, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , Zl. 100 Jv 1532/08y-33a, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem dieser in Ablichtung angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Die Beschwerdeführerin hatte beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eine Darlehensforderung samt Zinsen eingeklagt. Mit dem Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom war ihr das eingeklagte Darlehenskapital zugesprochen worden, nicht jedoch die zwischen Darlehensgewährung und Urteilsfällung abgereiften Zinsen in Höhe von rund 16.000 EUR. Gegen dieses Urteil hatte die Beschwerdeführerin berufen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde einem Berichtigungsantrag der Beschwerdeführerin gegen einen Zahlungsauftrag der Kostenbeamtin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom nicht Folge, mit welchem von der Beschwerdeführerin eine Gerichtsgebühr in Höhe von 934 EUR samt Einhebungsgebühr von 8 EUR begehrt worden war. Da im Beschwerdefall in der Berufung gegen das erwähnte Urteil lediglich Zinsen im Betrag von 15.988,02 EUR geltend gemacht worden seien, sei dieser Betrag gemäß § 18 Abs. 2 Z 4 GGG für die Gebührenberechnung heranzuziehen. Daraus ergebe sich eine Pauschalgebühr für das Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz um 934 EUR.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Recht verletzt, für die Bekämpfung des erstgerichtlichen Urteils betreffend den Nichtzuspruch von Zinsen keine Gerichtsgebühr bezahlen zu müssen.
Nach § 14 des Gerichtsgebührengesetzes - GGG ist Bemessungsgrundlage der Gerichtsgebühren, soweit im Folgenden nicht etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.
§ 54 JN (Wert des Streitgegenstandes) lautet:
"§ 54. (1) Für die Berechnung des für die Zuständigkeit maßgebenden Wertes des Streitgegenstandes ist der Zeitpunkt der Anbringung der Klage entscheidend.
(2) Zuwachs, Früchte, Zinsen, Schäden und Kosten, die als Nebenforderungen geltend gemacht werden, bleiben bei der Wertberechnung unberücksichtigt."
TP 1 GGG sieht als Pauschalgebühren in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz bei einem näher abgestuften Wert des Streitgegenstandes abgestufte Gebühren vor.
TP 2 GGG sieht als Pauschalgebühren in Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz bei einem näher abgestuften Berufungsinteresse abgestufte Gebühren vor.
§ 18 (Wertänderungen) GGG lautet:
"§ 18. (1) Die Bemessungsgrundlage bleibt für das ganze Verfahren gleich.
(2) Hievon treten folgende Ausnahmen ein:
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1. | ... | |||||||||
2. | ... | |||||||||
3. | Betrifft das Rechtsmittelverfahren oder das Verfahren über eine Wiederaufnahms- oder Nichtigkeitsklage nur einen Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes, so ist in diesem Verfahren für die Berechnung nur der Wert dieses Teiles maßgebend. Bei wechselseitig erhobenen Rechtsmitteln ..... | |||||||||
4. Wenn ausschließlich der Ausspruch über die Zinsen angefochten wird, ist als Endzeitpunkt für die Zinsenberechnung der Zeitpunkt maßgebend, zu dem dem Rechtsmittelwerber die angefochtene Entscheidung zugestellt worden ist. |
(3) ..."
Die Beschwerdeführerin trägt vor, nach § 54 Abs. 2 JN seien Zinsen Nebenforderungen. Unter der Geltendmachung als Nebenforderung verstehe man die Geltendmachung solcher Ansprüche in einer Klage gemeinsam mit der ihnen zugrunde liegenden Hauptforderung oder eines Teiles von dieser. Die Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z 4 GGG lege lediglich den Endzeitpunkt für die Zinsenberechnung fest, bestimme aber nicht, dass der so ermittelte Betrag die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Gerichtsgebühr sei. Dies hätte der Gesetzgeber - so er es gewollt hätte - ausdrücklich festschreiben müssen. Bei der Streitwertberechnung hätten Zinsen, die als Nebenforderung, also in einer Klage gemeinsam mit der ihnen zugrunde liegenden Hauptforderung geltend gemacht werden, ohne Berücksichtigung zu bleiben.
Die Beschwerdeführerin übersieht, dass die Anordnung des § 54 Abs. 2 JN, wonach Zinsen usw. bei der Wertberechnung unberücksichtigt zu bleiben haben, auf die Fälle beschränkt ist, in denen Zinsen usw. als Nebenforderung geltend gemacht werden. Werden in einer Berufung ausschließlich Zinsen geltend gemacht und ist die mit der Klage geltend gemachte Hauptforderung etwa wegen Zuspruchs durch das erstinstanzliche Urteil nicht (mehr) Gegenstand des Berufungsverfahrens, trifft diese Voraussetzung des § 54 Abs. 2 JN nicht zu.
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zu § 18 Abs. 2 Z 4 GGG ist entgegen zu halten, dass nach dem Wortlaut dieser Bestimmung die Fälle erfasst sind, in denen ausschließlich der Ausspruch über die Zinsen angefochten wird, also gerade eine Fallgestaltung wie sie im Beschwerdefall vorliegt. Die Ansicht der Beschwerdeführerin hätte zur Folge, dass - da von der im Verfahren in erster Instanz geltend gemachten Hauptforderung im Verfahren in zweiter Instanz nichts geltend gemacht wird - sohin keine Bemessungsgrundlage und keine Gerichtsgebührenpflicht für die Einbringung der Berufung bestünde und § 18 Abs. 2 Z 4 VwGG keinen Anwendungsbereich hätte.
Wird wie im Beschwerdefall die in erster Instanz geltend gemachte Hauptforderung mit Berufung nicht geltend gemacht, sondern werden nur die im Verfahren in erster Instanz als Nebenforderung zur Hauptforderung geltend gemachten Ansprüche mit Berufung geltend gemacht, sind diese Ansprüche als Berufungsinteresse zu sehen. Gerade diese Fälle hat auch der Gesetzgeber bei § 18 Abs. 2 Z 4 GGG offenbar vor Auge, wie aus den Materialen zum GGG hervorgeht (vgl. den Bericht des Justizausschusses, 454 BlgNR 16. GP, 2).
Da der Inhalt der Beschwerde bereits erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am