VwGH vom 14.11.2006, 2006/05/0012

VwGH vom 14.11.2006, 2006/05/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der Martha Selinger in Wien, vertreten durch Dr. Gottfried Bischof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilerstätte 18-20, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB - 221/05, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: wvg Bauträger GesmbH in Wien, vertreten durch Lattenmayer Luks & Enzinger, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mahlerstraße 11), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei ist Eigentümerin mehrerer zu einem Bauplatz vereinigter Grundstücke in der KG Simmering, Studenygasse 12 bis 14, mit einer Gesamtfläche von 2.299 m2.

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des im Westen an den Bauplatz der mitbeteiligten Partei angrenzenden Grundstückes Studenygasse 10.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom wurden für den Bauplatz der mitbeteiligten Partei gestützt auf das Plandokument (PD) 6886 die Bebauungsbestimmungen wie folgt bekannt gegeben (auszugsweise):

"Die durch den Bebauungsplan festgesetzte Baufluchtlinie ist im beiliegenden Plan festgehalten.

Aus dem Bebauungsplan ergibt sich für die Liegenschaft an der Studenygasse:

Gemischtes Baugebiet, Bauklasse II (zwei) und die

geschlossene Bauweise.

Es bestehen folgende Bebauungsbeschränkungen:


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-
In der Bauklasse II (zwei) beträgt die Gebäudehöhe maximal 10,5 m.
-
Bebaubare Fläche maximal 33 % (lt. Plan).
-
...
-
Auf den mit BB 1 bezeichneten Flächen ist die Unterbrechung der geschlossenen Bauweise zulässig.
..."
Aus dem diesen Bebauungsbestimmungen, welche mit dem PD 6886 übereinstimmen, angeschlossenen Plan ist ersichtlich, dass der an der Studenygasse liegende, mit "geschlossen" und "BB 1" bezeichnete Teil des Bauplatzes durch eine Baulinie (an der Studenygasse) und davon 20 m entfernt durch eine (mit der Bauline parallel verlaufende) Baufluchtlinie begrenzt ist (in der Folge bezeichnet mit Teilfläche 1; sie ist 770 m2 groß). Der außerhalb dieser Linien liegende Teil des Bauplatzes (in der Folge bezeichnet mit Teilfläche 2; Größe 1.529 m2) enthält den Vermerk "bebaubare Fläche max. 33 %" (in PD 6886 umschrieben mit "33 %").
Mit Eingabe vom beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung einer Baubewilligung für den Neubau eines Wohnhauses auf ihrem eingangs beschriebenen Bauplatz. Nach den Einreichplänen sollen die Stiegen 1 und 2 des geplanten Wohnkomplexes innerhalb der Baulinie und Baufluchtlinie (Teilfläche 1) in geschlossener Bauweise von seitlicher Grundstücksgrenze zu seitlicher Grundstücksgrenze errichtet werden. Die geplante verbaute Fläche beträgt 712 m2. Die auf der Teilfläche 2 (östlich der Baufluchtlinie) vorgesehene Stiege 3 sah (ursprünglich) eine verbaute Fläche von 554,50 m2 vor.
Die Beschwerdeführerin wendete gegen das Bauvorhaben u. a. ein, dass die Beschränkung der bebaubaren Fläche und die Baufluchtlinien überschritten würden.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom wurde der mitbeteiligten Partei die beantragte Baubewilligung zur Errichtung einer Wohnhausanlage mit 43 Wohneinheiten und einer Tiefgarage mit 43 Kfz-Pflichtstellplätzen sowie diversen Nebenräumen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden teils als nicht begründet abgewiesen, teils als unzulässig zurückgewiesen. Mit einem Teil ihrer Einwendungen wurde die Beschwerdeführerin auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Bezüglich der Überschreitung der bebaubaren Fläche durch das bewilligte Bauvorhaben führte die Baubehörde erster Instanz in der Begründung aus, dass auf der Teilfläche 1 des Bauplatzes eine maximale Bebauung von ca. 770 m2 zulässig sei, das gegenständliche Bauvorhaben in diesem Bereich jedoch nur eine Verbauung von 712 m2 vorsehe. Auf der Teilfläche 2 sei ausgehend von einer maximalen Bebauung von 33 % des Bauplatzes eine Bebauung von ca. 758,60 m2 möglich; tatsächlich werde nur eine Bebauung von 554,20 m2 begehrt. Das Projekt unterschreite die maximale Bebaubarkeit in diesem Bereich um ca. 204,10 m2. Die vorgesehenen Baufluchtlinien würden eingehalten. Die Baulinie an der Front Studenygasse werde von zwei zulässigen Erkern überschritten; diesbezüglich werde die Bestimmung des § 83 Abs. 2 lit. f Bauordnung für Wien eingehalten. Die zum Nachbargrundstück der Beschwerdeführerin gerichteten Fenster hielten jedenfalls einen Mindestabstand von 2 m (§ 79 Abs. 2 Bauordnung für Wien) ein. Auch die Gebäudehöhe werde nicht überschritten.
Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin ergänzte die belangte Behörde das Verfahren.
Über Aufforderung der belangten Behörde änderte die mitbeteiligte Partei mit Eingabe vom ihr Bauvorhaben dahingehend, dass das auf der Teilfläche 2 des Baugrundstückes geplante Wohngebäude durch Wegnahme eines Gebäudeteiles linker Hand des Stiegenhauses entlang der hinteren Grundstücksgrenze verkleinert wurde. Der entfallende Gebäudeteil hatte nach Angaben der mitbeteiligten Bauwerberin eine Breite von 5,55 m und eine Länge von 10,11 m. Die verbaute Fläche reduziere sich damit um 53,20 m2.
In dem daraufhin von der belangten Behörde eingeholten ergänzenden Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen vom wird ausgeführt:
"Die Gesamtfläche der zur Bebauung vorgesehenen Liegenschaft beträgt 2.299 m2, wobei ca. 770 m2 auf die straßenseitige Teilfläche entfallen und 1529 m2 auf den hinteren Bauplatzteil, für den eine maximal bebaubare Fläche von 33 % vorgesehen ist.
Wenn als Bezugsgröße zur Berechnung der baulichen Ausnützbarkeit des hinteren Bauplatzteiles nur die hintere Teilfläche herangezogen würde, ergibt sich eine maximal zu bebauende Fläche von 504,57 m2, diese würde durch die geplante Bauführung um ca. 2,75 m2 unterschritten werden."
Die Beschwerdeführerin gab hiezu eine Stellungnahme ab, in der sie weiterhin von einer Überschreitung der bebaubaren Fläche ausging.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Baubewilligungsbescheid mit der Abänderung bestätigt, dass sich dieser auf die zum Bestandteil des Berufungsbescheides erklärten Pläne beziehe.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 5 Abs. 4 lit. c Bauordnung für Wien Bebauungspläne zusätzlich neben den Festlegungen nach den Abs. 2 und 3 dieses Paragraphen Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit der Bauplätze und der Baulose oder von Teilen davon enthalten könnten. § 5 Abs. 6 lit. e Bauordnung für Wien definiere die Baufluchtlinien als Grenzen, über die mit einem Gebäude oder Gebäudeteil mit Ausnahme der gemäß § 84 zulässigen Vorbauten nicht vorgerückt werden dürfe. Den bekannt gegebenen Bebauungsbestimmungen sei eindeutig zu entnehmen, dass für die gesamte Liegenschaft die Widmung Bauland gemischtes Baugebiet festgesetzt sei. Die Beschränkung der bebaubaren Fläche ist nur im hinteren Bereich des Bauplatzes somit von der Baufluchtlinie bis zur hinteren Grundstücksgrenze festgesetzt. Es treffe nicht zu, dass nur der vordere Bereich des Bauplatzes einer Verbauung zugeführt werden dürfe. Auch sei die Ansicht der Beschwerdeführerin verfehlt, die Beschränkung der bebaubaren Fläche auf 33 % gelte für den gesamten Bauplatz. Entsprechend § 5 Abs. 4 lit. d Bauordnung für Wien werde die Behörde ermächtigt, auch für Teile des Bauplatzes Bestimmungen über deren flächenmäßige Ausnützbarkeit im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan zu treffen. Eine derartige Festsetzung werde mit dem hier maßgeblichen PD 6886 getroffen. Die Einteilung der Fluchtlinien bezwecke die klare Unterscheidung dieser Linien nach ihrer Funktion als gegenseitige Begrenzung der für eine unterschiedliche Verwendung bestimmten Grundflächen. Der Nachbar habe hinsichtlich der in einem Bebauungsplan angeordneten gärtnerisch auszugestaltenden Fläche ein subjektives Recht auf Freihaltung von oberirdischen Bauten, jedoch keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf Einhaltung dieser Anordnung. Durch die projektierte Bauführung würden weder die Baufluchtlinien noch die maximal bebaubare Fläche überschritten. Eine Verletzung der Anordnung zur Einhaltung gärtnerisch auszugestaltender Grundflächen sei ebenso nicht zu erkennen. Aus den Einreichplänen ergebe sich klar, dass der Wohntrakt im vorderen Bereich der Liegenschaft keine Fenster zum Grundstück der Beschwerdeführerin aufweise. Der auf der Teilfläche 2 errichtete Bau befinde sich in einem Abstand von deutlich mehr als 2 m zur Nachbarliegenschaft. Auch werde die maximale Gebäudehöhe an der der Beschwerdeführerin zugekehrten Front nicht überschritten. Aus der vorliegenden Fassadenabwicklung gehe eindeutig hervor, dass die der Liegenschaft der Beschwerdeführerin zugewandte Seite des Gartentraktes eine mittlere Höhe von 10,46 m aufweise und somit unter der höchstzulässigen Gebäudehöhe bleibe. Die Gebäudehöhe im vorderen Bereich des Straßentraktes übersteige nicht 10,50 m. Dasselbe gelte auch für die hinteren, eine Trakttiefe von 15 m übersteigenden und nach § 81 Abs. 2 Bauordnung für Wien zu berechnenden Teile des vorderen Traktes.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihren aus der BO für Wien erfließenden Rechten, insbesondere ihren subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 134a Abs. 1 lit. c und d BO für Wien" verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und führt aus, sie habe rechtzeitig Einwendungen gegen das Bauvorhaben wegen Überschreitung der maximal bebaubaren Fläche von 33 % und der vorgeschriebenen geschlossenen Bauweise erhoben. Die belangte Behörde habe sich zwar mit dem Berufungsvorbringen zur maximal bebaubaren Fläche, nicht aber mit jenen zur geschlossenen Bauweise auseinander gesetzt. Die Beschränkung der bebaubaren Fläche auf maximal 33 % beziehe sich auf die gesamte Bauplatzfläche. Die von der belangten Behörde vorgenommene Teilung der Bauplatzfläche in einen zu 100 % bebaubaren Teil und in einen einer 33 %igen Beschränkung unterliegenden Teil sei rechtlich nicht haltbar. Im Ergebnis führe diese Ansicht der belangten Behörde dazu, dass ca. 55 % der Bauplatzfläche zulässigerweise bebaut werden dürften. Unstrittig stehe fest, dass von einem und nicht mehreren Bauplätzen auszugehen sei. Die prozentuelle Beschränkung der bebaubaren Fläche im PD 6886 beziehe sich immer auf die Fläche des Bauplatzes. Diese betrage 2.299 m2. Entsprechend der Legende des Plandokumentes habe dies eine Beschränkung der bebaubaren Fläche auf 758,67 m2 zur Folge. Dem PD 6886 und dessen Legende könnten nicht entnommen werden, dass der Bauplatz auch hinsichtlich der Berechnung der bebaubaren Fläche in zwei oder mehrere Teile zerfalle. Aus keiner Regelung des Plandokumentes lasse sich ableiten, dass die Sonderwidmung BB 1 der an der Straßenfront gelegenen Liegenschaftsseite die Beschränkung der bebaubaren Fläche beseitige oder deren Berechnungsgrundlagen ändere. Es bleibe vielmehr dabei, dass die Fläche des - einheitlichen - Bauplatzes nach wie vor als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der bebaubaren Fläche heranzuziehen sei. Die Teilung des gegenständlichen Bauplatzes in unterschiedliche Teilflächen mit unterschiedlichen Beschränkungen der Bauplatzfläche sei weder dem Gesetz noch dem PD 6886 noch den sonstigen örtlichen Bebauungsbestimmungen zu entnehmen. § 5 Abs. 4 lit. d Bauordnung für Wien würde zwar erlauben, eine Beschränkung der bebaubaren Fläche etwa für "die Bauplatzfläche, soweit diese nicht straßenseitig liegt" zu normieren. Im hier anzuwendenden Plandokument sei dies jedoch nicht geschehen. Für den Fall, dass sich die von der Beschwerdeführerin vertretene Auffassung nicht eindeutig aus dem Plandokument ableiten lasse, wäre dieses Plandokument wegen Widerspruchs zum verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot des Art. 18 B-VG gesetzwidrig. Das PD 6886 enthalte für die gesamte Bauplatzfläche die Widmungsbeschränkung "g"; dies sei nach der Legende als geschlossene Bauweise im Sinne des § 76 Abs. 1 lit. e Bauordnung für Wien zu interpretieren. Das bewilligte Gebäude sei nicht von der einen seitlichen Bauplatzgrenze zu der anderen durchgehend geplant. Vielmehr entstünden in Wahrheit mehrere eigenständige Baukörper. Eine durchgehende Bebauung liege somit nicht vor. Die Anordnung der durchgehenden Bebauung gelte sowohl für den straßenseitig gelegenen Bereich als auch für den rückseitig gelegenen Bereich, für den nicht einmal die Sonderwidmung "BB 1" gelte. Die belangte Behörde habe diesen Aspekt überhaupt nicht geprüft. Die Beschwerdeführerin habe die mangelnde Übereinstimmung des Vorhabens mit der entsprechenden Widmung des Plandokumentes bzw. den Regelungen des § 76 Bauordnung für Wien auch mehrfach eingewendet. Der Widerspruch des Vorhabens mit den entsprechenden Widmungen stehe der bescheidmäßigen Genehmigung daher eindeutig entgegen. Da eine Begründung für die Annahme der geschlossenen Bauweise überhaupt fehle, habe die belangte Behörde ihren Bescheid auch mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin hat in dem der Beschwerde zu Grunde liegenden Baubewilligungsverfahren als Eigentümerin einer dem Baugrundstück benachbarten Liegenschaft infolge rechtzeitiger Einwendungen Parteistellung im Sinne des § 134 Abs. 3 dritter Satz Bauordnung für Wien erlangt. Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die beschwerdeführende Nachbarin eine Verletzung ihrer subjektivöffentlichen Nachbarrechte durch den angefochtenen Bescheid im Sinne des § 134a Abs. 1 lit. c und d Bauordnung für Wien geltend.
Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
"Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

§ 134a.

(1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

...

c) Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;

d) Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;

..."

Gemäß § 5 Abs. 4 lit. d Bauordnung für Wien können die Bebauungspläne auch Bestimmungen über die flächenmäßige bzw. volumenbezogene Ausnützbarkeit der Bauplätze und der Baulose oder von Teilen davon enthalten.

Das im Beschwerdefall maßgebliche PD 6886 enthält für den Bauplatz der mitbeteiligten Bauwerberin eine flächenmäßige Ausnützung von 33 %. Diese Anordnung bezieht sich jedoch nur auf die Teilfläche 2 des Bauplatzes; das ist jener Bauplatzteil, der außerhalb des an der Studenygasse liegenden Flächenteiles liegt, der von der Baulinie und Baufluchtlinie eingegrenzt ist (Teilfläche 1). Für den letztgenannten Teil der Bauplatzfläche (Teilfläche 1) gibt es keine im PD 6886 angeordnete Bestimmung über die Ausnützbarkeit gemäß § 5 Abs. 1 lit. d Bauordnung für Wien. Für diese Teilfläche sind daher die in der Bauordnung für Wien vorgesehenen Regelungen über die Ausnützbarkeit des Bauplatzes heranzuziehen. Eine unterschiedliche Regelung über die flächenmäßige Ausnützbarkeit der Bauplätze, wie sie durch die planlichen Darstellungen im hier anzuwendenden PD 6886 eindeutig erkennbar ist, ist nach dem klaren Wortlaut des § 5 Abs. 4 lit. d Bauordnung für Wien auch für Teile von Bauplätzen möglich.

Die Bauordnung für Wien regelt im § 5 den Inhalt der Bebauungspläne, insbesondere die Fluchtlinie, § 76 die Bauweisen und die Ausnützbarkeit der Bauplätze. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Regelungen dieses Paragraphen haben folgenden Wortlaut:

"Inhalt der Bebauungspläne

§ 5. (1) Die Bebauungspläne haben darzustellen, ob bzw. in welcher Weise die von den Flächenwidmungsplänen erfassten Grundflächen und die darüber- oder darunterliegenden Räume bebaut werden dürfen bzw. welche Rechte und Verpflichtungen sich für die Eigentümer (Miteigentümer) der Grundflächen aus den Bebauungsbestimmungen ergeben.

...

(6) In den Bebauungsplänen können folgende Fluchtlinien festgesetzt werden:

a) Baulinien, das sind die Grenzen der im Bauland gelegenen öffentlichen Verkehrsflächen (Wege, Gassen, Straßen und Plätze) gegen alle übrigen Grundflächen des anliegenden Baulandes;

e) Baufluchtlinien, das sind die Grenzen, über die mit einem Gebäude oder Gebäudeteil mit Ausnahme der gemäß § 84 zulässigen Vorbauten nicht vorgerückt werden darf;

f) Grenzlinien, das sind die Grenzen zwischen verschiedenen Widmungsgebieten oder zwischen Grundflächen desselben Widmungsgebietes mit unterschiedlichen Bebauungs- oder Nutzungsbestimmungen, soweit diese Grenzen nicht mit einer anderen Fluchtlinie zusammenfallen.

Bauweisen; Ausnützbarkeit der Bauplätze

§ 76.

(1) In den Bebauungsplänen können folgende Bauweisen ausgewiesen werden:


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a)
offene Bauweise,
b)
gekuppelte Bauweise,
c)
offene oder gekuppelte Bauweise,
d)
Gruppenbauweise,
e)
geschlossene Bauweise.
...

(8) In der geschlossenen Bauweise müssen die Gebäude an Baulinien oder Verkehrsfluchtlinien oder dort, wo gegen die Verkehrsflächen Baufluchtlinien festgesetzt sind, an diesen von der einen seitlichen Bauplatzgrenze zu der anderen durchgehend errichtet werden. Die Behörde hat ein freiwilliges Zurückrücken einzelner Gebäudeteile hinter die Baulinie, Verkehrsfluchtlinie oder Baufluchtlinie dann zuzulassen, wenn hiedurch keine Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes eintritt.

(10a) In jedem Fall müssen mindestens 10 vH der Fläche des Bauplatzes, die 500 m2 übersteigt, von jeder ober- und unterirdischen Bebauung frei bleiben und dürfen darüber hinaus auch nicht versiegelt werden; dies gilt nicht, wenn die so frei zu haltende Fläche geringer als 10 m2 wäre.

..."

Die Bauordnung für Wien sieht für die Errichtung von Gebäuden auf Bauplätzen bzw. Teilen davon, für welche geschlossene Bauweise angeordnet ist, keine Beschränkung des Ausmaßes der bebaubaren Fläche des betroffenen Bauplatz(-teiles) vor. (Die im § 76 Abs. 10a Bauordnung für Wien angeordnete Beschränkung der Bebaubarkeit ist im Beschwerdefall unstrittig eingehalten. Für die nach dieser Gesetzesstelle frei zu haltenden Flächen ist als Berechnungsgrundlage - wie sich aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes ergibt - die Fläche des Bauplatzes heranzuziehen.)

Für den Beschwerdefall bedeutet dies daher, dass die Teilfläche 1 des Bauplatzes der mitbeteiligten Partei, der durch die Baulinie und Baufluchtlinie begrenzt ist, zur Gänze bebaut werden darf. Nur für die Teilfläche 2 dieses Bauplatzes ist die durch § 5 Abs. 4 lit. d Bauordnung für Wien gedeckte flächenmäßige Beschränkung der Ausnützbarkeit dieses Bauplatzteiles mit 33 % vorgesehen. Unstrittig steht fest, dass der Teil des Bauvorhabens, der sich auf die Teilfläche 2 des Bauplatzes bezieht, 1.529 m2 groß ist und die 33 %ige verbaubare Fläche dieses Grundstücksteiles von 504,57 m2 nicht erreicht. Die im PD 6886 ausgewiesene, die Teilflächen 1 und 2 des Bauplatzes trennende Baufluchtlinie hat zugleich die Funktion einer Grenzlinie im Sinne des § 5 Abs. 6 lit. f BO, weshalb die belangte Behörde jedenfalls davon auszugehen hatte, dass für die Teilfläche 2 eine maximale Bebaubarkeit von 33 % gegeben ist.

Für den Beschwerdefall ist das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0221, auf welches von den Parteien mehrfach Bezug genommen wird, nicht von entscheidender Bedeutung, weil der in diesem Erkenntnis enthaltene Rechtssatz, dass die Bezugsgröße für das Ausmaß der Bebauung der gesamte Bauplatz sei, im Zusammenhang mit der Beurteilung des Ausmaßes der bebaubaren Fläche bei offener Bauweise unter Bezugnahme auf § 76 Abs. 10 Bauordnung für Wien getroffen wurde. Im Beschwerdefall kommt jedoch diese Bestimmung nicht zur Anwendung; hier ist die Rechtslage bei geschlossener Bauweise zu beurteilen.

Die von der Beschwerdeführerin behauptete Verletzung des Rechtes auf Einhaltung der vorgeschriebenen geschlossenen Bauweise kann nur im Zusammenhang mit den in § 134a Abs. 1 Bauordnung für Wien taxativ aufgezählten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten von Relevanz sein. So hat der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Verletzung von Abstandsbestimmungen bei geschlossener Bauweise ohne weitere Normierungen im Bebauungsplan festgehalten, dass eine solche Verletzung allein bei einer Überschreitung von Fluchtlinien denkbar sei (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/05/0296). Eine Verletzung der Bestimmungen über die Ausnützbarkeit des Bauplatzes bei geschlossener Bauweise wiederum kommt nur im Rahmen des § 76 Abs. 10a Bauordnung für Wien in Betracht. Eine Einhaltung eines Seitenabstandes in Gebieten, für die der Bebauungsplan die geschlossene Bauweise anordnet, besteht aber nicht, selbst wenn der vorhandene Baubestand nicht in geschlossener Bauweise errichtet ist (vgl. hiezu das hg. zitierte Erkenntnis vom ).

In der geschlossenen Bauweise ist sohin grundsätzlich (sofern nicht im Bebauungsplan gemäß § 5 Abs. 4 lit. d Bauordnung für Wien eine Beschränkung der Ausnützbarkeit des Bauplatzes festgelegt ist) die Verbauung der Liegenschaft von einer seitlichen Grundgrenze zur anderen - von der Regelung des § 76 Abs. 10a abgesehen - ohne Beschränkung auf einen bestimmten Prozentsatz der Bauplatzfläche zulässig (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/05/0178).

Die behaupteten Rechtsverletzungen liegen daher nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am