VwGH vom 09.11.2011, 2008/16/0059
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des P in G, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , GZ. A8/2-U-St.Nr. 11/01/3777-2008, betreffend Getränke- und Speiseeisabgabe für 1999, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Gesamtrechtsnachfolger der P Gastronomie GmbH (in der Folge: Rechtsvorgängerin), welche mit Generalversammlungsbeschluss vom gemäß §§ 2 ff UmwG durch Übertragung des Unternehmens auf den Beschwerdeführer umgewandelt worden war.
Mit Bescheid vom setzte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz gegenüber der Rechtsvorgängerin Getränke- und Speiseeisabgabe für 1999 in Höhe von insgesamt S 106.151,-- fest, weil die Rechtsvorgängerin zwar die Bemessungsgrundlagen zur Errechnung der Getränke- und Speiseeisabgabe bekannt gegeben, den Abgabenbetrag aber mit Null ausgewiesen habe.
Die Rechtsvorgängerin erhob dagegen Berufung.
Ein Vorhalt des Stadtsenates vom wurde mit Schreiben vom dahingehend beantwortet, der Betrieb sei eine Speisegaststätte, in welchem Personal zur Bedienung der Gäste eingesetzt werde. Es seien Küche, Gasträume und Toiletten vorhanden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Rechtsvorgängerin als unbegründet abgewiesen und die Abgabenfestsetzung bestätigt. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers habe im Abgabenzeitraum die Pächtergenehmigung zum Betrieb des Gastgewerbes in der Betriebsart "Gasthaus" mit den Berechtigungen gemäß § 189 Abs. 1 GewO 1973 zur Verabreichung von Speisen jeder Art und dem Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen, dem Ausschank von alkoholischen als auch nichtalkoholischen Getränken und dem Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen inne gehabt. Die steuerliche Vertretung der Rechtsvorgängerin habe auch angegeben, dass es sich um eine Speisegaststätte handle, in welcher zur Bedienung der Gäste Personal eingesetzt werde und den Gästen eine Infrastruktur wie Gasträume, Küche, Toilettenanlagen etc. sowie das entsprechende Mobiliar (Tische und Stühle) sowie Geschirr zur Verfügung gestellt werde. Das Unternehmen habe somit Restaurationsumsätze getätigt.
Ob bestimmte Umsätze Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen seien, richte sich nach ihrem Wesen, welches im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln sei. Der EuGH habe in seinem Urteil vom , Rs C-231/94, festgestellt, dass Restaurationsumsätze, die in der Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr bestünden, keine Lieferungen von Gegenständen darstellten, sondern als Dienstleistungen anzusehen seien. Solche Umsätze seien durch eine Reihe von Vorgängen gekennzeichnet, von denen nur ein Teil in der Lieferung von Nahrungsmitteln bestehe, während die Dienstleistungen bei weitem überwiegen würden.
Nach der Grazer Getränke- und Speiseeisabgabe-Verordnung 1994 falle die entgeltliche Abgabe von Getränken in "Restaurants" unter den Tatbestand der "Lieferung". Die Erhebung der Getränkesteuer nach dieser Verordnung sei daher in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Abgabenzeiträume in den Fällen der sogenannten Restaurationsumsätze zulässig. Gemeinschaftsrechtlich seien solche Umsätze aber ab dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union als "Dienstleistungen" und nicht als "Lieferungen" anzusehen. Die Erhebung der Getränkesteuer habe daher nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen.
Auf Grund der Gewerbeberechtigung und der Betriebsführung sei von einer Bewirtungstätigkeit auszugehen. Die Vorschreibung der Getränkesteuer habe daher nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen und sei auch nach den nationalen Bestimmungen nicht rechtswidrig gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf "Nichtvorschreibung von Abgaben nach der Steiermärkischen Getränke- und Speiseabgabeverordnung 1999" verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Mit dem Urteil vom in der Rechtssache Rs C- 437/97 ("Evangelischer Krankenhausverein Wien und Wein Co HandelsgesmbH") sprach der Europäische Gerichtshof (EuGH) aus, dass das Unionsrecht der Beibehaltung einer auf alkoholische Getränke erhobenen Steuer wie der in jenem Verfahren zugrundeliegenden österreichischen Getränkesteuer auf die entgeltliche Lieferung von alkoholischen Getränken entgegensteht.
Mit seinem Urteil vom , Rs C-491/03 ("Ottmar Hermann") präzisierte der EuGH, dass eine Steuer, die auf die entgeltliche Abgabe alkoholhaltiger Getränke zum unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle im Rahmen einer Bewirtungstätigkeit erhoben wird, als eine Steuer auf Dienstleistungen im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren im Sinn von Art. 3 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 92/12/EWG anzusehen ist.
Nach dem hg. Erkenntnis vom , 2005/16/0217, ist aus dem zuletzt genannten zu folgern, dass eine auf Dienstleistungen - und nicht auf Waren - erhobene Getränkesteuer, die keine umsatzbezogene Steuer ist, auch dann nicht gegen die Bestimmungen der Richtlinie 92/12/EWG des Rates und das Gemeinschaftsrecht verstößt, wenn bei dieser Dienstleistung alkoholhaltige Getränke entgeltlich abgegeben werden. Diese Klarstellung ergibt, dass zwar die Erhebung einer Getränkesteuer auf die entgeltliche "Lieferung" von alkoholischen Getränken gemeinschaftsrechtswidrig ist, die Getränkesteuer auf Dienstleistungen aber nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstößt. Das Vorliegen einer Dienstleistung ist aus einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln. Es ist für jeden Umsatz festzustellen, ob "Dienstleistungen" oder "Lieferungen" der Getränkesteuer zugrunde lagen.
Im Urteil vom , Rs C-231/94, hat der EuGH ausgesprochen, dass sich die Unterscheidung, ob bestimmte Umsätze Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen sind, nach ihrem Wesen richtet. Dieses ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln. Die Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr ("Restaurationsumsätze") ist das Ergebnis einer Reihe von Dienstleistungen vom Zubereiten bis zum Darreichen der Speisen. Dabei wird dem Gast zugleich eine organisatorische Gesamtheit zur Verfügung gestellt, die sowohl einen Speisesaal mit Nebenräumen (Garderoben u. a.) als auch das Mobiliar und das Geschirr umfasst. Gegebenenfalls werden Kellner das Gedeck auflegen, den Gast beraten, die angebotenen Speisen oder Getränke erläutern, diese auftragen und schließlich nach dem Verzehr die Tische abräumen. Somit ist der Restaurationsumsatz durch eine Reihe von Vorgängen gekennzeichnet, von denen nur ein Teil in der Lieferung von Nahrungsmitteln besteht, während die Dienstleistungen bei weitem überwiegen. Er ist daher als Dienstleistung zu betrachten. Etwas anderes gilt hingegen, wenn sich der Umsatz auf Nahrungsmittel "zum Mitnehmen" bezieht und daneben keine Dienstleistungen erbracht werden, die den Verzehr an Ort und Stelle in einem geeigneten Rahmen ansprechend gestalten sollen.
Im Beschwerdefall wurden die alkoholischen Getränke in einer Speisegaststätte zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben, wobei den Gästen eine Infrastruktur wie Gasträume, Geschirr, Tische, Stühle, Toilettenanlagen usw. zur Verfügung gestellt wurden und in welcher zur Bedienung der Gäste Personal eingesetzt wurde. Dass die Getränke im Rahmen von Restaurationsumsätzen abgegeben worden seien, bestreitet der Beschwerdeführer nicht. Er behauptet nicht, dass Getränke auch im Rahmen von Gassenverkäufen abgegeben worden seien.
Zu seinem Vorbringen, dass bei der "Verabreichung von alkoholischen Getränken" der "Anteil des Wareneinsatzes gegenüber dem Anteil der Dienstleistung überwiege", genügt es, auf das genannte hinzuweisen, wonach solche Restaurationsumsätze jedenfalls keine Lieferungen von Gegenständen sind, sondern Dienstleistungen. Auf solche darf aber nach den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts Getränkesteuer erhoben werden (vgl. dazu beispielsweise auch das hg. Erkenntnis vom , 2006/16/0134).
Der Beschwerdeführer vertritt überdies die Rechtsauffassung, im Beschwerdefall sei jedenfalls Verjährung eingetreten, weil die Abgabenbehörde nach der Erhebung der Berufung sieben Jahre lang untätig gewesen sei und erst im Juni 2007 eine Berufungsvorentscheidung erlassen habe.
Gem. § 156 Abs. 1 der (im Beschwerdefall noch anzuwendenden) Stmk. LAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung. Nach Abs. 2 leg. cit. beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre, bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre.
Sind seit der Entstehung des Abgabenanspruches (§ 3) fünfzehn Jahre verstrichen, darf der Abgabenanspruch nach § 158 Abs. 3 Stmk. LAO nicht mehr geltend gemacht werden.
Einer Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen hat, steht gem. § 158a Abs. 1 Stmk. LAO der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.
Im Beschwerdefall erfolgte die Abgabenfestsetzung für das Kalenderjahr 1999 mit Bescheid des Stadtsenats der Landeshauptstadt Graz vom , somit innerhalb der Verjährungsfrist. Bereits aus § 158a Abs. 1 Stmk. LAO ergibt sich, dass der Erlassung des angefochtenen Bescheides der Eintritt der Verjährung nicht entgegenstand. Von einem Eintritt der Bemessungsverjährung kann somit keine Rede sein.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am