VwGH vom 08.06.2010, 2010/18/0166
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des H V, geboren am , vertreten durch Mag. Josef Phillip Bischof, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 26/1/3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/98.285/2010, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom wurde der Beschwerdeführer, ein mazedonischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.
Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am gemeinsam mit seiner damaligen Ehefrau und seinem Kind in das Bundesgebiet eingereist sei und einen Asylantrag gestellt habe, der am zweitinstanzlich rechtskräftig abgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer sei jedoch unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben; daher lägen die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmungen des § 66 Abs. 1 FPG - im Grunde des § 53 Abs. 1 leg. cit. vor.
Die Ehe des Beschwerdeführers sei zu einem nicht aktenkundigen Zeitpunkt geschieden worden; am habe die geschiedene Ehefrau einen serbischen Staatsbürger geheiratet. Sie lebe mit diesem, ihrer Tochter und einem weiteren, im Jahr 2009 geborenen Kind im gemeinsamen Haushalt. Die geschiedene Ehefrau sowie die Tochter des Beschwerdeführers verfügten auf Grund der neuerlichen Eheschließung über Aufenthaltstitel.
Der Beschwerdeführer könne hingegen auf keine sonstigen familiären Bindungen im Bundesgebiet verweisen. Er habe keinen regelmäßigen Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt; die Obsorge für seine Tochter komme offenbar der Mutter zu. Zwar sei angesichts dieser Umstände von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen, dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse verstoße jedoch gravierend, wer - wie der Beschwerdeführer - illegal in das Bundesgebiet gelangt sei, hier einen Asylantrag stelle, der sich als unberechtigt erweise, und auch nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens unrechtmäßig in Österreich verbleibe. Auf Grund der dargestellten Gesamtumstände sei der Beschwerdeführer keinesfalls als schwerwiegend integriert anzusehen. Das Gewicht der familiären Bindungen zu seiner Tochter werde insofern relativiert, als diese bei ihrer Mutter lebe und dem Beschwerdeführer die Obsorge offenbar nicht zukomme. Zu beachten sei auch, dass der Beschwerdeführer sowohl allfällige Sorgepflichten vom Ausland aus wahrnehmen könne als auch - wenn auch eingeschränkt - den Kontakt zu seiner Tochter vom Ausland aus aufrecht erhalten könne. Diese Einschränkung werde er im öffentlichen Interesse zu tragen haben. Nach der Aktenlage sei der Beschwerdeführer auch mittellos bzw. habe er die Mittel zu seinem Lebensunterhalt nicht darlegen können.
Insgesamt komme seinen privaten Interessen keinesfalls derartiges Gewicht zu, dass demgegenüber das genannte öffentliche Interesse an der Wahrnehmung eines geordneten Fremdenwesens in den Hintergrund zu treten hätte. Die Erlassung der Ausweisung erweise sich daher auch im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG als zulässig.
Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde auch keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn gemäß § 42 Abs. 2 VwGG aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer am nach Österreich eingereist ist, sein Asylantrag mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom rechtskräftig abgewiesen wurde und sich der Beschwerdeführer somit unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Im Hinblick darauf begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.
2. Die Beschwerde wendet sich gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG vorgenommenen Interessenabwägung und bringt dazu im Wesentlichen vor, die belangte Behörde hätte im Zuge einer vollständigen Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes ermitteln müssen, inwiefern trotz der Ehescheidung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner minderjährigen Tochter eine familiäre und täglich gelebte Bindung bestehe. Die belangte Behörde habe auch nicht begründet, warum sie die Interessen der zur Niederlassung im österreichischen Bundesgebiet berechtigten minderjährigen Tochter des Beschwerdeführers gänzlich unberücksichtigt lasse. Dabei könne nicht formell auf die Frage der Obsorgeberechtigung abgestellt werden. Dass eine Integration des Beschwerdeführers am Arbeitsmarkt nicht erfolgt sei, könne diesem auf Grund der geltenden Vollzugspraxis zum Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht zur Last gelegt werden. Unter Hinweis auf eine Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichtes sei bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen, die den Umgang mit einem Kind berührten, maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit bestehe, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen sei.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Die belangte Behörde hat bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 66 FPG den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit August 2003 und seine familiären Bindungen zu seiner minderjährigen Tochter berücksichtigt und zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen. Die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers resultierenden persönlichen Interessen sind jedoch an Gewicht insoweit zu relativieren, als dieser Aufenthalt nur auf Grund eines Asylantrages, der in der Folge rechtskräftig abgewiesen wurde, erlaubt und danach unrechtmäßig war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/18/0258, mwN). Entgegen der Beschwerdeansicht hat die belangte Behörde die familiären Bindungen zwischen dem Beschwerdeführer und seiner minderjährigen Tochter sehr wohl berücksichtigt und darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer allfällige Sorgepflichten auch aus dem Ausland wahrnehmen und den Kontakt zu seiner Tochter - in eingeschränkter Form - vom Ausland aus aufrecht erhalten könne. Dass der Beschwerdeführer für seine minderjährige Tochter obsorgeberechtigt sei, wird auch in der Beschwerde nicht vorgebracht. Der Beschwerdeführer vermochte auch keinen Umstand aufzuzeigen, wonach seine im Familienverband mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und einem weiteren Kind lebende Tochter auf seine Anwesenheit im Bundesgebiet angewiesen sei. Weiters blieb unbestritten, dass der Beschwerdeführer mittellos ist bzw. die Mittel zu seinem Lebensunterhalt nicht darlegen konnte. Dass ihm auf Grund der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes keine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde, vermag seine Interessen nicht zu stärken.
Den - somit relativierten - persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass er sich trotz rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages - unrechtmäßig - weiterhin im Bundesgebiet aufhält, was eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften darstellt, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/18/0324, mwN). Bei Abwägung des angeführten großen öffentlichen Interesses und der gegenläufigen, wie oben dargestellt, relativierten Interessen des Beschwerdeführers begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, selbst dann keinen Bedenken, wenn man berücksichtigte, dass der Beschwerdeführer sowohl verwaltungsstrafrechtlich als auch strafgerichtlich unbescholten sei und zu seinem Herkunftsstaat keine nennenswerten Bindungen aufweise.
3. Schließlich liegen auch die vom Beschwerdeführer in der Verfahrensrüge geltend gemachten Verletzungen der Verpflichtung der belangten Behörde zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes und zur Begründung des Bescheides nicht vor.
4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
5. In Anbetracht dieser Erledigung erübrigt sich auch eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
6. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Wien, am
Fundstelle(n):
XAAAE-80125