VwGH vom 12.10.2009, 2008/16/0050

VwGH vom 12.10.2009, 2008/16/0050

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und Hofrat Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer, über die Beschwerde 1.) des M S und 2.) der A S, beide in S, beide vertreten durch Dr. Gottfried Bischof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilerstätte 18-20, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes Leoben vom , GZ. Jv 2157, 2159- 33/07, 2158, 2160, 2161-33/07, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In mehreren, im angefochtenen Bescheid näher bezeichneten Grundbuchssachen hatten die Beschwerdeführer betreffend die Eintragung von Hypotheken einerseits Gebührenbefreiung gemäß § 53 Abs. 3 und 4 WFG in Anspruch genommen, andererseits aber Gerichtsgebühren entrichtet, wobei später der Erstbeschwerdeführer die Rückzahlung der bezahlten Beträge samt 7 % Zinsen sowie die Leistung einer "Aufwandentschädigungspauschale" begehrte.

Davon abgesehen wurden den beiden Beschwerdeführern (sowie zwei Kreditinstituten) betreffend die Eintragung von Hypotheken sowie hinsichtlich diverser, im angefochtenen Bescheid näher bezeichneter Eingaben-, Eintragungs- und Beglaubigungsgebühren gem. TP 9a), 9b), Z. 4 und TP 11 GGG sowie Einhebungsgebühr gem. § 6 GEG vorgeschrieben, wogegen die beiden Beschwerdeführer einen Berichtigungsantrag stellten.

Unstrittig ist, dass das Eigenheim der Beschwerdeführer an sich eine Wohnnutzfläche von 129,51 m2 aufweist.

Als strittig verblieb zwischen den Beschwerdeführern einerseits und der Justizverwaltungsbehörde andererseits (nach Bereinigung der zunächst bestandenen Unklarheiten betreffend einen im Dachgeschoss des Eigenheims der Beschwerdeführerin befindlichen Balkon, den die Behörde erster Instanz zunächst als Loggia angesehen hatte) der Charakter eines Kellerraumes im Ausmaß von 17,92 m2 samt Vorraum (4,86 m2) dazu, bei dessen Hinzurechnung die gem. § 53 Abs. 3 WFG 1984 zulässige Nutzfläche von 130 m2 überschritten wäre.

Nachdem die Beschwerdeführer in ihrem Berichtigungsantrag behauptet hatten, dass sich im Keller kein Wasseranschluss befinde und dass der Keller aus einem Holzkeller, einem Technikraum, einem Lagerraum für Getränke und Lebensmittel und zwei weiteren Lagerräumen bestehe, kündige die belangte Behörde mit einem am an beide Beschwerdeführer gerichteten und mit Rückschein zugestellten Schreiben zur Abklärung aller Unstimmigkeiten insbesondere betreffend die Kellerräume für den die Durchführung eines Ortsaugenscheines an.

Über diesen Ortsaugenschein, der in Anwesenheit des Erstbeschwerdeführers durchgeführt wurde, wurde von der belangten Behörde folgender Aktenvermerk aufgenommen:

"AV:

Im Zuge des Augenscheines wurde festgestellt, dass der Raum im Kellergeschoß mit 17,92 m2 dermaßen ausgestattet ist, dass dieser jedenfalls den Wohnraum im Erd- und Dachgeschoß entlastet bzw. zu Wohnzwecken geeignet ist.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Boden Parkett bzw. Laminat
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Ledercouch
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Schlafzimmerkasten
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Fitnessgerät
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Heimfussballtisch.
Dieser Umstand wurde mit dem anwesenden Herrn S ausführlich besprochen und auch darauf hingewiesen, dass die Wohnnutzfläche unter Hinzurechnung dieses Raumes jedenfalls 130 m2 übersteigt und dass Gebührenbefreiung nicht gegeben sein kann.
Herr S gibt aber an, dies nicht so zu sehen und gibt seine Absicht bekannt, gegen einen abschlägigen Bescheid wahrscheinlich Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben zu wollen.
Besprochen wurde, dass die seinerzeit die Vorschreibung veranlassende Hinzurechnung des Bereiches des Balkones, welche als Loggia angesehen wurde, zurückgenommen wird.
2 Fotos von dem zu Wohnzwecken geeigneten Kellerraum wurden hergestellt."
Dem AV angeschlossen sind zwei Fotos, wovon eines die im Aktenvermerk festgehaltenen Fakten dokumentiert.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde unter anderem dem Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Rückzahlung der eingezahlten Beträge samt 7 % Zinsen und Zahlung einer "Aufwandentschädigungspauschale" keine Folge (Spruchpunkt II Z. 1a des Bescheides); weiters gab die belangte Behörde den Berichtigungsanträgen der beiden Beschwerdeführer gegen die im Spruch näher bezeichneten, vom Kostenbeamten des Bezirksgerichtes Judenburg erlassenen Zahlungsaufträge keine Folge (Spruchpunkt II Z. 2 lit. a) und lit. b) des Bescheides).
Gegen den Spruchpunkt II 1) lit. a und 2) lit. a richtet sich die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde des Erstbeschwerdeführers; gegen Spruchpunkt II 2) b des angefochtenen Bescheides richtet sich die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde der Zweitbeschwerdeführerin. Die beiden Beschwerdeführer erachten sich je in ihrem Recht auf Gebührenbefreiung gemäß § 53 Abs. 3 und 4 WFG 1984 verletzt und machen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 53 Abs. 3 WFG lautet:

"(3) Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung von Objekten veranlasst sind, die im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnbauförderungsmaßnahme gefördert werden, sind von den Gerichtsgebühren befreit. Bei Wohnungen ist zur Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung überdies Voraussetzung, dass die Nutzfläche 130 m2, bei mehr als fünf im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen 150 m2 nicht übersteigt."

Nach ständiger hg. Judikatur ist der Begriff der Nutzfläche iSd § 53 Abs. 3 WFG 1984 ungeachtet des Umstandes, dass § 2 WFG nicht mehr dem Rechtsbestand angehört, nach § 2 Z. 7 WFG 1984 in der ursprünglichen Fassung auszulegen. Nach dieser Bestimmung war als Nutzfläche die gesamte Bodenfläche einer Wohnung oder eines Geschäftsraums abzüglich der Wandstärken und der im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen) anzusehen; Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind, Treppen, offene Balkone, Terrassen sowie für landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke spezifisch ausgestattete Räume innerhalb einer Wohnung sind bei der Berechnung der Wohnnutzfläche nicht zu berücksichtigen (siehe dazu die bei Stabentheiner, Gerichtsgebühren8 unter E 22 auf S 262 referierte hg. Judikatur).

Kellerräume, die ihrer Ausstattung nach für Wohnzwecke geeignet sind und - wie etwa bei einem Einfamilienhaus - nur von einer Familie oder deren Gästen oder Mietern benützt werden, sind bei der Wohnnutzfläche zu berücksichtigen (Stabentheiner aaO E 23). Räume, die der Entlastung des Wohnraumes im engeren Sinn dienen (Raum zur Aufbewahrung von Gegenständen) zählen zur Nutzfläche; das gilt auch dann, wenn ein Raum kein Tageslicht hat (Stabentheiner aaO E 24). Bei der Ermittlung der Nutzfläche kommt es nicht auf die Bezeichnung des Raumes im Bauplan an, sondern immer auf die tatsächliche Ausstattung im Zeitpunkt, in dem die Gebührenschuld entstanden ist oder entstanden wäre (Stabentheiner aaO E 26).

Die Beschwerde wendet sich im Kern ihrer Ausfertigungen gegen die Begründung des angefochtenen Bescheides und macht insbesondere geltend, es sei nicht zu ersehen, auf Grund welcher Erwägungen die belangte Behörde zur Feststellung gelangte, der in Rede stehende Kellerraum werde wohnlich genutzt. In diesem Zusammenhang macht die Beschwerde auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der beiden Beschwerdeführer mit der Begründung geltend, es habe an einer Gelegenheit gefehlt, zu den Ergebnissen des Augenscheins Stellung zu nehmen; auch die beiden Fotos seien nicht zur Stellungnahme übermittelt worden.

Dazu wird in der Beschwerde erstmals behauptet, die vom Bescheid angeführten Einrichtungsgegenstände seien "ausgemustertes, veraltetes Inventar, welches nicht mehr benützt werde", die Gegenstände seien im Keller nur gelagert und harrten der Entrümpelung. Der Laminatboden sei nur aus Gründen der einfacheren Reinigungsmöglichkeit direkt auf den Estrich gelegt worden.

Diesen Beschwerdeausführungen ist entgegenzuhalten, dass der Erstbeschwerdeführer bei dem von der belangten Behörde durchgeführten Ortsaugenschein persönlich zugegen war (was von der Beschwerde auch gar nicht bestritten wird) und dass er dabei sehr wohl Gelegenheit hatte, die erstmals in der Beschwerde vorgetragenen Argumente geltend zu machen, wozu im Übrigen auch ausreichend Zeit bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides zur Verfügung stand; es vergingen ja zwischen dem Ortsaugenschein und der Bescheiderlassung rund sechs Monate.

Da es nach ständiger hg. Judikatur der Partei, die eine Gebührenbefreiung geltend macht, obliegt, die für das Vorliegen der Befreiung sprechenden Umstände selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels darzulegen (vgl. dazu die bei Stabentheiner aaO unter E 31 referierte hg. Judikatur) erweist sich das erst jetzt in der Beschwerde konkrete Vorbringen jedenfalls als unzulässige Neuerung (§ 41 VwGG).

Im Übrigen vermögen auch die erst jetzt ins Treffen geführten Umstände nichts daran zu ändern, dass der in Rede stehende Kellerraum insbesondere mit Rücksicht auf die Beschaffenheit seines Bodens und den (auch von der Beschwerde nicht in Frage gestellten) darin vorhandenen Schlafzimmerkasten jedenfalls der Entlastung des Wohnraumes im engeren Sinn dient und daher nach der oben zitierten hg. Rechtsprechung zur Nutzfläche zu zählen ist.

Daraus folgt aber, dass dem angefochtenen Bescheid im Ergebnis die von der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. I Nr. 455.

Wien, am