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VwGH vom 29.09.2011, 2008/16/0040

VwGH vom 29.09.2011, 2008/16/0040

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des G in T, vertreten durch Dr. Alexander Puttinger, Dr. Wolfgang Puttinger, Mag. Peter Vogl, Mag. Sabine Wintersberger und Mag. Jörg Steinschnack, Rechtsanwälte in 4910 Ried/Innkreis, Claudistraße 5, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , GZ. RV/0799-L/07, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau waren je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 90 GB xxx und bewohnten das auf dieser Liegenschaft befindliche Gebäude (Wohnhaus mit der Anschrift R 7).

Mit Testament vom samt Nachtrag vom setzten die Eheleute einander gegenseitig als Alleinerben ein und beschränkten die Kinder auf den Pflichtteil.

Am verstarb die Ehefrau des Beschwerdeführers.

Mit Schriftsatz vom an das Bezirksgericht R entschlug sich der Beschwerdeführer seines Erbrechtes unter Vorbehalt seines gesetzlichen Vorausvermächtnisses und des Pflichtteilsanspruches. Die Tochter der Erblasserin und der Beschwerdeführer schlossen gleichzeitig ein Pflichtteilsübereinkommen und hielten unter Punkt 1 fest, dass dem Beschwerdeführer im Rahmen seines gesetzlichen Vorausvermächtnisses insbesondere das Recht zukomme, in der Ehewohnung wie bisher zu wohnen.

Mit Beschluss vom nahm das Bezirksgericht R die Erbsentschlagung des Beschwerdeführers zur Kenntnis, antwortete die Tochter der Erblasserin als Erbin ein und sprach aus, dass ob der der Erblasserin gehörenden Liegenschaftshälfte EZ 90 GB xxx die Einverleibung des Eigentumsrechts für deren Tochter vorzunehmen ist.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber dem Beschwerdeführer die Erbschaftssteuer fest und ging bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbes u.a. von einem Wohnungsrecht in Höhe von 11.954,61 EUR aus, welches es in die Bemessungsgrundlage einbezog.

Nach dem Pflichtteilsübereinkommen stehe dem Beschwerdeführer am gesamten Haus R 7 das Wohnrecht zu. Durch die nunmehrige alleinige Nutzung dieses Hauses (bisher Miteigentümer zur Hälfte) liege die Ausübung eines Rechtes vor, wie sie vorher nicht bestanden habe. Die Annahme des gesetzlichen Vorausvermächtnisses unterliege der Erbschaftssteuer.

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit der Begründung, das Wohnrecht für ihn stelle keinen Erwerb von Todes wegen dar, weil er als Hälfteeigentümer ohnehin bereits berechtigt (gewesen) sei, die Liegenschaft mitzubenützen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Die nunmehrige (alleinige) Nutzung der Wohnung auf Grund des Vorausvermächtnisses trotz Miteigentums einer anderen Person gehe über das bisherige Hälfteeigentum hinaus, weshalb die Annahme des gesetzlichen Vorausvermächtnisses - das Wohnrecht am gesamten Haus - (zur Hälfte) der Erbschaftsteuer unterliege.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer habe das Vorausvermächtnis angenommen, weshalb er das Recht in Anspruch genommen habe, die Ehewohnung weiterhin bewohnen zu können. Dies bedeute nicht, dass nur die Ausübung eines bestehenden Rechtes vorliege, weil er bisher lediglich als Miteigentümer auf Grund dieser Eigenschaft gewisse Rechte ausgeübt habe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer ersichtlich im Recht verletzt erachtet, dass keine Erbschaftssteuer unter Einbeziehung des Vorausvermächtnisses festgesetzt werde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 - ErbStG in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor der Aufhebung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 54/06 ua, unterlag der Erbschaftssteuer der Erwerb von Todes wegen.

Als Erwerb von Todes wegen gilt nach § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches.

Gemäß § 833 ABGB kommen der Besitz und die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache allen Teilhabern insgesamt zu. Somit steht auch jedem Miteigentümer das Recht zur Benützung der gemeinsamen Sache zu. Soweit nicht die Gebrauchsmöglichkeit unbeschränkt ist und jeder Miteigentümer ohne Zustimmung der anderen die Sache benutzen kann, darf er die Sache nur gebrauchen, soweit er den tatsächlichen Gebrauch der anderen dadurch nicht stört. Im Übrigen bedarf die Festlegung der Art und des Umfanges der Benutzung der Regelung durch die Miteigentümer (vgl. Kletecka in Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13, 295, mwN).

Nach § 830 ABGB kann jeder Teilhaber die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Wenn sie mit Einvernehmen nicht erzielbar ist, kann jeder Miteigentümer die Teilung im Klagewege verlangen.

Gemäß § 758 ABGB gebühren dem Ehegatten, sofern er nicht rechtmäßig enterbt worden ist, als gesetzliches Vorausvermächtnis das Recht, in der Ehewohnung weiter zu wohnen, und die zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen, soweit sie zu dessen Fortführung entsprechend den bisherigen Lebensverhältnissen erforderlich sind, zu verwenden.

Während also der Hälfteeigentümer einer Liegenschaft samt Gebäude das Gebäude zwar benutzen kann, es jedoch insbesondere im Fall eines fremden Miteigentümers einer Gebrauchsregelung bedarf, weil auch der andere Miteigentümer dasselbe Gebäude benutzen darf, soll der überlebende Ehegatte durch das Vorausvermächtnis berechtigt werden, die bisherige Ehewohnung allein zu benutzen, ohne dass den Erben oder einen anderen allfälligen Eigentümer ein Mitbenutzungsrecht zukommen soll. Weiters ist im Falle der Miteigentumsgemeinschaft eine Teilungsklage auf Antrag des anderen Miteigentümers möglich, während dem Eigentümer der Wohnung, hinsichtlich welcher dem überlebenden Ehegatten das Wohnrecht infolge des Vorausvermächtnisses zukommt, keine vergleichbare Möglichkeit hat, sich des Wohnungsberechtigten "zu entledigen".

Aus dieser rechtlichen Gestaltung ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer durch die Annahme des Vorausvermächtnisses den Anspruch auf ein durchaus anderes, nämlich umfassenderes Wohnungsrecht erworben hat, als er vorher als Miteigentümer besessen hat.

Es ist dem Beschwerdeführer einzuräumen, dass er bisher bereits einen Nutzungsanspruch nach § 833 ABGB auf Grund seiner Miteigentümerstellung hatte, er übersieht jedoch, dass ihm durch das Vorausvermächtnis diese Benutzungsmöglichkeit kraft eines anderen Rechtsgrundes mit umfangreicherer oder weniger eingeschränkter Nutzungsmöglichkeit zukommt.

Der belangten Behörde ist daher nicht vorzuwerfen, wenn sie in der Annahme des Vorausvermächtnisses den Tatbestand des § 2 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall ErbStG erfüllt gesehen und den - in der Beschwerde nicht bekämpften - Wert des auf die ererbte Miteigentumshälfte entfallenden Wohnrechtes der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftssteuer hinzugerechnet hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am