VwGH vom 17.09.2010, 2006/04/0187
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der Q-Gesellschaft m.b.H. in S, vertreten durch Dr. Hildegard Wanka, Rechtsanwältin in 1080 Wien, Josefstädter Straße 85/2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 30.4-94/2005-7, UVS 30.4-93/2005-6, betreffend Verfall gemäß § 369 GewO 1994 (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem (beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpften) Spruchpunkt I des im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheides wurde Frau Mary X. für schuldig befunden, am an näher genannten Örtlichkeiten (darunter ein Gasthaus) näher beschriebene Teppiche an Privatpersonen feilgeboten und damit unzulässigerweise ein Gewerbe im Umherziehen von Haus zu Haus ausgeübt zu haben. Über Mary X wurde deshalb wegen Übertretung des § 367 Z. 17 GewO 1994 eine Geldstrafe sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, weder Mary X. noch ihr Lebensgefährte Simon Y., der ihr die zum Verkauf angebotenen Teppiche überlassen habe, hätten zum Tatzeitpunkt über eine Gewerbeberechtigung für den Teppichhandel verfügt. Im Zuge des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens habe Simon Y. als Zeuge angegeben, bis 1999 einen Teppichhandel betrieben zu haben. Bis zu diesem Zeitpunkt hätte er von der Beschwerdeführerin Teppiche zum Weiterverkauf bezogen, die er teilweise an seine Lebensgefährtin Mary X. zum Verkauf weitergegeben habe.
Mit Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides wurde, soweit dieser mit der vorliegenden Beschwerde bekämpft wird, der Verfall von 17 näher bezeichneten Teppichen, welche Mary X. bei der erwähnten Verwaltungsübertretung mitgeführt habe und an welchen die Beschwerdeführerin ein Eigentumsrecht behaupte, gemäß § 369 iVm § 367 Z. 17 GewO 1994 iVm § 17 Abs. 1 VStG ausgesprochen.
Zur Begründung dieses Spruchpunktes führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens (hier auf das Wesentliche zusammengefasst) aus, im Verwaltungsverfahren habe trotz Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht restlos geklärt werden können, wie viele der gegenständlichen 17 Teppiche im Eigentum der Beschwerdeführerin stehen. Der schon im erstinstanzlichen Verfahren beigezogene Sachverständige habe nämlich bei einigen Teppichen keine Übereinstimmung der Angaben und der Preise einerseits in den Lieferscheinen und andererseits in den Rechnungen dieser Teppiche feststellen können.
Aber auch wenn die Teppiche im Eigentum der Beschwerdeführerin stünden, so seien sie von der Beschwerdeführerin etwa Anfang 2003 dem Simon Y. überlassen worden, obwohl dieser dem gewerberechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin nur ein einziges Mal, nämlich im Jahre 1992, seinen Gewerbeschein vorgelegt habe. Die Gewerbeberechtigung des Simon Y. sei bereits 1997 erloschen. Dennoch habe die Beschwerdeführerin in weiterer Folge niemals - so auch nicht Anfang 2003 bei der behaupteten Übergabe der gegenständlichen Teppiche an Simon Y. - überprüft, ob dieser zum Weiterverkauf der Teppiche berechtigt sei. Die Beschwerdeführerin hätte daher erkennen müssen, dass die Teppiche zu unbefugten Handelstätigkeiten verwendet werden könnten. Der Ausspruch über den Verfall der Teppiche sei daher rechtmäßig.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 1587/06, abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzte Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführerin, die im vorliegenden Fall einer Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt wurde, hinsichtlich des Ausspruches des Verfalls Parteistellung im Verwaltungsverfahren und Beschwerdelegitimation vor dem Verwaltungsgerichtshof zukommt, weil sie das Eigentum an den für verfallen erklärten Sachen behauptet (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Auflage, unter E 18 zu § 17 VStG referierte Judikatur sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0104).
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf (zu ergänzen: Unterbleiben der) Beschlagnahme und der Verfallenerklärung von Teppichen, die in ihrem Eigentum stehen, verletzt. In der Beschwerde wird vor allem die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft, die aufgrund der Divergenzen zwischen Lieferscheinen und Rechnungen für die Teppiche zu dem Ergebnis gelangte, das Eigentum der Beschwerdeführerin an diesen Teppichen sei nicht restlos klärbar. Die Beschwerdeführerin zeigt in der Beschwerde auf, weshalb diese Divergenzen ihres Erachtens nicht bestehen und daher vom Eigentum der Beschwerdeführerin an den in Rede stehenden Teppichen auszugehen sei.
Dieses Beschwerdevorbringen ist nicht zielführend, weil (wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergibt) auch unter der Annahme, dass die genannten Teppiche bei Erlassung des angefochtenen Bescheides im Eigentum der Beschwerdeführerin standen, der Ausspruch des Verfalls dieser Teppiche rechtmäßig ist:
Die hier maßgebenden §§ 367 und 369 GewO 1994 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 111/2002 lauten auszugsweise:
"§ 367. Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2 180 EUR zu bestrafen ist, begeht, wer
...
17. ein Gewerbe unzulässigerweise im Umherziehen von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus ausübt, auch wenn hiebei fortwährend Anzeigen über die Verlegung des Betriebes in die wechselnden Standorte erstattet werden und nicht der Tatbestand des § 366 Abs. 1 Z 1 gegeben ist;
...
§ 369. Die Strafe des Verfalles von Waren, Eintrittskarten einschließlich Anweisungen auf Eintrittskarten für Theater, Konzerte, Veranstaltungen uä., Werkzeugen, Maschinen, Geräten, Ausrüstungen oder Transportmitteln (§§ 10, 17 und 18 VStG) kann ausgesprochen werden, wenn diese Gegenstände mit einer Verwaltungsübertretung nach § 366 oder nach § 367 Z 15, 16, 17, 18, 19 oder 20 im Zusammenhang stehen; bei einer Verwaltungsübertretung nach § 367 Z 15 kann auch der Verfall des Automaten, mittels dessen die Gewerbeausübung erfolgte, ausgesprochen werden. Von der Verhängung der Strafe des Verfalles ist jedoch Abstand zu nehmen, wenn es sich um Gegenstände handelt, die der Beschuldigte zur Ausübung seines Berufes oder zur Führung seines Haushaltes benötigt."
§ 17 VStG lautet auszugsweise:
"Verfall
§ 17. (1) Sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, dürfen nur Gegenstände für verfallen erklärt werden, die im Eigentum des Täters oder eines Mitschuldigen stehen oder ihnen vom Verfügungsberechtigten überlassen worden sind, obwohl dieser hätte erkennen müssen, dass die Überlassung des Gegenstandes der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde.
..."
Im vorliegenden Beschwerdefall ist aufgrund der Rechtskraft des Spruchpunktes I des angefochtenen Bescheides davon auszugehen, dass Mary X. eine Übertretung des § 367 Z. 17 GewO 1994 begangen, indem sie die gegenständlichen Teppiche (also Waren im Sinne des § 369 GewO 1994) unrechtmäßiger Weise im Umherziehen feilgeboten hat, sodass diese Teppiche im Sinne der letztgenannten Bestimmung mit der Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 17 GewO 1994 in einem Zusammenhang stehen. Da der zitierte § 369 GewO 1994 ausdrücklich den Verfall von Waren als Strafe (der Gesetzgeber verweist in dieser Bestimmung explizit auf die §§ 10, 17 und 18 VStG) vorsieht, konnte die Behörde den Verfall unter den Voraussetzungen des § 17 VStG aussprechen (vgl. Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht, 5. Auflage (2009), S. 434 und das dort zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/07/0083).
§ 17 Abs. 1 VStG sieht auch den Verfall solcher Gegenstände vor, die nicht im Eigentum des Täters oder eines Mitschuldigen stehen, wenn diese Gegenstände dem Täters oder Mitschuldigen vom Verfügungsberechtigten überlassen worden sind, obwohl dieser hätte erkennen müssen, dass die Überlassung des Gegenstandes der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde.
Dass die Beschwerdeführerin als behauptete Eigentümerin und damit Verfügungsberechtigte die Teppiche dem Simon Y. überlassen hat (der durch die Weitergabe der Teppiche an Mary X. zu deren Verwaltungsübertretung beigetragen hat und damit als Mitschuldiger anzusehen ist), wird von der Beschwerde nicht bestritten. Der Verfall war daher gegenständlich gemäß § 17 Abs. 1 VStG zulässig, wenn die Beschwerdeführerin als Verfügungsberechtigte hätte erkennen müssen, dass die Überlassung des Gegenstandes der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde.
Gegen die letztgenannte Tatbestandsvoraussetzung bringt die Beschwerdeführerin lediglich vor, dass ihr bei Übergabe der Teppiche an Simon Y. "nicht bekannt war", dass dessen Gewerbeberechtigung bereits erloschen gewesen sei. Damit übersieht die Beschwerde aber, dass es gemäß § 17 Abs. 1 VStG ausreicht, wenn die Beschwerdeführerin (ungeachtet ihrer tatsächlichen Kenntnisse) "hätte erkennen müssen", dass die Überlassung der Teppiche der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde. Dies ist gegenständlich der Fall, weil unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin dem Simon Y. im Jahr 2003 Teppiche zum Weiterverkauf übergeben hat, obwohl sie seit dem Jahr 1992 nicht mehr überprüft hat, ob dieser die Gewerbeberechtigung zum Weiterverkauf dieser Waren noch besaß.
Da somit der Verfall der in Rede stehenden Teppiche zu Recht ausgesprochen wurde, war die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am