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VwGH vom 16.05.2013, 2013/06/0021

VwGH vom 16.05.2013, 2013/06/0021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätinnen Dr. Bayjones sowie Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde 1. der R E und 2. des W E, beide in U, beide vertreten durch Dr. Herbert Schöpf, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien Straße 34, gegen den Bescheid des Umweltsenates vom , Zl. US 5A/2012/5-18, betreffend Errichtung und Betrieb einer Golfsportanlage (mitbeteiligte Partei: B GmbH Co KG, z.Hd. Herrn Geschäftsführer H S, K, 2. Gemeinde U; weitere Partei: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Beschwerdevorbringens und des angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Mit Antrag vom brachte die erstmitbeteiligte Partei (Bauwerberin) bei der Tiroler Landesregierung einen Antrag auf Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Golfsportanlage in der zweitmitbeteiligten Gemeinde ein. Nach mehreren Verbesserungsaufträgen legte die Bauwerberin am eine konsolidierte Fassung der Antragsunterlagen vor. Das Vorhaben umfasst demnach die Errichtung einer turnierfähigen 18-Loch-Golfsportanlage und unter anderem auch die Errichtung eines Klubhauses einschließlich eines Hotelbetriebes mit Wellnessbereich, Schwimmbad und Tiefgarage sowie Infrastruktureinrichtungen, wie zum Beispiel Übungsanlagen und Unterstandshütten.

Die beschwerdeführenden Parteien sind Eigentümer des südlich unmittelbar an das Bauvorhaben angrenzenden Grundstückes und wandten sich gegen das Vorhaben.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens erteilte die Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom die Genehmigung für das beantragte Vorhaben unter Vorschreibung zahlreicher Nebenbestimmungen.

Die beschwerdeführenden Parteien erhoben fristgerecht Berufung gegen diesen Bescheid und brachten darin - soweit für das gegenständliche Verfahren relevant - vor, die raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen für die Änderung der einschlägigen und genehmigungsrelevanten Pläne (örtliches Raumordnungskonzept, Flächenwidmungsplan, allgemeiner und ergänzender Bebauungsplan) seien nicht gegeben und das raumordnungsrechtliche Verfahren sei mangelhaft, weil die Pläne durch Mitwirkung eines befangenen Sachverständigen mit einem wesentlichen Verfahrensfehler zustande gekommen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid (vom ) wies der Umweltsenat die Berufung der beschwerdeführenden Parteien ab. Dies begründete er - soweit verfahrensrelevant - damit, dass die in Rede stehenden Pläne als Verordnung zu qualifizieren seien und das gesetzmäßige Zustandekommen dieser Pläne - also die verfahrensrechtliche Beurteilung der Erlassung der genannten Pläne - von den Nachbarn nicht als subjektives Recht im auch das Baubewilligungsverfahren umfassende konzentrierte Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000 geltend gemacht werden könne. Auf die von den beschwerdeführenden Parteien dargelegten Umstände sei daher im Berufungsverfahren nicht näher einzugehen gewesen. Dem Berufungsvorbringen, die Änderung des Bebauungsplanes erlaube eine Erhöhung des geplanten Clubhauses um zwei Meter, was von den Gutachtern im UVP-Verfahren nicht habe berücksichtigt werden können, sei zu entgegnen, dass aus Sicht der Nachbarinteressen maßgeblich sei, welches Vorhaben, d.h. im vorliegenden Zusammenhang insbesondere welche Gebäudehöhe und welche Gestaltung des Clubhauses von den Sachverständigen beurteilt und von der Behörde genehmigt worden sei. Eine andere Ausführung sei von der UVP-Genehmigung nicht gedeckt.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom , B 1135/12-4, die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab. In der Begründung des Ablehnungsbeschlusses führte er unter anderem aus:

"Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einen anderen verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat:

Die Mitwirkung einer befangenen Person am Verfahren zur Erlassung eines Bebauungsplanes führt nur dann zu einer Gesetzwidrigkeit, wenn dessen Ergebnis, also die normativen Festlegungen im Bebauungsplan, gesetzwidrig sind."

In der an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen, auftragsgemäß ergänzten Beschwerde machen die beschwerdeführenden Parteien Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 19 Abs. 1 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 87/2009 lautet auszugsweise:

"Partei- und Beteiligtenstellung sowie Rechtsmittelbefugnis

§ 19. (1) Parteistellung haben

1. Nachbarn/Nachbarinnen: Als Nachbarn/Nachbarinnen gelten Personen, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte im In- oder Ausland gefährdet werden könnten, sowie die Inhaber/Inhaberinnen von Einrichtungen, in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen; …

2. die nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehenen Parteien, soweit ihnen nicht bereits nach Z 1 Parteistellung zukommt;

3. …"

Gemäß § 26 Abs. 3 lit. c Tiroler Bauordnung 2011, LGBl. Nr. 57/2011, sind Nachbarn, deren Grundstücke unter anderem unmittelbar an den Bauplatz angrenzen, berechtigt, die Nichteinhaltung der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen.

§ 7 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008, lautet samt Überschrift:

"Befangenheit von Verwaltungsorganen

§ 7. (1) Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:

1. in Sachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen (§ 36a) oder einer ihrer Pflegebefohlenen beteiligt sind;

2. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;

3. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;

4. im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder der Berufungsvorentscheidung (§ 64a) mitgewirkt haben.

(2) Bei Gefahr im Verzug hat, wenn die Vertretung durch ein anderes Verwaltungsorgan nicht sogleich bewirkt werden kann, auch das befangene Organ die unaufschiebbaren Amtshandlungen selbst vorzunehmen."

Die Beschwerde bringt vor, der Amtssachverständige Architekt Dr. C. habe für die Projektwerberin honorierte Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Golfsportanlage erbracht, nämlich die Umweltverträglichkeitserklärung im behängenden Umweltprüfungsverfahren "nach dem Tiroler Umweltprüfungsgesetz (TUB)" (gemeint wohl: § 6 UVP-G 2000) abgegeben. In der Folge sei der Sachverständige in derselben Sache als Amtssachverständiger für die zweitmitbeteiligte Gemeinde tätig geworden, weil er einen strategischen Umweltbericht gemäß § 5 TUB 2005 erstellt habe. Darin habe er in seinem für die Gemeinde ausgearbeiteten strategischen Umweltbericht seine eigenen Ausführungen als Privatgutachter der Projektantin im Rahmen der Abgabe der Umweltverträglichkeitserklärung als Amtssachverständiger zu bewerten gehabt. Die Überprüfung eines Gutachtens durch denselben Gutachter lasse keine objektiven Ergebnisse erwarten; alleine deshalb liege schon eine Befangenheit des Amtssachverständigen vor. In Anbetracht der Doppelbeauftragung als Sachverständiger für die Projektantin und die Gemeinde sowie der auffallend unkritischen Auseinandersetzung mit dem Erläuterungsbericht zur Bebauungsplanänderung seien die Ausschließungsgründe des § 7 Abs. 1 Z 2 und Z 3 iVm § 53 Abs. 1 AVG gegeben gewesen.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Zunächst ist festzuhalten, dass Dr. C. im gegenständlichen Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000 nicht für die Behörde, sondern ausschließlich im Auftrag der Bauwerberin tätig wurde. Das Beschwerdevorbringen hinsichtlich einer behaupteten Befangenheit von Dr. C. im Zusammenhang mit der Erarbeitung der Entscheidungsgrundlage für die Erlassung eines Bebauungsplanes kann im gegenständlichen Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000 schon mangels Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der beschwerdeführenden Parteien nicht zum Erfolg führen.

Die Beschwerde bringt weiter vor, der Beurteilung durch die Sachverständigen sei offensichtlich der Planungs- und Antragsstand vom zugrunde gelegen. Während der Prüfphase der Amtssachverständigen sei ein neuer, geänderter Entwurf des ergänzenden Bebauungsplanes für die vom Vorhaben betroffenen Grundstücke durch die zweitmitbeteiligte Gemeinde vorgenommen worden. Durch die Genehmigung des geänderten, ergänzenden Bebauungsplanes habe die Projektwerberin nunmehr die Möglichkeit, das Bauobjekt höher zu bauen und erst dann die Absturzsicherung in Höhe von nochmals 1 m "draufzusetzen". In Summe werde der Projektwerberin daher unter Umständen die Erhöhung des geplanten Klubhauses um zwei Meter ermöglicht. Dieser Umstand habe von den Amtssachverständigen des UVP-Verfahrens nicht berücksichtigt werden können. Auch wenn der Umweltsenat darauf hinweise, aus Sicht der Nachbarinteressen sei maßgeblich, welches Vorhaben von der Behörde genehmigt worden sei, stelle sich schon die Frage, welchen Sinn die betreffende Änderung des ergänzenden Bebauungsplanes haben solle, wenn nicht den, ihn auch umsetzen zu können. Darin zeige sich, dass den beschwerdeführenden Parteien eine transparente und auf objektiven Grundlagen beruhende Sachentscheidung vorenthalten worden sei und auch in dieser gehäuften Verkennung von Rechtsvorschriften Willkür liege.

Mit diesen Ausführungen ist für die beschwerdeführenden Parteien schon deshalb nichts zu gewinnen, weil - worauf die belangte Behörde zutreffend hinwies - nur jenes Vorhaben errichtet werden darf, das vom Projektwerber entsprechend seinen Einreichunterlagen beantragt und von den Behörden mit Bescheid genehmigt wurde. Dass ein ergänzender Bebauungsplan allenfalls eine höhere Bauführung zulässt, bedeutet jedoch nicht, dass eine solche auch ausgeführt werden darf. Vielmehr ist dafür eine Änderungsgenehmigung - allenfalls auch im Rahmen der Abnahmeprüfung gemäß § 20 Abs. 4 UVP-G 2000 - erforderlich, im Rahmen derer die betroffenen Parteien gemäß § 19 Abs. 1 UVP-G 2000 - somit auch die beschwerdeführenden Parteien - wiederum Gelegenheit zur Wahrung ihrer Interessen haben.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von den beschwerdeführenden Parteien geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am