VwGH vom 05.11.2010, 2006/04/0171
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2006/04/0172
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg 1.) vom , Zl. UVS-1-712/E10-2005, UVS-1-713/E10-2005 und 2.) vom , Zl. UVS-1-714/E10-2005, UVS-1-715/E10-2005, jeweils betreffend eine Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Spruchpunkte
3) der angefochtenen Bescheide richtet, als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist gewerberechtlicher Geschäftsführer der A GmbH, die in H u.a. den Gebrauchtwagenhandel betreibt.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen erstangefochtenen Bescheid vom wurde dem Beschwerdeführer als gewerberechtlichen Geschäftsführer der A GmbH zur Last gelegt, er habe folgende am begangene Verwaltungsübertretungen zu verantworten:
1) Bei der am Betriebsstandort betriebenen Verkaufsstelle sei der Zeitpunkt, ab dem die kundgemachten Öffnungszeiten gelten, nicht ersichtlich bzw. kundgemacht gewesen, was einen Verstoß gegen § 8 Öffnungszeitengesetz 2003 iVm § 368 GewO 1994 darstelle, weshalb über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von EUR 350,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde.
2) Die Betriebsstätte sei am - einem Sonntag - offen gehalten gewesen, obwohl Betriebsstätten an Sonntagen nur für die Ausübung der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz (BZG) fallenden Tätigkeiten offen gehalten werden dürften. Dies stelle eine Übertretung des § 2 Abs. 2 iVm § 4 BZG dar, weshalb über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von EUR 200,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde.
3) Durch den Betrieb der Betriebsanlage am Sonntag dem seien die im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom (betreffend den Verkauf von Gebrauchtwagen) und die im Bescheid vom über die Genehmigung der Änderung dieser Betriebsanlage (Genehmigung einer Werkstätte) enthaltenen Betriebszeiten, die (nach dem erstgenannten Genehmigungsbescheid) mit den gesetzlich vorgesehenen Öffnungszeiten festgelegt worden seien, nicht eingehalten worden und somit - ohne Genehmigung gemäß § 81 GewO 1994 - eine genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage vorgenommen worden, zumal durch die geänderten Betriebszeiten Nachbarn durch Lärm belästigt werden könnten. Wegen Übertretung des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 iVm mit den genannten Genehmigungsbescheiden wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1.000,-- sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen zweitangefochtenen Bescheid vom wurden dem Beschwerdeführer als gewerberechtlichen Geschäftsführer der A GmbH die gleichen Verwaltungsübertretungen - begangen zum Tatzeitpunkt Sonntag, - zur Last gelegt und jeweils gleich hohe Strafen verhängt.
Gegen diese beiden Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Voranzustellen ist, dass über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte 1) und 2) eine gesonderte Entscheidung des zuständigen Senates des Verwaltungsgerichtshofes ergehen wird.
Zu den gegenständlichen Spruchpunkten 3) der beiden angefochtenen Bescheide (Übertretungen des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994) hat die belangte Behörde nach durchgeführter mündlicher Verhandlung und Vernehmung von Zeugen festgestellt, dass sich rund um die Betriebsanlage ein Zaun mit einem Tor befinde, das zum Tatzeitpunkt offengehalten gewesen sei, damit die dort abgestellten Autos besichtigt haben werden können. Das Firmengelände sei somit am Tattag offen und zugänglich gewesen. Mehrere betriebsfremde Personen hätten sich innerhalb der Umzäunung aufgehalten. Ein Mechaniker habe an einem Pkw Arbeiten durchgeführt. Gegen 16.50 Uhr habe ein Pkw-Lenker ein auf die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft zugelassenes Probefahrtkennzeichen zurückgebracht. Ein Kunde sei zur Abholung seines Fahrzeuges am Tattag zur Betriebsstätte bestellt worden. Auch der Beschwerdeführer habe in der Verhandlung bestätigt, dass das Tor am Sonntag offen gehalten werde, damit Leute die Autos besichtigen könnten, doch finde nach seinen Angaben am Sonntag kein Verkauf statt.
Auch hinsichtlich des im zweitangefochtenen Bescheid maßgeblichen Tatzeitpunktes stellte die Behörde fest, dass das Tor offen gehalten worden sei, sodass es betriebsfremden Personen möglich gewesen sei, Kraftfahrzeuge zu besichtigen. Damit sei es diesen Personen gestattet worden, die Betriebsanlage - der Art des Betriebes gemäß - in Anspruch zu nehmen. Außerdem ergebe sich hinsichtlich dieses Tatzeitpunktes, dass nicht nur das Tor zum Verkaufsareal, sondern auch die Tür zum Geschäftsraum geöffnet gewesen sei und dass sich vor dem Eingang des Bürocontainers Personen aufgehalten hätten. Diese hätten den kontrollierenden Polizeiorganen mitgeteilt, der Beschwerdeführer werde in 30 Minuten zurückkommen.
Ausgehend von diesem Sachverhalt, den die belangte Behörde nicht zuletzt auf die ihres Erachtens glaubwürdigen Aussagen der einvernommenen Zeugen stützte, führte sie in rechtlicher Hinsicht aus, dass sich die zulässigen Betriebszeiten der gegenständlichen Betriebsanlage entsprechend dem gewerberechtlichen Genehmigungsbescheid vom nach den gesetzlich vorgesehenen Öffnungszeiten richte. Da gemäß § 4 Abs. 3 Öffnungszeitengesetz 2003 Verkaufsstellen von Montag bis Freitag zwischen 05.00 Uhr und 21.00 Uhr und an Samstagen von 05.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet sein dürfen, habe der Beschwerdeführer durch den Betrieb der Betriebsanlage an den genannten Sonntagen diese Betriebsanlage ohne entsprechende Änderungsgenehmigung betrieben. Die Genehmigungspflicht dieser Änderung ergebe sich daraus, dass Nachbarn durch den Lärm der Personen, die die Betriebsanlage aufsuchten bzw. durch den Lärm der festgestellten Arbeiten belästigt werden könnten.
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ging die belangte Behörde von vorsätzlichem Verhalten des Beschwerdeführers aus, weil dieser die Betriebsanlage zweifellos willentlich offen gehalten habe. Ein Rechtsirrtum könne dem Beschwerdeführer nicht zuerkannt werden, da nicht ersichtlich sei, dass er sich bei der zuständigen Behörde über die Bewilligungspflicht der geänderten Betriebszeiten erkundigt hätte. Da außerdem zu berücksichtigen sei, dass beim Beschwerdeführer hinsichtlich Spruchpunkt 3) eine einschlägige Vorstrafe vorliege, seien unter Einbeziehung seiner persönlichen Verhältnisse die beiden zu diesem Spruchpunkt verhängten Strafen tat- und schuldangemessen.
Der Beschwerdeführer bestreitet in der Beschwerde nicht konkret, dass an den beiden genannten Sonntagen das Firmengelände geöffnet und zugänglich gewesen sei. Er lässt auch unbestritten, dass der Sonntag nach den Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden nicht von den genehmigten Betriebszeiten erfasst ist. Vielmehr ergibt sich aus dem aktenkundigen Bescheid vom , dass nach der einen Bestandteil dieser Genehmigung bildenden Betriebsbeschreibung die Betriebszeiten durch die gesetzlich vorgesehenen Öffnungszeiten begrenzt sind. Das Öffnungszeitengesetz 2003 sieht in seinem § 3 vor, dass Verkaufsstellen an Sonntagen, soweit - wie für den gegenständlichen Fall - nichts anderes bestimmt ist, geschlossen zu halten sind.
Die Beschwerde wendet sich hauptsächlich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde, wonach zu den genannten Tatzeitpunkten ein Betrieb der Betriebsanlage stattgefunden habe. Durch das bloße Offenhalten des Firmengeländes seien lediglich Besichtigungen der dort abgestellten Fahrzeuge möglich gewesen. Niemand würde aber ein Fahrzeug aufgrund einer bloßen Besichtigung kaufen, weil ein Käufer zunächst Informationen und eine Probefahrt verlange.
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde festgestellt, dass nicht nur das Verkaufsareal geöffnet gewesen sei, sondern an einem der beiden Sonntage überdies die Tür zum Geschäftsraum geöffnet und Personen anwesend gewesen seien und am anderen Sonntag sogar Reparaturarbeiten in der zur Betriebsanlage gehörenden Werkstätte stattgefunden hätten.
Vor diesem Hintergrund vermag der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm zukommenden Schlüssigkeitsprüfung die Feststellung der belangten Behörde, die gegenständliche Betriebsanlage sei an den beiden Sonntagen ohne entsprechende Betriebsanlagengenehmigung in Betrieb gewesen, nicht zu beanstanden. Die (zufolge § 74 Abs. 2 GewO 1994 zutreffende) Rechtsansicht der belangten Behörde, die Genehmigungspflicht ergebe sich bereits aus der Möglichkeit der unzumutbaren Belästigung von Nachbarn durch den geänderten Betrieb, wird in der Beschwerde nicht bekämpft.
Soweit die Beschwerde einwendet, durch die Spruchpunkte 2) und 3) werde dasselbe Verhalten unzulässiger Weise doppelt bestraft, so ist darauf hinzuweisen, dass eine Doppelbestrafung durch § 4 Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz (BZG) insofern ausgeschlossen wird, als nach der Subsidiaritätsklausel dieser Strafbestimmung (Geldstrafe bis zu EUR 726,--) die Tat nach dieser Bestimmung nur zu betrafen ist, wenn sie nicht nach anderen Vorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist. Da die GewO 1994 im hier anzuwendenden § 366 einen höheren Strafrahmen (bis zu EUR 3.600,--) vorsieht, ist dieser Einwand jedenfalls in Bezug auf Spruchpunkt 3) der beiden angefochtenen Bescheide nicht zielführend.
Soweit sich die Beschwerden daher gegen die Spruchteile 3) der beiden angefochtenen Bescheide richtet, war sie nach dem Gesagten gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Abspruch über die Kosten bleibt der Entscheidung über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte 1) und 2) des angefochtenen Bescheides vorbehalten.
Wien, am