VwGH vom 25.03.2010, 2008/16/0003

VwGH vom 25.03.2010, 2008/16/0003

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2008/16/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der C. R Privatstiftung in W, vertreten durch die Arnold Rechtsanwaltpartnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen die Bescheide des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, jeweils vom ,


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1.)
Zl. RV/1651-W/06 (protokolliert zur hg. Zl. 2008/16/0003) und
2.)
Zl. RV/2011-W/06 (protokolliert zur hg. Zl. 2008/16/0004), jeweils betreffend Erstattung der Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.652,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Stiftungsurkunde vom errichtete C. R als Stifter die C. R Privatstiftung (beschwerdeführende Partei) und widmete ihr einen Bargeldbetrag von S 1.000.000,--.

Gemäß Art. XIII der Stiftungsurkunde behielt sich der Stifter vor, anlässlich der Gründung der Privatstiftung oder zu einem späteren Zeitpunkt eine Stiftungszusatzurkunde zu errichten. Nach Art. XIV der Stiftungsurkunde war ein Widerruf der Stiftung zulässig; eine Ergänzung oder Änderung der Stiftungsurkunde durch den Stifter war zulässig, solange der Stifter lebte und voll geschäftsfähig war und in der Stiftungsurkunde oder an anderer Stelle nicht etwas anderes geregelt worden ist.

In der Folge errichteten C. R sowie jeweils weitere Stiftungsvorstände Nachstiftungsvereinbarungen in Form von Notariatsakten, von denen nur die zwei nachstehend angeführten verfahrensgegenständlich sind:

Zur Zl. 2008/16/0003:

Gemäß einer Nachstiftungsvereinbarung vom wendete C. R der beschwerdeführenden Partei seinen Geschäftsanteil an der D. GmbH mit einer zur Gänze in bar einbezahlten Stammeinlage von S 1.033.200,-- unentgeltlich zu und übertrug diesen Geschäftsanteil an die beschwerdeführende Partei, die die Zuwendung annahm. Gemäß Punkt 3.) dieser Nachstiftungsvereinbarung verzichtete C. R auf einen Widerruf dieser unentgeltlichen Zuwendung.

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien der beschwerdeführenden Partei für die Nachstiftungsvereinbarung vom Schenkungssteuer in der Höhe von ÖS 138.966,-- (EUR 10.099,05) vor.

Zur Zl. 2008/16/0004:

Mit einem als "Urkunde über eine Nachstiftung" überschriebenen Notariatsakt vom wendete C. R

17.694 Aktien der E AG der beschwerdeführenden Partei zu und übertrug sie an die beschwerdeführende Partei, die die Zuwendung angenommen hat. Auf einen Widerruf dieser unentgeltlichen Zuwendung verzichtete C. R wiederum.

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien der beschwerdeführenden Partei für die Nachstiftung vom Schenkungssteuer in der Höhe von ÖS 8.922,-- (EUR 648,39) vor.

Mit Schreiben der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Partei vom wurde ein Antrag auf Erstattung gemäß § 33 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) unter anderem der mit den eben angeführten Bescheiden des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom 23. und vom vorgeschriebenen Schenkungssteuer mit der Begründung gestellt, die beschwerdeführende Partei sei infolge am erfolgten Widerrufs durch den Stifter aufgelöst worden, weshalb die Schenkungssteuer zu erstatten sei.

Mit Bescheiden vom und hat das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien diesen Antrag hinsichtlich der Schenkungssteuer für die Nachstiftung vom in der Höhe von EUR 648,39 und hinsichtlich der Schenkungssteuer für die Nachstiftung vom in der Höhe von EUR 10.099,05 abgewiesen.

Nach den gleichlautenden Begründungen dieser Bescheide sei in den Nachstiftungsurkunden auf den Widerruf der Zuwendungen verzichtet worden, weshalb Erstattungen nicht in Frage kämen.

Die gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen der beschwerdeführenden Partei hat das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien mit Berufungsvorentscheidungen vom und vom als unbegründet abgewiesen.

Auf Grund der daraufhin eingebrachten Vorlageanträge hat die belangte Behörde mit den angefochtenen Bescheiden die Berufungen als unbegründet abgewiesen.

In den Begründungen der in den wesentlichen Teilen gleich lautenden Bescheide kommt die belangte Behörde nach Darstellung der von ihr als maßgeblich erachteten Rechtslage zusammengefasst zum Ergebnis, dass gemäß § 33 lit. a ErbStG in der zum Zeitpunkt des Widerrufs der Privatstiftung geltenden Fassung () die Steuer nur zu erstatten sei, wenn und insoweit eine Schenkung widerrufen worden sei und das Geschenk deswegen habe herausgegeben werden müssen. Bei den Nachstiftungen sei ausdrücklich ein Verzicht auf einen Widerruf abgegeben worden, weshalb die genannte Gesetzesbestimmung schon deshalb nicht anzuwenden sei. Dass dem Stifter das mit den Nachstiftungsvereinbarungen zugewendete Vermögen wieder zugefallen sei - was die belangte Behörde unbekämpft feststellte -, habe seinen Grund nicht in der Zuwendung selbst, sondern sei durch den Widerruf der Stiftung begründet.

Gegen diese Bescheide hat die beschwerdeführende Partei eine gemeinschaftliche Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt und über gesonderten Antrag mit Beschluss vom dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In der vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde erachtet sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf Erstattung der Schenkungssteuer verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Darauf hat die beschwerdeführende Partei repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Privatstiftungsgesetz (PSG) ist die Privatstiftung im Sinn dieses Bundesgesetzes ein Rechtsträger, dem vom Stifter ein Vermögen gewidmet ist, um durch dessen Nutzung, Verwaltung und Verwertung der Erfüllung eines erlaubten, vom Stifter bestimmten Zwecks zu dienen; sie genießt Rechtspersönlichkeit und muss ihren Sitz im Inland haben.

Eine Privatstiftung kann vom Stifter nur dann widerrufen werden, wenn er sich den Widerruf in der Stiftungserklärung vorbehalten hat (§ 34 PSG).

Ist dem Stiftungsvorstand ein zulässiger Widerruf des Stifters zugegangen, hat der Stiftungsvorstand einen einstimmigen Auflösungsbeschluss zu fassen, wodurch die Privatstiftung aufgelöst ist (§ 35 Abs. 1 Z 4 iVm Abs. 2 Z 1 PSG).

Das verbleibende Vermögen der aufgelösten Privatstiftung ist dem Letztbegünstigten zu übertragen; wird die Privatstiftung zufolge Widerrufs aufgelöst und ist in der Stiftungserklärung nichts anderes vorgesehen, so ist der Stifter Letztbegünstigter (§ 36 Abs. 2 und 4 PSG).

Nach § 3 Abs. 1 ErbStG gelten die in den Z 1 bis 8 angeführten Tatbestände als Schenkung im Sinne dieses Gesetzes. Gemäß Z 1 leg. cit. ist das jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechts, nach Z. 2 leg. cit. jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird und nach Z. 7 leg. cit. gilt als Schenkung auch der Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäftes unter Lebenden.

Während man unter einem Stiftungsgeschäft im Sinne der letztgenannten Bestimmung den Vermögensübergang anlässlich der Errichtung der Stiftung versteht, unterliegen Zuwendungen an eine bestehende Stiftung der Steuer nach § 3 Abs. 1 Z 1 oder 2 ErbStG (vgl. Fellner , Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Anm. 71 zu § 3 ErbStG).

Gemäß § 33 lit. a ErbStG in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 151/1980 (vgl. dazu das Erkenntnis vom , Zl. 2007/16/0186) ist die Steuer zu erstatten, wenn und insoweit eine Schenkung widerrufen wurde und deshalb das Geschenk herausgegeben werden musste.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 33 lit. a ErbStG in der im Beschwerdefall noch maßgebenden Fassung ist Voraussetzung für die Erstattung der Steuer, dass die Schenkung widerrufen wurde. Die Bestimmung ist dabei nur in jenen Fällen anwendbar, in denen es sich um den Widerruf einer Schenkung im Sinne der §§ 947 ff ABGB oder auf Grund eines im Schenkungsvertrag ausdrücklich vereinbarten Widerrufsgrundes handelt (vgl. die in Fellner , aaO, unter Anm. 9 zu § 33 ErbStG wiedergegebene Rechtsprechung).

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob die für eine unter Verzicht auf den Widerruf gewidmete Nachstiftung vorgeschriebene Schenkungssteuer im Falle des erlaubten Widerrufs der - gesamten - Privatstiftung zu erstatten ist. Die belangte Behörde hat diese Frage im Wesentlichen mit der Begründung verneint, die konkreten Schenkungen, nämlich die Nachstiftungen seien - auf ihren Widerruf sei im Übrigen auch verzichtet worden - nicht widerrufen worden.

Der Widerruf einer Schenkung gemäß § 33 lit. a ErbStG setzt eine erfüllte Schenkung voraus. Gemäß dem Einleitungssatz des § 3 Abs. 1 ErbStG wird in dieser Bestimmung festgelegt ("Als Schenkung im Sinne dieses Gesetzes gilt"), welche Tatbestände als Schenkung zu werten sind. In § 33 lit. a ErbStG wird für die Erstattung der Schenkungssteuer hingegen nicht unterschieden, welcher konkrete Tatbestand der Besteuerung - seinerzeit - zu Grunde gelegt worden ist, die Rede ist nur allgemein vom Widerruf einer Schenkung.

Wurde eine Schenkung im Sinne des § 3 Abs. 1 ErbStG - zulässigerweise - widerrufen, deren zwingende Folge die Herausgabe des Geschenkes ist, kommt es nach dem Wortlaut des § 33 lit. a ErbStG nicht darauf an, dass dasselbe als Schenkung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 1 bis 8 ErbStG zu wertende Rechtsgeschäft, das zur Besteuerung geführt hat, widerrufen wird, damit die Voraussetzungen für die Erstattung nach § 33 lit. a ErbStG erfüllt sind. Entscheidend ist nach dem insofern klaren Gesetzeswortlaut der Widerruf "einer" Schenkung und die daraus zwingend folgende Herausgabe des auf Grund (irgend)einer Schenkung im Sinne des § 3 Abs. 1 ErbStG übertragenen Geschenkes.

Hat sich ein Stifter den Widerruf der - gesamten - Privatstiftung vorbehalten, führt dies nach der dargestellten Rechtslage zu ihrer Auflösung mit der gesetzlich vorgesehenen Folge, dass das gesamte verbleibende Vermögen der aufgelösten Privatstiftung - somit auch das der Stiftung mit den Nachstiftungen gewidmete Vermögen - dem Stifter als dem Letztbegünstigten zu übertragen ist (§ 36 Abs. 2 und 4 PSG). An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass der Stifter hinsichtlich der Nachstiftungen auf einen Widerruf verzichtet hat. Der - zulässige - Verzicht auf den Widerruf der Nachstiftungen kann nur solange Wirkungen entfalten, bis die - gesamte - Stiftung widerrufen worden ist, weil der Widerruf zur Auflösung der Stiftung führt, von der das gesamte Stiftungsvermögen, somit auch die Nachstiftungen erfasst sind.

Im Beschwerdefall sind die Nachstiftungen der Besteuerung gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 ErbStG - nach den Erklärungen in den Nachstiftungsvereinbarungen lag eine Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechts vor - unterlegen, das Stiftungsgeschäft wurde gemäß § 3 Abs. 1 Z 7 ErbStG besteuert. Nach der - gesetzlich vorgesehenen und im Beschwerdefall nicht abbedungenen - Rechtsfolge des Widerrufs der beschwerdeführenden Partei wurde das Stiftungsvermögen samt Nachstiftungen dem Stifter als dem Letztbegünstigten übertragen. Zumal der Widerruf die zwingende Herausgabe auch der Nachstiftungen nach sich zieht und es nicht darauf ankommt, dass dies Folge des Widerrufs der ursprünglich getätigten Schenkung ist, ist nach dem Gesagten der Erstattungstatbestand des § 33 lit. a ErbStG auch hinsichtlich der Nachstiftungen erfüllt.

Zu diesem Ergebnis führt auch der Umstand, dass "die Stiftung" widerrufen wurde (§ 34 PSG), also nicht ausdrücklich nur das Stiftungsgeschäft (§ 3 Abs. 1 Z 7 ErbStG), weshalb die Nachstiftungen ebenfalls als vom Widerruf erfasst anzusehen sind, somit auch bei dieser Betrachtung § 33 lit. a ErbStG auf die Nachstiftungen anwendbar ist.

Da die belangte Behörde dies verkannte, waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am