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VwGH 14.10.2010, 2008/15/0307

VwGH 14.10.2010, 2008/15/0307

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Senatspräsidenten Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des AK in S, vertreten durch Mag. Thomas Hansbauer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lunzerstraße 42, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom , Zl. RV/0134-S/07, betreffend Einkommensteuer 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer 1994 teilweise Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid abgeändert. In der Begründung führte die belangte Behörde dazu aus, das Finanzamt habe nach Wiederaufnahme des Verfahrens mit Einkommensteuerbescheid vom dem Beschwerdeführer Einkünfte aus Kapitalvermögen hinzugerechnet, die aus Zinszuflüssen aus Lettern des European Kings Club (kurz: EKC) resultierten, welche der Beschwerdeführer in den Jahren 1993 bis 1995 in großer Anzahl erworben habe.

Mit Berufungsvorentscheidung vom sei die Berufung als unbegründet abgewiesen worden. Im Vorlageantrag habe der Beschwerdeführer behauptet, die Vorgangsweise des EKC stelle ein Pyramidenspiel dar. Die Gelder, die er vom EKC erhalten habe, seien Kapitalrückflüsse gewesen, Gewinne habe er keine erzielt. Die Auszahlungen aus den Lettern seien bis einschließlich der siebten Rate Kapitalrückzahlungen gewesen. Er habe die letzte Auszahlung im Mai 1994 erhalten. Ab Juni 1994 hätten die Unregelmäßigkeiten und Täuschungen in den Auszahlungen begonnen.

Über das Vermögen des EKC sei im Jahre 1996 in Frankfurt (Bundesrepublik Deutschland) der Konkurs eröffnet worden. Dieser sei noch nicht abgeschlossen.

Im Berufungsverfahren habe der Beschwerdeführer mit Schreiben vom vorgebracht, die Annahme des Finanzamtes, es seien Zinszuflüsse dadurch bewirkt worden, dass er ab Juni 1994 an Stelle von Barauszahlungen Letter zur Gegenzeichnung übernommen hätte, sei unrichtig. Der EKC sei im Jahr 1994 zahlungsunfähig gewesen, die angebotenen Letter seien völlig wertlos gewesen. Ein Zufluss eines geldwerten Vorteiles sei daher nicht gegeben gewesen.

Die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer mit Vorhalt zur Aufklärung der Diskrepanz zwischen den Ermittlungen des Finanzamtes und seiner eigenen Darstellung betreffend die Anzahl der von ihm gezeichneten Letter aufgefordert. Weiters sei dem Beschwerdeführer vorgehalten worden, dass er ab Mai 1994, statt Barauszahlungen zu erhalten, Re-Investitionen vorgenommen habe, die als Zufluss von Zinseinkünften zu werten seien. Diese dem Beschwerdeführer bekannt gegebene Sachverhaltsannahme sei unwidersprochen geblieben.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, im Zuge finanzstrafbehördlicher Ermittlungen beim EKC sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 1993 bis 1995 von dieser Gesellschaft ausgegebene Letter erworben habe, nämlich 883 Letter zum Stückpreis von S 9.800,--; der Beschwerdeführer habe somit Letterkäufe im Ausmaß von S 8.653.400,-- getätigt. Im Letter habe sich EKC verpflichtet, beginnend innerhalb des zweiten Monates nach der Einzahlung durch den Anleger durch einen Zeitraum von zwölf Monaten jeweils zum 7. jeden Monates S 1.400,-- an den Anleger zu bezahlen. Die sieben ersten Zahlungen dienten der Kapitaltilgung, die restlichen fünf Zahlungen stellten Zinsen dar, was zu einer versprochenen jährlichen Rendite von rund 70 % geführt habe. Das Finanzamt habe folgende Einkünfte als Kapitalvermögen für das Jahr 1994 festgestellt:


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Anschaffungsdatum
gültig ab
Anzahl
Einkünfte aus KV
Höhe der Einkünfte in S
20
140.000,--
58
406.000,--
60
336.000,--

Das Finanzamt habe also nur die im Jahr 1993 gezeichneten

Letter zur Ermittlung der Einkünfte herangezogen.

Der Beschwerdeführer habe seinem Vorbringen im Berufungsverfahren zufolge im Jahr 1993 wesentlich mehr Letter angeschafft und zwar 252. Im Erörterungsgespräch habe der Beschwerdeführer die von ihm gezeichneten Letter in Kopie und mehrere Schreiben vorgelegt. Dem Schreiben des EKC vom sei zu entnehmen, dass das jeweilige monatliche Auszahlungsguthaben automatisch zur Nachzeichnung von neuen Lettern verwendet werde. Aus einem weiteren Schreiben des EKC gehe hervor, dass der Beschwerdeführer aus dem Guthaben von S 931.000,--

am weitere 95 Letter gezeichnet habe und einen kleinen Restbetrag stehen gelassen habe. Ein Brief des EKC vom bestätige, dass die Auszahlungen für Juni und Juli 1994 nicht plangemäß durchgeführt worden seien, wobei als Ursache EDV-Probleme genannt worden seien. Aus der eidesstattlichen Erklärung eines Sicherheitsbeauftragten des EKC gehe hervor, dass der EKC seit Februar 1994 in großen Zahlungsschwierigkeiten gewesen sei. Weiters habe der Beschwerdeführer im Jahre 1993 abgeschlossene Kreditverträge vorgelegt.

Der Beschwerdeführer habe zufolge seiner Angaben am 102 Letter (Anschaffungskosten S 999.600,--), am 70 Letter (Anschaffungskosten S 686.000,--), im Oktober 1993 20 Stück (Anschaffungskosten S 196.000,--) und im Dezember 1993 60 Stück (Anschaffungskosten S 588.000,--) erworben.

Der Beschwerdeführer habe nach seiner Angabe im Mai 1994 die letzten Auszahlungen seitens des EKC erhalten. Es sei allgemein bekannt, dass der EKC im Laufe des Jahres 1994 seine Anleger zunehmend zu Re-Investitonen zu bewegen versucht habe, weil die neu eingehenden Gelder hinter den planmäßigen Auszahlungsverpflichtungen zurückgeblieben seien. Da die Auszahlungen immer in bar erfolgt seien, sei ein genauer Nachweis der Geldflüsse praktisch nicht möglich. Feststehe jedoch, dass der EKC seinen Anlegern, so auch dem Beschwerdeführer, an Stelle von Bargeld die Zeichnung neuer Letter angeboten habe. Dies werde vom Beschwerdeführer nicht bestritten und sei auch den von ihm vorgelegten Unterlagen zu entnehmen.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde nach Gesetzeszitaten und Hinweisen auf Rechtssätze aus der hg. Judikatur aus, eine deutsche Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gehe in ihrem "Schlussbericht über den EKC" an die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Frankfurt von der Zahlungsfähigkeit des EKC bis einschließlich Oktober 1994 aus. In zahlreichen vergleichbaren Fällen sei eine Zahlungsfähigkeit des EKC jedenfalls bis September 1994 als gesichert angenommen worden.

Feststehe, dass der Beschwerdeführer nach dem Mai 1994 jedenfalls neue Letter gezeichnet habe, welche an Stelle von Bargeld angeboten worden seien. Hinsichtlich sämtlicher vom Beschwerdeführer im Jahr 1993 angeschafften Letter sei ein Zinszufluss bis einschließlich Oktober 1994 gegeben gewesen, auch wenn seit Juni 1994 keine Barauszahlung mehr geflossen sein sollte.

Der Beschwerdeführer habe die Auffassung vertreten, eine Steuerschuld läge nicht vor, weil er die Letterkäufe mit Fremdmitteln finanziert habe. Anschaffungskosten für den Kapitalstamm, also für die Letter, seien nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen. Es könnten aber die im Zusammenhang mit der Fremdfinanzierung der Letterkäufe im Jahr 1994 abgeflossenen Zinsen als Werbungskosten Berücksichtigung finden. Der Beschwerdeführer habe die genaue Zinsbelastung vom Jahr 1994 nicht mehr angeben könne, weshalb die Zinsen auf Grundlage der vorgelegten Kreditverträge mittels einer Tilgungsrechnung ermittelt worden seien.

Die Einkünfte aus Kapitalvermögen des Beschwerdeführers

errechneten sich nunmehr wie folgt:


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Anschaffungsdatum
Anzahl der Letter
Zufluss
Einnahmen in S
102
4 Monate (ab 6/94)
571.200,--
70
4 Monate (ab 6/94)
392.000,--
20
3 Monate (ab 7/94)
84.000,--
60
1 Monat (ab 9/94)
84.000,--
insgesamt:
 
 
1.131.200,--

Die belangte Behörde erachte einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den behaupteten Kreditverträgen und den dadurch aufgelaufenen Kreditzinsen mit den Letterkäufen als gegeben, sodass von diesen Einnahmen Zinsen im Gesamtwert von S 181.365,-- in Abzug zu bringen seien und sich die Einkünfte aus Kapitalvermögen auf S 949.835,-- beliefen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom , B 1269/08-10).

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzte Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Vorgangsweise des EKC entspreche der eines Glücks- bzw. Pyramidenspiels, sodass die über den Kapitaleinsatz hinausgehenden Auszahlungen keine steuerpflichtigen Einkünfte seien, genügt es auf das hg. Erkenntnis vom , 97/14/0094, 0095, zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass mit dem Halten eines vom EKC gegebenen Letters unter den gegebenen Umständen die Erzielung von Einkünften verbunden ist. Auf die nähere Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.

Der Beschwerdeführer bekämpft sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Ausführungen der belangten Behörde, dass ihm von Juni bis September 1994 Einkünfte zuzurechnen seien. Er habe vorgetragen, nur bis einschließlich Mai 1994 Auszahlungen erhalten zu haben. Danach habe er keine Auszahlungen erhalten und kein Wahlrecht zwischen der Auszahlung und der Re-Investition gehabt. Dazu habe er eine eidesstattliche Erklärung des Peter M. und ein Schreiben des EKC vom vorgelegt.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass die Auszahlungen immer in bar erfolgt seien. Dies entspricht den Angaben des Beschwerdeführers, der im Verwaltungsverfahren vorgetragen hat, die letzte Auszahlung im Mai erhalten zu haben, ab Juni 1994 hätten die Unregelmäßigkeiten und Täuschungen in den Auszahlungen begonnen. Dazu hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vorgehalten, dass er ab Mai 1994 an Stelle von Barauszahlungen Re-Investitionen vorgenommen habe. Diesem Vorhalt ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten. Die belangte Behörde war daher nicht gehalten, sich mit dieser Frage wieder auseinander zu setzen. Laut Ausweis des Verwaltungsaktes hat der Beschwerdeführer im Übrigen noch bis März 1995 Letter vom EKC erworben.

Die belangte Behörde hat die Zahlungsfähigkeit des EKC bis einschließlich September 1994 darauf gestützt, dass in einem beim Landgericht Frankfurt geführten Strafverfahren abgegebenen Wirtschaftsgutachten die Zahlungsfähigkeit des EKC bis einschließlich Oktober 1994 bestätigt wurde.

Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, er habe die Auszahlungen immer vom "Gebietbetreuer" erhalten. Laut dessen eidesstattlichen Erklärung sei der EKC ab Februar 1994 in großen Zahlungsschwierigkeiten gewesen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde auf. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte eidesstattliche Erklärung stellt die Meinung des Erklärenden dar, die sich auf keine objektiven Unterlagen beruft. Mit einer bloß gegenteiligen Behauptung, die einer - sachverständigen - Grundlage entbehrt, kann das Wirtschaftsgutachten nicht entkräftet werden (vgl. dazu Ritz, BAO, 3. Auflage, § 177, Tz 4).

Die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe Einnahmen bis September 1994 erzielt bzw. erzielen können, ist nicht unschlüssig.

Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, dass eine Re-Investition an Stelle der Barauszahlung einen Zahlungszufluss darstellt, entspricht der ständigen Rechtsprechung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2003/15/0128).

Soweit die Beschwerde einen Verstoß gegen § 59 AVG rügt, ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde das AVG weder angewendet hat noch anzuwenden hatte, sondern das Verfahren nach den Bestimmungen der BAO geführt hat.

Die Beschwerde zeigt sohin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf; sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §177;
EStG 1988 §27;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2010:2008150307.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAE-79915