VwGH vom 20.10.2015, 2013/05/0196
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2013/05/0198
2013/05/0197
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Beschwerden der beschwerdeführenden Parteien 1. C A, 2. J A (protokolliert zur hg. Zl. 2013/05/0196), 3. J K (protokolliert zur hg. Zl. 2013/05/0197), alle in V und 4. W G (protokolliert zur hg. Zl. 2013/05/0198) in V, alle vertreten durch Mag. Christian Köchl, Rechtsanwalt in 9500 Villach, 10. Oktober-Straße 17/1, gegen die Bescheide des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend jeweils vom , Zlen. BMWFJ-556.050/0163- IV/4/2013 (betreffend die Erst- und Zweitbeschwerdeführer), BMWFJ- 556.050/0167-IV/4a/2013 (betreffend den Drittbeschwerdeführer) und BMWFJ-556.050/0164-IV/4a/2013 (betreffend den Viertbeschwerdeführer), betreffend zwangsweise Einräumung von Dienstbarkeitsrechten nach dem Kärntner Elektrizitätsgesetz (mitbeteiligte Partei: K GmbH in K, vertreten durch Onz-Onz-Kraemmer-Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden jeweils im Umfang ihrer Spruchpunkte I und III wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat den Erst- und Zweitbeschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 und den Dritt- und Viertbeschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.346,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Devolutionsweg ergangenen Bescheid vom , Zl. BMWFJ 556.050/0101-IV/4a/2012, erteilte die belangte Behörde der Mitbeteiligten, gestützt unter anderem auf die §§ 3 und 7 Kärntner Elektrizitätsgesetz (K-EG), die Bewilligung zur Errichtung sowie zum Betrieb der 220/110-kV-Netzabstützung Villach nach Maßgabe der eingereichten Projektunterlagen unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen.
Mit Bescheiden der Kärntner Landesregierung jeweils vom wurden die von der Mitbeteiligten mit Schreiben vom beantragten Dienstbarkeitsrechte betreffend die näher bezeichneten Grundstücke der Beschwerdeführer zwangsweise eingeräumt und Entschädigungen dafür festgesetzt. Weiters wurden verschiedene Anträge der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen und die Mitbeteiligte wurde verpflichtet, den Beschwerdeführern jeweils einen näher genannten Betrag an Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung zu erstatten.
Gegen diese Bescheide brachten sowohl die Beschwerdeführer als auch die Mitbeteiligte Devolutionsanträge gemäß Art. 12 Abs. 3 B-VG ein.
Mit den angefochtenen Bescheiden stellte die belangte Behörde fest, dass die Errichtung, der dauernde Bestand und sichere Betrieb der elektrischen Leitungsanlage "220/110-kV-Netzabstützung Villach" auf der mit Devolutionsbescheid der belangten Behörde vom genehmigten Trasse im Sinn des § 7 Abs. 1 K-EG im Interesse der öffentlichen Elektrizitätsversorgung gelegen und notwendig sei und dass zur Sicherung der Errichtung und des Bestandes der Leitung die Einräumung von Dienstbarkeitsrechten gemäß § 19 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 19 Abs. 2 K-EG ausreiche. Gleichzeitig wurden gemäß §§ 18 ff. K-EG in Verbindung mit den Bestimmungen des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes (EisbEG) zur Sicherung der Errichtung, des Bestandes, des Betriebes und der Instandhaltung der genannten elektrischen Leitungsanlage der Mitbeteiligten sowie deren allfälligen Rechtsnachfolgern zu Lasten der näher bezeichneten, im bücherlichen Eigentum der Beschwerdeführer befindlichen Grundstücke als dem dienenden Gut im Enteignungswege die näher beschriebenen Dienstbarkeiten eingeräumt (Spruchpunkt I). Weiters wurden die Devolutionsanträge der Beschwerdeführer insoweit, als sie sich gegen die Festsetzung der Dienstbarkeitsentschädigung richteten, als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II) und die Mitbeteiligte gemäß § 7 Abs. 3 EisbEG verpflichtet, als Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung im Zwangsrechtsverfahren an die Erst- und Zweitbeschwerdeführer einen Betrag von EUR 500,-- , an den Drittbeschwerdeführer einen Betrag von EUR 593,90 und an den Viertbeschwerdeführer einen Betrag von EUR 500,-- zu leisten (Spruchpunkt III).
Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschlüssen jeweils vom , B 1028/2013-4 (betreffend die Erst- und Zweitbeschwerdeführer), B 1029/2013-4 (betreffend den Drittbeschwerdeführer) und B 1030/2013-4 (betreffend den Viertbeschwerdeführer) ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In den über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerden beantragen die Beschwerdeführer, die angefochtenen Bescheide wegen "Verfahrensfehler" und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG an die Stelle der belangten Behörde getretene Landesverwaltungsgericht Kärnten legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und beantragte - ebenso wie die Mitbeteiligte, die jeweils Gegenschrift erstattete -, die Beschwerden abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen Zusammenhanges verbundenen Beschwerden in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1.1. Gemäß § 79 Abs. 11 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 sind auf die vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung weiter anzuwenden.
1.2. Die relevanten Bestimmungen des K-EG, LGBl. Nr. 47/1969 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 1/2013, lauten auszugsweise:
"§ 18
Enteignung
Wenn der dauernde Bestand der elektrischen Leitungsanlagen an einem bestimmten Ort aus zwingenden technischen Gründen oder mit Rücksicht auf die unverhältnismäßigen Kosten ihrer Verlegung die Enteignung erfordert, so daß mit den Leitungsrechten nach § 11 ff. das Auslangen nicht gefunden werden kann, ist von der Behörde über Antrag die Enteignung für elektrische Leitungsanlagen einschließlich Zubehör wie der Umspann-, Umform- und Schaltanlagen auszusprechen.
...
§ 20
Durchführung von Enteignungen
Auf das Enteignungsverfahren und die behördliche Ermittlung der Entschädigung sind die Bestimmungen des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes sinngemäß mit nachstehenden Abweichungen anzuwenden:
a) über den Inhalt, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung sowie über die Entschädigung entscheidet die Behörde;
..."
1.3. § 18 EisbEG, BGBl. Nr. 71/1954 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010, lautet:
"§ 18. (1) Gegen den Bescheid der Behörde kann im Verwaltungsrechtsweg Berufung erhoben werden. Eine Berufung gegen die Entscheidung über die Entschädigung ist aber unzulässig. Dem Enteigneten und dem Eisenbahnunternehmen steht es frei, binnen drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Enteignungsbescheides die Festsetzung der Entschädigung bei dem zuständigen Landesgericht (Abs. 2) zu begehren. Mit der Anrufung des Gerichtes tritt die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Entschädigung außer Kraft.
(2) Für die Entscheidung über die Entschädigung ist in erster Instanz das mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen betraute Landesgericht zuständig, in dessen Sprengel der Gegenstand der Enteignung liegt.
(3) Auf das Recht zur Anrufung des Gerichtes sind die Parteien im Enteignungsbescheid hinzuweisen."
2. Zu der mit Spruchpunkt II der angefochtenen Bescheide jeweils erfolgten Zurückweisung der Devolutionsanträge der Beschwerdeführer führte die belangte Behörde begründend aus, dass die Überprüfung der Höhe der Entschädigung auf Grund der gemäß § 20 K-EG in Verbindung mit § 18 EisbEG bestehenden Sukzessivzuständigkeit der ordentlichen Gerichte der Entscheidungsbefugnis der belangten Behörde entzogen sei. Diese Beurteilung, der die Beschwerden nicht entgegentreten, kann angesichts des Wortlautes der oben wiedergegebenen gesetzlichen Bestimmungen nicht als unzutreffend erkannt werden.
Da die Beschwerden die Aufhebung der angefochtenen Bescheide zur Gänze begehren, waren sie insoweit, als sie sich auf Spruchpunkt II der jeweils angefochtenen Bescheide beziehen, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
3. Die in Spruchpunkt I der angefochtenen Bescheide jeweils umschriebenen Dienstbarkeitsrechte wurden der Mitbeteiligten zur Sicherung der Errichtung, des Bestandes, des Betriebes und der Instandhaltung der mit dem eingangs genannten Bescheid der belangten Behörde vom genehmigten elektrischen Leitungsanlage "220/110-kV-Netzabstützung Villach" eingeräumt. Der Verwaltungsgerichtshof hat diesen Bescheid der belangten Behörde vom mit Erkenntnis vom , Zl. 2012/05/0118, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Mit der Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde vom durch das angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, der ex-tunc-Wirkung zukommt (§ 42 Abs. 3 VwGG; siehe dazu auch Mayer / Kucsko-Stadlmayer / Stöger , Bundesverfassungsrecht11 (2015) Rz 1027, S. 532), liegt im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide kein rechtskräftiger Genehmigungsbescheid für die verfahrensgegenständliche Leitungsanlage mehr vor, auf den die belangte Behörde die verfügten Eigentumsbeschränkungen stützen könnte.
Schon aus diesem Grund waren die angefochtenen Bescheide jeweils in ihrem Spruchpunkt I sowie in ihrem Spruchpunkt III, der mit Spruchpunkt I in untrennbarem Zusammenhang steht, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Es erübrigte sich daher, auf das dazu erstattete Beschwerdevorbringen einzugehen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014, weiterhin anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am