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VwGH vom 30.04.2008, 2006/04/0065

VwGH vom 30.04.2008, 2006/04/0065

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des G, in W, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati, Rechtsanwaltspartnerschaft in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Wien vom , Zl. VKS-3748/05, betreffend Nachprüfung eines Vergabeverfahrens (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadt Wien - Wiener Wohnen, vertreten durch Schwartz und Huber-Medek, Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Stubenring 2, 2. P in W, vertreten durch Siemer-Siegl-Füreder & Partner Rechtsanwälte in 1010 Wien, Dominikanerbastei 10, und 3. L in W, vertreten durch KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in 1220 Wien, Wagramer Straße 19), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinen Spruchpunkten 1., 3. und 4. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Die Stadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom hat der Vergabekontrollsenat des Landes Wien den Antrag des Beschwerdeführers auf Nichtigerklärung der Entscheidung der erstmitbeteiligten Partei als Auftraggeberin im Verfahren zur Vergabe von Glaserarbeiten für den

10. Wiener Gemeindebezirk, den Zuschlag für den Gebietsteil 1 der Zweitmitbeteiligten und für den Gebietsteil 2 der Drittmitbeteiligten erteilen zu wollen, für nichtig zu erklären, zurückgewiesen (Spruchpunkt 1.). Weiters wurde die am erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben (Spruchpunkt 2.), ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin die von ihr entrichtete Pauschalgebühr selbst zu tragen habe (Spruchpunkt 3.), und die Beschwerdeführerin verpflichtet, die von der Zweitmitbeteiligten und Drittmitbeteiligten entrichteten Pauschalgebühren zu ersetzen. Diesen Bescheid stützte die belangte Behörde auf die Bestimmungen des Wiener Vergaberechtsschutzgesetzes - WVRG, LGBl. 25/2003, und des Bundesvergabegesetzes 2002 - BVergG, BGBl. I Nr. 99/2002.

In der Begründung führte die belangte Behörde - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlich - aus, dass die Erstmitbeteiligte insgesamt neun offene Verfahren im Unterschwellenbereich zur Vergabe von Rahmenverträgen zur Erbringung von Glaserarbeiten in Wohnhausobjekten in allen 23 Wiener Gemeindebezirken ausgeschrieben habe. Die Bekanntmachung aller Verfahren sei am erfolgt. Die Ausschreibungen seien jeweils in mehrere Gebietsteile gegliedert. Nach den Ausschreibungsbedingungen seien Teilangebote für einzelne Gebietsteile zulässig. Die vorliegende Ausschreibung umfasse den

10. Wiener Gemeindebezirk und gliedere sich in die Gebietsteile 1 und 2. Die Preise seien im Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren gemäß § 20 Z. 26 BVergG als Nachlässe von in der Ausschreibung genannten Bezugspreisen anzubieten gewesen.

Am sei den Bietern die Zuschlagsentscheidung zugegangen, wonach beabsichtigt sei, den Zuschlag für den Gebietsteil 1 der zweitmitbeteiligten Partei und für den Gebietsteil 2 der drittmitbeteiligten Partei zu erteilen.

Der Beschwerdeführer habe in seinem dagegen gerichteten Nachprüfungsantrag vorgebracht, dass die Angebotseröffnung in gesetzwidriger Weise nicht unmittelbar nach dem Ende der Angebotsfrist stattgefunden hätte. Die Erstmitbeteiligte würde beabsichtigen, den Zuschlag "an nicht verlesene Angebotspreise" zu erteilen. Weiters hätte die Erstmitbeteiligte auf Grund der wesentlichen Unterschreitung der Bezugspreise eine vertiefte Prüfung der Angebote durchführen müssen.

Die Erstmitbeteiligte habe vorgebracht, dass die Bieter Gelegenheit gehabt hätten, auf Ebene der acht Leistungsgruppen, aus denen sich das Angebot für einen Gebietsteil (= Obergruppe) zusammensetze, Nachlässe von den in der Ausschreibung angegebenen Bezugspreisen anzubieten. Zusätzlich hätten die Bieter die Möglichkeit gehabt, Aufschläge oder Nachlässe auf die Summen der Preise auf Obergruppenebene sowie auf Ebene der Gesamtpreise anzugeben. Da nicht jeder Bieter Nachlässe oder Aufschläge auf Ebene der Obergruppen angeboten hätte, wären zur Erlangung einer größtmöglichen Transparenz auch die angebotenen Preise für die jeweiligen Leistungsgruppen verlesen worden. Die angebotenen Obergruppenpreise wären durch einfache Addition der Leistungsgruppenpreise für Jedermann ersichtlich. Ein Anlass zu einer vertieften Angebotsprüfung hätte nicht bestanden, weil die sieben eingelangten Angebote alle in einer ähnlichen Preiskategorie gelegen wären. Die K 3 und K 4 Blätter wären auf ihre rechnerische und sachliche Richtigkeit geprüft worden. Eine unplausible Preisgestaltung würde nicht vorliegen. Die signifikanten Abschläge zu den sachverständig ermittelten Bezugspreisen wären üblich und würden sich schon durch das große Beschaffungsvolumen erklären. Dass die Marktverhältnisse solche Nachlässe zuließen, zeige sich daran, dass auch die anderen Bieter zu ähnlich günstigen Preisen angeboten hätten. Überdies wären die angebotenen Preise mit den Preisen aus einem früheren Vergabeverfahren über gleiche Leistungen verglichen worden. Die Abweichung der angebotenen Preise von den Ergebnissen der Einschätzung durch Sachverständige wäre dadurch erklärbar, dass der Sachverständige nicht von den Großeinkaufspreisen der Bieter, sondern von allgemeinen Marktpreisen ausgegangen wäre.

Weiters führte die belangte Behörde aus, dass das Ende der Angebotsfrist der , 10.00 Uhr, gewesen sei. Die Angebotseröffnung sei in der Ausschreibung mit , 9.00 Uhr, festgesetzt worden und habe tatsächlich zu diesem Termin stattgefunden. Insgesamt seien sieben Angebote abgegeben worden, wovon zwei Angebote nur den Gebietsteil 1 und zwei Angebote nur den Gebietsteil 2 betroffen hätten. Von der Erstmitbeteiligten seien alle zivilrechtlichen Gesamtpreise, die Leistungsgruppenpreise und - soweit eingetragen - auch die Obergruppenpreise verlesen worden.

Das preisgünstige Angebot für den Gebietsteil 1 habe die Zweitmitbeteiligte gelegt. Diese habe zwar die Obergruppensumme nicht ausgefüllt. Auf Grund des Umstandes, dass sie nur für den Gebietsteil 1, also nur für eine Obergruppe angeboten habe, ergebe sich, dass der ordnungsgemäß verlesene Gesamtangebotspreis gleichzeitig auch der Angebotspreis für den Gebietsteil 1 sei. In den zusätzlich verlesenen Preisen der acht Leistungsgruppen seien die jeweiligen Aufschläge oder Nachlässe enthalten gewesen. Einen darüber hinausgehenden Aufschlag oder Nachlass auf den Obergruppenpreis habe die Zweitmitbeteiligte nicht angeboten. Ein solcher sei daher auch nicht verlesen worden. Nur für den Gebietsteil 1 habe weiters das Unternehmen B ein Angebot abgegeben. Auch dieses Unternehmen habe die Obergruppensumme nicht ausgefüllt. Dazu gelte das zum Angebot der Zweitmitbeteiligten Ausgeführte. Auch bei diesem Unternehmen ergebe sich aus der verlesenen Gesamtsumme unmittelbar der Preis für die einzig angebotene Obergruppe.

Der Beschwerdeführer, der für beide Gebietsteile angeboten und die Obergruppensummen ordnungsgemäß eingetragen habe, sei preislich an vierter Stelle gereiht worden, weil vor ihm noch das für beide Teile abgegebene Angebot des Bieters W gereiht worden sei.

Hinsichtlich des Gebietsteils 2 sei das Angebot der drittmitbeteiligten Partei an erster Stelle gereiht worden. Auch die Drittmitbeteiligte habe die Obergruppensumme nicht ausgefüllt. Da sie nur für eine Obergruppe angeboten habe, gelte auch für sie das zum Angebot der Zweitmitbeteiligten Ausgeführte. Ein weiteres Angebot nur für den Gebietsteil 2 habe das Unternehmen St gelegt. Dieses habe sowohl den Gesamtpreis als auch den Obergruppenpreis eingetragen. Dementsprechend seien auch beide Preise verlesen worden. Das Angebot des Beschwerdeführers sei auch in diesem Gebietsteil an vierter Stelle gereiht worden, weil vor ihm das Angebot des Unternehmens W gereiht worden sei.

Das Unternehmen W habe für beide Gebietsteile angeboten, jedoch im Angebot die Obergruppenpreise nicht ausgefüllt. Diese seien daher auch nicht verlesen worden. Die Verlesung der für die jeweils acht Leistungsgruppen der einzelnen Obergruppe angebotenen Preise könne die Verlesung der Obergruppenpreise nicht ersetzen. Es treffe zwar zu, dass sich jeder Bieter die vom Unternehmen W angebotenen Obergruppenpreise durch Addition der jeweils acht Leistungsgruppenpreise errechnen könne, doch widerspreche eine derartige Vorgangsweise dem Grundsatz der größtmöglichen Transparenz. Nach § 88 Abs. 5 BVergG seien nicht die Leistungsgruppenpreise, sondern die Teilgesamtpreise oder Teilangebotspreise zu verlesen. Das Fehlen von angebotenen Obergruppenpreisen stelle daher im Angebot des Unternehmens W, das sich auf beide Gebietsteile beziehe, einen unbehebbaren Mangel dar. Unter Außerachtlassung des Angebots des Unternehmens W sei das Angebot des Beschwerdeführers daher in beiden Gebietsteilen an dritter Stelle gereiht.

Da in den Angeboten beträchtliche Nachlässe aufgeschienen seien, habe die Erstmitbeteiligte die amtliche Schätzung herangezogen und diese mit den Ansätzen für Reparaturverglasungen auf Grund der laufenden Verträge aus dem Jahr 1995 "zum Vergleich berücksichtigt". Dabei sei eine Indexanpassung der Verträge aus dem Jahr 1995 erfolgt. Auf Grund dieser Vergleiche sei die Erstmitbeteiligte zum Ergebnis gelangt, "dass Nachlässe nicht wie angeboten um bis zu 60% liegen, sondern tatsächlich nur um bis zu 20%". Dabei habe die Erstmitbeteiligte die von den Bietern ausgefüllten K 3 und K 4 Blätter herangezogen.

Gegen die Angebotsöffnung 23 Stunden nach Ablauf der Angebotsfrist bestünden keine Bedenken. Zum Einen sei der Termin für die Angebotsöffnung bereits in der mangels Anfechtung bestandfest gewordenen Ausschreibung festgelegt worden. Zum Anderen sei auf Grund der großen Anzahl der parallel geführten Verfahren zur Erreichung eines lauteren Wettbewerbs ein gemeinsames Ende der Angebotsfrist und zur Gewährleistung der Transparenz gestaffelte Angebotsöffnungstermine erforderlich gewesen.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die Prüfung der Angebote sei auszuführen, dass die Vorgangsweise der Erstmitbeteiligten im Wesentlichen den Vorgaben des § 93 BVergG entspreche. Die in den Leistungsverzeichnissen enthaltenen Bezugspreise seien von der Erstmitbeteiligten zwar sachverständig geschätzt und ermittelt worden. Da die angebotenen Preise deutlich von diesen sachverständig ermittelten Preisen abgewichen seien, habe die Erstmitbeteiligte anhand der von den Bietern abgegebenen K 3 und K 4 Blätter die Preise geprüft und eine Gegenüberstellung von wesentlichen Preispositionen der Ausschreibung mit den Preisen aus den derzeit laufenden Rahmenverträgen vorgenommen. Diese Überprüfung sei aus den Vergabeakten ersichtlich und nachvollziehbar. Dabei habe sich ergeben, dass die angebotenen Nachlässe "im Vergleich nicht jene Höhe erreichen, wie sie in den Angeboten enthalten sind, sondern durchschnittlich maximal 15 bis 20% betragen". Der Vergleich der vor dem Angebot des Beschwerdeführers liegenden Angebote zeige, dass im Hinblick auf die darin enthaltene Preisgestaltung ein Anlass zur Vornahme einer vertieften Prüfung auf die Angemessenheit der Preise nicht erblickt werden könne. Dabei habe die Erstmitbeteiligte auf Grund der von ihr bisher vergebenen Glaserarbeiten auf entsprechende Erfahrungswerte zurückgreifen können.

Die vor dem Angebot des Beschwerdeführers liegenden Angebote seien daher entgegen dem Vorbringen im Nachprüfungsantrag nicht auszuscheiden gewesen, woraus sich ergebe, dass der mit seinem Angebot jeweils an dritter Stelle liegende Beschwerdeführer selbst bei Stattgebung seines "Angebotes auf Nichtigerklärung der Zuschlagserklärung" keine Chance auf die Erteilung des Zuschlags gehabt hätte. Bei dieser Konstellation könne dem Beschwerdeführer ein Schaden im Sinn von § 13 Abs. 1 WVRG nicht entstehen, weil selbst bei Antragsstattgebung die vor ihm liegenden Angebote zum Zug kommen müssten. Der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sei daher zurückzuweisen gewesen, ohne auf die sonst noch geltend gemachten Gründe einzugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Die Parteien erstatteten weitere Schriftsätze.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zum Spruch des angefochtenen Bescheides:

Die belangte Behörde hat den Antrag des Beschwerdeführers mit der Begründung zurückgewiesen, dass dessen Angebot nur an dritter Stelle zu reihen sei und die vor ihm liegenden Bieter nicht auszuscheiden seien. Der Beschwerdeführer hätte daher selbst bei Stattgebung seines Antrages keine Chance auf die Erteilung des Zuschlages, weil dann die (weiteren) vor dem Beschwerdeführer liegenden Bieter zum Zug kommen müssten. Bei dieser Konstellation könne dem Beschwerdeführer kein Schaden entstehen.

Nach der hg. Judikatur ist ein Nachprüfungsantrag eines Bieters, der auch bei Unterbleiben der von ihm behaupteten Rechtsverletzung keine echte Chance auf Zuschlagserteilung gehabt hätte, weil diesfalls nicht der in Aussicht genommene Zuschlagsempfänger, sondern andere vor dem Antragsteller gereihte Bieter zum Zug gekommen wären, abzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0214). Ausgehend von ihrer Rechtsansicht, dass bei Unterbleiben der geltend gemachten Rechtswidrigkeit nicht der Beschwerdeführer, sondern andere vor ihm gereihte Bieter zum Zug gekommen wären, hätte die belangte Behörde den Nachprüfungsantrag daher abweisen müssen. Insoweit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt, wobei sich aus der oben wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt, dass die spruchgemäße Zurückweisung des Nachprüfungsantrages nicht nur ein bloßes Vergreifen im Ausdruck darstellt.

Damit hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer nach dem allein verbindlichen Spruch ihres Bescheides im - gerade noch ausreichend deutlich geltend gemachten - Recht auf Sachentscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung verletzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0239).

Unbeschadet dieser inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sei für das fortgesetzte Verfahren festgehalten:

2. Zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung

Gemäß § 88 Abs. 1 erster Satz BVergG sind bei offenen und bei nicht offenen Verfahren die Angebote am festgesetzten Ort und zur festgesetzten Zeit, unmittelbar nach Ablauf der Angebotsfrist zu öffnen.

Unstrittig wurde in der gegenständlichen Ausschreibung das Ende der Angebotsfrist mit , 10.00 Uhr, und die Angebotsöffnung mit , 9.00 Uhr, festgelegt. Im Hinblick darauf war die erstmitbeteiligte Partei gemäß § 88 Abs. 1 BVergG verpflichtet, die Angebote erst am , 9.00 Uhr, ("zur festgesetzten Zeit") zu öffnen. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers bedeutet die ebenfalls in § 88 Abs. 1 BVergG enthaltene Verpflichtung, die Angebote "unmittelbar nach Ablauf der Angebotsfrist" zu öffnen, nicht, dass auch Angebote, deren Öffnungstermin in der Ausschreibung für einen späteren Zeitpunkt festgelegt worden ist, jedenfalls sofort nach Ende der Angebotsfrist zu öffnen sind. Die Verpflichtung zur Angebotsöffnung unmittelbar nach Ablauf der Angebotsfrist ist bereits bei Festlegung des Angebotsöffnungstermins in der Ausschreibung durch den Auftraggeber zu beachten. Wird sie nicht beachtet, kann dies mit einem gegen die Ausschreibung gerichteten Nachprüfungsantrag geltend gemacht werden. Vorliegend wurde jedoch ein solcher Antrag nicht gestellt. Die Festlegung des Angebotsöffnungstermins mit , 9.00 Uhr, ist somit bestandfest geworden.

Es braucht daher nicht darauf eingegangen zu werden, ob in einem Fall wie dem vorliegenden die Festsetzung des Angebotsöffnungstermins 23 Stunden nach Ablauf der Angebotsfrist rechtmäßig war. Auf Grund der Bestandskraft der Ausschreibung war die erstmitbeteiligte Partei verpflichtet, diesen festgesetzten Angebotsöffnungstermin einzuhalten.

3. Zur Verlesung der angebotenen Preise:

Die Beschwerdeführerin bringt dazu im Wesentlichen vor, dass auch diejenigen Angebote, die nur für einen Gebietsteil (für eine Obergruppe) gelegt worden seien, den Obergruppenpreis (in Form eines Aufschlages oder Nachlasses zu dem in der Ausschreibung genannten Bezugspreis) anzugeben gehabt hätten. Es seien auch auf Ebene der Obergruppen zwingend Aufschläge bzw. Nachlässe zu Bezugspreisen anzubieten - und in der Folge zu verlesen - gewesen. Ein Angebot ohne derartige Angaben sei mit einem unbehebbaren Mangel behaftet und komme für die Zuschlagserteilung nicht in Betracht.

Gemäß § 83 Abs. 1 Z. 4 BVergG muss jedes Angebot insbesondere die Preise samt allen geforderten Aufgliederungen und den allenfalls notwendigen Erläuterungen enthalten; im Leistungsverzeichnis oder im Kurzleistungsverzeichnis sind die Preise an den hiezu bestimmten Stellen einzutragen; wird für eine Position kein Preis ausgeworfen, so ist dies im Angebot zu erläutern. Gemäß § 88 Abs. 5 leg. cit. sind aus den Angeboten u.a. (Z. 2) der Gesamtpreis oder der Angebotspreis mit Angabe des Ausmaßes allfälliger Nachlässe und Aufschläge und, wenn die Vergabe in Teilen oder für die ganze Leistung oder für Teile der selben Varianten vorgesehen waren, auch diese Teilgesamtpreise oder Teilangebotspreise sowie die Variantenangebotspreise vorzulesen und in der Niederschrift festzuhalten.

Im vorliegenden Fall waren die Preise im Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren gemäß § 20 Z. 26 BVergG anzugeben, wobei - wie aus den Verwaltungsakten ersichtlich ist - zu den jeweils in den Ausschreibungsunterlagen enthaltenen Bezugspreisen ein Aufschlag bzw. Nachlass sowohl in Prozent als auch in absoluten Zahlen sowie die sich daraus ergebende Summe anzugeben waren. Unstrittig wurden die für den Gebietsteil 1 vor dem Beschwerdeführer gereihten Angebote der Zweitmitbeteiligten und des Unternehmens B sowie die für den Gebietsteil 2 vor dem Beschwerdeführer gereihten Angebote der Drittmitbeteiligten und des Unternehmens St jeweils nur für einen Gebietsteil gelegt. Diese Angebote enthalten für die jeweils acht Leistungsgruppen, aus denen sich der Preis für einen Gebietsteil (Obergruppe) zusammensetzt, Preise in der in der Ausschreibung geforderten Form. Mit Ausnahme des Unternehmens St haben diese Bieter die in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehene Position zur Angabe des für den gesamten Gebietsteil angebotenen Preises (Obergruppenpreis) nicht ausgefüllt, wohl aber die Position zur Angabe des Gesamtpreises (ohne Umsatzsteuer) und des Angebotspreises (mit Umsatzsteuer).

Bei Anbotslegung nur für einen Gebietsteil deckt sich der für diesen Gebietsteil angebotene Teilgesamtpreis bzw. Teilangebotspreis zwingend mit dem Gesamtpreis bzw. Angebotspreis. In solchen Fällen ist es daher nicht erforderlich, den angebotenen Gesamtpreis bzw. Angebotspreis zusätzlich auch als Teilangebotspreis bzw. Teilgesamtpreis anzubieten. Wird nur der Gesamtpreis bzw. Angebotspreis verlesen, ist unmittelbar ersichtlich, dass sich dieser Preis auf den allein angebotenen Leistungsteil bezieht. Eine Verletzung des Transparentsgebots ergibt sich daraus nicht.

Die Ansicht der belangten Behörde, dass die vor der Beschwerdeführerin gereihten Angebote, die sich nur auf einen Gebietsteil beziehen, nicht mangels Anbots - und Verlesung - eines Teilgesamtpreises bzw. Teilangebotspreises auszuscheiden seien, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.

4. Zur vertieften Angebotsprüfung:

4.1. Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, dass ab einer Abweichung der angebotenen Preise von den sachverständig ermittelten Bezugspreisen von 20% zwingend eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen sei. Vorliegend hätten die vor ihm gereihten Unternehmen Nachlässe bis zu 67% angeboten, weshalb eine vertiefte Angebotsprüfung durchgeführt hätte werden müssen. Eine solche Prüfung habe die erstmitbeteiligte Partei jedoch nicht durchgeführt. Der nach den Feststellungen der belangten Behörde durchgeführte Vergleich mit den Preisen der laufenden, bereits im Jahr 1995 erfolgten Ausschreibung sei entgegen der Ansicht der belangten Behörde aus dem Vergabeakt nicht ersichtlich und mangels Gewährung von Akteneinsicht für den Beschwerdeführer nicht überprüfbar. Überdies sei der Vergleich mit Preisen einer zehn Jahre zurückliegenden Ausschreibung weniger aussagekräftig als die von einem Sachverständigen aktuell ermittelnden Bezugspreise. Würden die Preise der aus dem Jahr 1995 stammenden Ausschreibung tatsächlich die relevanten Marktverhältnisse wiedergeben, wären sie vom Sachverständigen zur Ermittlung der Bezugspreise herangezogen worden. Überdies sei die Ansicht der belangten Behörde, dass die gewährten Nachlässe geringer seien als angeboten, unverständlich.

4.2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zunächst das Vorbringen der Parteien zu diesem Fragenkomplex gerafft wiedergegeben und dann festgestellt, dass die Erstmitbeteiligte die Bezugspreise laut Ausschreibung mit den (aufgewerteten) Ansätzen für Reparaturverglasungen der laufenden Verträge aus dem Jahr 1995 "zum Vergleich berücksichtigt" habe. Dabei sei sie zum Ergebnis gelangt, "dass Nachlässe nicht wie angeboten um bis zu 60% liegen, sondern tatsächlich nur um bis zu 20%". In der rechtlichen Beurteilung führte sie aus, dass die in den Leistungsverzeichnissen enthaltenen Summen zwar von der Erstmitbeteiligten sachverständig geschätzt und ermittelt worden seien. Auf Grund der deutlichen Abweichungen der angebotenen Preise sei eine Gegenüberstellung von "wesentlichen Preispositionen der Ausschreibung" mit den Preisen aus den derzeit laufenden Rahmenverträgen aus dem Jahr 1995 vorgenommen worden. Dabei habe sich ergeben, "dass die angebotenen Nachlässe im Vergleich nicht jene Höhe erreichen, wie sie in den Angeboten enthalten sind, sondern durchschnittlich maximal 15 bis 20% betragen". Diese Überprüfung sei "aus den Vergabeakten ersichtlich und nachvollziehbar". Die belangte Behörde kam zum Ergebnis, dass die Erstmitbeteiligte zu einer vertieften Angebotsprüfung nicht verpflichtet gewesen sei.

4.3. § 93 Abs. 1 bis Abs. 3 BVergG hat folgenden Wortlaut:

"§ 93. (1) Die Angemessenheit der Preise ist in Bezug auf die ausgeschriebene oder alternativ angebotene Leistung und unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen sie zu erbringen sein wird, zu prüfen.

(2) Bei der Prüfung der Angemessenheit der Preise ist von vergleichbaren Erfahrungswerten, von sonst vorliegenden Unterlagen und von den jeweils relevanten Marktverhältnissen auszugehen. Erscheint der Angebotspreis im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrig, muss der Auftraggeber Aufklärung über die Positionen des Angebotes verlangen und gegebenenfalls gemäß Abs. 3 bis 5 vertieft prüfen.

(3) Soweit dies nach Art des Auftrages möglich ist, sind Angebote, die für die Wahl des Zuschlages in Frage kommen, einer vertieften Angebotsprüfung zu unterziehen, wenn sie auf Grund von vergleichbaren Erfahrungswerten

1. einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen,

2. zu hohe oder zu niedrige Einheitspreise in wesentlichen Positionen gemäß § 67 Abs. 4 aufweisen, oder

3. nach Prüfung gemäß Abs. 2 begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen entstehen lassen."

Gemäß 98 Z. 3 BVergG sind (u.a.) Angebote die eine - gegebenenfalls durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte - nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (z.B. spekulative Preisgestaltung) aufweisen, auszuscheiden.

Der Auftraggeber hat zunächst gemäß § 93 Abs. 1 BVergG die Angemessenheit der Preise zu prüfen. Dabei hat er gemäß § 93 Abs. 2 erster Satz BVergG von vergleichbaren Erfahrungswerten, von sonst vorliegenden Unterlagen und von den jeweils relevanten Marktverhältnissen auszugehen. Aus § 93 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 3 BVergG ergibt sich, dass eine vertiefte Angebotsprüfung erforderlich ist, wenn sich bei der Prüfung gemäß § 93 Abs. 1 leg. cit. ergibt, dass der Angebotspreis im Verhältnis zur Leistung zu niedrig ist, dass zu hohe oder zu niedrige Einheitspreise in wesentlichen Position angeboten worden sind oder (sonstige) begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen bestehen.

Bei einer Ausschreibung nach dem Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren gemäß § 20 Z. 26 BVergG bietet sich für die Prüfung gemäß § 93 Abs. 1 BVergG primär der Vergleich mit den in der Ausschreibung enthaltenen - im gegenständlichen Fall sachverständig ermittelten - Bezugspreisen an. Auch ein Vergleich mit Preisen von früheren Angeboten für gleiche Leistungen ("Erfahrungswerte") ist zulässig (vgl. Gölles in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2002, RZ 9 zu § 93) ebenso ein Vergleich mit den Preisen der Mitbieter. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers besteht keine fixe Grenze der Abweichung, bei deren Überschreiten zwingend eine vertiefte Angebotsprüfung vorgesehen ist (vgl. Gölles, aaO, RZ 9, siehe auch RZ 69).

4.4. Im vorliegenden Fall hat die Erstmitbeteiligte unstrittig keine vertiefte Angebotsprüfung durchgeführt. Die belangte Behörde kam zum Ergebnis, eine solche Prüfung sei auch nicht notwendig gewesen.

Diese Ansicht der belangten Behörde kann jedoch vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage auf Grundlage der oben

4.2. wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides vom Verwaltungsgerichtshof nicht überprüft werden. Insbesondere fehlt eine Begründung dafür, warum die Auftraggeberin dem Vergleich der angebotenen Preise mit den Preisen der aus dem Jahr 1995 stammenden Verträge gegenüber dem Vergleich mit den sachverständig ermittelten Bezugspreisen der Ausschreibung den Vorzug geben durfte.

5. Auf Grund der oben Pkt. 1 aufgezeigten Verkennung der Rechtslage war der angefochtene Bescheid in seinem Spruchpunkt 1. und infolge dessen auch im in den Spruchpunkten 3. und 4. enthaltenen Kostenausspruch gemäß § 42 Abs. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am