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VwGH vom 20.05.2010, 2006/04/0059

VwGH vom 20.05.2010, 2006/04/0059

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der Q GmbH in S, vertreten durch Dr. Michael Krüger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 4/15, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom , Zl. 611.001/0010- BKS/2005, betreffend Feststellung von Verletzungen des Privatradiogesetzes (weitere Partei: Bundeskanzler), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinen Spruchpunkten I.3. und II. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte die Kommunikationsbehörde Austria mehrere am erfolgte Verstöße der Beschwerdeführerin gegen das Privatradiogesetz - PrR-G fest und verpflichtete die Beschwerdeführerin gemäß § 26 Abs. 2 PrR-G, diese Entscheidung in näher bezeichneter Weise zu veröffentlichen und der Behörde Aufzeichnungen dieser Veröffentlichung vorzulegen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde, soweit hier wesentlich, die erstinstanzliche Feststellung einer Verletzung des § 19 Abs. 3 PrR-G, als im Radioprogramm der Beschwerdeführerin der Werbeblock nicht eindeutig durch akustische Mittel vom anderen Programm getrennt worden sei (Spruchpunkt I.1.).

Weiters wies die belangte Behörde, soweit hier wesentlich, die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Feststellung der Erstbehörde, die Beschwerdeführerin habe im Rahmen von drei Patronanzsendungen unzulässigerweise verkaufsfördernde Hinweise gesendet und damit gegen § 19 Abs. 5 lit. b Z. 3 PrR-G verstoßen, "gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 19 Abs. 5 lit. a und § 19 Abs. 3 PrR-G" ab (Spruchpunkt I.3.).

Schließlich stellte die belangte Behörde unter Spruchpunkt II. fest, die Beschwerdeführerin habe es am zu vier näher genannten Zeitpunkten unterlassen, im Radioprogramm Werbung von anderen Programmteilen eindeutig akustisch zu trennen und habe damit gegen § 19 Abs. 3 PrR-G verstoßen, wobei der Beschwerdeführerin gleichzeitig die Veröffentlichung dieses Spruchpunktes in näher genannter Form aufgetragen wurde.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diesen Bescheid zunächst an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und sie mit Beschluss vom , B 866/05-8, gemäß Art 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzte - Beschwerde erwogen:

Im vorliegenden Fall sind folgende Bestimmungen des Privatradiogesetzes, PrR-G, BGBl. I Nr. 20/2001 in der (bezogen auf den Zeitpunkt der gegenständlichen Radiosendungen am ) maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 97/2004, von Bedeutung:

"§ 19. ...

(3) Werbung muss klar als solche erkennbar und durch akustische Mittel eindeutig von anderen Programmteilen getrennt sein.

...

(5) a) Eine Patronanzsendung liegt vor, wenn ein nicht im Bereich der Produktion von Hörfunkprogrammen tätiges öffentliches oder privates Unternehmen einen Beitrag zur Finanzierung solcher Werke mit dem Ziel leistet, den Namen, die Marke, das Erscheinungsbild, die Tätigkeit oder die Leistung des Unternehmens zu fördern.

b) Patronanzsendungen müssen folgenden Anforderungen genügen:

...

3. Sie dürfen nicht zu Kauf, Miete oder Pacht von Erzeugnissen oder zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Auftraggebers oder eines Dritten, insbesondere durch spezifische verkaufsfördernde Hinweise auf diese Erzeugnisse oder Dienstleistungen anregen.

...

§ 22. (1) Die Hörfunkveranstalter haben auf ihre Kosten von allen ihren Sendungen Aufzeichnungen herzustellen und diese mindestens zehn Wochen lang aufzubewahren. Über Verlangen haben sie der Regulierungsbehörde die gewünschten Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen. Überdies haben sie jedermann, der ein rechtliches Interesse daran darzutun vermag, Einsicht in die Aufzeichnungen zu gewähren.

...

§ 26. ...

(2) Die Regulierungsbehörde kann auf Veröffentlichung ihrer Entscheidung erkennen und dem Hörfunkveranstalter auftragen, wann und in welcher Form diese Veröffentlichung zu erfolgen hat."

Zu Spruchpunkt I.1.:

Diesem Spruchteil liegt sachverhaltsmäßig zugrunde, die Beschwerdeführerin habe in einer Morgensendung am um ca. 09:44 Uhr nach einem Werbeblock den Jingle "Die X", unmittelbar danach die Wortfolge "Musikgenuss für die Ohren und Kaffeeduft für die Sinne. Im Presssatz-Set fünf von J" (der letzte Satz lautet nach dem angefochtenen Bescheid richtig: "I Z 5 von J" und stellt den Produktnamen einer Espressomaschine dar) sowie anschließend daran das Wort "X" gesendet. Der dabei eingespielte Musiktitel sei - wie die belangte Behörde aufgrund der Aufzeichnung der Sendung selbst wahrgenommen habe - bereits ab den Worten "und Kaffeeduft" zu hören gewesen. In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde einerseits von Werbung für die genannte Espressomaschine (Produktname kombiniert mit der qualitativwertenden Aussage, dass mit diesem Produkt "Kaffeeduft für die Sinne" verbunden wäre) und andererseits von einem Verstoß gegen das Trennungsgebot des § 19 Abs. 3 PrR-G aus, weil das Musikstück schon zu hören gewesen sei, als noch die genannte Werbung für die Espressomaschine gesendet worden sei. Abgesehen von der Vermischung von Werbung und Musikprogramm sei auch der eingespielte Jingle "Die X" kein eindeutiges Trennmittel im Sinne des § 19 Abs. 3 PrR-G, weil dieser Jingle auch zwischen einzelnen redaktionellen Programmteilen gesendet werde und daher nicht eindeutig als Trennung spezifisch zwischen Werbung und sonstigem Programm verstanden werde.

Die Beschwerde bestreitet zunächst, dass schon während der Werbung für die Espressomaschine der Musiktitel aus dem redaktionellen Programm zu hören gewesen sei und somit eine Vermischung von Musiktitel und Werbung stattgefunden habe. Dieser Einwand ist schon deshalb nicht zielführend, weil die belangte Behörde die betreffende Sachverhaltsfeststellung auf die eigene Wahrnehmung (die belangte Behörde hat die Sendeaufzeichnung selbst angehört) stützt und für den Verwaltungsgerichtshof eine Unschlüssigkeit dieser Beweiswürdigung nicht erkennbar ist.

Im Übrigen ist der belangten Behörde, sowohl was die Einstufung des gegenständlichen Hinweises auf die Espressomaschine als Werbung als auch die hier nicht gegebene Eindeutigkeit der Trennung vom sonstigen Programm betrifft, aus den im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/04/0060, genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, nicht entgegen zu treten.

Insoweit war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG

abzuweisen.

Zu Spruchpunkt I.3.:

Dem Spruchpunkt I.3. des angefochtenen Bescheides liegen Feststellungen der Erstbehörde zugrunde, die Beschwerdeführerin habe am zu drei näher genannten Zeitpunkten gegen § 19 Abs. 5 lit. b Z. 3 PrR-G verstoßen, weil sie unzulässigerweise (im Bescheid näher umschriebene) verkaufsfördernde Hinweise im Rahmen einer Patronanzsendung gesendet habe.

Diese Feststellungen - also das Vorliegen unzulässiger verkaufsfördernder Hinweise in einer Patronanzsendung - hat die belangte Behörde unter Spruchpunkt I.3. des angefochtenen Bescheides bestätigt, indem sie die diesbezügliche Berufung "abgewiesen" hat. Daran ändert nichts, dass die Berufung "gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 19 Abs. 5 lit. a und § 19 Abs. 3 PrR-G" abgewiesen wurde, weil die belangte Behörde in ihrem Spruch weder die erstinstanzliche Umschreibung des Gesetzesverstoßes noch die verletzte Norm (§ 19 Abs. 5 lit. b Z. 3 PrR-G) abgeändert hat.

Mit dieser durch den Spruch des angefochtenen Bescheides bestätigten Feststellung unzulässiger verkaufsfördernder Hinweise in einer Patronanzsendung stehen die Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Widerspruch, nach denen das Verhalten der Beschwerdeführerin "die durch § 19 Abs. 5 lit. b Z. 3 PrR-G gezogene Grenze überschreiten", zumal hier bereits die "Grenze zur Werbung überschritten und folglich auch § 19 Abs. 3 PrR-G anwendbar sei". Gegenständlich erschöpfe sich - so die weitere Begründung des angefochtenen Bescheides - die Gesetzesverletzung in einem Verstoß gegen § 19 Abs. 3 PrR-G, eine "Feststellung der Verletzung des § 19 Abs. 5 lit. b Z. 3 PrR-G konnte daher unterbleiben".

Da somit das Verhalten der Beschwerdeführerin nach dem Spruchteil I.3. des angefochtenen Bescheides einen unzulässigen verkaufsfördernden Hinweis im Sinne des § 19 Abs. 5 lit. b Z. 3 PrR-G darstellt, nach der Begründung dieses Bescheides hingegen eine nicht dem § 19 Abs. 3 PrR-G entsprechende Trennung von Werbung und sonstigem Programm, leidet der angefochtene Bescheid in diesem Teil infolge Widerspruches zwischen Spruch und Begründung unter inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E 28 zu § 59 und E 179 zu § 60 AVG referierte hg. Judikatur).

Aber selbst wenn man zugunsten der belangten Behörde annehmen wollte, die undeutliche Formulierung des Spruchpunktes I.3. sei dahin zu verstehen, die belangte Behörde habe die Feststellung der Erstbehörde betreffend einen Verstoß gegen § 19 Abs. 5 lit. b Z. 3 PrR-G dahin abändern wollen, dass ein Verstoß gegen § 19 Abs. 3 PrR-G vorliege, so wäre der angefochtene Bescheid in diesem Punkt rechtswidrig, weil - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2006/04/0058, ausgesprochen hat - die belangte Behörde damit unzulässigerweise die "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG überschritten hätte.

Zu Spruchpunkt II.:

Unter Spruchpunkt II. hat die belangte Behörde festgestellt, dass Sendungsteile der Beschwerdeführerin (die am zu vier angegebenen Zeitpunkten gesendet wurden) gegen § 19 Abs. 3 PrR-G verstoßen. Da der erste Zeitpunkt bereits von Spruchteil I.1. des angefochtenen Bescheides erfasst ist (und somit entschiedene Sache vorliegt) und das Verhalten der Beschwerdeführerin zu den drei anderen Zeitpunkten von der belangten Behörde erstmals als Verstoß gegen § 19 Abs. 3 PrR-G gewertet wurde (nach dem Erstbescheid handelte es sich um Verstöße gegen § 19 Abs. 5 lit. b Z. 3 PrR-G), hat die belangte Behörde auch mit diesem Spruchteil - im Sinne des oben Ausgeführten - die "Sache" überschritten.

Die Spruchpunkte I.3. und II. des angefochtenen Bescheides waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
MAAAE-79862