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VwGH vom 22.11.2011, 2006/04/0056

VwGH vom 22.11.2011, 2006/04/0056

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Dr. Greisberger, über die Beschwerde der Stadt Wien, Wiener Wohnen, Doblhoffgasse 6, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Wien vom , Zl. VKS - 3922/05, betreffend Nachprüfung eines Vergabeverfahrens (mitbeteiligte Partei: X GmbH, Y), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag der belangten Behörde auf Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hat im Rahmen eines offenen Verfahrens im Oberschwellenbereich im Rahmen eines näher bezeichneten Sanierungs- und Dachgeschossausbauvorhabens (unter anderem) Bautischlerarbeiten ausgeschrieben. Nach den Ausschreibungsbedingungen sollte der Zuschlag auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis erfolgen. Das Ende der Angebotsfrist war am . Die einzelnen Gewerke wurden in Losen ausgeschrieben. Die mitbeteiligte Partei hat sich durch Legung eines Angebotes bezüglich des Loses Nr. 8 "Bautischlerarbeiten" am Vergabeverfahren beteiligt. Mit der ihr am selben Tag zugegangenen Zuschlagsentscheidung vom hat die Beschwerdeführerin der mitbeteiligten Partei mitgeteilt, den Zuschlag hinsichtlich des Gewerkes "Bautischlerarbeiten" einem anderen Bieter erteilen zu wollen.

Die mitbeteiligte Partei beantragte die Nichtigerklärung dieser Zuschlagsentscheidung und brachte vor, die Beschwerdeführerin habe im Leistungsverzeichnis ausdrücklich gefordert, zum Nachweis der Einbruchs- und Brandhemmung (der angebotenen Wohnungseingangstüren) Prüfzeugnisse vorzulegen. Damit habe sie verbindlich festgelegt, die Bieter hätten mittels Prüfzeugnissen nachzuweisen, dass die angebotenen Wohnungseingangstüren Brandbeständigkeit nach T 30 aufwiesen. Bei der Angebotseröffnung sei dem Angebot des für die Zuschlagserteilung in Aussicht genommenen Unternehmens ein Prüfzeugnis nicht angeschlossen gewesen. Damit handle es sich um ein unvollständiges Angebot, was einen unbehebbaren Mangel darstelle.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Zuschlagsentscheidung der Beschwerdeführerin für nichtig erklärt. Sie begründete dies nach Wiedergabe der maßgeblichen Ausschreibungsbedingungen damit, dass nach Ausscheidung des preislich an erster Stelle gereihten Angebotes das zunächst an zweiter Stelle gereihte Angebot des für die Zuschlagserteilung in Aussicht genommenen Unternehmens an erster Stelle zu liegen gekommen sei. Bezüglich dieses Angebotes habe am ein Aufklärungsgespräch stattgefunden. Nach diesem Aufklärungsgespräch habe dieses Unternehmen der Beschwerdeführerin in einem am eingelangten Schreiben mitgeteilt, dass es "wunschgemäß" bestätige, dass die in der Ausschreibung geforderten Prüfzeugnisse "umgehend nach Auftragserteilung erstellt und übergeben" werden, jedenfalls vor Lieferung und Montage des ersten Bauabschnittes, welcher laut Rahmenterminplan termingerecht ausgeführt werde. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde aus, die Niederschrift über das Aufklärungsgespräch mit dem für die Zuschlagserteilung in Aussicht genommenen Unternehmen enthalte zwar keine Hinweise darauf, dass auch über die Frage der Prüfzeugnisse gesprochen worden sei, doch müsse im Hinblick auf das wiedergegebene Schreiben dieses Unternehmens eine Erörterung dieses Problems stattgefunden haben. Daraus sei abzuleiten, dass die Beschwerdeführerin die Nichtvorlage von Prüfzeugnissen mit dem Angebot als problematisch angesehen habe.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen aus, nach den Ausschreibungsbedingungen seien zum Nachweis der Einbruchs- und Brandhemmung der ausgeschriebenen Wohnungseingangstüren entsprechende Prüfzeugnisse vorzulegen gewesen. Es treffe zu, dass die Ausschreibungsbedingungen keinerlei Hinweis auf den Zeitpunkt enthielten, wann diese Prüfzeugnisse vorzulegen seien, insbesondere, ob die Prüfzeugnisse den Angeboten beiliegen müssten. Es sei daher auf die Bestimmungen des BVergG 2002 zurückzugreifen. Bei den verlangten Prüfzeugnissen handle es sich um den Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit im Sinn des § 52 Abs. 1 Z. 4 BVergG 2002. Nach Abs. 5 Z. 1 dieser Bestimmung müsse die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit beim offenen Verfahren zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung vorliegen. Das Nachprüfungsverfahren habe eindeutig ergeben, dass das für die Zuschlagserteilung in Aussicht genommene Unternehmen im Zeitpunkt der Angebotseröffnung nicht über die nach den Ausschreibungsbedingungen geforderten Prüfzeugnisse verfügt habe, was sich vor allem aus dem Schreiben des Unternehmens vom ergebe. Der Beschwerdeführerin sei die Notwendigkeit des Vorliegens der Prüfzeugnisse offenbar auch im Zuge der Angebotsprüfung bewusst geworden, weil ansonsten dieses Schreiben nicht erklärbar wäre. Der Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit durch Vorlage der geforderten Prüfzeugnisse hätte bereits mit Angebotsabgabe erfolgen müssen. Selbst wenn man das Fehlen dieses Nachweises als behebbaren Mangel beurteilen wollte, wäre für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen, weil nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens feststehe, dass das für die Zuschlagserteilung in Aussicht genommene Unternehmen im Zeitpunkt der Angebotsöffnung über die geforderten Prüfzeugnisse noch nicht verfügt, sondern beabsichtigt habe, diese erst nach Auftragserteilung zu beschaffen. Das Unternehmen wäre daher gar nicht in der Lage gewesen, noch vor Zuschlagsentscheidung die entsprechenden Prüfzeugnisse nachzureichen. Das Nichtvorliegen der Prüfberichte stelle daher einen unbehebbaren Mangel dar, der zur Ausscheidung dieses Angebotes hätte führen müssen. Dem Nachprüfungsantrag sei daher Folge zu geben und die Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde wendet sich gegen die Annahme der belangten Behörde, die verlangten Prüfzeugnisse hätten bereits im Zuge des Vergabeverfahrens vorgelegt werden müssen. Sie vertritt vielmehr die Ansicht, diese wären erst im Zuge der Auftragsdurchführung vorzulegen gewesen.

Unstrittig ist, dass in den bestandsfesten Ausschreibungsbedingungen, wie dies von der Beschwerdeführerin in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde auch ausdrücklich wiedergegeben wird, in der Position betreffend der Wohnungseingangstüren festgelegt ist: "Zum Nachweis der Einbruchs- und Brandhemmung sind entsprechende Prüfzeugnisse vorzulegen".

Gemäß § 52 Abs. 5 Z. 1 BVergG 2002 muss im offenen Verfahren (unter anderem) die Leistungsfähigkeit spätestens zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung vorliegen. Wird diese Bestimmung nicht erfüllt und haftet daher dem Angebot ein Mangel an, so ist zu unterscheiden, ob im genannten Zeitpunkt die Leistungsfähigkeit - als solche - fehlt (in diesem Fall läge ein unbehebbarer Mangel vor) oder ob es bloß am Nachweis der - im maßgeblichen Zeitpunkt an sich bereits bestehenden - Leistungsfähigkeit mangelt (dabei handelt es sich um einen behebbaren Mangel; zur Abgrenzung zwischen behebbaren und unbehebbaren Mängeln vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/04/0087).

Der belangten Behörde ist nicht entgegenzutreten, wenn sie nach Lage des Falles im Fehlen der Prüfzeugnisse - des Nachweises der im Zeitpunkt der Angebotsöffnung bestehenden Leistungsfähigkeit - einen unbehebbaren Mangel erblickte, weil nach der im Verfahren abgegebenen Erklärung des für die Zuschlagserteilung in Aussicht genommenen Unternehmens diese Prüfzeugnisse erst "umgehend nach Auftragserteilung erstellt und übergeben werden", demnach im maßgeblichen Zeitpunkt die Leistungsfähigkeit als solche gefehlt hat. Lediglich wenn die Auftraggeberin auf Grund dieses Schreibens davon ausgehen hätte können, dass der Bieter die technische Leistungsfähigkeit schon im Zeitpunkt der Angebotsöffnung besaß, wäre die Zuschlagsentscheidung nicht rechtswidrig (vgl. das zum BVergG 2006 zur Frage des Vorliegens der technischen Leistungsfähigkeit ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0203, und das zum BVergG 2002 zur Frage des Vorliegens der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0253).

Die Ansicht der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin hätte das mit einem unbehebbaren Mangel behaftete Angebot des Bieters ausscheiden müssen und ein Zuschlag auf dieses Angebot hätte nicht erfolgen dürfen, weshalb dem Nachprüfungsantrag stattzugeben gewesen sei, ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Dem Antrag der belangten Behörde auf Aufwandersatz war nicht stattzugeben, da Land und Stadt Wien eine einzige Gebietskörperschaft sind und somit die Beschwerdeführerin zugleich Rechtsträgerin der belangten Behörde ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/04/0134, mwH). Die als Beschwerdeführerin einschreitende Einrichtung Stadt Wien, Wiener Wohnen, ist lediglich eine unselbständige Unternehmung ohne eigene Rechtspersönlichkeit im Sinne des § 71 der Wiener Stadtverfassung.

Wien, am