VwGH vom 15.11.2012, 2010/17/0273
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der K GmbH in W, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom , Zl. I-Präs-00503e/2010, betreffend Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom schrieb der Stadtmagistrat Innsbruck der Beschwerdeführerin für den Zeitraum Jänner bis März 2010 für drei Spielapparate Vergnügungssteuer gem. § 18 Tiroler Vergnügungssteuergesetz in der Höhe von EUR 1.980,-- vor. Ebenfalls mit Bescheid vom schrieb der Stadtmagistrat Innsbruck der Beschwerdeführerin u.a. für dieselben drei Spielapparate für April 2010 Vergnügungssteuer gem. § 18 Tiroler Vergnügungssteuergesetz in der Höhe von EUR 1.518,90 vor, wobei auf die genannten Spielapparate insgesamt EUR 660,-- entfielen.
In ihrer gegen diese Bescheide erhobenen Berufung bestritt die Beschwerdeführerin, dass es sich bei den Geräten um Spielapparate handle. Sie legte ein "Rechtsgutachten" ihres Rechtsanwaltes mit dem Titel "Sportwetten unter besonderer Berücksichtigung der Wetten auf sportliche Veranstaltungen, die bereits stattgefunden haben" sowie ein Schreiben der Salzburger Landesregierung über aufgezeichnete Hunderennen vor und beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass im Beschwerdefall Sportwetten vorlägen.
In ihrer Berufungsvorentscheidung gab die erstinstanzliche Behörde der Berufung keine Folge. Es handle sich bei den Apparaten um "HK-Greyhound Racing Terminals" mit der Aufschrift "Bet2win.at", bei denen der Spieler auf Hunde, welche mit einer Nummer und einer Wettquote versehen seien, wetten könne. Der Start der Hunderennen erfolge im Zeitabstand von fünf Minuten. Es würden keine Hinweise auf die Veranstaltungszeit, Veranstaltungsort oder Namen des Hundes gegeben. Bei virtuellen Hunde-, Pferde- oder sonstige Wetten handle es sich nicht um Wetten auf ein zukünftiges Ereignis (mit ungewissen Ausgang), sondern um Wetten auf Wettkämpfe, welche in der Vergangenheit aufgezeichnet und von einem Zufallsgenerator (Computer) für den jeweiligen Ablauf eines Rennens ausgewählt worden seien. Auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/17/0158) liege keine Wette aus Anlass einer sportlichen Veranstaltung oder eines Hunderennens vor.
In ihrem Vorlageantrag beantragte die Beschwerdeführerin die Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie die Durchführung eines Lokalaugenscheins zum Beweis dafür, dass bei den vorliegenden Geräten dem Wettkunden Informationen über das Wettereignis bekannt seien. Bei dem "Produkt" der Beschwerdeführerin handle es sich nicht um ein solches, "bei dem Faktoren wie zum Beispiel Ort oder Zeit fehlten". Die Feststellung, dass keine Hinweise auf Veranstaltungsort und -zeit gegeben seien, sei unrichtig oder ungenau.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach dem von der Abgabenbehörde erster Instanz durchgeführten Lokalaugenschein komme bei den Geräten der Beschwerdeführerin das System der Marke "Global Greyhounds tv" zum Einsatz. Da die Geräte somit hinreichend definiert seien, könne von der Abhaltung eines Lokalaugenscheins sowie der Aufnahme eines Sachverständigengutachtens abgesehen werden. Beim "Global Greyhounds.tv" handle es sich um aufgezeichnete Rennen. Welches Rennen abgespielt werde, ermittle ein Zufallsgenerator am zentralen Server, welcher das Rennen und die Quoten zur Verfügung stelle. Grundsätzlich würden bei Hundewetten für jeden Ausgang eines Hunderennens Quoten angeboten, welche bis zum Start angezeigt würden und angäben, wie viel im Falle eines gewonnenen Spiels für den Einsatz ausbezahlt werde. Bei den Hunderennen, welche im Fünf-Minuten-Takt gestartet würden, sei es dem Teilnehmer nicht möglich Informationen über Starter, Rennbahn, Datum, Wetter oder Rennbahnbedingungen in Erfahrung zu bringen. Der Umstand, dass der Buchmacher seine Erfahrung als Grundlage der Quotengestaltung einbringe, ändere nichts daran, dass der Benützer des Apparates keine Hintergrundinformation über das stattfindende Rennen erhalte. Es hinge in der Folge einzig und allein von der vom Zufallsgenerator vorgenommenen Auswahl des Hunderennens ab, ob der vom Benützer abgegebene Tipp richtig oder falsch sei. Für den Benützer bilde der Vermögenseinsatz somit immer ein Spiel, in dem er sich auf ihm unbekannte Personen und deren Einschätzung eines ihm tatsächlich nicht bekannten Ereignisses verlasse.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin replizierte auf die Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichthof hat erwogen:
Die §§ 18 und 20 des Tiroler Vergnügungssteuergesetzes 1982 (LGBl. Nr. 60/1982, Wiederverlautbarung, in der Folge: TVStG; § 18 idF vor der Novelle LGBl. Nr. 24/2011) lauten:
"§ 18
(1) Die Pauschsteuer wird für das Halten von Spielapparaten für jeden angefangenen Monat nach festen Sätzen erhoben.
(2) Spielapparate im Sinne des Abs. 1 sind Geräte mit mechanischen oder elektronischen Vorrichtungen, die zur Durchführung von Spielen dienen und gegen Entgelt betrieben werden.
(3) Die Steuer beträgt für jeden angefangenen Monat:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
a) | …; |
b) | …; |
c) | für das Halten von Spielapparaten, bei denen dem |
Benützer vermögenswerte Gewinne ausgefolgt oder in Aussicht gestellt werden, gleichgültig, ob Gewinn oder Verlust ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängen oder nicht, 110,- Euro je Apparat. | |
… | |
§ 20 | |
Erhöhung der Steuersätze | |
Die in den §§ 13 bis 19 angeführten Steuersätze können bis | |
zum Doppelten erhöht werden." | |
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Beurteilung der gegenständlichen Geräte als Glücksspielapparate nach § 18 Abs. 3 lit. c TVStG mit dem Vorbringen, im Beschwerdefall handle es sich um tatsächlich stattgefundene Rennen, deren Zeit und Ort bereits vor dem Einsatz durch den Teilnehmer bekanntgegeben worden seien. Damit unterscheide sich der vorliegende Beschwerdefall wesentlich von dem im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/17/0158, zugrunde liegenden Sachverhalt. | |
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0042, ausgeführt, dass es nicht wesentlich ist, ob zunächst bestimmte Informationen erteilt werden, dann der Einsatz erfolgt und ein Hunderennen zufällig ausgewählt wird, oder ob zuerst ein Hunderennen ausgewählt wird, dann bestimmte (und beschränkte) Informationen erteilt werden und danach der Einsatz erfolgt. Das bedeutet, dass es auch für den Beschwerdefall nicht ausschlaggebend ist, ob der Wetteinsatz vor der Auswahl des Hunderennens bzw. der Erteilung von bestimmten Informationen erfolgt oder danach. | |
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass es sich im Beschwerdefall ebenfalls um aufgezeichnete Hunderennen handelt, deren Auswahl durch einen Zufallsgenerator erfolgt, und dass diese Hunderennen jeweils im Fünf-Minuten-Takt gestartet werden. Sie ist auch nicht der Feststellung in der Berufungsvorentscheidung, wonach die teilnehmenden Hunde nicht nach ihrem Namen, sondern ausschließlich Nummern und Quoten unterschieden werden können, entgegen getreten. Unter diesen Umständen kann aber die Auffassung der belangten Behörde, dass es den Kunden der Beschwerdeführerin nicht möglich sei, in dieser Situation Kenntnisse über die startenden Hunde, die Rennbahn, das Wetter oder andere Rennbahnbedingungen bei der Einschätzung der Reihenfolge der ins Ziel einlaufenden Hunde zu verwerten, nicht als unschlüssig erachtet werden. Die Beschwerdeführerin erstattet auch kein Vorbringen, das geeignet wäre, Zweifel an deren Richtigkeit zu erwecken. Auch aus der allgemein gehaltenen Behauptung, dem Kunden vor seinem Einsatz Informationen über Ort und Zeit des Rennens zu geben, ergibt sich nämlich noch nicht, dass es sich bei diesen Informationen um ausreichend detaillierte Angaben handelt, die es dem Teilnehmer ermöglichten, bis zur Abgabe seiner Einschätzung der Reihenfolge der einlaufenden Hunde seine Kenntnisse betreffend die relevanten Umstände des Hunderennens (z. B. über die Trainingsverfassung und den gesundheitlichen Zustand der Hunde, die Stärken der Tiere bei der gegebenen Wetterlage; vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0299) abzurufen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen nimmt das von der Beschwerdeführerin ihrer Berufung beigelegte "Rechtsgutachten" ihres Rechtsbeistandes auch nicht auf die konkreten verfahrensgegenständlichen Geräte Bezug, sondern enthält lediglich allgemeine Überlegungen zu dem in dessen Titel angeführten Thema. | |
Wenn die Beschwerdeführerin rügt, die belangte Behörde habe ihren Anträgen, ein Sachverständigengutachten einzuholen bzw. einen Lokalaugenschein durchzuführen, nicht entsprochen, so ist sie darauf hinzuweisen, dass diesen Anträgen ein konkretes Beweisthema nicht zu entnehmen ist. Im Übrigen unterlässt sie es auch, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen. | |
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. | |
Die von der Beschwerdeführerin erstmals in ihrem Schriftsatz vom - und demnach nicht innerhalb der Frist zur Erhebung der Beschwerde - beantragte mündliche Verhandlung war schon auf Grund der verspäteten Antragstellung (§ 39 Abs. 1 Z 1 VwGG) nicht durchzuführen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/04/0131, mwN). | |
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. | |
Wien, am |
Fundstelle(n):
JAAAE-79837