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VwGH vom 11.04.2011, 2010/17/0260

VwGH vom 11.04.2011, 2010/17/0260

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des MR in S, vertreten durch MMag. Dr. Susanne Binder-Novak, Rechtsanwältin in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1/2. Stock, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt St. Pölten vom , Zl. 00/03/5/391- 2010/Mag.Rie/MS, betreffend Antrag auf Rückzahlung von Müllbeseitigungsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt St. Pölten Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem am beim Magistrat der Stadt St. Pölten eingelangten "Antrag auf Rückzahlung" begehrte der Beschwerdeführer, "der Magistrat der Stadt St. Pölten möge den Betrag von EUR 2.484,76 zu Handen der ausgewiesenen Rechtsvertreterin rückzahlen, dies binnen 14 Tagen ab Antragstellung, wobei im Verzugsfall 4% Verzugszinsen begehrt werden".

Der Beschwerdeführer begründete diesen Antrag damit, der N. Betriebsanlagen GmbH seien mit Lastschriftanzeigen Müllgebühren für die Gastwirtschaft B. vorgeschrieben worden. Der Beschwerdeführer als Pächter der Gastwirtschaft habe "ersucht, die vom Magistrat zur Verfügung gestellten Müllbehälter abzubestellen". Mit Schreiben vom habe der Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten mitgeteilt, dass der gegenständliche Gastgewerbebetrieb im Pflichtbereich der Müllabfuhr der Landeshauptstadt liege; weiters sei erklärt worden, dass Müll und nicht gewerblicher Abfall vorliegen würde und dass eine Abbestellung der Müllbehälter nicht möglich sei.

Ungeachtet dessen habe der Beschwerdeführer seit September 2008 eine näher genannte "Firma" mit der Beseitigung des Mülls beauftragt.

Nachdem der Magistrat der Landeshauptstadt weiterhin auf der Bezahlung der Müllbeseitigungsgebühr bestanden habe, sei die Müllbeseitigungsgebühr für das Vierteljahr 2008 in Höhe von EUR 2.484,76 - nach bescheidmäßiger Bewilligung von Raten - durch den Beschwerdeführer zur Zahlung gebracht worden. Daraufhin sei von der N Betriebsanlagen GmbH mit Schreiben vom der Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides im Sinne von § 16 des Niederösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes gestellt worden.

Mit Bescheid vom habe der Magistrat der Stadt St. Pölten festgestellt, dass es sich beim gegenständlichen Müll um Siedlungsabfall im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. a des Niederösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes handle und dass dieser Siedlungsabfall gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. durch Einrichtungen der Stadt St. Pölten zu erfassen und zu behandeln lassen sei.

Der dagegen erhobene Berufung sei mit Bescheid vom Folge gegeben und dabei ausgesprochen worden, dass nicht gefährliche Siedlungsabfälle, welche im Gastgewerbebetrieb anfielen, der Abfallart "betriebliche Abfälle" zuzuordnen seien, soweit nicht Sperrmüll im Sinne des § 3 Z 2 lit. d des Niederösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes vorliege.

Auf Grund dieser rechtskräftigen Feststellung sei geklärt, dass vom Magistrat der Stadt St. Pölten zu Unrecht die Müllbeseitigungsgebühr eingehoben worden sei. Insgesamt sei der Betrag von EUR 2.484,76 seit der Antragstellung beglichen worden; seit dieser Zeit sei auch durchgängig die näher genannte "Firma" mit der Müllentsorgung beauftragt gewesen. Die vom Magistrat der Stadt St. Pölten aufgestellten Müllcontainer seien von der N Betriebsanlagen GmbH sowie vom Beschwerdeführer als Pächter der Gastwirtschaft nicht genutzt worden.

Nachdem rechtskräftig darüber abgesprochen worden sei, dass eine Abgabenverpflichtung zur Zahlung von Müllgebühren nicht bestünde, bestehe der Antrag auf Rückzahlung zu Recht. Zur Erhebung eines Rückzahlungsanspruches sei derjenige berechtigt, der die Abgabe tatsächlich entrichtet habe, sodass der Beschwerdeführer zur Rückforderung berechtigt sei. Der Antrag werde auf jede erdenkliche Rechtsquelle gestützt, insbesondere auf § 187 Abs. 1 der Niederösterreichischen Abgabenordnung 1977 in der geltenden Fassung.

1.2. Mit dem Bescheid vom wies die Abgabenbehörde erster Instanz den Antrag auf Rückzahlung der Müllbeseitigungsgebühren in der Gesamthöhe von EUR 2.484,76 als unbegründet ab, wobei sie sich auf § 241 Abs. 1 BAO stützte.

Begründend führte die Behörde aus, die Müllbeseitigungsgebühren seien rechtskräftig mit Bescheid vom festgesetzt und die laufenden Müllgebühren auf Grund dieses gültigen Bescheides entrichtet worden; von einer zu Unrecht entrichteten oder zu Unrecht zwangsweise eingebrachten Abgabe könne nicht gesprochen werden, wenn das behauptete Unrecht im Leistungsgebot liege und dieses nicht erfolgreich bekämpft worden sei.

1.3. In seiner dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer nach Wiedergabe seines Antrages und des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen aus, soweit die Behörde auf der Basis von § 241 Abs. 1 BAO den Antrag als unbegründet abgewiesen habe, sei dies unzutreffend. Der Auffassung des Magistrats der Stadt St. Pölten, dass keine zu Unrecht entrichtete, bzw. zu Unrecht zwangsweise eingebrachte Abgabe vorliege, wenn das behauptete Unrecht im Leistungsgebot liege und dieses nicht erfolgreich bekämpft worden sei, könne nicht geteilt werden. Es sei im vorliegenden Sachverhalt ab dem Zeitpunkt des Antrages auf Erlassung eines Feststellungsbescheides nach dem Niederösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetz klar gewesen, dass es zu einer Rückforderung der Gebühren kommen werde, falls die Gebühren zu Unrecht eingefordert worden seien. Wenn die Gebühren nicht entrichtet worden wären, wäre auch die zwangsweise Einbringung der Abgabe möglich gewesen, sodass man nicht davon ausgehen könne, dass sich durch die Erhebung einer Berufung gegen die Vorschreibung der Sachverhalt geändert hätte.

Dass der Bescheid, auf den sich die Behörde erster Instanz stütze, vom stamme, ändere nichts daran, dass dieser Bescheid rechtswidrig erlassen worden sei. Nachdem allerdings erst im September 2009 der Antrag auf Feststellung erhoben worden sei, werde "entgegenkommend lediglich die Rückforderung der Beträge ab dem begehrten Feststellungsbescheid im September 2009" begehrt. Es werde daher der Berufungsantrag gestellt, die Berufungsbehörde wolle der Berufung Folge geben und dem Antrag auf Rückzahlung der Müllbeseitigungsgebühren in voller Höhe stattgeben.

1.4. Mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 289 Abs. 2 BAO als unbegründet ab.

Nach den in diesem Bescheid zugrunde gelegten Feststellungen wurde dem Touristenverein N. auf Grund des Abgabenbescheides des Magistrates der Stadt St. Pölten vom gegenüber festgestellt, dass ein näher bezeichnetes Grundstück im Pflichtbereich liege und gleichzeitig die jährliche Abfallwirtschaftsgebühr und Abfallwirtschaftsabgabe mit einem Jahresbetrag von EUR 4.951,55 inklusive 10% Umsatzsteuer festgesetzt. Der Jahresbetrag sei in vier Raten zu EUR 1.237,89 am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November fällig. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen.

Die (dadurch) vorgeschriebenen Gebühren seien vom Beschwerdeführer als Pächter der auf der gegenständlichen Liegenschaft befindlichen Gastwirtschaft zur Zahlung gebracht worden; mit den Bescheiden vom und vom seien ihm Zahlungserleichterungen in der Form von Ratenzahlungen genehmigt worden.

Am habe die N Betriebsanlagen GmbH die Feststellung gemäß § 16 des Niederösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes beantragt, welcher Abfallart im Sinne dieses Gesetzes der gegenständlichen Müll zuzuordnen sei.

Diesbezüglich sei (rechtskräftig) mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom festgestellt worden, dass der im Gastgewerbebetrieb anfallende Müll der Abfallart "betriebliche Abfälle" zuzuordnen sei, soweit nicht Sperrmüll im Sinne des § 3 Z 2 des Niederösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes 1992 vorliege.

Unbestritten gehe aus dem Akteninhalt hervor, dass für den in Frage kommenden Rückzahlungszeitraum der rückgeforderte Betrag in der Höhe von EUR 2.484,76 auf Grund des Bescheides vom rechtskräftig vorgeschrieben worden sei; damit sei die Einhebung und Entrichtung nicht zu Unrecht erfolgt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/17/0073) bewirke die Rechtskraft einer Abgabenfestsetzung, also die Feststellung, dass ein Abgabenanspruch in der festgesetzten Höhe zustehe, dass die Entrichtung des solcher Art festgesetzten Betrages auch dann nicht "zu Unrecht" (hier im Sinne des § 241 Abs. 1 BAO) erfolge, wenn die rechtskräftig gewordene Abgabenfestsetzung rechtswidrig gewesen wäre. Von einer "zu Unrecht entrichteten" und "zu Unrecht zwangsweise eingebrachten" Abgabe könne nicht gesprochen werden, wenn das behauptete Unrecht im Leistungsgebot liege und dieses nicht erfolgreich bekämpft worden sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/17/0104). Dies bedeute, dass mit einem Rückzahlungsantrag nach § 241 Abs. 1 BAO die normative Wirkung eines rechtskräftigen Bescheides über die Festsetzung von Abgaben nicht unterlaufen werden könne.

Daran ändere auch das weitere Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers nichts, insbesondere die Behauptung, dass mit dem Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom feststehen würde, dass die Müllgebühren zu Unrecht eingehoben worden wären; mit dieser Entscheidung sei nämlich nur die Feststellung über die Art des anfallenden Mülls getroffen worden. Dieser Entscheidung komme keine rückwirkende Rechtskraft auf den rechtskräftigen Abgabenbescheid zu. Da somit das Merkmal von zu Unrecht entrichteten Müllabgaben nicht vorläge, weil die zurückverlangten Abgabenbeträge ihre Deckung im rechtskräftigen Abgabenbescheid fänden, sei dem Rückzahlungsantrag nicht stattzugeben gewesen.

1.5. Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Das Beschwerdevorbringen lässt sich dahin zusammenfassen, die Abgabenbehörden hätten den mit dem Rückzahlungsantrag verbundenen Antrag auf Nachsicht Folge zu geben gehabt; durch Gewährung der Nachsicht der bereits entrichteten Abgaben hätte sich auch der Rückzahlungsantrag als berechtigt erwiesen.

2.2. Soweit die beschwerdeführende Partei in diesem Zusammenhang unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, die belangte Behörde sei zu Unrecht von der Anwendbarkeit der BAO ausgegangen, genügt es, auf die zutreffenden Ausführungen in der Gegenschrift zu verweisen (vgl. die §§ 7 Abs. 6 und 17 Abs. 3d F-VG 1948, BGBl. Nr. 45 in der Fassung durch BGBl. I Nr. 103/2007, sowie § 323a BAO; im Übrigen kann auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/17/0245, verwiesen werden, wonach bei der Entscheidung über Nachsichtsansuchen stets die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung (über das Nachsichtsansuchen) zu berücksichtigen ist, vgl. überdies § 12 Abs. 2 des NÖ Abgabenbehördeorganisationsgesetz 2009, LGBl. Nr. 126).

2.3. Letztlich aber erweist es sich für die Beurteilung des gegenständlichen Beschwerdefalls - ausgehend vom Beschwerdevorbringen betreffend die Nichtgewährung der Nachsicht - nicht als entscheidungswesentlich, ob die Abgabenbehörden über einen Nachsichtsantrag nach der Bundesabgabenordnung (BAO) oder einer anderen Bestimmung zu entscheiden gehabt hätten:

Voraussetzung einer derartigen Entscheidung über die Nachsicht von entrichteten Abgaben ist nämlich jedenfalls ein darauf abzielender ausdrücklicher Antrag (vgl. nur Ritz , Bundesabgabenordnung3 Rz 1 zu § 236 BAO). Ein derartiger Antrag ist aber dem - oben wiedergegebenen - Antrag des Beschwerdeführers, der am bei der Abgabenbehörde erster Instanz einlangte, nicht zu entnehmen.

Soweit der Beschwerdeführer aber vorbringt, er sei in seinem Recht auf gesetzliche Gleichbehandlung dadurch verletzt, dass andere Rechtsunterworfene für die Entsorgung des betrieblichen Mülls keine Müllgebühren abführen müssten, hingegen der Beschwerdeführer sehr wohl Müllgebühren begleichen müsse, kann dem nicht gefolgt werden. Selbst nach Ansicht des Beschwerdeführers wäre die Entrichtung der Müllgebühren auf Grund des rechtskräftigen Bescheides vom erst ab Einbringung des Antrages auf Feststellung nach § 16 des Niederösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes 1992 zu Unrecht erfolgt. Selbst wenn man - wie der Beschwerdeführer - von einer auch die Abgabenbehörden bindenden Wirkung nach dem zuletzt genannten Gesetz ausgehen wollte, wäre damit für die Abgabenbehörden doch nur die Vorfrage geklärt gewesen, um welche Art von Müll es sich handelt; der Abgabenschuldner hätte diesfalls den Abgabenfestsetzungsbescheid etwa im Wege einer Wiederaufnahme beseitigen können (vgl. etwa zum Verfahren betreffend einen Altlastenbeitrag das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/17/0263). Eine derartige Wiederaufnahme (oder eine andere, die rechtskräftige Abgabenfestsetzung insoweit abändernde Maßnahme) wurde jedenfalls vom Abgabenschuldner nicht ergriffen und auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Insofern erweist sich die Beurteilung der belangten Behörde betreffend das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine Stattgebung des Rückzahlungsantrages - die vom Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof auch gar nicht bekämpft wird - jedenfalls nicht als unzutreffend.

2.4. Bei diesem Ergebnis kann es dahinstehen, ob der Beschwerdeführer, der nach seinem eigenen Vorbringen nur für die N Betriebsanlagen GmbH die gegenständlichen Zahlungen leistete (und der damit deren - oder nach den Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid möglicherweise - Abgabenverbindlichkeiten des Touristenvereines N. tilgte) überhaupt zur Stellung des vorliegenden Rückzahlungsantrages (und eines allfälligen Nachsichtsantrages) berechtigt gewesen war.

2.5. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.6. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am