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VwGH vom 29.09.2015, 2013/05/0163

VwGH vom 29.09.2015, 2013/05/0163

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Beschwerde des E L in W, vertreten durch Mag. Clemens Krabatsch, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Stadtplatz 29, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IKD(BauR)-014472/3-2012- Hc/Wm, betreffend Bauaufträge (mitbeteiligte Partei: M G, vertreten durch den Bürgermeister in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheiden des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom vom und vom wurden dem Beschwerdeführer gemäß § 49 Abs. 1 und Abs. 6 Oö Bauordnung 1994 Beseitigungsaufträge für die auf dem als "Grünland - Traunauen-Grünzug" gewidmeten, näher bezeichneten Grundstück konsenslos errichteten baulichen Anlagen - ein Schwimmbad, eine Senkgrube, ein Gartenhaus (gemeint wohl: das Gebäude im Zentrum des Grundstückes) bzw. eine Holzhütte im Ausmaß von 2,20 x 2,20 m, ein gemauerter Grillplatz mit freistehender Mauer, eine Einfriedung des Grundstückes mittels Maschendrahtzaun mit Metallschiebetor im Einfahrtsbereich einschließlich Kunststoffmatte bei straßenseitiger Einfriedung, eine befestigte Außenfläche im Einfahrtsbereich von ca. 80 m2 Asphaltfläche und ein im Anschluss bestehendes Natursteinpflaster bis zum Wohnhaus - erteilt.

Die dagegen erhobenen Berufungen wurden mit dem Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom als unbegründet abgewiesen und die Beseitigung des Wohngebäudes mit eineinhalb Geschossen und einer Vollunterkellerung im Zentrum des Grundstückes im näher beschriebenen Ausmaß samt ostseitigem Vorbau und gedecktem Kellerabgang, der Holzhütte im Ausmaß von 2,20 x 2,20 m im Nordwesteck des Grundstückes, des Schwimmbeckens, des gemauerten Grillplatzes entlang der westlichen Grundgrenze, der Terrasse, des Metallschiebetors im Einfahrtsbereich, der Asphaltfläche im Einfahrtsbereich sowie des Traufenpflasters aufgetragen. Der erstinstanzliche Beseitigungsauftrag betreffend die Einfriedung ("Maschendrahtzaun bei der Gesamtliegenschaft") wurde aufgehoben.

Die dagegen erhobene Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom hinsichtlich der Beseitigung der Holzhütte im Ausmaß von 2,20 x 2,20 m, des gemauerten Grillplatzes und der Asphaltfläche im Einfahrtsbereich als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt 3.). Mit Spruchpunkt 1. wurde der Berufungsbescheid, soweit er die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom abgewiesen und die Beseitigung des Wohngebäudes, des Schwimmbeckens und der Terrasse aufgetragen hat, und mit Spruchpunkt 2. wurde der Berufungsbescheid, soweit er die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom abgewiesen und die Beseitigung des "Metallschiebetores" und des "gepflasterten Traufenpflasters" vorgesehen hat, in diesem Umfang aufgehoben und die Angelegenheit insoweit an den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde zurückverwiesen.

Begründend legte die belangte Behörde zur Abweisung im Wesentlichen dar, dass die gegenständliche Holzhütte im Zeitpunkt der Errichtung bewilligungspflichtig bzw. im Zeitpunkt der Erlassung des Auftrages anzeigepflichtig gewesen sei. Dies begründete sie damit, dass trotz Unkenntnis vom genauen Errichtungszeitpunkt (lt. Angaben des Beschwerdeführers in den 50er/60er Jahren) auch vor 1977 gemäß § 1 OÖ Bauordnung 1875 eine Bewilligungspflicht für ein solches Gebäude bestanden habe. Auch wenn der Bürgermeister der Errichtung der Hütte mündlich zugestimmt hätte, ersetzte - der ständigen Rechtsprechung zufolge -

eine mündliche Gestattung eine schriftliche Bewilligung nicht. Auch sei nicht von einer Unvollständigkeit der Archive in den 1950er/1960er Jahren auszugehen und dies sei vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet worden.

Zu dem zwischen 2002 und 2005 errichteten gemauerten Grillplatz führte die belangte Behörde aus, dass bereits 2003 in einem baupolizeilichen Verfahren die weitere Bauführung untersagt worden sei, weshalb nicht angenommen werden könne, dass diese Bauführung von der mitbeteiligten Marktgemeinde toleriert worden sei. Weiters dienten der Grillplatz und die angeführte Holzhütte nicht der landwirtschaftlichen Nutzung, sondern nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers Erholungs- und Freizeitzwecken.

Da sowohl im Hinblick auf die Hütte, als auch den Grillplatz eine Erwirkung einer nachträglichen Baubewilligung auf Grund des Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan nicht möglich sei, sei ein unbedingter Beseitigungsauftrag ausgesprochen worden. Betreffend die Asphaltfläche von 80 m2 handle es sich gemäß § 49 Abs. 6 Oö. Bauordnung 1994 um eine nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlage, die in beiden genannten Zeitpunkten dem Flächenwidmungsplan widersprochen habe.Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 80/2013-9, abgelehnt und die Beschwerde mit Beschluss vom , B 80/2013-12, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Ablehnungsbeschluss ausgeführt:

"Spezifisch verfassungsgerichtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat:

Aus den vorgelegten Verordnungsakten ergibt sich, dass das Grundstück des Beschwerdeführers Nr. 1391/2, KG S, bereits vor Erlassung des aktuellen Flächenwidmungsplanes Nr. 7/2009 als Grünland gewidmet war. Für die bestehenden baulichen Anlagen auf diesem Grundstück besteht kein Konsens. Bei der Erlassung eines Flächenwidmungsplanes besteht keine Verpflichtung des Verordnungsgebers zur Sanierung des Widmungsgebietes wegen rechtswidriger Bauführungen.

Aus den Verordnungsakten ergibt sich auch, dass die Behauptung der Beschwerdeführer, der Flächenwidmungsplan Nr. 7/2009 habe im Grünland bestehende Wohngebäude als sogenannte 'Sternchen-Bauten' legalisiert, nicht zutrifft. Unabhängig davon hat die rechtwidrige Widmung auf anderen Grundflächen keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Widmung auf dem Grundstück des Beschwerdeführers."

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten, inhaltlich nur auf Spruchpunkt 3. gerichteten Beschwerde begehrt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid (konkret Spruchpunkt 3.) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

2. Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, § 2 OÖ Bauordnung 1875 sei nicht in Betracht gezogen worden. Diese Bestimmung enthalte Regelungen für anzeigepflichtige Bauvorhaben, deren Anwendbarkeit im gegenständlichen Fall nicht von vorherein ausgeschlossen werden könne. Die belangte Behörde sei verpflichtet gewesen, diesen Umstand in die rechtliche Beurteilung einfließen zu lassen bzw. diesbezüglich weitergehende Ermittlungen anzustellen.

Weiters hätten die Entscheidungsträger der Marktgemeinde, auf deren mündliche Aussage sich der vermutete Konsens stütze, von Amts wegen einvernommen werden müssen. Der einschreitende Gemeinderat habe diesbezüglich jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen, was ein an Willkür grenzendes Verhalten darstelle.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, dass auch wenn für die im Umkreis bestehenden Bauten Baubewilligungen vorhanden seien, für das gegenständliche Grundstück jedoch nicht, daraus nicht geschlossen werden könne, dass die Archive vollständig seien und keine Baubewilligung vorgelegen wäre. Dass der Beschwerdeführer darlegen müsse, warum hinsichtlich seines Grundstückes das Archiv unvollständig sei, stelle eine nicht gerechtfertigte Beweislastumkehr dar. Die Frage der Vollständigkeit der Archive sei von Bedeutung, da der Rechtsprechung zufolge ein vermuteter Baukonsens schon dann anzunehmen sei, wenn die Unterlagen über eine Bewilligung für ein seit Jahrzehnten bestehendes Gebäude nicht mehr auffindbar seien, aber - wie im vorliegenden Fall - feststehe, dass baubehördliche Beanstandungen aus dem Grund, weil ein Konsens fehle, niemals stattgefunden hätten.

3. Im vorliegenden Beschwerdefall kommt grundsätzlich die OÖ Bauordnung 1994 (BauO) in der Fassung LGBl. Nr. 36/2008 zur Anwendung. In Bezug auf die auch relevante Frage des Vorliegens einer Bewilligungs- oder Anzeigepflicht für die baulichen Anlagen im Errichtungszeitpunkt ist die jeweilige Rechtslage in diesem Zeitpunkt maßgeblich.

Die relevante Bestimmung der BauO lautet auszugsweise:

"§ 49

Bewilligungslose bauliche Anlagen

(1) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie - unabhängig von § 41 - dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen und gegebenenfalls den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.

...

(6) Stellt die Baubehörde fest, daß eine baubehördlich nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlage nicht entsprechend den für sie geltenden bau- oder raumordnungsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere jenen des Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans, ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen. § 48 Abs. 7 gilt sinngemäß."

Die §§ 1 und 2 der Bauordnung für das Land Oberösterreich 1875 mit Ausnahme jener Orte, welche eine eigene Bauordnung besitzen, GuVBl. Nr. 15, i.d.F. LGBl. Nr. 53/1950 lautet:

"§ 1. Zur Führung von Neu-, Zu- oder Umbauten, dann zur Vornahme von wesentlichen Ausbesserungen oder Umänderungen an bestehenden Gebäuden ist die Bewilligung der nach dem Gesetze kompetenten Behörden erforderlich.

Zu den wesentlichen Ausbesserungen oder Umänderungen werden diejenigen gerechnet, welche auf den Baustand, die Festigkeit und Feuersicherheit des Gebäudes oder auf die Rechte der Nachbarn irgendwie Einfluß nehmen können.

§ 2. Ausbesserungen und Abänderungen geringerer Art sind vor Beginn derselben ohne Einholung der Baubewilligung dem Gemeindevorsteher bloß anzuzeigen.

Diesem bleibt es jedoch vorbehalten, erforderlichen Falls die Ausführung dieser Ausbesserungen und Abänderungen von der Vorlage und Genehmigung des Planes abhängig zu machen.

Bei der Ausbesserung einzelner schadhafter Gegenstände, wodurch der allgemeine Baustand keine Änderung erleidet, ist keine Anzeige erforderlich."

4.1. Zu dem Vorbringen, dass die Anwendbarkeit des § 2 OÖ Bauordnung 1875 nicht von Vornherein ausgeschlossen werden könne, genügt es darauf hinzuweisen, dass es sich bei den angeführten errichteten baulichen Anlagen nicht um Ausbesserungen und Abänderungen handelt. Eine Anwendung dieser Bestimmung ist auszuschließen.

4.2. Dem Vorbringen, dass zur Frage des Vorliegens eines vermuteten Konsenses die Entscheidungsträger der Marktgemeinde von Amts wegen einvernommen werden hätten müssen, ist - wie dies die belangte Behörde zutreffend getan hat - entgegenzuhalten, dass daraus, dass Organe der Behörde die Zulässigkeit des Bestandes bestätigt hätten, für die Rechtsfrage des Vorliegens eines vermuteten Konsenses nichts gewonnen werden kann.

4.3. Die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit eines Baues setzt voraus, dass der Zeitpunkt der Erbauung so weit zurückliegt, dass die Erteilung der Baubewilligung fraglich erscheint oder bestimmte Indizien dafür sprechen, dass trotz Fehlens behördlicher Unterlagen von der Erteilung einer Baubewilligung auszugehen ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/05/0088, mwN). Da der Beschwerdeführer der Behörde keine konkreten Hinweise für das Vorliegen von Baubewilligungen gegeben hat, konnte diese im Hinblick auf die von ihr angestellten Erhebungen, insbesondere durch Einsichtnahme in die bezughabenden Archive, von weiteren Ermittlungen Abstand nehmen. Ohne konkreten Anhaltspunkt für die Unvollständigkeit der Archive bestand im Beschwerdefall keine weitere Erhebungspflicht der Behörde. Die gegenteilige vom Beschwerdeführer vorgetragene Rechtsansicht würde zu einer Überspannung der Erhebungspflicht dahingehend führen, dass die Behörde einen (praktisch unmöglichen) Negativbeweis erbringen müsste (vgl. hierzu unter vielen die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/06/0042 und vom , Zl. 2000/05/0252). Die Behörden sind in diesem Zusammenhang vielmehr zutreffend davon ausgegangen, dass die Partei eine besondere Mitwirkungsverpflichtung trifft. Ist es in der Regel doch der Eigentümer des Bauwerkes, der zielführende Hinweise über das Vorliegen einer Baubewilligung geben kann (vgl. das bereits angeführte hg. Erkenntnis vom ).

5. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff iVm § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG iVm § 3 Z 1 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am