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VwGH vom 24.02.2006, 2006/04/0002

VwGH vom 24.02.2006, 2006/04/0002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des Dipl. Ing. Dr. P in H, vertreten durch Blum, Hagen & Partner Rechtsanwälte GmbH, 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 76, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom , Zl. 06N-116/05-13, betreffend Vergabenachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Bundeswasserbauverwaltung, vertreten durch das Landeswasserbauamt in 6901 Bregenz, Josef-Huter-Straße 35, und 2. P GmbH, vertreten durch Dr. Wolfgang Hirsch und Dr. Ursula Leissing, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Rathausstraße 33), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom lud das Landeswasserbauamt (eine nachgeordnete Dienststelle des Amtes der Vorarlberger Landesregierung) mehrere Unternehmer, darunter den Beschwerdeführer, zur Angebotslegung für die Ausschreibung "Geotechnische Beratung" für das Bauvorhaben "Rheintalbinnenkanal km 8,33 bis km 9,58" ein. In den Ausschreibungsunterlagen war als Auftraggeber die "Bundeswasserbauverwaltung, Republik Österreich" und als ausschreibende Stelle das "Landeswasserbauamt, ... namens des Auftraggebers" genannt, daran anschließend waren die Telefon- und Telefaxnummer sowie eine e-Mail-Adresse des Landeswasserbauamtes angeführt. Mit der dem Beschwerdeführer am zugestellten Zuschlagsentscheidung teilte das Landeswasserbauamt mit, es sei beabsichtigt, den Auftrag an die zweitmitbeteiligte Partei zu vergeben.

Mit Schriftsatz vom stellte der Beschwerdeführer beim Unabhängigen Verwaltungssenat für das Land Vorarlberg (im Folgenden: UVS) einen Nachprüfungsantrag, in dem er die Aufhebung und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung begehrte. Mit Schreiben vom (das am vorab mit Telefax übermittelt wurde) verständigte der Beschwerdeführer das Landeswasserbauamt über die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens und schloss dazu den genannten Nachprüfungsantrag an.

Am langte bei der belangten Behörde der vom UVS gemäß § 6 AVG zuständigkeitshalber weiter geleitete Nachprüfungsantrag des Beschwerdeführers mit dem Hinweis ein, dass nach Ansicht des UVS gegenständlich die "Bundeswasserbauverwaltung, Republik Österreich" Auftraggeber sei und das Landeswasserbauamt (bloß) namens des Auftraggebers tätig geworden sei.

Mit Schriftsatz vom , bei der belangten Behörde eingelangt am , brachte der Beschwerdeführer den genannten Nachprüfungsantrag auch direkt bei der belangten Behörde ein. Diese forderte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom gemäß § 13 Abs. 3 AVG auf, den Nachweis über die Verständigung gemäß § 163 Abs. 2 BVergG zu erbringen. Innerhalb der (einmal erstreckten) Verbesserungsfrist legte der Beschwerdeführer der belangten Behörde die bereits erwähnte Verständigung des Landeswasserbauamtes über die Einbringung eines Nachprüfungsantrages vom vor. Zudem übermittelte der Beschwerdeführer ein weiteres mit datiertes Schreiben, in dem er das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Bundeswasserbauverwaltung, von der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens informiert hatte.

Mit dem beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde unter Spruchteil I.1. den Antrag des Beschwerdeführers, die Zuschlagsentscheidung aufzuheben und für nichtig zu erklären, und unter Spruchteil I.2. den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurück. Unter Spruchteil II. wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen.

In der Begründung ihres Bescheides stellte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens fest, dass der angefochtenen Zuschlagsentscheidung ein Dienstleistungsauftrag mit einem geschätzten Auftragswert von EUR 77.000,-- inklusive Umsatzsteuer zu Grunde liege. Dieser Auftrag, der den einschlägigen Schwellenwert nicht überschreite, solle in einem nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung vergeben werden. Unter Bezugnahme auf § 166 Abs. 2 Z. 3 BVergG vertrat die belangte Behörde die Ansicht, die Anträge auf Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung und Erlassung einer einstweiligen Verfügung seien zurückzuweisen, weil der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung nach § 163 Abs. 2 BVergG über die unverzügliche Verständigung des Auftraggebers von der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei. Was dabei zunächst die an das Landeswasserbauamt adressierte Mitteilung vom betreffe, so habe der Beschwerdeführer damit nicht, wie in § 163 Abs. 2 BVergG verlangt werde, den Auftraggeber, sondern (bloß) das Landeswasserbauamt als vergebende Stelle, die - so die belangte Behörde unter Bezugnahme auf die Verordnung BGBl. Nr. 280/1969 - im Namen und im Auftrag der Bundeswasserbauverwaltung das Vergabeverfahren durchgeführt habe, verständigt. Zwar sei der Bund als Auftraggeber mit einem (weiteren) Schreiben des Beschwerdeführers vom , das an das zuständige Bundesministerium gerichtet war, vom eingeleiteten Nachprüfungsverfahren verständigt worden. Dies sei allerdings erst eine Woche "nach Einbringung des Nachprüfungsantrages vom beim Unabhängigen Verwaltungssenat" bzw. eine halbe Woche nach Einbringung des Nachprüfungsantrages bei der belangten Behörde und somit nicht mehr in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang erfolgt.

Den Spruchteil I.2. des angefochtenen Bescheides begründete die belangte Behörde damit, dass angesichts der Zurückweisung des Hauptantrages des Beschwerdeführers die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung nicht mehr in Betracht komme. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung verwies sie auf § 173 Abs. 2 Z. 1 BVergG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien jeweils eine Gegenschrift erstatteten. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Einsicht in die Verwaltungsakten erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht der Beschwerdeführer geltend, er habe das Landeswasserbauamt bereits am von der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens informiert und damit seiner Verständigungspflicht im Sinn des § 163 Abs. 2 BVergG entsprochen. Das Landeswasserbauamt sei nämlich, wie die belangte Behörde selbst festgestellt habe, im Namen und im Auftrag der Bundeswasserbauverwaltung eingeschritten und sei damit als Bevollmächtigter des Auftraggebers der richtige Adressat für die genannte Verständigung gewesen. Außerdem seien in den Ausschreibungsunterlagen lediglich die e-Mail-Adresse und die Fernsprechnummern des Landeswasserbauamtes genannt, nicht aber - trotz der gemäß § 22 Abs. 5 BVergG bestehenden Verpflichtung zur Bekanntgabe des Auftraggebers - jene der Bundeswasserbauverwaltung. Auch auf der Homepage des zuständigen Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sei bei der Adresse der Bundeswasserbauverwaltung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Ansprechpartner die Ämter der Landesregierungen seien. Die belangte Behörde habe daher § 163 Abs. 2 BVergG unrichtig angewendet. Ungeachtet dessen vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, dass im Hinblick auf die gegenständliche "Ausschreibung ... durch eine Landesbehörde" nicht die belangte Behörde, sondern der UVS zur Entscheidung über die genannten Anträge zuständig gewesen sei.

Die zuletzt angesprochene Frage der Zuständigkeit entscheidet sich danach, wer Auftraggeber ist. Die Auftraggebereigenschaft (§ 20 Z. 4 BVergG) richtet sich alleine danach, wer zivilrechtlicher Vertragspartner werden soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/04/0164). Auch der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass der gegenständliche Auftrag vom Bund vergeben werden soll. Daran ändert nichts, dass als vergebende Stelle (§ 20 Z. 36 BVergG) das Landeswasserbauamt tätig wurde. Gemäß Art. 14b Abs. 2 Z. 1 lit. a B-VG fällt die gegenständliche Angelegenheit daher in den Vollziehungsbereich des Bundes, sodass das Bundesvergabeamt gemäß § 135 Abs. 2 BVergG zur Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers zuständig war.

Zu prüfen ist daher, ob die belangte Behörde den Nachprüfungsantrag des Beschwerdeführers zurückweisen durfte. Den Zurückweisungsgrund erblickte die belangte Behörde in § 166 Abs. 2 Z 3 BVergG, weil der Beschwerdeführer nach ihrer Ansicht die Verständigung im Sinne des § 163 Abs. 2 leg. cit. unterlassen habe.

§ 163 Abs. 2 BVergG ordnet die unverzügliche Verständigung des Auftraggebers von der beabsichtigten Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens an. Daher ist gegenständlich im Hinblick auf das dargestellte Verfahrensgeschehen zunächst zu klären, wann der Beschwerdeführer den Nachprüfungsantrag eingebracht hat. Dabei kommt es, anders als die belangte Behörde anzunehmen scheint, nicht darauf an, wann der Nachprüfungsantrag bei der unzuständigen Behörde (hier: beim UVS) eingebracht wurde, ist doch gemäß § 163 Abs. 2 letzter Satz BVergG ausdrücklich die "Einbringung des Nachprüfungsantrages gemäß Abs. 1" maßgebend. Zweifellos ist damit, berücksichtigt man den systematischen Zusammenhang dieser Gesetzesstelle und die Überschrift des betreffenden Gesetzesabschnittes "Das Verfahren vor dem Bundesvergabeamt", der Zeitpunkt der Einbringung des Antrages beim Bundesvergabeamt gemeint. Die (auf Gefahr des Beschwerdeführers erfolgte) Weiterleitung des Antrages gemäß § 6 AVG durch den UVS an das Bundesvergabeamt bewirkte, dass der Antrag (erst) mit seinem Einlangen beim Bundesvergabeamt am eingebracht war (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E. 34 zu § 6 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Auf die nochmalige Antragseinbringung beim Bundesvergabeamt durch einen weiteren Schriftsatz des Beschwerdeführers am kommt es daher nicht mehr an. Die siebentägige Antragsfrist (§ 169 Abs. 2 Z. 3 lit. d iVm § 100 Abs. 2 zweiter Satz BVergG) ab der Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung am hat der Beschwerdeführer mit der Einbringung seines Antrages daher unstrittig eingehalten.

Entscheidungswesentlich ist somit, ob der Beschwerdeführer - ausgehend von der Einbringung seines Antrages am - den Auftraggeber unverzüglich von der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens verständigt hat. Dies trifft jedenfalls nicht für das (zweite) Verständigungsschreiben, das der Beschwerdeführer erst fünf Tage danach am an das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft übermittelt hat, zu (vgl. die Erkenntnisse vom , Zl. 2003/04/0129, und vom , Zl. 2004/04/0235). Zweifellos war aber das (erste) Verständigungsschreiben vom , das am (somit einen Tag vor der Antragseinbringung) dem Landeswasserbauamt übermittelt wurde, rechtzeitig.

Die belangte Behörde meint nun, dass der Beschwerdeführer mit dem letztgenannten Schreiben dem § 163 Abs. 2 BVergG nicht entsprochen habe, weil die genannte Bestimmung die Verständigung des "Auftraggebers" verlangt, wohingegen das Verständigungsschreiben des Beschwerdeführers vom (bloß) an die vergebende Stelle gerichtet war.

Gemäß § 20 Z. 36 BVergG ist vergebende Stelle jene Organisationseinheit oder jener Bevollmächtigter des Auftraggebers, die bzw. der das Vergabeverfahren durchführt. Das Landeswasserbauamt ist, wie bereits erwähnt, keine Organisationseinheit des Auftraggebers, sondern handelte - wovon auch die belangte Behörde ausging - als Bevollmächtigter im Namen des Auftraggebers. Die Tätigkeit der vergebenden Stelle für den dahinter stehenden Rechtsträger ist als rechtsgeschäftliche Stellvertretung zu qualifizieren (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis Zl. 2003/04/0164). Im vorliegenden Fall finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass von der Bevollmächtigung des Landeswasserbauamtes zur Durchführung des gegenständlichen Vergabeverfahrens für den Bund die Befugnis, eine Verständigung über die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens für den Bund entgegen zu nehmen, ausgenommen wäre. Vielmehr ist im Hinblick auf den Zweck des § 163 Abs. 2 BVergG (vgl. dazu die bereits zitierten hg. Erkenntnisse, Zlen. 2003/04/0129 und 2004/04/0235, zu inhaltsgleichen landesgesetzlichen Bestimmungen) und vor dem Hintergrund der Verständigungspflicht des Auftraggebers seinerseits gemäß § 163 Abs. 3 BVergG im Zweifel die Annahme geboten, dass die Vertretungsbefugnis der vergebenden Stelle zur Durchführung des Vergabeverfahrens auch die Befugnis, für den Auftraggeber die Verständigung im Sinne des § 163 Abs. 2 BVergG entgegen zu nehmen, umfasst. Dafür spricht nicht nur der Umstand, dass sich die Unterlagen des Vergabeverfahrens und damit die Adressen der Bieter, die gemäß § 163 Abs. 3 BVergG von der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens seitens des Auftraggebers unverzüglich zu verständigen sind, in der Regel bei der vergebenden Stelle befinden werden. Für die genannte Rechtsansicht spricht insbesondere auch, dass es für den Antragsteller häufig unzumutbar wäre, innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 163 Abs. 2 BVergG den Auftraggeber zu eruieren, zumal dies eine diffizile rechtliche Beurteilung voraussetzen kann (vgl. etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1383/98 und jenes vom , K I-2/05). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes erfüllt der Antragsteller daher auch dann die Verpflichtung zur Verständigung des Auftraggebers gemäß § 163 Abs. 2 BVergG, wenn er den Auftraggeber im Wege der vergebenden Stelle von der beabsichtigten Einleitung des Nachprüfungsverfahrens informiert (vgl. in diesem Sinn auch die Kritik von Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2002 (2004), S. 1681, Rz 90 zu § 163, an einer zu formalistischen Sichtweise der Behördenpraxis).

Bei diesem Ergebnis ist nur mehr der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass bei der Besorgung der Geschäfte der Bundeswasserbauverwaltung, die mit der nach Art. 104 Abs. 2 B-VG erlassenen Verordnung BGBl. Nr. 280/1969 auf den Landeshauptmann und die ihm unterstellten Behörden (zu denen in Vorarlberg das Landeswasserbauamt als nachgeordnete Dienststelle des Amtes der Vorarlberger Landesregierung zu zählen ist) übertragen wurden und von diesen für den Bund in seinem Namen zu besorgen sind (vgl. zur organschaftlichen Vertretungsbefugnis nach Art. Art. 104 Abs. 2 B-VG Raschauer in Korinek/Holoubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 11 ff zu Art. 104 B-VG), die Befugnis des Landeswasserbauamtes im Rahmen der Auftragsverwaltung schon von vornherein über die bloße Durchführung eines Vergabeverfahrens hinausgeht.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid (sowohl in seinem Spruchpunkt I.1. als auch in den darauf aufbauenden beiden anderen Spruchpunkten) mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am