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VwGH vom 30.01.2013, 2010/17/0244

VwGH vom 30.01.2013, 2010/17/0244

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde des Med. Rat. Dr. WH in O, vertreten durch Dr. Edwin A. Payr, Rechtsanwalt in 8011 Graz, Herrengasse 28, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IVW3BE-3085701/019- 2010, betreffend Wasserbezugsgebühren (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde S im W in O), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde dem Beschwerdeführer für den Zeitraum bis die Wasserbezugsgebühr in der Höhe von EUR 8.307,30 (7.120 m3) vorgeschrieben. Die Vorschreibung beruhte auf den Ableseständen des auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers befindlichen Wasserzählers.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer eine als "Einspruch" bezeichnete Berufung, in der er um Überprüfung des Wasserzählers ersuchte und vorbrachte, dass ein derartig hoher Wasserverbrauch in einem Zwei-Personen-Haushalt - ohne Vorliegen eines Wasserrohrbruches oder einer schadhaften Heizung, was bereits fachlich ausgeschlossen worden sei - nicht zustande kommen könne.

Am wurde der Wasserzähler seitens des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde an das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen übermittelt.

Im Kalibrierschein des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die festgestellten Messabweichungen innerhalb der für eichpflichtige Kaltwasserzähler geltenden Verkehrsfehlergrenzen lägen. Durch Zerlegung des Zählers habe ein unkontrolliertes Springen der Zählwerksanzeige ausgeschlossen werden und auch keine anderen mechanischen Mängel festgestellt werden können. Insgesamt könne aufgrund der Prüfungsergebnisse eine ordnungsgemäße Funktion des Messgerätes bis zum Tag der Kalibrierung angenommen werden.

Mit am bei der mitbeteiligten Gemeinde eingelangtem Schreiben teilte der Beschwerdeführer im Wesentlichen mit, er nehme zur Kenntnis, dass die Überprüfung des Wasserzählers keine Fehler ergeben habe. Der Wasserverbrauch der vergangenen Jahre habe zwischen 200 m3 und maximal 314 m3 gelegen. Der nunmehr angezeigte hohe Verbrauch sei unerklärlich.

Dem folgten weitere inhaltlich in diese Richtung gehende Eingaben an die mitbeteiligte Gemeinde.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Abgabenbescheid bestätigt.

Begründet wurde dieser Bescheid damit, dass, da die Prüfung des Wasserzählers durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen keine technischen Beanstandungen ergeben habe und daher davon auszugehen sei, dass die Wassermenge korrekt gemessen worden sei, die als verbraucht angezeigte Menge auch der gesetzlich vorgesehenen Berechnung zu Grunde zu legen sei.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer Vorstellung ein, in der er im Wesentlichen vorbrachte, die Behörden hätten das Ermittlungsverfahren auszudehnen gehabt und gegebenenfalls unter Beiziehung eines Sachverständigen jedwede Überprüfungsmöglichkeit nützen müssen, um die vorerst angenommene absurde Wasserverbrauchsmenge auf deren Richtigkeit zu überprüfen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab.

Nach Darstellung des Sachverhaltes und Zitierung der nach Ansicht der belangten Behörde maßgeblichen Bestimmungen führte diese aus, dass im Gutachten des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen die vorgenommenen Schritte bei der Sachverhaltsfeststellung festgehalten und entsprechend dargestellt worden seien. Die Schlussfolgerung, dass aus technischer Sicht mangels technischer Beanstandungen davon auszugehen sei, dass die Wassermenge korrekt gemessen worden sei, sei daher schlüssig und nachvollziehbar.

Der im Vergleich zu den Vorjahren wesentlich höhere Verbrauch lasse durchaus den Schluss zu, dass der Grund dafür an einem Gebrechen gelegen sei. Die Ursachen dafür könnten aber vielfältig sein. Zumindest eine mögliche Fehlerquelle, nämlich der Wasserzähler, sei durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen überprüft und technisch nicht beanstandet worden. Die Abgabenbehörden der Gemeinde seien daher - im Sinne der durchgeführten Überprüfung - zulässigerweise von einer korrekt angezeigten Wassermenge ausgegangen.

Da gemäß § 10 Abs. 8 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 (in weiterer Folge: NÖ GemeindewasserleitungsG) die Wassermenge als richtig gemessen gelte, wenn die Abweichung nicht mehr als 5 v.H. betrage, sei die Abgabe entsprechend festzusetzen.

Eine Schätzung der verbrauchten Wassermenge wäre nach dieser Bestimmung nur dann vorzunehmen gewesen, wenn die Abweichung mehr als 5 v.H. betragen hätte. Dies sei im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall. Die Behörde sei daher nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet gewesen, die angezeigte Wassermenge der Berechnung zu Grunde zu legen. Eine Verbreiterung des Ermittlungsverfahrens sei im Hinblick darauf nicht indiziert gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde brachte eine Gegenschrift ein, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Die mitbeteiligte Partei hat sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht geäußert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 10 des NÖ GemeindewasserleitungsG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. 6930-4 lautet auszugsweise:

"§ 10 Wasserbezugsgebühr

(1) Für den Wasserbezug aus der Gemeindewasserleitung ist eine Wasserbezugsgebühr zu entrichten.

(2) Die Wasserbezugsgebühr ist derart zu berechnen, dass die vom Wasserzähler innerhalb eines Ablesungszeitraumes als verbraucht angezeigte Wassermenge in Kubikmeter mit der für einen Kubikmeter festgesetzten Grundgebühr vervielfacht wird.

(3) Als verbrauchte Wassermenge hat die Differenz zwischen der vom Wasserzähler am Ende des Ablesungszeitraumes angezeigten Kubikmeteranzahl abzüglich der am Ende des vorhergegangenen Ablesungszeitraumes angezeigten Kubikmeteranzahl zu gelten.

(8) Wenn die Richtigkeit der vom Wasserzähler angezeigten Wassermenge bestritten und dessen Prüfung beantragt wird, so hat die Gemeinde die Prüfung durch die Eichbehörde zu veranlassen und den Wasserzähler während der gesamten Verfahrensdauer aufzubewahren. Ergibt die Prüfung, dass die Wassermenge richtig gemessen wird, hat der Abgabenschuldner der Gemeinde die Prüfungskosten zu ersetzen. Die Wassermenge gilt auch dann als richtig gemessen, wenn die Abweichung nicht mehr als 5 vom Hundert beträgt. Beträgt die Abweichung mehr als 5 vom Hundert, ist die Wassermenge zu schätzen.

…"

In der Beschwerde wird zusammengefasst vorgebracht, dass der vorliegende Fall durch das Spezifikum gekennzeichnet sei, dass ein Privathaushalt über ein Jahr durchgehend täglich 19,7 m3 (19.777 Liter) Wasser verbraucht haben und der Verbrauch in der bekämpften Abrechnungsperiode um 2.717,55 % höher sein solle als in den Vor- und Nachperioden.

Es werde der Umstand bekämpft, dass der Beschwerdeführer in der Abrechnungsperiode 2007/2008 7.120 m3 Wasser verbraucht haben solle, sowie die Richtigkeit der Überprüfung des Wasserzählers durch die Eichbehörde. Die Behörden wären verpflichtet gewesen, die Tatsache der Unrichtigkeit der Messung und der Überprüfung der Eichbehörde festzustellen und von Amts wegen einen Sachverständigen beizuziehen.

Mit diesen Ausführungen übersieht der Beschwerdeführer, dass nach § 10 Abs. 8 NÖ GemeindewasserleitungsG dann, wenn bei der Überprüfung des Zählers nicht eine Fehlanzeige des Wasserzählers in der dort näher beschriebenen Art festgestellt wird, die Abgabenbehörde von den Angaben des Wasserzählers ausgehen kann, sofern der Abgabepflichtige nicht den Gegenbeweis erbringt, dass die Funktionsfähigkeit des Zählers nicht gegeben war.

Gemäß § 10 Abs. 8 NÖ GemeindewasserleitungsG ist im Falle, dass die Richtigkeit der vom Wasserzähler angezeigten Wassermenge bestritten wird, dieser auf Antrag des Abgabenschuldners zu überprüfen. Die Angaben des Wasserzählers gelten auch dann für die Bemessung der Abgabe, wenn die Abweichung nicht mehr als 5 v.H. beträgt.

Im vorliegenden Fall ließ die Abgabenbehörde erster Instanz über Antrag des Beschwerdeführers den Wasserzähler durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen überprüfen. Diese Überprüfung ergab, dass die Fehlergrenze von 5 v.H. nicht überschritten wurde.

In einem solchen Fall steht einer Partei gegen die amtliche Feststellung, die Toleranzgrenze sei nicht überschritten, der Gegenbeweis zur Entkräftung der Annahme der technisch einwandfreien Funktionsfähigkeit des Messgerätes im Zeitpunkt seiner Überprüfung offen (vgl. zu all dem die zum im Wesentlichen inhaltsgleichen Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960 ergangenen hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/17/0107, sowie vom , Zl. 98/17/0322).

Diesen Gegenbeweis hat der Beschwerdeführer jedoch nicht erbracht. Vielmehr erschöpfte sich sein Vorbringen darin, dass der vom Wasserzähler angezeigte Wasserverbrauch unmöglich und durch keinerlei Defekte erklärbar sei. Zur Frage der Funktionsfähigkeit des Wasserzählers wurde hingegen kein substantiiertes Vorbringen erstattet.

Die Beschwerde ist daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Im Hinblick auf die dargestellte Möglichkeit zur Erbringung des Gegenbeweises im Zusammenhang mit der Funktionsfähigkeit des Messgerätes teilt der Verwaltungsgerichtshof auch nicht die vorgetragenen Bedenken gegen die Verfassungskonformität des § 10 Abs. 8 NÖ GemeindewasserleitungsG.

Insgesamt war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am