VwGH vom 14.10.2010, 2008/15/0257
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Senatspräsidenten Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des HW in G, vertreten durch Dr. Hubert Fitz, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Am Breiten Wasen 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0235-F/08, betreffend Einkommensteuer 2005 und 2006, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde über die Einkommensteuer 2005 und 2006 entschieden. In der Begründung führte die belangte Behörde - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - aus, der in Österreich ansässige Beschwerdeführer sei Geschäftsführer und seit Ende Juli 2005 Alleingesellschafter einer - näher bezeichneten - GmbH mit Sitz in der Schweiz. Er habe Einkommensteuererklärungen der Streitjahre vorgelegt, in denen er nur die persönlichen Daten ausgefüllt habe. Den Erklärungen seien Bestätigungen über den monatlichen Bruttolohn bzw. den nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge verbleibenden Nettolohn und die im Inland geleisteten Versicherungsbeiträge beigelegt worden. In der von einem Treuhandbüro ausgestellten Bestätigung für das Jahr 2005 sei ein Monatslohn (brutto) von SFR 2.000,--, in der vom Beschwerdeführer unterfertigten Bestätigung der GmbH für das Jahr 2006 ein Monatslohn von SFR 1.200,-- bzw. ein Jahreslohn von SFR 14.400,-- ausgewiesen worden.
Das Finanzamt habe mit Schreiben vom den Beschwerdeführer um Vorlage des Jahreslohnausweises 2005, sämtlicher monatlicher Lohnzettel, der Lohnkonten des Arbeitgebers, der Bankkontoauszüge, einer AHV-Bestätigung, des Arbeitsvertrages sowie einer Aufstellung über die zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stehenden Einnahmen und der diesbezüglichen Ausgaben aufgefordert.
Der Beschwerdeführer sei diesem Auftrag nicht nachgekommen. Das Finanzamt habe den Einkommensteuerbescheiden der Streitjahre im Schätzungswege ermittelte Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 20.583,41 für das Jahr 2005 und EUR 20.238,32 für das Jahr 2006 zu Grunde gelegt. Dabei seien ausgehend von dem für das Jahr 2004 erklärten Lohn (SFR 25.000,--) ein Sicherheitszuschlag von 10 % sowie ein nach Maßgabe der Sachbezugsverordnung ermittelter Sachbezug für die private Benützung des Firmenfahrzeuges in der Höhe von SFR 9.360,-- (das sind 1,5 % der Anschaffungskosten von SFR 52.000,--) hinzugerechnet und die Sozialversicherungsbeiträge in Abzug gebracht worden.
In der Berufung habe der Beschwerdeführer vorgetragen, er habe die vom Finanzamt geforderten Unterlagen persönlich übergeben.
Über neuerliche Aufforderung des Finanzamtes vom , die mit Vorhalt vom angeforderten Unterlagen beizubringen, habe der Beschwerdeführer unterzeichnete Jahreslohnbestätigungen der Streitjahre sowie ein Schreiben der SVA St. Gallen samt Auszug aus dem individuellen Konto des Beschwerdeführers, in dem u.a. die Beitragsjahre und das in die Rentenberechtigung einfließende Einkommen ausgewiesen seien, vorgelegt.
Das Finanzamt habe die Berufung mit Berufungsvorentscheidung abgewiesen. Es habe sich darauf gestützt, dass die angeforderten Unterlagen nicht vorgelegt worden seien und das für das Jahr 2006 angegebene Einkommen mit dem Kontoauszug der SVA St. Gallen nicht übereinstimme.
Der Beschwerdeführer habe den Vorlageantrag gestellt und einen berichtigten Kontoauszug der SVA St. Gallen beigelegt. Weiters habe er ausgeführt, es gäbe kein eigenes Konto, Kontobewegungen existierten daher nicht und es gäbe auch keine Kontoauszüge. Eine Aufstellung seiner Lebenshaltungskosten sei "laut Aussage" nicht mehr erforderlich.
Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde nach Rechtsausführungen aus, der Beschwerdeführer sei laut Handelsregistereintrag seit Geschäftsführer der GmbH und seit mit einer Stammeinlage von SFR 20.000,-
- auch deren Alleingesellschafter gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt seien die Geschäftsführerbezüge unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu subsumieren gewesen. Da den vorgelegten Bestätigungen zufolge ein monatlich gleich bleibender Lohn ausbezahlt worden sei und keine sonstigen Bezüge ausgewiesen seien, würden die für das Jahr 2005 ermittelten Einkünfte anteilig (7 Monate) den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und (5 Monate) jenen aus selbständiger Arbeit zugerechnet. Die nichtselbständigen Einkünfte seien um das Werbungskostenpauschale zu kürzen und im Rahmen der Steuerermittlung der Verkehrsabsetzbetrag sowie der Grenzgängerabsetzbetrag in Abzug zu bringen gewesen. Die vom Finanzamt vorgenommene Schätzung der Bemessungsgrundlagen könne die belangte Behörde nicht als rechtswidrig erkennen.
Die amtswegige Ermittlungspflicht finde dort ihre Grenzen, wo der Abgabenbehörde weitere Nachforschungen nicht mehr zugemutet werden könnten. Behaupte die Partei des Abgabenverfahrens das Vorliegen ungewöhnlicher Umstände, so unterliege sie bei Feststellung dieser Verhältnisse einer erhöhten Mitwirkungspflicht. Weiters treffe den Abgabepflichtigen eine erhöhte Mitwirkungspflicht, wenn Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland hätten, wobei die Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht in dem Maße höher sei, als die behördlichen Ermittlungsmöglichkeiten eingeschränkt und damit geringer seien. Diesfalls bestehe eine erhöhte Mitwirkungspflicht, eine Beweismittelbeschaffungspflicht und eine Vorsorgepflicht.
Die Reduktion des Lohnes eines Gesellschaftergeschäftsführers von einer ohnehin schon als gering anzusehenden Ausgangsbasis von SFR 33.540,-- im Jahr 2002 auf SFR 25.000,-- in den Jahren 2003 und 2004 und weiter auf SFR 24.000,-- bzw. SFR 12.000,-- laut Auszug der SVA St. Gallen im Jahr 2005 und schließlich auf SFR 14.400,-- im Jahr 2006 stelle sich ohne Zweifel als ungewöhnlich dar. Abgesehen davon, dass es das zwischen dem Gesellschaftergeschäftsführer und seiner GmbH gegebene Naheverhältnis gebiete, behauptete Vereinbarungen an jenen Kriterien zu messen, welche für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelt worden seien und diese demnach nach außen ausreichend zum Ausdruck kämen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt hätten und zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen werden müssten, wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, die ungewöhnlich niedrigen Bezüge in einer nachvollziehbaren, jeden Zweifel ausschließenden Art und Weise an Hand entsprechender Unterlagen zu belegen. Die vom Beschwerdeführer selbst unterfertigten Bestätigungen der GmbH betreffend die Jahresbezüge der Streitjahre vermögen einen solchen Nachweis ebenso wenig zu bringen, wie die vorgelegten Auszüge aus dem individuellen Konto bei der SVA St. Gallen. Es sei im Hinblick auf die dominierende Stellung des Beschwerdeführers in seinem Einflussbereich gelegen gewesen, in welcher Höhe der SVA St. Gallen Bezüge gemeldet würden. In diesem Zusammenhang werde auch darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2005 seiner selbst unterfertigten Bestätigung vom zufolge ein Bruttomonatsgehalt von SFR 1.200,--, das seien SFR 14.400,-- jährlich, bezogen habe, das Treuhandbüro im Schreiben vom noch einen monatlichen Bruttolohn von SFR 2.000,-- bestätigt habe und im Auszug der SVA St. Gallen wiederum ein Jahresbezug von lediglich SFR 12.000,-- ausgewiesen sei. Angesichts dieser Umstände könne dem Finanzamt daher dem Grunde nach nicht entgegengetreten werden, wenn es die Höhe der Bezüge im Schätzungswege ermittelt habe, zumal der Beschwerdeführer auch jeden Versuch unterlassen habe, die angegebene Höhe seiner Bezüge zu begründen. Zudem bewege sich der solcherart errechnete Grundbezug (ohne Sachbezug) in Höhe von SFR 27.500,-- (im Jahr 2005) und SFR 30.250,-- (im Jahr 2006) gerade im Hinblick auf das höhere Lohnniveau in der Schweiz wohl ohnedies an der untersten Grenze. Die Höhe der vom Finanzamt ermittelten Einkünfte sei hinsichtlich des Sachbezuges für die private Nutzung des Firmenfahrzeuges zu berichtigen gewesen.
Somit seien nach Abzug der vom Finanzamt berücksichtigten Sozialversicherungsbeiträge für das Jahr 2005 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 11.875,27 sowie Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 7.900,21 und für das Jahr 2006 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 18.853,52 der Besteuerung zu Grunde zu legen. Die in der Schweiz entrichtete Steuer sei abweichend von den bekämpften Bescheiden mit den vom Beschwerdeführer angegebenen und offensichtlich tatsächlich abgeführten Beträgen in Abzug zu bringen gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe zu Unrecht eine Schätzung der Bemessungsgrundlagen der Einkommensteuer für die Streitjahre vorgenommen. Er habe zu keinem Zeitpunkt Auskünfte über die maßgeblichen Umstände, die für die Ermittlung der Grundlagen wesentlich seien, verweigert oder über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermocht. Er habe die Lohnzettel für die Monate Jänner, Februar, März 2006 mit einem Bruttolohn von SFR 2.000,-- vorgelegt. Dies sei ein vorgesehener Wunschlohn gewesen, der sich aus wirtschaftlichen Gründen nicht habe realisieren lassen. Mit den vollständig erbrachten Unterlagen für den "Steuerausgleich 05/06" sei dies revidiert und auf den normalen Lohn von SFR 1.200,-- korrigiert worden. Die belangte Behörde habe es unterlassen, die vom Beschwerdeführer wiederholt vorgebrachte Information zur Kenntnis zu nehmen, dass er nur zu 33 % arbeite und deshalb sein Lohn so niedrig sei. Das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrages sei nichts Ungewöhnliches. Er habe dem Finanzamt gegenüber eine detaillierte Aufstellung seiner Lebenshaltungskosten mündlich abgegeben, die von der ersten Instanz nicht berücksichtigt worden sei.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen, wobei alle Umstände zu berücksichtigen sind, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist nach dem zweiten Absatz dieser Bestimmung insbesondere auch dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen wesentlich sind.
Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich des Jahres 2005 unterschiedliche Angaben über seine Einkünfte gemacht hat. In der von ihm selbst unterfertigten Bestätigung vom wird ein Bruttomonatsgehalt von SFR 1.200,--, im Schreiben des Treuhandbüros vom ein monatlicher Bruttolohn von SFR 2.000,-- und im Auszug der SVA St. Gallen ein Jahresbezug von SFR 12.000,-- ausgewiesen. Eine Aufklärung dieser unterschiedlichen Angaben hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht unternommen. Sein Hinweis in der Beschwerde, der zunächst angegebene Lohn von SFR 2.000,-- sei ein "Wunschlohn" gewesen, der auf den normalen Lohn von SFR 1.200,-- korrigiert worden sei, wurde im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen. Das Gleiche gilt für die Beschwerdebehauptung, dass er nur zu 33 % gearbeitet habe. Auf diese erstmals in der Beschwerde vorgetragenen Hinweise ist daher zufolge des Neuerungsverbotes nicht einzugehen.
Die belangte Behörde hat weiters zutreffend darauf hingewiesen, dass laut individuellem Auszug der SVA St. Gallen der Beschwerdeführer in den den Streitjahren vorangegangenen Jahren einen wesentlich höheren Bezug gemeldet habe.
Wenn die belangte Behörde bei dieser Sachlage davon ausgegangen ist, dass eine Berechtigung zur Schätzung der Grundlagen für die Abgabenerhebung vorliegt, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.
Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass von den dem Beschwerdeführer zuzurechnenden Angaben über sein Einkommen in den Vorjahren auf sein Einkommen in den Streitjahren zu schließen sei. Sie hat hiezu einen Sicherheitszuschlag von 10 % angenommen. Diese in der Beschwerde nicht bekämpfte Ermittlung erweckt angesichts der ebenfalls unbekämpft gebliebenen Feststellung, dass die Einkünfte der Vorjahre an der untersten Grenze liegen und es nicht zu einer relevanten Änderung der Tätigkeit gekommen ist, keine Bedenken.
Der Hinweis in der Beschwerde, der Beschwerdeführer habe eine Aufstellung seiner Lebenshaltungskosten dem Finanzamt gegenüber mündlich vorgetragen, geht ins Leere, weil die belangte Behörde die Schätzung nicht nach dem Lebensaufwand des Beschwerdeführers vorgenommen hat.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am