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VwGH vom 28.03.2011, 2010/17/0225

VwGH vom 28.03.2011, 2010/17/0225

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des V O in B, vertreten durch die Rechtsanwälte Steflitsch OG in 7400 Oberwart, Hauptplatz 14, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. BMLFUW-LE./0592-I/7/2010, betreffend einheitliche Betriebsprämie für das Jahr 2009 (Anerkennung als Sonderfall Neueinsteiger), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am bei der Agrarmarkt Austria (AMA) eingelangten Formular gaben H. O. (die Mutter des Beschwerdeführers) und der Beschwerdeführer den Bewirtschafterwechsel eines näher bezeichneten Betriebes mit Wirksamkeitsbeginn ab bekannt. Weiters wurde angegeben, dass der neue Bewirtschafter (der Beschwerdeführer) den Betrieb als Pächter übernehme und Ansprüche aus der einheitlichen Betriebsprämie nicht mitübertragen würden.

Mit seinem Antrag vom begehrte der Beschwerdeführer die "Anerkennung als Neubeginner" für die einheitliche Betriebsprämie 2009 gemäß § 8 Abs. 2 Z. 10 MOG 2007.

Der Vorstand für den Geschäftsbereich II der AMA wies mit Bescheid vom den Antrag auf Gewährung der einheitlichen Betriebsprämie 2009 (Sonderfall-Neubeginner) wegen "Schaffung künstlicher Voraussetzungen" ab. In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dass er den ganzen Betrieb seiner Mutter (diese sei alleinige Betriebsführerin gewesen) übernommen habe und nicht bloß einen Teilbetrieb. Vom bis zum Übergabsvertrag habe er den ganzen Betrieb gepachtet gehabt.

Aus dem mit datierten, mit der Berufung vorgelegten Übergabsvertrag ergibt sich unter anderem, dass an den Beschwerdeführer der landwirtschaftliche Betrieb, "so wie alles liegt und steht mit dem gesamten vorhandenen tatsächlichem und rechtlichem Zubehör" übergeben werden sollte.

Über Vorhalt der belangten Behörde führte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom unter anderem aus, er habe den Betrieb mit von seiner Mutter gepachtet bzw. später rückwirkend ab diesem Zeitpunkt durch Übergabe übernommen. Mit dem Bewirtschafterwechsel seien die Zahlungsansprüche nicht übertragen worden. Auf sein Drängen habe dies seine Mutter damit begründet, dass sie zwei Söhne habe und sie jedem einen Vorteil aus der Landwirtschaft zukommen lassen wolle. Er, der Beschwerdeführer, sei fähig und bereit, einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen, weshalb er alle Flächen erhalten würde, damit der Betrieb als Ganzes erhalten bleibe. Da sein Bruder auf Grund einer Allergie gegen Gräser, Pollen, etc. keine landwirtschaftlichen Flächen bewirtschaften könne, solle er den Erlös aus dem Verkauf der Zahlungsansprüche erhalten. Die Mutter des Beschwerdeführers habe bereits vor dem versucht, Käufer für die Zahlungsansprüche zu finden, habe aber noch keine gefunden gehabt. Deshalb habe sie sich die Zahlungsansprüche zurückbehalten, um sie bei nächster Gelegenheit zu verkaufen.

Es sei keine akkordierte Vorgangsweise vorgelegen. Der Beschwerdeführer sei in diese Entscheidung seiner Mutter nicht eingebunden gewesen. Er habe den Betrieb so übernehmen müssen, wie er ihm angeboten worden sei, nämlich ohne Zahlungsansprüche. Er habe keine Möglichkeit gehabt, seine Mutter umzustimmen, da die Zahlungsansprüche dem Bewirtschafter (damals seiner Mutter) zugeordnet gewesen seien, weshalb sie auch getrennt vom Betrieb hätten übergeben werden können. Der Passus im Übergabsvertrag, wonach die Übergeber den landwirtschaftlichen Betrieb, so wie alles liegt und steht mit dem gesamten vorhandenen tatsächlichen und rechtlichen Zubehör sowie mit den gleichen Grenzen, Rechten und Pflichten übergeben, habe die Zahlungsansprüche nicht umfasst. Es stehe daher die Übertragung der Zahlungsansprüche an Fremde nicht im Widerspruch zum Inhalt des Übergabsvertrages.

Er, der Beschwerdeführer, ersuche daher anzuerkennen, dass der Bewirtschafterwechsel ohne Übertragung der Zahlungsansprüche keine mit ihm akkordierte Vorgangsweise gewesen sei, er einen landwirtschaftlichen Betrieb ohne Zahlungsansprüche übernommen habe und damit die Voraussetzungen der Neubeginnerregelung erfüllt seien.

Mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens (einschließlich des Vorhaltes und der hierauf erteilten Antwort des Beschwerdeführers) sowie der nach Ansicht der belangten Behörde maßgeblichen Rechtsvorschriften, hielt die belangte Behörde fest, dass die in § 8 Abs. 2 Z. 10 Marktordnungsgesetz 2007 (in der Folge: MOG 2007) genannten Voraussetzungen vorlägen. Unabhängig vom Vorliegen dieser Voraussetzungen sei aber auch gemäß Art. 30 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Erhalt der Zahlungen künstlich geschaffen worden seien. Für diese Prüfung seien im Hinblick auf den Beschwerdefall folgende Elemente besonders zu betrachten: Der näher genannte Betrieb sei dem Beschwerdeführer zum von der bisherigen Betriebsinhaberin, seiner Mutter, verpachtet worden. Dabei sei klargestellt worden, dass die Verpachtung so lange gelte, bis der Übergabsvertrag vom Notar fertiggestellt sei. Der Übernahmevertrag gelte dann rückwirkend ab . Im Zuge dieser Betriebsverpachtung seien keine Ansprüche der einheitlichen Betriebsprämie mitübertragen worden. Der bisherigen Betriebsinhaberin seien im Jahr 2005 insgesamt 8,05 "NRZA" (ab Antragsjahr 2009: FZA) zugewiesen worden. Diese seien jeweils in Form eines Kaufs ohne Fläche an näher genannte andere Betriebsinhaber übertragen worden. Festzuhalten sei dabei, dass die Übertragung der Zahlungsansprüche nach dem Bewirtschafterwechsel erfolgt sei und auch im Widerspruch zum Inhalt des Übergabsvertrages stehe.

Die Feststellung (im Sinne der Bestimmung des Art. 30 der erwähnten Verordnung), ob ein Missbrauch vorliege, setze (außer dem objektiven Tatbestand) ein subjektives Element voraus, nämlich die Absicht, sich einen gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen würden.

Soweit vorgebracht werde, mit dem Erlös aus dem Verkauf der Zahlungsansprüche den weichenden Sohn bzw. Bruder abzufinden, überzeuge dies nicht, weil üblicherweise dem Hofnachfolger eine derartige Verpflichtung zur Abfindung aufgetragen werde. Auch im gegenständlichen Fall wäre dem Beschwerdeführer die Abfindung des Bruders zumutbar gewesen. Es wäre aber möglich gewesen, dass der Beschwerdeführer die Zahlungsansprüche selbst käuflich erwerbe und der Bruder den Kaufpreis erhalte. Wie weit der Beschwerdeführer tatsächlich in die Entscheidung der bisherigen Betriebsinhaberin eingebunden gewesen sei, sei nicht wesentlich. Als "Gesamtrechtsnachfolger" träfen ihn jedenfalls die Konsequenzen dieser Aktion. Für die Beurteilung sei dabei auch entscheidend, dass ohne die Möglichkeit im Rahmen der Neubeginnerregelung Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve zugeteilt zu erhalten, die Nicht-Weitergabe der Zahlungsansprüche mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erfolgt wäre.

Bei einer Gesamtbetrachtung zeige sich, dass mit der Betriebsübergabe in der gewählten Form (ohne Weitergabe der Zahlungsansprüche) ausschließlich neue Prämienzahlungen zusätzlich in Anspruch hätten genommen werden sollen. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Sonderfall Neubeginner seien daher künstlich geschaffen worden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/17/0009).

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach Art. 41 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005 (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, ABl. Nr. L 030 vom , Seite 16, können die Mitgliedstaaten die nationale Reserve verwenden, um nach objektiven Kriterien und der Gewährleistung der Gleichbehandlung der Betriebsinhaber und unter Vermeidung von Markt- und Wettbewerbsverzerrungen vorrangig Zahlungsansprüche an Betriebsinhaber zuzuteilen, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen.

Der Beschwerdeführer hat mit begonnen, den gegenständlichen landwirtschaftlichen Betrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu führen. Auf ihn kommt daher (innerstaatlich) § 8 Abs. 2 Z. 10 des Marktordnungsgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 55, in der Fassung durch BGBl. I Nr. 72/2008 (vgl. § 32 Abs. 6 MOG 2007 in der Fassung BGBl. I Nr. 86/2009) mit der Maßgabe zur Anwendung, dass an Betriebsinhaber gemäß § 8 Abs. 2 Z. 10 MOG 2007 Zahlungsansprüche im Ausmaß des regionalen Durchschnittswerts zuzuweisen sind. Nach der eben erwähnten Bestimmung des § 8 Abs. 2 Z. 10 MOG 2007 in der angeführten Fassung werden in den Antragsjahren 2008 und 2009 Betriebsinhabern, die

a) seit dem begonnen haben, einen landwirtschaftlichen Betrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu führen und keine Zahlungsansprüche für diesen Betrieb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übertragen erhalten haben und

b) die Voraussetzungen für die Niederlassungsbeihilfe gemäß Art. 22 der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums, ABl. Nr. L 277 vom , Seite 1, erfüllen, Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve zugewiesen.

Die Anzahl der zuzuteilenden Zahlungsansprüche ergibt sich aus dem verfügbaren Ausmaß an beihilfefähigen Flächen, für die bislang keine Zahlungsansprüche zugeteilt wurden, wobei mindestens 4 ha beihilfefähige Flächen vorhanden sein müssen. Flächen, für die Zahlungsansprüche mitübertragen worden sind, sind nicht einzubeziehen.

§ 8 Abs. 2 Z. 10 MOG 2007 setzt daher unter anderem für die Anerkennung als "Neueinsteiger" bzw. für die Berechnung der zuzuteilenden Zahlungsansprüche voraus, dass mindestens 4 ha beihilfefähige Flächen vorhanden sein müssen, für die bislang keine Zahlungsansprüche zugeteilt wurden.

Nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers hat jedoch seine Mutter die Zahlungsansprüche der von ihm übernommenen Flächen veräußert; es waren daher Zahlungsansprüche für die übernommenen Flächen bereits zugeteilt. Der Beschwerdeführer hat daher (zumindest) diese Voraussetzung für die als "Neueinsteiger" nicht erfüllt, sodass sich schon aus diesem Grund der angefochtene Bescheid jedenfalls als nicht rechtswidrig erweist, ohne dass auf das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Anwendung des Art. 30 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 noch näher einzugehen war.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am