VwGH vom 21.12.2012, 2010/17/0221
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2010/17/0222
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerden des G S in S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom a.) , Zl. UVS-5/13644/10-2010 und b.) , Zl. UVS-5/13645/8- 2010, jeweils betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden jeweils als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 57,40 insgesamt daher EUR 114,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den angefochtenen Bescheiden a.) vom und b.) vom wies die belangte Behörde jeweils die Berufungen des Beschwerdeführers gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau, jeweils vom , mit welchen über den Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen befugtes Organ gemäß § 9 VStG jeweils als Veranstalter von Glücksspielen durch Betreiben von bestimmt bezeichneten Glücksspielapparaten bzw. -automaten außerhalb einer Spielbank wegen der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 5 iVm § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2 und Abs. 3, § 3 und § 4 Abs. 2 Glückspielgesetz (GSpG) betreffend a.) am , von 20:30 bis 21:55 Uhr, fünf Strafen in der Höhe von jeweils EUR 2.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 36 Stunden und betreffend b.) am von 16:25 bis 16:50 sowie am von 21:06 bis 23:00 Uhr zwei Strafen in der Höhe von jeweils EUR 2.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt worden waren, als unbegründet ab.
In ihrer Begründung führte die belangte Behörde jeweils aus, bezüglich der Hunderennwettautomaten mit der Aufschrift A.P.E sei auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, in welcher die Begriffe "Glücksspielautomat" und "Glücksspielapparat" synonym verwendet würden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis von , Zl. 98/17/0218). Es ergebe sich aus dem zur Begutachtung ausgesandten Entwurf der Glücksspielgesetznovelle 2008, dass dies auch vom Gesetzgeber so gesehen werde, welcher diesbezüglich eine Begriffsbereinigung vorsehe.
Hinsichtlich der Ausführungen zu Hundewetten könne unabhängig vom vorliegenden Sachverständigengutachten auf die dazu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden. Dieser habe ausgeführt, dass bei einer Konstellation wie im vorliegenden Fall keinesfalls eine Wette aus Anlass einer sportlichen Veranstaltung oder eines Hunderennens vorliege (Hinweis auf hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/17/0158). Dort werde auch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei einem Apparat wie auch dem im vorliegenden Verfahren betroffenen um in der Vergangenheit aufgezeichnete Hunderennen handle, die automatisch alle paar Minuten starten würden, wobei man jeweils nur auf das nächste startende virtuelle Hunderennen setzen könne. Die Kunden seien eben nur über die Startnummern der Hunde und die jeweilige Quote informiert, es gebe aber keinen Hinweis auf Ort und Zeit des aufgezeichneten Rennens, auf den Namen der Hunde und deren frühere Rennerfolge. Gewinn und Verlust - so der Verwaltungsgerichtshof - hingen somit davon ab, welches der aufgezeichneten Ereignisse von einem EDV-Programm nach "Wettannahme" ausgewählt und wiedergegeben werde. Die Bestrafung wegen der "Hundewetten" sei daher zu Recht erfolgt.
Zu den mit "Poker Royale", "Card Casino Vienna", "Webak", "Internet-Cruiser" und "Smart Touch" beschrifteten Automaten führte die belangte Behörde aus, den Ausführungen des Sachverständigen, die zu einer Qualifikation der gegenständlichen Automaten als Glückspielautomaten führten, könne mit den von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten nicht entgegengetreten werden. Diese bezögen sich offensichtlich auf andere Automaten, auch wenn die dargestellten Spielabläufe ähnlich gestaltet seien. Der Automat "Internet-Cruiser" benötige keine Internetverbindung. Der Sachverständige habe die Spielabläufe geschildert und ausgeführt, dass die angebotenen Spiele Glücksspiele seien.
Auch dem übrigen Berufungsvorbringen könne nicht beigetreten werden, da es sich dabei fast gänzlich um nicht verfahrensgegenständliche, sehr allgemein gehaltene Ausführungen handle und nicht klar zum Ausdruck gebracht werde, welche Positionen der Beschwerdeführer damit verträte. Die diesbezüglichen Unterlagen seien in keiner Weise geeignet, darzulegen, dass es sich bei den bezeichneten Geräten um keine Glücksspielautomaten handle. "Die behauptete EU-Rechtswidrigkeit betreffe vor allem Casinolizenzen und Niederlassungen", das gegenständliche Automatenspiel scheine davon aber unberührt.
Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer zunächst jeweils Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschlüssen jeweils vom , B 1302/10-5, B 1303/10-5, die Behandlung der Beschwerden abgelehnt und gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen sowie insbesondere der Frage, ob von der belangten Behörde innerstaatliche einfachgesetzliche Normen oder unionsrechtliche Normen anzuwenden gewesen seien, nicht anzustellen (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. 14.886/1997).
In dem Schriftsatz, in dem der Beschwerdeführer seine Beschwerden ergänzte, macht der Beschwerdeführer jeweils Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt ihn aus diesem Grund aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete jeweils keine Gegenschrift und beantragte jeweils die Abweisung der Beschwerde sowie den Ersatz der Kosten für den Vorlageaufwand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden auf Grund ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:
§ 52 Abs. 1 Z 1 und Z 5 GSpG, BGBl Nr. 620/1989 in der im Zeitpunkt der in Rede stehenden Tatanlastungen geltenden Fassung BGBl. I Nr. 125/2003, lautete (auszugsweise):
"Straf- und Verfahrensbestimmungen
§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von
der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,
1. wer
Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes
veranstaltet, diese bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht;
…
5. wer Glücksspielapparate oder
Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt (Veranstalter) oder zugänglich macht (Inhaber);
…"
Der Beschwerdeführer führt in seinen Beschwerden - wie auch schon in seinen Berufungen - aus, das österreichische Glücksspielgesetz verstoße gegen das Unionsrecht und es hätten daher dessen Bestimmungen unangewendet zu bleiben. Diese Ansicht sei nun durch die Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C-64/08, Engelmann , bestätigt worden. Nach der Rechtsprechung des EuGH dürfe ein Mitgliedstaat keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten Vertragsformalität verhängen, wenn er die Erfüllung dieser Formalität unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht abgelehnt oder vereitelt habe (C-338/04, C359/04, C-360/04, Placanica ).
Des Weiteren ergebe sich aus dem Urteil des EuGH in der Rechtssache C-409/06, Winner Wetten , dass jedes nationale Gericht verpflichtet sei, das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden, und die Rechte, die es dem Einzelnen verleihe, zu schützen, indem es jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechtes unangewendet lasse. Es komme auch nicht darauf an, dass die Beschuldigten nicht um die Erteilung einer Konzession gemäß § 21 GSpG angesucht hätten, weil eine derartige Erteilung (auch schon ein Ansuchen) unmöglich gewesen sei.
Die Beschwerden enthalten umfangreiche Ausführungen, weshalb das österreichische Glücksspielgesetz dem Unionsrecht widerspreche. Es wird behauptet, aus der Rechtsprechung des EuGH ergebe sich, dass die glücksspielrechtlichen Bestimmungen unangewendet zu bleiben hätten.
Im Hinblick auf diese Ausführungen ist der Beschwerdeführer, neben der Tatsache, dass im Beschwerdefall kein Sachverhalt vorliegt, der zur Anwendung des Unionsrecht führt, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0068, zu verweisen. Bereits in diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof unter anderem ausgesprochen, dass es nicht zutrifft, dass aus der jüngeren Rechtsprechung des EuGH abgeleitet werden könne, dass das Unionsrecht der Anwendung jeglicher nationalen Vorschrift auf dem Gebiet des Glücksspielwesens entgegenstehe, wenn nur eine Regelung auf diesem Gebiet nicht unionsrechtskonform gewesen sei (in diese Richtung Koppensteiner , Der EuGH und das Glücksspiel, RdW 2011, 134 ff). Bei der Verfolgung der vom EuGH für die Rechtfertigung der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit anerkannten Zielsetzungen steht die Rechtsprechung des EuGH Vorschriften im nationalen Recht wie etwa dem Erfordernis einer bestimmten Rechtsform und/oder Kapitalausstattung nicht entgegen.
Die Beschwerden waren im Sinne obiger Ausführungen daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
ZAAAE-79716