VwGH vom 29.04.2015, 2013/05/0130

VwGH vom 29.04.2015, 2013/05/0130

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Beschwerde des Dr. C R in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Leitner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB - 449/11, betreffend Versagung einer Baubewilligung (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit der am eingelangten Eingabe suchte der Beschwerdeführer beim Magistrat der Stadt Wien (im Folgenden: Magistrat), Magistratsabteilung (im Folgenden: MA) 37, um die Erteilung einer Baubewilligung für den Ausbau des Dachgeschosses auf seiner Liegenschaft EZ 389, die die Grundstücke Nr. 559 und Nr. 560/2, GB J., umfasst, mit der Grundstücksadresse L.-Gasse 50, in Wien an.

Im maßgebenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan (Plandokument 7070) sind für diese Liegenschaft die Widmung "Bauland-Wohngebiet", die Bauklasse III und die geschlossene Bauweise festgesetzt. Die bebaubare Fläche ist auf 50 % der Bauplatzfläche beschränkt. Für die gesamte Liegenschaft sind eine Schutzzone und eine Wohnzone ausgewiesen. Unter anderem ist festgelegt, dass bei innerhalb des Baulandes zur Errichtung gelangenden Gebäuden der höchste Punkt des Daches nicht höher als 4,5 m über der ausgeführten Gebäudehöhe liegen darf.

Mit Eingabe vom übermittelte der Beschwerdeführer durch seine Planverfasserin der MA 37 eine "Begründung für die Notwendigkeit des § 69 W-BO", nämlich die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 69 Bauordnung für Wien (im Folgenden: BauO).

In ihrer Stellungnahme vom erklärte die für Architektur und Stadtgestaltung zuständige MA 19, dass gegen das Bauvorhaben kein Einwand im Sinne des § 85 BauO erhoben werde. Aus stadtgestalterischer Sicht könnten jedoch keine Argumente für die beabsichtigten Ausnahmen gemäß § 69 Abs. 3 BauO (Schutzzone) gefunden werden. Ein öffentliches Interesse an der Gestaltung - den Höhenüberschreitungen des Dachkörpers an der Straßenfront und des Dachzubaus am Hoftrakt - könne nicht begründet werden.

Mit Schreiben vom teilte die für Stadtteilplanung und Flächennutzung zuständige MA 21 A mit, dass das geplante Bauvorhaben einen Dachgeschossausbau im Straßentrakt und einen Dachgeschosszubau im Hof- und Mitteltrakt des Gebäudes vorsehe. Betreffend die Abweichungen von den Bestimmungen des Bebauungsplanes im Bereich des Straßentraktes sei festzustellen, dass die festgesetzte Bauklasse III im Bestand bereits massiv überschritten werde. Einerseits werde durch die Festlegung der Schutzzone im Bebauungsplan der konsensmäßig errichtete Baubestand gesichert, andererseits sollten durch die bauklassenmäßige Beschränkung Volumsvermehrungen hintangehalten werden. Die Überschreitung des höchstzulässigen Punktes des Daches von 4,5 m über die gesamte Front widerspreche daher vor allem im Hinblick auf die Überschreitung der Bauklasse III der Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes. In Anbetracht der bestehenden Schutzzone werde auch auf die Stellungnahme der MA 19 verwiesen, inwieweit bei diesem Ausmaß der Abweichungen das öffentliche Interesse überwiege oder nicht. Durch den Zubau im Hof- und Mitteltrakt des Gebäudes im Dachgeschoss würden ebenfalls die zulässige Gebäudehöhe und die maximal bebaubare Fläche von 50 % überschritten. Die beabsichtigte Flächennutzung werde durch den geplanten Zubau im Dachgeschoss nicht grundlegend anders. Das hofseitige Bauvorhaben stelle jedoch in Verbindung mit dem Altbestand eine massive Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe dar und widerspreche daher den Zielsetzungen des aktuellen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes. Daher sollte bei einer Überarbeitung des Projektes eine Redimensionierung im Mittelabschnitt des Gebäudes erfolgen.

Mit Schreiben vom räumte die MA 37 dem Beschwerdeführer zu den genannten Stellungnahmen vom und mit dem Hinweis, dass das Bauvorhaben abgewiesen werden müsste, Parteiengehör ein.

Im Schreiben (E-Mail) vom erklärte der Beschwerdeführer, das eingereichte Bauvorhaben nicht abändern zu wollen.

Mit Bescheid des Magistrates vom wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers um baubehördliche Bewilligung für die Errichtung von Dachgeschosszubauten auf der gegenständlichen Liegenschaft gemäß § 70 und § 71 BauO abgewiesen.

Des begründete der Magistrat unter Hinweis auf § 69 Abs. 1 und 3 BauO und die angeführten Stellungnahmen vom und im Wesentlichen damit, es werde durch das geplante Bauvorhaben vom Bebauungsplan dahingehend abgewichen, dass durch die Errichtung des Dachgeschosszubaues auf dem Gassentrakt der höchste Punkt des Daches höher als 4,5 m über der ausgeführten Gebäudehöhe liege und weiters die bebaute Fläche gegenüber den bestehenden Geschossen durch den gesamten Dachgeschosszubau zwar verringert werden solle, jedoch immer noch über 50 % der Bauplatzfläche liege. Außerdem betrage die Gebäudehöhe des Bestandsgebäudes zirka 22 m, und der geplante Dachgeschosszubau liege somit weit über der laut gültigem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan zulässigen Gebäudehöhe von 16 m in der Bauklasse III. Wie den genannten Stellungnahmen zu entnehmen sei, unterlaufe das Bauvorhaben die Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes. Die Voraussetzungen gemäß § 69 Abs. 3 BauO träfen auch nicht zu. Der Beschwerdeführer habe die Möglichkeit zur Abänderung des Bauvorhabens nicht wahrgenommen, sodass das Bauansuchen abzuweisen gewesen sei. Ergänzend sei festzuhalten, dass das Bauansuchen auch keiner Bewilligung nach § 71 BauO zugeführt werden könne, weil das geplante Bauvorhaben auf Dauer errichtet werden solle und somit eine Bewilligung auf bestimmte Zeit oder auf Widerruf nicht in Betracht komme.

Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien (im Folgenden: Bauoberbehörde) gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die Bauoberbehörde unter Bezugnahme auf die Festlegungen im Plandokument 7070 aus, dass, wenn durch den Bebauungsplan die zulässige Firsthöhe gegenüber dem gesetzlich geregelten Ausmaß von 7,5 m auf 4,5 m eingeschränkt werde, nach § 81 Abs. 4 BauO eine Einschränkung der zulässigerweise ausgeführten Dachneigung nicht gegeben sei. Demgemäß ergebe sich der zulässige Dachumriss aus einer vom oberen Gebäudeabschluss unter 45 Grad gegen das Gebäudeinnere ansteigenden Linie bis zur Erreichung der durch den Bebauungsplan festgesetzten Firsthöhe von 4,5 m, die in der Folge in eine parallel zur Verbindungslinie der für den oberen Gebäudeabschluss relevanten Punkte verlaufende Linie übergehe und anschließend wieder unter einem Winkel von 45 Grad zum oberen Gebäudeabschlusspunkt abfalle. Der zulässige Dachumriss weise somit in diesem Fall die Form eines Trapezes auf.

Den Einreichplänen sei zu entnehmen, dass die gemäß dem geltenden Bebauungsplan auf 4,5 m beschränkte Firsthöhe nicht eingehalten werde. Beim vorhandenen Baubestand sei der Schnittpunkt zur Dachfläche mit Höhenkoten von 22,01 m (direkt an der Baulinie) und 21,51 m im Liegenschaftsinneren eingetragen. Der höchste Punkt des Daches sei mit 28,06 m ausgewiesen. Es sei daher von einer Überschreitung der zulässigen Firsthöhe von 4,5 m um ca. 1,5 m auszugehen.

Infolge des Widerspruchs zum geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan sei daher zu prüfen, ob für das gegenständliche Bauvorhaben gemäß § 69 BauO eine Bewilligung von Abweichungen von den Bebauungsvorschriften, welche die Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes nicht unterliefen, erteilt werden könne. Widerspreche ein Ansuchen um Baubewilligung den Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes derart, dass die Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes unterlaufen werde, sei es nach der Bestimmung des § 133 Abs. 6 BauO abzuweisen. Aus der hg. Judikatur sei abzuleiten, dass die Bestimmung des § 69 BauO über die Erteilung einer Ausnahmebewilligung restriktiv zu interpretieren sei. Es sei in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der für das jeweilige Bauvorhaben erforderlichen Abweichung von den Vorschriften des Bebauungsplanes eine dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan unterlaufende Tendenz (Zielrichtung) innewohne.

Im vorliegenden Fall komme es zu einer Überschreitung der zulässigen Firsthöhe von 4,5 m um ca. 1,5 m. Dazu habe die für die Stadtplanung und Flächennutzung zuständige Fachabteilung erklärt, dass der Baubestand die festgesetzte Gebäudehöhe von 16 m bereits massiv überschreite. Durch die Festlegung einer Schutzzone werde der konsensgemäß errichtete Baubestand gesichert, durch die bauklassenmäßige Beschränkung sollten Volumsvermehrungen hintangehalten werden. Die Überschreitung des höchstzulässigen Punktes des Daches von 4,5 m über die gesamte Front widerspreche vor allem im Hinblick auf die festgelegte Bauklasse III der Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes. Die für den Schutz des Stadtbildes zuständige Fachabteilung habe erklärt, dass aus stadtgestalterischer Sicht keine Argumente für die beabsichtigte Bauführung in der Schutzzone gefunden werden könnten. Ein öffentliches Interesse an der Gestaltung der Höhenüberschreitungen des Dachkörpers könne nicht begründet werden. Der Beschwerdeführer sei diesen schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und habe diese auch sonst nicht wirksam in Zweifel gezogen. Sofern er eine von diesen gutachterlichen Stellungnahmen abweichende Meinung vertrete, handle es sich bloß um Behauptungen, welche durch kein Sachverständigengutachten untermauert seien. Wenn der Beschwerdeführer meine, dass er gegenüber einer (nicht rechtskräftigen) Bewilligung der erstinstanzlichen Behörde betreffend ein im selben Bezirk geplantes Bauvorhaben benachteiligt werde und ähnliche Bauvorhaben bereits genehmigt worden seien, sei klarzustellen, dass jedes Bauvorhaben für sich auf seine Bewilligungsfähigkeit geprüft werde und keine Bindungswirkung der Berufungsbehörde an einen nicht rechtskräftigen Bescheid der erstinstanzlichen Behörde in einem anderen Verfahren bestehe. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die Beweiskraft eines Sachverständigengutachtens unter anderem durch den Nachweis erschüttert werden könne, dass es mit den Denkgesetzen oder den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht in Einklang zu bringen sei oder den Erfahrungen der technischen Wissenschaft widerspreche. Werde jedoch vorgebracht, das Gutachten stehe mit den Erfahrungen der in Betracht kommenden Wissenschaft in Widerspruch, so müsse diese Behauptung - und zwar tunlichst unter präziser Darstellung der gegen das Gutachten gerichteten sachlichen Einwände - durch das Gutachten eines anderen Sachverständigen unter Beweis gestellt werden; durch eine bloß gegenteilige Behauptung, die einer sachverständigen Grundlage entbehre, könne das Gutachten eines Sachverständigen nicht entkräftet werden.

Unter Zugrundelegung der beiden schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Amtssachverständigen sei von einem Unterlaufen der Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes auszugehen.

Darüber hinaus seien die geplanten Abweichungen von den Bebauungsbestimmungen auch im Hinblick auf § 69 Abs. 3 BauO nicht zulässig, weil es bei Abweichungen in Schutzzonen erforderlich sei, dass die Interessen des Stadtbildes die projektierte Überschreitung geradezu forderten. Selbst dem Vorbringen des Beschwerdeführers könnten keine Anhaltspunkte entnommen werden, dass die Firsthöhenüberschreitung aus Gründen des Stadtbildes geradezu erforderlich wäre. Bei Betrachtung der Bestandsfotos falle auf, dass der First bzw. die straßenseitige abgeschrägte Dachfläche bereits jetzt die beiden seitlich unmittelbar anschließenden Gebäude (geschlossene Bauweise) überrage, sodass ein Teil der Feuermauer sichtbar sei. Eine Anhebung der Firsthöhe würde bewirken, dass noch größere Teile der Feuermauer sichtbar würden, sodass nicht erkennbar sei, wieso die Firsthöhenüberschreitung aus Stadtbildgründen geradezu erforderlich wäre. Geradezu erforderlich wäre die Firsthöhenüberschreitung aus Stadtbildgründen hingegen, wenn dadurch Feuermauern der Nachbargebäude verdeckt werden könnten, was aber nicht der Fall sei. Schließlich werde darauf hingewiesen, dass auch die letzte Voraussetzung des § 69 Abs. 3 BauO, nämlich die Einhaltung der baulichen Ausnützbarkeit, nicht erfüllt sei, weil nach der unbestritten gebliebenen Feststellung des bautechnischen Amtssachverständigen sowohl der Bestand als auch - isoliert betrachtet - der Dachgeschosszubau die nach dem Bebauungsplan auf 50 % beschränkte bebaubare Fläche überschritten. Der Beschwerdeführer selbst gehe beim Dachzubau von einer Bebauungsdichte von 52,6 % aus.

Zusammenfassend werde festgehalten, dass der beantragten Abweichung von den Bebauungsvorschriften eine den geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan unterlaufende Tendenz innewohne, sodass bereits die Grundvoraussetzung für die im gegenständlichen Fall erforderliche Gewährung einer Ausnahmebewilligung nach § 69 Abs. 1 BauO nicht vorliege. Darüber hinaus erweise sich die in der Schutzzone geplante Abweichung als nicht zulässig, weil öffentliche Interessen an einer besonderen Situierung und Ausbildung des Baukörpers nach der Aktenlage nicht erkennbar seien, geschweige denn solche überwögen, und auch die zulässige bauliche Ausnützbarkeit - unbestritten - überschritten werde. Somit stelle sich das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben als unzulässig dar. Zu den vorgetragenen Argumenten, die für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 69 BauO sprechen sollten, wie beispielsweise die Gebäudesanierung, die behindertenfreundliche Ausgestaltung und die Heranführung an den Stand der Technik, werde angemerkt, dass bereits aufgrund der Feststellung, dass die Intentionen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes unterlaufen würden, keine weitergehende Prüfung und Abwägung vorzunehmen sei, weil bereits die Grundvoraussetzung für die Erteilung der Ausnahmebewilligung nicht erfüllt sei. Daher sei es der angerufenen Behörde sogar verwehrt, eine Abwägung im Sinn des § 69 Abs. 4 BauO vorzunehmen und sich mit den dazu vorgebrachten Argumenten des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen.

Das Vorhaben könne auch nicht nach § 71 BauO genehmigt werden. Abgesehen davon, dass das eingereichte Projekt auf Dauer angelegt sei und ein sachlicher Widerrufsgrund - wie auch ein begründeter Ausnahmefall - nicht erkennbar sei, sprächen insofern öffentliche Rücksichten gegen die Erteilung der Ausnahmegenehmigung, als die Behörde bei nicht willkürlicher Handhabung des Ermessens in gleichgelagerten Fällen (weitere) Ausnahmegenehmigungen erteilen müsste und dies letztlich eine Aushöhlung der Bebauungsbestimmungen betreffend Firsthöhenbeschränkungen bewirken würde. Dazu komme, dass der Bestand auf Dauer bewilligt sei und eine Bewilligung der geplanten Dachgeschosszubauten auf Widerruf nicht denkbar sei, zumal bei einem solchen angedachten Widerruf ein nicht nutzbarer, den Bestimmungen der BauO widersprechender Restbestand bestehen bliebe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , B 96/2012, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof stellte der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeergänzung vom den Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, in eventu in der Sache selbst zu entscheiden und der Berufung stattzugeben.

Die Bauoberbehörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen dieses Gesetzes weiter anzuwenden.

Für die Beurteilung des Beschwerdefalles sind die Bestimmungen der BauO, LGBl. Nr. 11/1930, idF des LGBl. Nr. 46/2010 maßgeblich.

Die §§ 7, 69, 75, 80, 81 und 133 BauO lauten auszugsweise wie

folgt:

" Schutzzonen

§ 7. (1) In den Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen können die wegen ihres örtlichen Stadtbildes in ihrem äußeren Erscheinungsbild erhaltungswürdigen Gebiete als in sich geschlossenes Ganzes (Schutzzonen) ausgewiesen werden.

(1a) Bei der Festsetzung von Schutzzonen sind die prägende Bau- und Raumstruktur und die Bausubstanz sowie auch andere besondere gestaltende und prägende Elemente, wie die natürlichen Gegebenheiten oder Gärten und Gartenanlagen, zu berücksichtigen.

(2) Die Schutzzonen sind von den übrigen Gebieten eindeutig abzugrenzen. Die Grenzen der Schutzzonen können mit Fluchtlinien zusammenfallen.

(3) Für Schutzzonen können im Bebauungsplan über die Festsetzung gemäß § 5 Abs. 4 hinaus die erforderlichen Bestimmungen über die Anordnung einzelner Baukörper (Brunnen, Säulen, Bildstöcke, Schuppen und dergleichen), die Anordnung und Ausgestaltung von Höfen und die Ausgestaltung und Ausstattung der öffentlichen Bereiche (Verkehrsflächen, Beleuchtungskörper und dergleichen) festgesetzt werden.

..."

" Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes

§ 69. (1) Für einzelne Bauvorhaben hat die Behörde über die Zulässigkeit von Abweichungen von den Vorschriften des Bebauungsplanes zu entscheiden. Diese Abweichungen dürfen die Zielrichtung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes nicht unterlaufen. Darüber hinaus darf

1. die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne nachgewiesene Zustimmung des betroffenen Nachbarn nicht vermindert werden,

2. an Emissionen nicht mehr zu erwarten sein, als bei einer der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entsteht,

3. das vom Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild nicht störend beeinflusst werden und

4. die beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung nicht grundlegend anders werden.

(2) Abweichungen, die die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen, sind weiters nur zulässig, wenn sie nachvollziehbar


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1.
eine zweckmäßigere Flächennutzung bewirken,
2.
eine zweckmäßigere oder zeitgemäße Nutzung von Bauwerken, insbesondere des konsensgemäßen Baubestandes, bewirken,
3.
der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes dienen oder
4.
der Erhaltung schützenswerten Baumbestandes dienen.

(3) Für Bauvorhaben in Schutzzonen dürfen Abweichungen nach Abs. 1 nur bewilligt werden, wenn das öffentliche Interesse an einer besonderen Situierung und Ausbildung des Baukörpers zur Gestaltung des örtlichen Stadtbildes überwiegt und die zulässige Ausnützbarkeit des Bauplatzes nicht überschritten wird.

(4) Die Gründe, die für die Abweichung sprechen, sind mit den Gründen, die dagegen sprechen, abzuwägen. Insbesondere ist auf den konsensgemäßen Baubestand der betroffenen Liegenschaft und der Nachbarliegenschaften sowie auf den Umstand, dass die Ausnahmebewilligung nur für die Bestanddauer des Baues gilt, Bedacht zu nehmen. Vom Bauwerber geltend gemachte Verpflichtungen aus Bundes- oder anderen Landesgesetzen sind zu berücksichtigen, desgleichen, ob die Abweichung der besseren barrierefreien Benützbarkeit des konsensgemäßen Baubestandes oder des geplanten Baues dienlich ist.

..."

" Bauklasseneinteilung, zulässige Gebäudehöhe

§ 75. (1) Die Bauklasseneinteilung setzt die Gebäudehöhe für Wohngebiete und gemischte Baugebiete fest.

(2) Die Gebäudehöhe hat, soweit sich nicht nach den Bestimmungen der Abs. 4 bis 6 und des § 81 sowie des Bebauungsplanes eine andere Gebäudehöhe ergibt, zu betragen:

...

in Bauklasse III mindestens 9 m, höchstens 16 m,

..."

" Bebaute Fläche

§ 80. (1) Als bebaute Fläche gilt die senkrechte Projektion des Gebäudes einschließlich aller raumbildenden oder raumergänzenden Vorbauten auf eine waagrechte Ebene; als raumbildend oder raumergänzend sind jene Bauteile anzusehen, die allseits baulich umschlossen sind oder bei denen die bauliche Umschließung an nur einer Seite fehlt. Unterirdische Gebäude oder Gebäudeteile bleiben bei der Ermittlung der bebauten Fläche außer Betracht.

(2) Vor die Gebäudefront ragende Gebäudeteile der in § 84 Abs. 1 und 2 genannten Art und in dem dort bezeichneten Ausmaß bleiben bei der Ermittlung der bebauten Fläche außer Betracht, gleichgültig, ob sie über Baufluchtlinien ragen oder nicht; überschreiten solche Gebäudeteile das genannte Ausmaß, sind sie zur Gänze nach Abs. 1 zu beurteilen. Erker, Balkone und Loggien, unter denen nicht überall eine freie Durchgangshöhe von mindestens 2,10 m gewährleistet ist, sind der bebauten Fläche voll zuzurechnen."

" Gebäudehöhe und Gebäudeumrisse; Bemessung

§ 81. (1) Bei Gebäuden an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie gilt bis zu einer Gebäudetiefe von 15 m als Gebäudehöhe der lotrechte Abstand von der festgesetzten Höhenlage der Verkehrsfläche bis zur obersten Schnittlinie der zulässigen Außenwandfläche der Straßenfront ohne Berücksichtigung vorspringender Gebäudeteile wie Gesimse, Erker und dergleichen mit der Oberfläche des Daches; nichtraumbildende Gebäudeteile und raumbildende Dachaufbauten gemäß Abs. 6 bleiben dabei außer Betracht. Giebelflächen zählen bei dieser Ermittlung mit; sind sie nicht zur Straßenfront gerichtet, bleiben jedoch je einzelner Giebelfläche höchstens 50 m2, je Gebäude höchstens 100 m2 außer Betracht. In diesen Fällen ist auch innerhalb einer Gebäudetiefe von 15 m nach Abs. 2 vorzugehen. Weiters darf die zulässige Gebäudehöhe um höchstens 1,50 m überschritten werden, wenn diese Überschreitung innerhalb derselben Front flächenmäßig ausgeglichen wird; § 75 Abs. 4 ist einzuhalten. Dasselbe gilt für Gebäude an Verkehrsflächen, deren festgesetzte Höhenlage an der Gebäudefront nicht einheitlich ist. Der oberste Abschluss des Daches darf keinesfalls höher als 7,5 m über der zulässigen Gebäudehöhe liegen, sofern der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt.

...

(6) Der nach den Abs. 1 bis 5 zulässige Gebäudeumriss darf durch einzelne, nicht raumbildende Gebäudeteile untergeordneten Ausmaßes überschritten werden; mit raumbildenden Dachaufbauten darf der Gebäudeumriss nur durch einzelne Dachgauben sowie im unbedingt notwendigen Ausmaß durch Aufzugsschächte und Treppenhäuser überschritten werden. Die einzelnen Dachgauben müssen in ihren Ausmaßen und ihrem Abstand voneinander den Proportionen der Fenster der Hauptgeschosse sowie dem Maßstab des Gebäudes entsprechen. Die Dachgauben dürfen insgesamt höchstens ein Drittel der Länge der betreffenden Gebäudefront in Anspruch nehmen. Auf Antrag ist durch die Behörde (§ 133) eine Überschreitung dieses Ausmaßes bis höchstens zur Hälfte der betreffenden Gebäudefront zuzulassen, wenn dies eine zweckmäßigere oder zeitgemäße Nutzung des Bauwerks bewirkt oder der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes dient.

(...)"

" Wirkungsbereich der Bauausschüsse der Bezirksvertretungen

§ 133. ...

(6) Widerspricht ein Ansuchen um Baubewilligung den Voraussetzungen der §§ 7a Abs. 5, 69 Abs. 1 und 2, 76 Abs. 13, 81 Abs. 6 oder 119 Abs. 6, ist es abzuweisen; ein mit dem Ansuchen um Baubewilligung verbundener ausdrücklicher Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 gilt in diesem Falle als dem Ansuchen um Baubewilligung nicht beigesetzt. Dies gilt auch, wenn der Bauwerber mit dem Ansuchen um Baubewilligung ausdrücklich einen Antrag auf Bewilligung von Abweichungen Abs. 1 Z 1 stellt, ohne dass sein Bauvorhaben einer solchen Bewilligung bedarf, bzw. wenn das Ermittlungsverfahren über das Ansuchen um Baubewilligung ergibt, dass die Baubewilligung ohne Änderung des Bauvorhabens oder der Baupläne versagt werden muss.

..."

Der Beschwerdeführer bringt unter Bezugnahme auf die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Gutachten der Amtssachverständigen der MA 19 und der MA 21 A vor, die Bauoberbehörde übersehe, dass es sehr wohl möglich sei, die Unschlüssigkeit der Gutachten aufzuzeigen und diese durch auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelte Argumente auch ohne Gegengutachten zu bekämpfen. Insbesondere habe er auf eine abweichende Stellungnahme der MA 19 in einem vergleichbaren Verfahren verwiesen, die - wenngleich sie freilich im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei - dennoch durch ihren gegenteiligen Inhalt massive Zweifel an der Richtigkeit der Gutachten in diesem Verfahren aufkommen lasse. Ferner habe er insbesondere vorgebracht, dass die Argumentation hinsichtlich der Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes unschlüssig sei, und in seiner Berufung argumentiert, die MA 21 A habe nicht berücksichtigt, dass es im Hinblick auf den Gebäudebestand notwendig sei, die Höhe des Daches anzupassen. Dies habe der Beschwerdeführer mit einer Stellungnahme der MA 21 A in einem vergleichbaren Bauverfahren betreffend ein Projekt im selben Häuserblock untermauert, indem diese davon ausgegangen sei, dass die bloße Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe keine den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan zuwiderlaufende Tendenz begründe. Im vorliegenden Fall habe die MA 21 A in ihrer Stellungnahme vom die Überschreitung der Gebäudehöhe aber als einziges Argument für ihre Ansicht, das Projekt widerspreche der Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes, angeführt. Allein die Überschreitung der Gebäudehöhe könne jedoch keine dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan zuwiderlaufende Tendenz begründen. Dementsprechend habe auch die MA 21 eine Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe in einem vergleichbaren Projekt im selben Häuserblock als mit der Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes vereinbar angesehen. Die Bauoberbehörde hätte sich jedenfalls mit dem fachlich fundierten Gegenargument des Beschwerdeführers auseinandersetzen müssen.

Da die Bauoberbehörde ferner die in § 69 Abs. 4 BauO geforderte Abwägung mit der Begründung unterlassen habe, dass schon die Grundvoraussetzung, nämlich die Vereinbarkeit mit dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan nicht gegeben sei, liege es auf der Hand, dass die gebotene Auseinandersetzung mit den Argumenten des Beschwerdeführers zu einem anderslautenden Bescheid geführt hätte.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Gemäß § 69 Abs. 1 BauO dürfen Abweichungen von den Vorschriften des Bebauungsplanes die Zielrichtung des Flächenwidmungs- und des Bebauungsplanes nicht unterlaufen. Dies bedeutet, dass eine Abweichung nur zulässig ist, wenn sie der Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes nicht widerspricht bzw. ihr keine diesbezügliche unterlaufende Tendenz innewohnt (vgl. etwa Moritz , Bauordnung für Wien5, zu § 69 Abs. 1, S. 214, und das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0147).

Die Prüfung der Zulässigkeit hat sich dabei an der jeweils festgelegten Bestimmung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes zu orientieren, von der abgewichen werden soll (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/05/0120). Das Gesetz nennt keine Prozentzahl als Maß der zulässigen Abweichung, und es ist in jedem Einzelfall eine genaue Prüfung und Begründung erforderlich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0218; ferner zum Ganzen nochmals Moritz , Bauordnung für Wien5, zu § 69 Abs. 1, S. 214 f).

Die Bauoberbehörde hat sich bei ihrer Beurteilung, dass eine Ausnahmegewährung die Zielrichtung des maßgeblichen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes unterlaufen würde, insbesondere auf die fachlichen Stellungnahmen von für das Bauwesen sachverständigen Personen der MA 19 und MA 21 A gestützt. Ihr ist darin beizupflichten, dass der Beschwerdeführer diesen fachlichen Stellungnahmen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist. Daran vermag die Vorlage und Wiedergabe zweier Stellungnahmen dieser Fachabteilungen betreffend ein anderes Bauprojekt (S.-Gasse) nahe der gegenständlichen Liegenschaft im Geltungsbereich desselben Plandokumentes nichts zu ändern, weil diese zu einem anderen Projekt abgegebenen fachlichen Stellungnahmen, wie der Beschwerdeführer selbst einräumt, im gegenständlichen Fall nicht "anwendbar" sind. Die Ansicht der Bauoberbehörde, dass der Beschwerdeführer eine Unschlüssigkeit der fachlichen Stellungnahmen der MA 19 und der MA 21 A nicht aufgezeigt habe und ihnen nicht auf gleicher fachlicher Ebene begegnet sei, ist daher unbedenklich. Die Bauoberbehörde hat bei ihrer Prüfung im Einzelfall nachvollziehbar dargelegt, dass dem gegenständlichen Bauprojekt aufgrund der Überschreitung der Firsthöhe um ca. 1,5 m über die gesamte Front am Straßentrakt eine die Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes unterlaufende Tendenz innewohnt, und diese Beurteilung ist nicht zu beanstanden.

Da durch das Bauvorhaben die Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes unterlaufen würde und somit die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 BauO nicht erfüllt sind, kommt eine Abwägung gemäß § 69 Abs. 3 und 4 leg. cit. nicht in Betracht (vgl. dazu etwa Moritz , Bauordnung für Wien5, zu § 133 Abs. 6, S. 387). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob ein öffentliches Interesse an einer besonderen Situierung und Ausbildung des Baukörpers bestehe oder wie die bauliche Ausnützbarkeit des Bauplatzes zu beurteilen sei, und es erübrigt sich, auf das Beschwerdevorbringen einzugehen, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse an der projektierten einheitlichen Firstlinie bestehe und es durch das gegenständliche Projekt zu keiner Ausweitung der bereits flächenmäßigen Verbauung komme.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am