VwGH vom 10.12.2013, 2013/05/0127
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des JS in B, vertreten durch Haslinger/Nagele Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen- 210600/9/Bm/MG, betreffend Übertretung der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe es als Grundeigentümer und Bauherr zu verantworten, am auf dem Grundstück Nr. Y, KG S, mit der Errichtung eines Bauwerkes für eine Einfriedung begonnen zu haben, indem der Bodenaushub erfolgt sei und Beton für Fundamente ohne eine Baubewilligung nach § 24 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (BO) eingebaut worden sei, obwohl baubewilligungspflichtige Bauten nur nach einer Baubewilligung errichtet werden dürften. Dadurch habe der Beschwerdeführer § 57 Abs. 1 Z. 2 iVm § 24 Abs. 1 Z. 2 BO und § 2 Abs. 1 Z. 2 des Oberösterreichischen Bautechnikgesetzes verletzt. Es werde jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung gemäß § 21 VStG erteilt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.
Die belangte Behörde ging nach der Bescheidbegründung sachverhaltsmäßig davon aus, dass der Beschwerdeführer auf dem gegenständlichen Grundstück beabsichtige, eine Einfriedung nach einem Bauplan des Architekten Dipl. Ing. F. vom zu errichten. Diese Einfriedung sollte aus verschiedenen Bauteilen, die im Zusammenwirken eine Einheit ergäben, bestehen: Fundamenten, Pfeilern, Ausfachungen der Pfeiler, Torkonstruktion mit Gehängen, Schließmechanismus und Feststellvorrichtungen. Die geplante Einfriedung sollte aus vier Fertigteilpfeilerkonstruktionen bestehen. Zwischen den Säulen sei jeweils ein Betonsockel vorgesehen, der eine Höhe von 70 cm über dem natürlichen Geländeniveau aufweisen solle. Zwischen den Säulen sollten schmiedeeiserne Gitter eingesetzt werden. Der geplante Sockel weise aufgrund des anschließenden Geländeniveaus keine Stützmauerfunktion auf. Beabsichtigt sei gewesen, dass die zweiflügelige, nach außen aufschlagende Torkonstruktion elektrisch betrieben werde und eine Durchfahrtsbreite bei der Einfahrt von ca. 3,5 m haben solle. Laut dem vorliegenden Bauplan seien vier Säulen mit einer Höhe von jeweils 250 cm und einer Breite von ca. 50 cm vorgesehen. Je zwei Säulen stünden auf einer Seite des Weges in einem Abstand von ca. 200 cm zueinander. Die Säulen seien durch ein Gitter verbunden. Die geplante Einrichtung weise keine Stützmauerfunktion auf. Zum Zeitpunkt eines Lokalaugenscheins vom sei mit der Errichtung einer Einfriedung im Zufahrtsbereich der Liegenschaft beidseits der Straße bereits begonnen worden. Die Aushubarbeiten zur Herstellung der Fundamente seien bereits abgeschlossen gewesen. Die Aushubmenge habe der Plandarstellung entsprochen und eine Kubatur pro Fundament von ca. 3,20 m Länge, einer Breite von ca. 1 m und einer Tiefe von ca. 1,10 m aufgewiesen. Eine Sauberkeitsschicht sei etwa 30 cm unterhalb der geplanten Stahlbetonfundamente eingebracht worden. Im unmittelbaren Nahebereich der Aushubgruben seien bereits Bewährungskörbe für die Fundamente gelegen. Diese Körbe seien für die spätere Montage der geplanten Stahlbetonfertigteilsäulen vorbereitet gewesen.
Weiteres führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, nach dem Befund und dem Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen Ing. H. ergebe sich, dass zur Errichtung der Einfriedung inklusive der Fundierung fachtechnische Kenntnisse erforderlich seien, zumal Fragen der frostsicheren Bauweise und der Statik zu berücksichtigen seien. Darüber hinaus seien auch handwerkliche Fähigkeiten erforderlich, um eine derartige Anlage fachtechnisch einwandfrei errichten zu können. Zum Erdaushub, zur Ausfüllung des Aushubs mit Lieferbeton sowie zur Einbringung der Sauberkeitsschicht seien keine besonderen fachtechnischen Kenntnisse erforderlich. Weiters ergebe sich aus dem Befund und dem Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen, dass die einzelnen Komponenten der Einfriedung in Abhängigkeit von ihrer Einzelfunktion mit anderen Komponenten zu verbinden seien. Bei unsachgemäßer Ausführung oder mangelnder Wartung der kraftschlüssigen Verbindungen (Zaunfelder und Pfeiler, Pfeiler und Fundamente) sowie mechanischen Verbindungen (Drehgelenke und Schließeinrichtungen) könnten unter Umständen erhebliche Gefahren und Belästigungen für Menschen herbeigeführt werden.
In der weiteren Begründung sind Ausführungen betreffend die hinreichende Formulierung des Spruches im Sinne des § 44a VStG enthalten.
Schließlich legte die belangte Behörde dar, es könne dahingestellt bleiben, ob für den Erdaushub allein fachtechnische Kenntnisse erforderlich seien. Es sei auf das zu verwirklichende Projekt abzustellen und eine Prognoseentscheidung anhand des Bauplans sowie der übrigen Beweisergebnisse bezüglich der beabsichtigen Ausführung des Bauvorhabens maßgebend. Aus dem Gutachten des Amtssachverständigen ergebe sich eindeutig und unmissverständlich, dass zur bauplangemäßen Errichtung der Einfriedung samt Tor jedenfalls fachtechnische Kenntnisse erforderlich seien.
Die Errichtung einer Einfriedung könne bewilligungspflichtig (§ 24 Abs. 1 Z. 1 BO), anzeigepflichtig (§ 25 Abs. 1 Z. 14 BO) oder bewilligungs- und anzeigefrei (§ 26 Z. 4 BO) sein. § 26 Z. 4 BO enthalte auf Grund seines subsidiären Charakters eine Anzeige- und Bewilligungsfreiheit für die Errichtung einer Einfriedung nur insoweit, als diese Maßnahme nicht unter §§ 24 oder 25 BO falle. Aus dem Gutachten des Amtssachverständigen sowie seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung ergebe sich, dass das geplante Projekt potenziell geeignet sei, eine erhebliche Gefahr oder wesentliche Belästigung für Menschen herbeizuführen. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers komme es daher nicht auf die Unterscheidung an, ob das geplante Bauvorhaben unter § 25 BO oder § 26 BO falle, da bereits die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Z. 2 BO erfüllt seien.
Schließlich enthält die Bescheidbegründung Darlegungen zum Verschulden des Beschwerdeführers und zur Heranziehung des § 21 VStG.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bemängelt die unzureichende Fassung des Bescheidspruches im Hinblick auf § 44a VStG. Des Weiteren führt er aus, zur Vornahme von Grabungstätigkeiten seien keine speziellen fachtechnischen Kenntnisse erforderlich. Die Schlussfolgerungen der belangten Behörde, es komme auf eine Prognoseentscheidung anhand des Bauplanes sowie die übrigen Beweisergebnisse bezüglich der beabsichtigten Ausführungen des Bauvorhabens an, seien nicht zutreffend. Es liege kein baubewilligungspflichtiges Vorhaben vor. Die Einfriedung sei unstrittig nicht auf eine Stützmauer aufgesetzt, sodass sie nicht unter § 25 Abs. 1 Z. 14 BO falle. Der in Rede stehenden Anlage sei auch insgesamt bloß die Einfriedungsfunktion und keine weitere Funktion (auch nicht etwa die einer freistehenden Mauer) zugesprochen worden. Der Verweis der belangten Behörde auf ein Gefährdungspotenzial gehe ins Leere, weil die Anlage bewilligungs- und anzeigefrei sei.
Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 BO idF LGBl. Nr. 96/2006 bedürfen die Errichtung oder wesentliche (umbaugleiche) Änderung sonstiger Bauten (i.e. anderer Bauten als Gebäude) über oder unter der Erde, die auf Grund ihrer Verwendung, Größe, Lage, Art oder Umgebung geeignet sind, eine erhebliche Gefahr oder eine wesentliche Belästigung für Menschen herbeizuführen oder das Orts- und Landschaftsbild zu stören, einer Baubewilligung, soweit die §§ 25 und 26 BO nichts anderes bestimmen.
Soweit § 26 BO nichts anderes bestimmt, bedürfen gemäß § 25 Abs. 1 Z. 14 BO idF LGBl. Nr. 96/2006 Stützmauern und freistehende Mauern mit einer Höhe von mehr als 1,50 m über dem jeweils tiefer gelegenen Gelände sowie Stützmauern mit einer aufgesetzten Einfriedung mit einer Gesamthöhe von mehr als 2,50 m über dem jeweils tiefer gelegenen Gelände vor Beginn der Ausführung einer Bauanzeige.
Gemäß § 26 BO idF LGBl. Nr. 96/2006 bedürfen die in den §§ 24 und 25 BO nicht angeführten Bauvorhaben weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige. Dies gilt gemäß Z. 4 der genannten Bestimmung insbesondere auch für Stützmauern und freistehende Mauern bis zu einer Höhe von 1,50 m über dem jeweils tiefer gelegenen Gelände sowie für Einfriedungen, soweit sie nicht unter § 25 Abs. 1 Z. 14 BO fallen.
Gemäß § 57 Abs. 1 Z. 2 BO idF LGBl. Nr. 96/2006 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Bauherr oder Bauführer ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung ausführt oder vom bewilligten Bauvorhaben entgegen den Vorschriften des § 39 Abs. 2 bis 4 BO abweicht.
Nach den Feststellungen der belangten Behörde handelt es sich beim gegenständlichen Bauvorhaben um eine Einfriedung und weist das Bauvorhaben keine Stützmauerfunktion auf.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0063, festgehalten hat, handelt es sich bei den in § 26 BO demonstrativ aufgezählten Bauvorhaben um solche, die von den §§ 24 und 25 BO jedenfalls nicht erfasst werden. Für den vorliegenden Fall, in dem eine Einfriedung gegenständlich ist, bedeutet dies, dass, da Einfriedungen in § 26 BO ausdrücklich genannt sind, jedenfalls keine Baubewilligungspflicht gemäß § 24 BO vorliegt, wie sie aber tatbestandliche Voraussetzung für das dem Beschwerdeführer angelastete Delikt wäre.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, wobei es sich erübrigt, auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen.
Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
GAAAE-79705