VwGH vom 28.02.2011, 2010/17/0208

VwGH vom 28.02.2011, 2010/17/0208

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der ASNV-Ges.m.b.H. in I, vertreten durch Dr. Stefan Warbek, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 15, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. VII-2/311/100, betreffend Vorschreibung von Kriegsopfer- und Behindertenabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Die Beschwerdeführerin veranstaltete am 3. und das Bergisel Skispringen 2009 im Rahmen der Vierschanzentournee.

Mit Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt Innsbruck vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 1 Tiroler Kriegsopfer- und Behindertenabgabegesetz eine Kriegsopfer- und Behindertenabgabe in der Höhe von EUR 16.932,40 vorgeschrieben.

1.2. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Darin führte sie insbesondere aus, dass die der Abgabenvorschreibung zu Grunde gelegte Bruttobemessungsgrundlage in der Höhe von EUR 423.310,-- unrichtig sei. Die Bemessungsgrundlage sei auf Grund der vorgelegten Abrechnungsunterlagen auf EUR 232.352,30 abzuändern und die Abgabe daher in der Höhe von EUR 9.294,09 festzusetzen. In der mit der Berufung vorgelegten Kartenabrechnung wurden sämtliche verkaufte Eintrittskarten (für alle Sektoren des Stadiongeländes einschließlich der VIP-Eintrittskarten für die Sektoren "Special Guest", "Loge" und "Weltcup-Club") aufgelistet und der Kartenpreis der Abrechnung zu Grunde gelegt. Die sogenannten Hospitality-Tickets, die den Zugang zum jeweiligen, in den entsprechenden Sektoren "Special Guest", "Loge" und "Weltcup-Club" befindlichen Hospitality-Bereich gewährten, waren in dieser Abrechnung nicht enthalten.

Über Aufforderung der Stadt Innsbruck legte die Beschwerdeführerin Muster der VIP-Eintrittskarten und ein sogenanntes VIP-Hospitality-Ticket vor. Sie erläuterte dazu, dass diese "VIP-Zusatzkarten" (das sind die VIP-Hospitality-Tickets) zum Besuch des Hospitality-Bereichs innerhalb des Stadions berechtigten und nicht zur Teilnahme an der Veranstaltung im Sinn einer Eintrittskarte. Diese Hospitality-Tickets hätten nicht zur Teilnahme an der Veranstaltung des Bergiselspringens, sondern ausschließlich zum Bezug von Leistungen (Gastronomieleistungen) innerhalb des Veranstaltungsgeländes berechtigt.

1.3. Mit Berufungsvorentscheidung vom der Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Innsbruck wurde der Berufung insofern stattgegeben, als die Abgabe auf der Grundlage der von der Beschwerdeführerin mit der Berufung vorgelegten Abrechnungsunterlagen herabgesetzt und in der Höhe von EUR 14.787,70 neu festgesetzt wurde. Dabei bezog die Behörde jedoch die Einnahmen aus den Hospitality-Tickets in die Bemessungsgrundlage ein.

Begründend verwies die Behörde erster Instanz darauf, dass die VIP-Eintrittskarten (gemeint: die VIP-Hospitality-Tickets) und die Normaleintrittskarte als gesamtes Entgelt im Sinne des Tiroler Vergnügungssteuergesetzes anzusehen seien. In diesem Zusammenhang wurde auf die Gebühr für Kleideraufbewahrung sowie für Kataloge und Programme Bezug genommen, die in die steuerliche Bemessungsgrundlage aufzunehmen seien, wenn die Teilnehmer ohne Entrichtung derartiger Gebühren nicht zur Veranstaltung zugelassen würden.

1.4. Die Beschwerdeführerin stellte einen Vorlageantrag.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung insoweit Folge gegeben, als die Abgabe in der Höhe von EUR 14.787,70 festgesetzt wurde. Als Bemessungsgrundlage wurden EUR 295.753,60 netto (EUR 369.692,-- brutto) angenommen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens aus, dass gemäß § 1 des Tiroler Kriegsopfer- und Behindertenabgabegesetzes zur Gewährung von Förderungen nach § 17 Abs. 1 lit. a bis f dieses Gesetzes eine Kriegsopfer- und Behindertenabgabe (in der Folge kurz: Abgabe) als ausschließliche Landesabgabe erhoben werde. Nach Zitierung der §§ 2 und 3 Tiroler Kriegsopfer- und Behindertenabgabegesetz wird darauf hingewiesen, dass die Abgabe gemäß § 4 Kriegsopfer- und Behindertenabgabegesetz als Kartensteuer zu erheben sei, wenn zur Teilnahme an der Veranstaltung nur der Inhaber einer entgeltlich erworbenen Eintrittskarte oder eines sonstigen entgeltlich erworbenen Beleges berechtigt sei. In allen übrigen Fällen sei die Abgabe als Pauschsteuer zu erheben.

Bei der als Kartensteuer erhobenen Abgabe sei der Erwerber der Eintrittskarte oder des sonstigen Beleges (Abgabenschuldner) zur Entrichtung der Abgabe verpflichtet. Der Abgabenschuldner habe die Abgabe an den Veranstalter zu entrichten, dieser habe die Abgabe zugleich mit der Vergnügungssteuer, werde eine solche für die betreffende Veranstaltung nicht erhoben, spätestens bis zum siebenten Tag des auf die Veranstaltung folgenden Kalendermonates an die Gemeinde abzuführen.

Die Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Abgabe in Form der Kartensteuer bilde gemäß § 6 Abs. 1 des Tiroler Kriegsopfer- und Behindertenabgabegesetzes das Entgelt für die Überlassung der Eintrittskarte oder des sonstigen Beleges. Die Höhe der Abgabe betrage gemäß Abs. 2 lit. a für Sportveranstaltungen, die nicht unter die Ausnahmen von der Abgabepflicht gemäß § 3 lit. c fielen, 5 % der Bemessungsgrundlage. Für die Erhebung der Abgabe gelte, soweit im 1. Abschnitt nichts anderes bestimmt sei, das Tiroler Vergnügungssteuergesetz 1982, LGBl. Nr. 60, in der jeweils geltenden Fassung sinngemäß (§ 12 Tiroler Kriegsopfer- und Behindertenabgabegesetz).

Aus der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Abrechnung ergebe sich jedenfalls, dass die Bemessungsgrundlage - ohne Berücksichtigung der ausgegebenen VIP-Karten - brutto EUR 232.010,-

- betrage. Hinsichtlich der darüber hinaus von der Beschwerdeführerin ausgegebenen "VIP-Karten" sei strittig, mit welchem Betrag diese Karten in die Bemessungsgrundlage miteinzubeziehen seien.

Auf Grund des Akteninhaltes und des Vorbringens der Beschwerdeführerin stehe für die belangte Behörde fest, dass der bei der Veranstaltung "Bergisel Skispringen 2009" ausgewiesen gewesene Hospitality-Bereich jedenfalls innerhalb des Veranstaltungsgeländes gelegen sei. Der Zutritt zum Hospitality-Bereich sei nur Besuchern möglich gewesen, die vor Eintritt in das Veranstaltungsgelände Bergisel Stadion eine spezielle VIP-Karte mit dem Aufdruck "Special Guest, Loge oder Weltcup-Club" und eine weitere Karte mit entsprechendem Aufdruck "Special Guest, Loge oder Weltcup-Club" hätten vorweisen können. Die weitere (deutlich höherpreisige) Karte habe laut Aufdruck zum Besuch des Hospitality-Bereiches innerhalb des Bergisel Stadions berechtigt. Da sich der abgegrenzte Hospitality-Bereich innerhalb des Veranstaltungsgeländes Bergisel Stadion befunden habe, sei von dort aus jedenfalls eine Teilnahme an der Veranstaltung ohne weiteres möglich gewesen. Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin wären Personen, die lediglich eine Hospitality-Karte hätten vorweisen können, nicht ins Veranstaltungsgelände und damit in den Hospitality-Bereich eingelassen worden. Damit wäre diesen Personen aber auch die mit Erwerb der Hospitality-Karte quasi im Voraus pauschal bezahlte Konsumation, also die Hospitality-Leistung verwehrt geblieben. Für die belangte Behörde ergebe sich daraus klar, dass die von der Beschwerdeführerin ausgegebenen VIP-Zusatzkarten "Special Guest, Loge oder Weltcup-Club" nur in Verbindung mit einer entsprechenden (weitaus günstigeren) Eintrittskarte für den speziellen Bereich "Special Guest, Loge oder Weltcup-Club" hätten genutzt werden können und insofern sowohl für den Erwerber als auch für den Veranstalter zwangsläufig auf Grund der vorgegebenen Bedingungen eine Einheit dargestellt hätten. Anders als bei anderen Veranstaltungen, die Imbisse und Getränke innerhalb des Stadions anböten, sei die Verköstigung im Hospitality-Bereich bei der verfahrensgegenständlichen Veranstaltung nicht sämtlichen Erwerbern einer Eintrittskarte, sondern nur solchen Personen möglich gewesen, die vor Eintritt ins Stadion eine entsprechend gekennzeichnete Eintrittskarte und - ebenfalls bereits vor Eintritt ins Stadion - eine weitere ebenfalls entsprechend gekennzeichnete Zusatzkarte erworben hätten. Es hätte sich sohin bei den Hospitality-Leistungen eindeutig nicht um nachträglich erst im Veranstaltungsgelände angebotene und von allen Veranstaltungsbesuchern unter den gleichen Bedingungen erwerbbare Verpflegungsleistungen wie Getränke oder Imbisse gehandelt.

Hinsichtlich der Anzahl der verkauften VIP-Karten sei von den Angaben der Beschwerdeführerin ausgehend von 209 Special Guest Hospitality-Tickets samt der entsprechenden Anzahl an Eintrittskarten für den Sektor Special Guest, weiters von 65 Loge-Hospitality-Tickets samt Eintrittskarten für den Sektor Loge und von 137 Weltcup-Club-Hospitality-Tickets für den Wettkampftag am samt Eintrittskarten für den Sektor Weltcup-Club am sowie von 55 Weltcup-Club-Hospitality-Tickets für die Qualifikation am samt der entsprechenden Anzahl an Eintrittskarten für diesen Sektor, insgesamt sohin von einem Gesamtentgelt für die Überlassung der VIP-Karten in der Höhe von EUR 137.682,-- auszugehen.

Die gesamte Bruttobemessungsgrundlage einschließlich der VIP-Karten betrage daher EUR 369.692,--.

Da gemäß § 6 Abs. 3 des Tiroler Kriegsopfer- und Behindertenabgabegesetzes die Kriegsopfer- und Behindertenabgabe, die Vergnügungssteuer (sofern eine solche für die betreffende Veranstaltung erhoben werde) und die Umsatzsteuer nicht zur Bemessungsgrundlage gehörten, betrage die Nettobemessungsgrundlage EUR 295.753,60.

1.5. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof mit dem Antrag, die Beschwerde im Fall ihrer Ablehnung bzw. Abweisung an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten. Die Beschwerde enthielt bereits die für das verwaltungsgerichtliche Verfahren erforderlichen Ausführungen. Es wird Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Mit Beschluss vom , B 524/10-4, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

1.6. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Kriegsopfer- und Behindertenabgabegesetzes, LGBl. Nr. 27/1992 in der Fassung LGBl. Nr. 112/2001, 26/2004 und 76/2006, lauten:

"§ 2

Abgabepflicht

Abgabepflichtig sind, soweit im § 3 nichts anderes bestimmt ist,

a) öffentliche Veranstaltungen, die dem Tiroler Veranstaltungsgesetz 2003, LGBl. Nr. 86, in der jeweils geltenden Fassung unterliegen, ausgenommen Veranstaltungen nach § 2 Abs. 1 lit. c und d;

b) das Offenhalten von Gastgewerbebetrieben aufgrund einer Bewilligung nach § 113 Abs. 3 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 15/2006, und

c) der Besuch von Spielbanken im Sinne des § 21 des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 143/2005."

"§ 4

Formen der Abgabenerhebung, Entstehung

und Fälligkeit des Abgabenanspruches

(1) Die Abgabe ist als Kartensteuer zu erheben, wenn zur Teilnahme an der Veranstaltung nur der Inhaber einer entgeltlich erworbenen Eintrittskarte oder eines sonstigen entgeltlich erworbenen Beleges berechtigt ist.

(2) In allen übrigen Fällen ist die Abgabe als Pauschsteuer zu erheben.

(3) Der Abgabenanspruch entsteht

a) bei der als Kartensteuer erhobenen Abgabe mit der Übergabe der Eintrittskarte oder des sonstigen Beleges;

b) …

(4) Die Abgabe wird mit der Entstehung des Abgabenanspruches fällig.

§ 5

Abgabenschuldner

Zur Entrichtung der Abgabe ist verpflichtet (Abgabenschuldner):

a) bei der als Kartensteuer erhobenen Abgabe der Erwerber der Eintrittskarte oder des sonstigen Beleges;

b) bei der als Pauschsteuer erhobenen Abgabe

§ 6

Bemessungsgrundlage, Höhe der Abgabe

(1) Die Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Abgabe in der Form der Kartensteuer bildet das Entgelt für die Überlassung der Eintrittskarte oder des sonstigen Beleges.

(2) Die Höhe der Abgabe beträgt

a) für Sportveranstaltungen, die nicht unter § 3 lit. c fallen, 5 v. H. und

b) in allen übrigen Fällen 10 v.H.

der Bemessungsgrundlage.

(3) Die Kriegsopfer- und Behindertenabgabe, die Vergnügungssteuer und die Umsatzsteuer gehören nicht zur Bemessungsgrundlage.

(4) Die Höhe der Pauschsteuer beträgt:

§ 7

Entrichtung, Überweisung, Sicherheitsleistung

(1) Der Abgabenschuldner nach § 5 lit. a hat die Abgabe mit dem Eintritt der Fälligkeit an den Veranstalter zu entrichten. Der Veranstalter hat die Abgabe zugleich mit der Vergnügungssteuer, wird eine solche für die betreffende Veranstaltung nicht erhoben, spätestens bis zum siebten Tag des auf die Veranstaltung folgenden Kalendermonats an die Gemeinde abzuführen."

"§ 12

Subsidiäre Geltung

Soweit im 1. Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, gilt für die Erhebung der Abgabe das Tiroler Vergnügungssteuergesetz 1982, LGBl. Nr. 60, in der jeweils geltenden Fassung sinngemäß."

§ 6 Tiroler Vergnügungssteuergesetz 1982, LGBl. Nr. 60, lautet:

"§ 6

Preis und Entgelt

(1) Die Steuer ist nach dem auf der Karte angegebenen Preis ausschließlich der Steuer zu berechnen, auch wenn die Karte tatsächlich billiger abgegeben worden ist. Sie ist nach dem Entgelt zu berechnen, wenn dieses höher ist als der auf der Karte angegebene Preis. Die Steuer wird auf den vollen Cent-Betrag aufgerundet.

(2) Als Entgelt gilt die gesamte Vergütung, die für die Zulassung zur Veranstaltung gefordert wird, ausschließlich der Steuer sowie der für Rechnung Dritter einzuhebenden gesetzlichen Abgaben. Dazu gehört auch die Gebühr für Kleideraufbewahrung sowie für Kataloge und Programme, wenn die Teilnehmer ohne Entrichtung derartiger Gebühren zu der Veranstaltung nicht zugelassen werden. Wird neben diesem Entgelt unter bestimmten Voraussetzungen oder zu bestimmten Zwecken noch eine Sonderzahlung verlangt, so wird dem Entgelt der Betrag der Sonderzahlung oder, falls diese nicht zu ermitteln ist, ein Betrag von 20 v.H. des Entgeltes hinzugerechnet. Als solche Sonderzahlungen gelten insbesondere Beträge, die von dem Veranstalter vor, während oder nach der Veranstaltung durch Sammlungen oder dergleichen erhoben werden. Die Sonderzahlungen sind nicht hinzuzurechnen, wenn sie einem Dritten zu einem von der Landesregierung als gemeinnützig anerkannten Zweck zufließen.

(3) …"

2.2. Strittig ist im Beschwerdefall, ob der Preis der sogenannten VIP-Zusatzkarten in die Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Kriegsopfer- und Behindertenabgabe einzubeziehen ist oder nicht.

Die belangte Behörde ist auf Grund des § 12 Kriegsopfer- und Behindertenabgabegesetz davon ausgegangen, dass für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Entgeltbegriff des § 6 Tiroler Vergnügungssteuergesetz maßgeblich sei. Die Beschwerdeführerin tritt dem entgegen und vertritt die Auffassung, dass im Hinblick auf die Regelung des § 6 Kriegsopfer- und Behindertenabgabegesetz über die Bemessungsgrundlage für die subsidiäre Anwendung des § 6 Vergnügungssteuergesetzes kein Raum sei.

2.3. Es kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob die Anordnung der subsidiären Geltung des Tiroler Vergnügungssteuergesetzes "für die Erhebung" der Kriegsopferabgabe auch einen Verweis auf materiellrechtliche Abgabenvorschriften darstellt. Auch wenn man aus der Verwendung des Begriffes "Erhebung" nicht schließen wollte, dass sich der Verweis nur auf Vorschriften über die Erhebung der Abgabe bezieht (vgl. für die Zeit bis hiezu § 47 Abs. 2 Tiroler Landesabgabenordnung, für die Zeit ab , also auch im Beschwerdefall bereits maßgeblich, § 49 Abs. 2 BAO), ergibt sich einerseits, dass das Tir. Kriegsopfer- und Behindertenabgabegesetzes in § 6 eine Regelung über die Bemessungsgrundlage enthält, sodass das Gesetz insofern "anderes bestimmt" und sich eine Heranziehung des Vergnügungssteuergesetzes erübrigt, und wäre das Ergebnis darüber hinaus selbst bei Anwendung des § 6 Abs. 2 Vergnügungssteuergesetz kein anderes, wie näher zu zeigen ist.

2.4. Festzuhalten ist, dass der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet der Wendung "für die Erhebung" in § 12 Tir. Kriegsopfer- und Behindertenabgabegesetz und der offensichtlichen Annahme der belangten Behörde, von diesem Verweis seien auch die Vorschriften über die Bestimmung der Bemessungsgrundlage erfasst, nicht davon ausgeht, dass etwa § 6 Tir. Kriegsopfer- und Behindertenabgabegesetz als Verfahrensregelung gemäß § 17 Abs. 3d F-VG 1948 mit Ablauf des außer Kraft getreten wäre.

Regelungen über die Bemessungsgrundlage einer Abgabe müssen im Hinblick auf die inhaltliche Nähe zur Umschreibung des Abgabentatbestandes bzw. der Festlegung der Höhe der Abgabe als solche angesehen werden, die in die Kompetenz des materiellen Abgabengesetzgebers fallen. Sie können daher auch nach § 7 Abs. 6 F-VG nicht vom Bundesgesetzgeber mit Wirkung für Landes- oder Gemeindeabgaben geregelt werden. Dies auch nicht unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dem Bundesgesetzgeber auch die Kompetenz zur Erlassung der "allgemeinen Bestimmungen" zukommt.

2.5. Auf dem Boden des § 6 Tir. Kriegsopfer- und Behindertenabgabegesetz erweist sich die Auslegung der belangten Behörde jedoch nicht als zutreffend.

Dies insbesondere deshalb, weil nach ihren Feststellungen die VIP-Zusatzkarten keine Voraussetzung für den Zutritt zur Veranstaltung bildeten. Auch aus § 6 Abs. 2 zweiter Satz Tiroler Vergnügungssteuergesetz, auf den die belangte Behörde ausdrücklich verwiesen hat, ergibt sich eindeutig, dass die dort genannten Entgeltbestandteile nur dann in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind, "wenn die Teilnehmer ohne Entrichtung derartiger Gebühren zu der Veranstaltung nicht zugelassen werden". Auch auf dem Boden des Tir. Vergnügungssteuergesetzes wären somit Entgelte für Zusatzleistungen, die nicht verpflichtend mit der Eintrittskarte zu erwerben sind und daher keine conditio sine qua non für den Besuch der Veranstaltung darstellen, nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

Die belangte Behörde hat klar festgestellt, dass auch für die sogenannten VIP's der Zutritt zur Veranstaltung lediglich den Erwerb einer VIP-Eintrittskarte erforderte. Da somit für den Besuch der Veranstaltung lediglich der Erwerb der VIP-Eintrittskarte, nicht aber der VIP-Zusatzkarte erforderlich war, stellen die durch den Erwerb der VIP-Zusatzkarte erworbenen Ansprüche auf Leistungen keine Voraussetzung für den Zutritt zur Veranstaltung dar. Der Preis der mit der VIP-Zusatzkarte erworbenen Zusatzleistung stellt kein Entgelt im Sinne des § 6 Abs. 1 Tir. Kriegsopfer- und Behindertenabgabegesetz dar.

Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid hervorhebt, dass der Zutritt zum jeweiligen Hospitality-Bereich nur in Verbindung mit einer entsprechenden (weitaus günstigeren) Eintrittskarte für den jeweiligen Bereich hätte genutzt werden können, ist dies kein Argument dafür, dass die Eintrittskarten und die Zusatzkarten eine "Einheit", wie dies im angefochtenen Bescheid vertreten wird, darstellten. Der Umstand, dass jemand, der lediglich eine Hospitality-Karte hätte vorweisen können, nicht in das Veranstaltungsgelände eingelassen worden wäre, belegt nicht, dass der Erwerb einer Hospitality-Karte Voraussetzung für den Zutritt gewesen wäre. Die belangte Behörde unterliegt hier insofern einem Fehlschluss, als die Bedingtheit der Zusatzleistung durch den Kauf der Eintrittskarte keinerlei Aussagewert für die Auslegung des Entgeltbegriffs nach § 6 Abs. 1 Tir. Kriegsopfer- und Behindertenabgabegesetz hat.

Auch der Vergleich mit anderen Veranstaltungen, bei denen Gastronomieleistungen im Veranstaltungsgelände gesondert erworben werden können, liefert kein Argument für den Standpunkt der belangten Behörde. Es ist im Gegenteil für die Frage, was als Entgelt für den Zutritt zur Veranstaltung zu werten ist, unerheblich, ob die Besucher der Veranstaltung Gastronomieleistungen im Veranstaltungsgelände nach Zutritt individuell in Anspruch nehmen und dafür ein Entgelt leisten, oder ob sie im Voraus ein pauschales Entgelt für bestimmte angebotene Leistungen (deren Inanspruchnahme aber nicht Voraussetzung für den Zutritt zur Veranstaltung ist) entrichten (weiters wäre es unerheblich, ob der Veranstaltungsbesucher allenfalls zur Beschleunigung der Abläufe schon vor Veranstaltungsbeginn Gutscheine für bestimmte Speisen oder Getränke erwerben kann; auch eine solche organisatorische Vorsorge hätte keinen Einfluss auf den Eintrittspreis und damit die Bemessungsgrundlage der Kriegsopferabgabe; nicht anders kann dies aber bei einem Bündel von Leistungen wie den vorliegenden Hospitality Tickets sein, für die ein Pauschalpreis verrechnet wird).

2.6. Da die belangte Behörde dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

2.7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

2.8. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten ließ. Die Entscheidung der Rechtssache hing bei unbestrittenem und von der belangten Behörde ausreichend festgestelltem Sachverhalt allein von der Rechtsfrage ab, ob der Preis für die Zusatzleistungen, die auf Grund eines Hospitality-Tickets konsumiert werden konnten, in die Berechnungsgrundlage der Abgabe einzubeziehen ist oder nicht. Auch Art. 6 Abs. 1 EMRK stand dem im Falle der hier vorliegenden Abgabe (vgl. EGMR Ferrazini gegen Italien, 2001-VII; Harris/O'Boyle/Warbrick, Law of the European Convention on Human Rights2, 219) und im Hinblick auf die Aufhebung des angefochtenen Bescheids nicht entgegen.

Wien, am