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VwGH vom 27.02.2013, 2010/17/0206

VwGH vom 27.02.2013, 2010/17/0206

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2010/17/0207

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und Hofrat Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerden des 1. Dkfm. Dr. M K in Wien und 2. Dipl. Ing. C S in Wien, beide vertreten durch Hausmaninger Kletter Rechtsanwälte - Gesellschaft mbH in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 3, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien, jeweils vom ,

1. UVS-06/FM/47/5235/2009-10 und 2. UVS-06/FM/47/5238/2009-3, betreffend Übertretung des Börsegesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Spruchpunkte B.) der angefochtenen Bescheide werden jeweils wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern jeweils Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnissen der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), jeweils vom , wurde gegenüber den Beschwerdeführern jeweils Folgendes ausgesprochen:

"Sie sind seit Vorstand der A-AG mit der Geschäftsanschrift …. Wien.

Die Aktien der A-AG ('Emittentin') notieren seit an der Wiener Börse im Amtlichen Handel unter der ISIN ….

Sie haben in Ihrer Funktion als Vorstand der Emittentin gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zu verantworten, dass die Emittentin an ihrem Unternehmenssitz unterlassen hat, insgesamt vier sie unmittelbar betreffende Insiderinformationen, und zwar die unten unter 1. bis 4. aufgelisteten Entscheidungen über den Aufbau wesentlicher Beteiligungen

I. ab den jeweiligen Beschlussfassungen im Vorstand unverzüglich gemäß § 48d Abs. 1 BörseG idF BGBl. 1127/2004 der Öffentlichkeit bekannt zu geben:

1. die Entscheidung des Vorstandes vom , von der X-Bank ein Aktienpaket von 10,00045% oder 3.715.600 Aktien an der NA-AG (kurz 'NA') zu erwerben

2. die Entscheidung des Vorstandes vom , weitere 5% der Aktien an der NA über die Börse zu erwerben

3. die Entscheidung des Vorstandes vom , eine Beteiligung von bis zu 15% d.h. bis zu einem Maximalbetrag von ca. EUR 115 Mio an der C-AG aufzubauen und

4. die Entscheidung des Vorstandes vom , diese Beteiligung an der C-AG auf bis zu max. 25,1% zu erhöhen

sowie diese vier Insider-Informationen

II. gemäß § 82 Abs. 7 BörseG idF BGBl. I 127/2004 vor der Veröffentlichung der FMA mitzuteilen

und diese vier Insider-Informationen

III. gemäß § 82 Abs. 7 BörseG IdF BGBl. I 127/2004 vor der Veröffentlichung dem Börseunternehmen mitzuteilen.

Die Informationen, Beteiligungen an Europas führenden Kupfer produzierenden Unternehmen 'NA' und 'C-AG' (dies auch vor dem Hintergrund ihres bevorstehenden Zusammenschlusses) aus- bzw. aufzubauen und damit die bestehende Kupfersparte innerhalb der A-AG, aufzuwerten und im europaweiten Kupfergeschäft (nach Finalisierung des Erwerbs von G D im Juni 2007) in noch größerem Stile mitzumischen, lagen bereits zum Zeitpunkt der jeweiligen Vorstandsbeschlüsse am 12., 22., 28. und als Insider-Informationen vor.

Diese Informationen betrafen die Emittentin direkt und waren zu diesen Zeitpunkten nicht öffentlich bekannt.

Sie waren insofern genau, als die Zustimmung des Aufsichtsrates vorhersehbar und die Realisierungswahrscheinlichkeit hoch war (beide Unternehmen waren börsenotiert und 'NA' zu ca., 40%,- 'C-AG' zu 100% in Streubesitz).

Die Informationen wären bei öffentlichem Bekanntwerden geeignet gewesen, den Kurs der Aktien der Emittentin erheblich zu beeinflussen, weil sie ein verständiger Anleger wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung genutzt hätte.

Die erforderlichen Ad-hoc-Meldungen sind nicht unmittelbar nach Fassung der jeweiligen Vorstandsbeschlüsse ergangen, sondern erst zu den im Folgenden dargelegten Zeitpunkten:

1. 15.06.2007, 08:15 Uhr- Erwerb von 10,00045% NA

2. 29.06.2007, 20:07 Uhr- Erwerb von 15,1% NA

3. 27.06.2007,17:15 Uhr - Erwerb von 4,99% C-AG und

, 09:43 Uhr -Erwerb

von 11,9% und 19:02 Uhr -Erwerb von 17,5% C-AG

.2007, 19:10 - Erwerb von 20,9% und

, 17:17 Uhr - Erwerb von 25,0% plus 1 Aktie C-AG

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Hinsichtlich I.:

§ 48 Abs. 1 Z 2 und Abs. 4 iVm § 48d Abs. 1 iVm § 48a Abs. 1 Z 1 BörseG unter Heranziehung von § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG)

Hinsichtlich II. und III:

§ 48 Abs. 1 Z 6 und Abs. 4 iVm § 82 Abs. 7 iVm § 48d BörseG

unter Heranziehung von § 9 Abs. 1 VStG

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie

folgende Strafen verhängt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Geldstrafe von
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
Freiheitsstrafe von
Gemäß §§
Ad I: pro Verstoß je
Ad I: pro Verstoß je 50
--
16, 19, 22, 44a VStG
2.000 Euro, sohin
Stunden, sohin
iVm 48 Abs. 1 Z 2, Z 6
8.000 Euro
200 Stunden
BörseG
Ad II: pro Verstoß je 1.000 Euro, sohin 4.000 Euro
Ad 11: pro Verstoß je 25 Stunden, sohin 100 Stunden
Ad III: pro Verstoß je 1.000 Euro, sohin 4.000 Euro
Ad III.: pro Verstoß je 25 Stunden, sohin 100 Stunden
Insgesamt daher 16.000 Euro
Insgesamt daher 400 Stunden

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

o 1.600 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

o -- Euro als Ersatz der Barauslagen für --.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen)

beträgt daher 17.600 Euro."

Die FMA führte in der Begründung des Beschlusses u.a. aus, der Vorstand der A-AG habe am beschlossen, von der X-Bank 10,00045% oder 3.715.600 Aktien an der NA zu erwerben. Der genehmigende Beschluss des Aufsichtsrates datiere mit . Der außerbörsliche Erwerb des Aktienpaketes sei am in einer Ad-hoc-Meldung bekannt gegeben worden.

Am habe die Emittentin der NA mitgeteilt, dass ihr Stimmrechtsanteil an der NA am die Meldeschwelle von 15% erreicht und überschritten habe.

Der entsprechende formelle Vorstandsbeschluss der Emittentin, weitere 5% der Aktien an der NA über die Börse zu erwerben, datiere mit . Der den Erwerb genehmigende Aufsichtsratsbeschluss datiere mit . Am am Abend sei die Ad-hoc-Meldung erfolgt, nunmehr 15,1% an der NA zu halten.

Der Vorstandsbeschluss der Emittentin, eine Beteiligung von bis zu 15% an der C-AG zu erwerben, datiere mit . Der den Erwerb genehmigende Aufsichtsratsbeschluss datiere mit . Am sei die Ad-hoc-Meldung über den Erwerb von 4,99% der Aktien der C-AG erfolgt.

Am habe die Emittentin in zwei Ad-hoc-Meldungen in der Früh und am Abend mitgeteilt, die Beteiligung an der C-AG auf 11,9% und 17,5% aufgestockt zu haben.

Der Vorstandsbeschluss der Emittentin, Aktien der C-AG bis maximal 25,1% zu erwerben, datiere ebenso vom , der genehmigende Aufsichtsratsbeschluss datiere mit . Am sei die Ad-hoc-Meldung der Emittentin erfolgt, 20,9% und am jene, nunmehr 25% plus eine Aktie zu halten.

In der rechtlichen Beurteilung ging die FMA davon aus, die vorliegenden Vorstandsbeschlüsse betreffend die konkret beabsichtigten Beteiligungserwerbe seien genaue Insider-Informationen im Sinne von § 48a Abs. 1 Z. 1 BörseG gewesen.

Es wurde ausführlich begründet, weshalb von einer Genehmigung durch den Aufsichtsrat auszugehen gewesen sei. Hinsichtlich keines der vier vorliegenden (vermeintlichen) Aufschubfälle sei eine Anzeige an die FMA ergangen.

Beide Beschwerdeführer erhoben Berufung, in der sie zusammengefasst ausführten, es sei berechtigterweise die Veröffentlichung der Insider-Informationen gemäß § 48d Abs. 2 BörseG aufgeschoben worden. Ob eine Genehmigung durch den Aufsichtsrat erfolgen werde, sei unsicher gewesen. Durch die Bestrafung sowohl nach § 48 Abs. 1 Z. 6 und Abs. 4 und § 82 Abs. 7 BörseG sei gegen das Doppelbestrafungsverbot verstoßen worden. Weiters wurde behauptet, es fehle an einem Verschulden der Beschwerdeführer.

Mit den angefochtenen Bescheiden sprach die belangte Behörde jeweils Folgendes aus:

"A.) Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung zu Spruchpunkt I.) des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.

Gemäß § 65 VStG hat der Berufungswerber diesbezüglich keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

B.) Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung zu den Spruchpunkten II.) und III.) des angefochtenen Straferkenntnisses keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, dass die spruchgemäße Tatanlastung wie folgt zu lauten hat:

Die A-AG, deren Aktien seit dem im Amtlichen Handel an der Wiener Börse unter der ISIN … notieren und deren Vorstand Sie im Tatzeitraum waren, hat es unterlassen, nachstehende Ad-Hoc-Meldungen der Emittentin, nämlich

1) Ad-hoc-Meldung vom , 08:15 Uhr, hinsichtlich des Erwerbes von 10,00045 % der NA,

2) Ad-hoc-Meldung vom , 20:07 Uhr, hinsichtlich des Erwerbs von 15,1 % der NA,

3) Ad-hoc-Meldung vom , 17:15 Uhr, hinsichtlich des Erwerbes von 4,99 % an der C-AG und

4) Ad-hoc-Meldung vom , 19:10 Uhr, hinsichtlich des Erwerbes von 20,9 % an der C-AG,

diese gemäß § 48d Abs. 1 Börsegesetz 1989 zu veröffentlichenden Tatsachen (Insider-Informationen) jeweils vor der Veröffentlichung

II.) der FMA und III.) dem Börseunternehmen mitzuteilen.'

Die Strafsanktionsnorm hat jeweils richtig zu lauten '§ 48 Abs. 1 zweiter Strafsatz Börsegesetz 1989, BGBl. Nr. 555/1989 idF. BGBI. 1 Nr. 19/2007'.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 1600,-- Euro, das sind 20% der verhängten Geldstrafen, zu bezahlen."

In den Begründungen ging die belangte Behörde jeweils davon aus, es seien die Voraussetzungen für eine Aufschiebung der Bekanntgabe von Insider-Informationen gemäß § 48d Abs. 2 BörseG vorgelegen. Die Veröffentlichung der Vorstandsbeschlüsse über den beabsichtigten Erwerb von Unternehmensbeteiligungen in der Kupferindustrie wäre geeignet gewesen, die berechtigten Interessen der Emittentin zu schädigen, weil dies einen Kursanstieg der zu erwerbenden Aktien zur Folge hätte haben können. Die angestrebte Unternehmensbeteiligung hätte sich letztlich erheblich verteuert bzw. hätte vereitelt werden können. Es seien auch keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen, dass die Unterlassung der Bekanntgabe der Insider-Informationen geeignet gewesen wäre, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen. Dass die Emittentin letztlich in der Lage gewesen sei, die Vertraulichkeit der Informationen während des gesamten Aufschubes bis zur tatsächlichen Meldung zu gewährleisten, habe sich ex post bestätigt und seien auch keine Umstände ersichtlich, die dagegen gesprochen hätten.

Es seien daher die Voraussetzungen für einen Aufschub gemäß § 48d Abs. 2 BörseG vorgelegen.

Es sei den Berufungen gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide daher Folge zu geben, die Straferkenntnisse in diesem Umfang aufzuheben und die Strafverfahren diesbezüglich einzustellen gewesen.

Zu den Spruchpunkten II. und III. der erstinstanzlichen Straferkenntnisse bzw. Spruchpunkt B.) der angefochtenen Bescheide wurde ausgeführt, aufgrund der vorliegenden unbedenklichen Aktenlage werde diesbezüglich der in der gegenständlich spruchgemäß modifizierten Tatanlastung angeführte Sachverhalt als erwiesen festgestellt. Diese Feststellungen gründeten auf der vorliegenden, unbedenklichen Aktenlage. Es sei von den Beschwerdeführern im gesamten Verfahren nicht bestritten worden, dass vor der Veröffentlichung der gegenständlichen Ad-hoc-Meldungen die zu veröffentlichenden Tatsachen nicht der FMA und dem Börseunternehmen übermittelt worden seien.

Weiters wurde dargelegt, weshalb ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot nach Ansicht der belangten Behörde nicht vorliege und unter Berufung auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, weshalb vom Vorliegen eines Verschuldens der Beschwerdeführer auszugehen sei.

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer jeweils Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerden jeweils mit Beschluss vom (B 850/10-3 und B 852/10-3) ab und trat die Beschwerden zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof ab.

Die vorliegenden Beschwerdeergänzungen richten sich jeweils lediglich gegen Spruchpunkt B.) der angefochtenen Bescheide. Es wird beantragt, diesen Spruchpunkt jeweils wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete jeweils Gegenschriften und beantragte, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 48a Abs. 1 Z. 1 Börsegesetz 1989 (BörseG), BGBl. Nr. 555/1989, idF BGBl. I Nr. 127/2004 lautet auszugsweise:

" § 48a. (1) Für Zwecke der §§ 48a bis 48r gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1. 'Insider-Information' ist eine öffentlich nicht bekannte, genaue Information, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten von Finanzinstrumenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betrifft und die, wenn sie öffentlich bekannt würde, geeignet wäre, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs sich darauf beziehender derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen, weil sie ein verständiger Anleger wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidungen nutzen würde.

a) Eine Information gilt dann als genau, wenn sie eine Reihe von bereits vorhandenen oder solchen Tatsachen und Ereignissen erfasst, bei denen man mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass sie in Zukunft eintreten werden, und darüber hinaus bestimmt genug ist, dass sie einen Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Tatsachen oder Ereignisse auf die Kurse von Finanzinstrumenten oder damit verbundenen derivativen Finanzinstrumenten zulässt.

…"

§ 48d Abs. 1 und 2 BörseG idF BGBl. I Nr. 136/2008 lautet:

"§ 48d. (1) Die Emittenten von Finanzinstrumenten haben Insider-Informationen, die sie unmittelbar betreffen, unverzüglich der Öffentlichkeit bekannt zu geben. Das Eintreten einer Reihe von Umständen oder eines Ereignisses - obgleich noch nicht formell festgestellt - ist von den Emittenten unverzüglich bekannt zu geben. Alle erheblichen Veränderungen im Hinblick auf eine bereits offengelegte Insider-Information sind unverzüglich nach dem Eintreten dieser Veränderungen bekanntzugeben. Dies hat auf demselben Wege zu erfolgen wie die Bekanntgabe der ursprünglichen Information. Die Veröffentlichung einer Insider-Information an das Publikum hat so zeitgleich wie möglich für alle Anlegerkategorien in den Mitgliedstaaten, in denen diese Emittenten die Zulassung ihrer Finanzinstrumente zum Handel auf einem geregelten Markt beantragt oder bereits erhalten haben, zu erfolgen. Die Emittenten haben alle Insider-Informationen, die sie der Öffentlichkeit bekannt geben müssen, während eines angemessenen Zeitraums auf ihrer Internet-Seite anzuzeigen.

(2) Ein Emittent kann die Bekanntgabe von Insider-Informationen gemäß Abs. 1 erster Satz aufschieben, wenn diese Bekanntgabe seinen berechtigten Interessen schaden könnte, sofern diese Unterlassung nicht geeignet ist, die Öffentlichkeit irrezuführen, und der Emittent in der Lage ist, die Vertraulichkeit der Information zu gewährleisten.

1. Berechtigte Interessen liegen insbesondere vor bei:

a) laufenden Verhandlungen oder damit verbundenen Umständen, wenn das Ergebnis oder der normale Ablauf dieser Verhandlungen von der Veröffentlichung wahrscheinlich beeinträchtigt werden würden. Insbesondere wenn die finanzielle Überlebensfähigkeit des Emittenten stark und unmittelbar gefährdet ist - auch wenn er noch nicht unter das geltende Insolvenzrecht fällt - kann die Bekanntgabe von Informationen für einen befristeten Zeitraum verzögert werden, sollte eine derartige Bekanntgabe die Interessen der vorhandenen und potentiellen Aktionäre ernsthaft gefährden, indem der Abschluss spezifischer Verhandlungen vereitelt werden würde, die eigentlich zur Gewährleistung einer langfristigen finanziellen Erholung des Emittenten gedacht sind;

b) einer vom Geschäftsführungsorgan eines Emittenten getroffenen Entscheidung oder bei abgeschlossenen Verträgen, wenn diese Maßnahmen der Zustimmung durch ein anderes Organ des Emittenten bedürfen, sofern die Struktur eines solchen Emittenten die Trennung zwischen diesen Organen vorsieht und eine Bekanntgabe der Informationen vor der Zustimmung zusammen mit der gleichzeitigen Ankündigung, dass diese Zustimmung noch aussteht, die korrekte Bewertung der Informationen durch das Publikum gefährden würde.

2. Die Emittenten haben, um die Vertraulichkeit von Insider-Informationen zu gewährleisten, den Zugang zu diesen Informationen zu kontrollieren. Insbesondere haben sie

a) wirksame Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass andere Personen als solche, deren Zugang zu Insider-Informationen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben innerhalb des emittierenden Instituts unerlässlich ist, Zugang zu diesen Informationen erlangen;

b) die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass jede Person, die Zugang zu derlei Informationen hat, die sich daraus ergebenden rechtlichen Pflichten anerkennt und sich der Sanktionen bewußt ist, die bei einer missbräuchlichen Verwendung bzw. einer nicht ordnungsgemäßen Verbreitung derartiger Informationen verhängt werden;

c) die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, die eine unmittelbare Bekanntgabe der Informationen für den Fall gestatten, dass der Emittent nicht in der Lage war, die Vertraulichkeit der entsprechenden Insider-Informationen unbeschadet des Abs. 3 zweiter Satz zu gewährleisten.

Der Emittent hat die FMA unverzüglich von der Entscheidung, die Bekanntgabe der Insider-Informationen aufzuschieben, zu unterrichten."

§ 82 Abs. 7 BörseG idF BGBl. I Nr. 127/2004 lautet:

"§ 82. (7) Jeder Emittent von Wertpapieren, die zum amtlichen Handel oder geregelten Freiverkehr zugelassen sind, hat die nach § 48d zu veröffentlichenden Tatsachen vor der Veröffentlichung der FMA und dem Börseunternehmen mitzuteilen. Die FMA ist ermächtigt, durch Verordnung die Art der Übermittlung zu regeln, wobei im Interesse der raschen Informationsübermittlung unter Berücksichtigung des jeweiligen Standes der Technik bestimmte Kommunikationstechniken vorgeschrieben werden können."

§ 48 Abs. 1 Z. 2 und 6 BörseG idF BGBl. I Nr. 127/2004 lautet:

"§ 48. (1) Wer

2. gegen eine Verpflichtung gemäß § 48d Abs. 1 bis 6, 9 oder 10, erster Satz, oder gemäß § 48f oder gegen eine Verpflichtung gemäß einer auf Grund von § 48d Abs. 11 oder § 48f Abs. 10 erlassenen Verordnung der FMA verstößt, oder einen Beschuldigten entgegen einem gemäß § 48q Abs. 3 verhängten Berufsverbot beschäftigt,

6. als Emittent seine Verpflichtung zur Veröffentlichung, Übermittlung oder Mitteilung gemäß den §§ 75a und 82 bis 89 nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt oder seine Verpflichtungen gemäß § 82 Abs. 5 verletzt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hinsichtlich der Z 1 mit einer Geldstrafe bis zu 50 000 Euro und hinsichtlich der Z 2 bis 8 mit einer Geldstrafe bis zu 30 000 Euro zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet."

Die Beschwerdeführer führen jeweils aus, in Spruchpunkt B.) der angefochtenen Bescheide sei die als erwiesen angenommene Tat ausgewechselt worden. Spreche die Berufungsbehörde über eine Angelegenheit in der Sache ab, die nicht Gegenstand des unterinstanzlichen Bescheides gewesen sei, leide der Berufungsbescheid an Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Rechtsmittelbehörde.

Schon mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Spruchpunkte B.) der angefochtenen Bescheide aufgezeigt.

Die FMA als erstinstanzliche Behörde beurteilte die Beschlussfassungen des Vorstandes der A-AG über den beabsichtigten Erwerb von Beteiligungen (Beschluss des Vorstandes vom betreffend 10,00045% und vom betreffend weitere 5% an der NA sowie vom betreffend bis zu 15% und vom bis zu max. 25,1% an der C-AG) als jene Insider-Informationen, die gemäß § 82 Abs. 7 BörseG der FMA und dem Börseunternehmen mitzuteilen gewesen wären. Das Unterlassen der Mitteilung der Fassung dieser Vorstandsbeschlüsse betreffend die beabsichtigten Beteiligungen an die FMA und das Börseunternehmen wurde den Beschwerdeführern in den erstinstanzlichen Straferkenntnissen als Übertretung des § 48 Abs. 1 Z. 6 BörseG angelastet.

Die zweitinstanzliche Behörde hingegen hat den Beschwerdeführern in Spruchpunkt B.) der angefochtenen Bescheide die Nichtmitteilung der Ad-hoc-Meldungen betreffend die bereits erfolgten Beteiligungserwerbe (Ad-hoc-Meldung vom betreffend 10,00045% und vom betreffend 15,1% an der NA sowie Ad-hoc-Meldung vom hinsichtlich 4,99% und vom hinsichtlich 20,9% an der C-AG) an die FMA und das Börseunternehmen als Verstoß gegen § 48 Abs. 1 Z. 6 BörseG vorgeworfen.

Es wurden daher in den Sprüchen der Straferkenntnisse der erst- und zweitinstanzlichen Behörde jeweils unterschiedliche Tathandlungen als Verstoß gegen § 48 Abs. 1 Z. 6 BörseG qualifiziert.

Die Berufungsbehörde darf im Verwaltungsstrafverfahren nicht die Tat auswechseln (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/09/0043, M. Köhler in N. Raschauer/Wessely, VStG, Vorbemerkungen vor § 51 VStG, Rz. 7, mwN). Dies gilt auch dann, wenn die Berufungsbehörde - wie im Beschwerdefall - zu dem Ergebnis gelangt, dass die in erster Instanz angelastete Tathandlung nicht strafbar ist.

Auch bei Vorliegen eines derartigen Sachverhaltes ist die zweitinstanzliche Strafbehörde nicht berechtigt, andere Tathandlungen als die in erster Instanz vorgeworfenen im zweitinstanzlichen Bescheid einer Bestrafung zuzuführen. Im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren war die Nichtmitteilung der Ad-hoc-Meldungen betreffend die bereits erfolgten Beteiligungen an die FMA und das Börseunternehmen noch dazu niemals Thema des erstinstanzlichen Verfahrens, es wurden dazu im erstinstanzlichen Straferkenntnis auch keine Feststellungen getroffen.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführer bereits in ihren Rechtfertigungsschriftsätzen gegenüber der FMA geltend machten, sie seien berechtigt gewesen, die Veröffentlichung der Vorstandsbeschlüsse hinsichtlich der beabsichtigten Beteiligungen aufzuschieben. Die FMA hat in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ausgeführt, dass - entgegen § 48d Abs. 2 letzter Satz - keine dieser erfolgten Aufschiebungen angezeigt worden sei. Der FMA wäre es daher bereits im Zeitpunkt der Fassung der erstinstanzlichen Strafbescheide möglich gewesen, eine Verwaltungsstrafe wegen Verletzung der Verpflichtung, die FMA unverzüglich von der Entscheidung, die Bekanntgabe der Insider-Informationen aufzuschieben, zu unterrichten (siehe § 48d Abs. 2 letzter Satz BörseG), zu verhängen. Ob diese Tathandlungen zu einer Bestrafung der Beschwerdeführer führten, ist den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen.

Soweit die belangte Behörde die im angefochtenen Bescheid erstmals getroffene Feststellung, wonach bezüglich der tatsächlich erfolgten Ad-hoc-Meldungen eine Mittelung an die FMA und das Börse-Unternehmen nicht erfolgt sei, damit begründete, dass dieser Umstand von den Beschwerdeführern im Verwaltungsstrafverfahren unbestritten geblieben sei, wurde in den Beschwerden zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführer ausgehend vom bisherigen Tatvorwurf keinerlei Veranlassung hatten, sich zu diesen Tatsachen zu äußern.

Spruchpunkt B.) der angefochtenen Bescheide war im Sinne obiger Ausführungen jeweils wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am