VwGH vom 12.09.2007, 2006/03/0127
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Ing. FP in E, vertreten durch Piaty Müller-Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Glacisstraße 27/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl UVS 30.4-50/2005-4, betreffend Übertretungen des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer zweier Übertretungen des Güterbeförderungsgesetzes (GütbefG) für schuldig erkannt. Erstens habe er "als Verantwortlicher der Firma P", welche Zulassungsbesitzerin eines nach dem Kennzeichen bestimmten Sattelzugfahrzeuges sei, eine Übertretung des § 18 Abs 1 GütbefG zu verantworten. Das Sattelkraftfahrzeug sei am um
11.44 Uhr in Leisach auf der B 100 bei Straßenkilometer 112,0 von K. gelenkt worden. Es sei festgestellt worden, dass das Kraftfahrzeug zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern verwendet worden sei, wobei kein Frachtbrief mitgeführt worden sei, welcher fortlaufend nummeriert gewesen sei, obwohl Güterbeförderungsunternehmer bei Güterbeförderungen ab 50 km Entfernung oder über die Grenze für jede Sendung, mindestens jedoch für das auf ein Kraftfahrzeug (einen Kraftwagenzug) verladene Gut, jeweils einen Frachtbrief mitzuführen haben, welcher fortlaufend nummeriert sei. Das Kraftfahrzeug sei auf der Fahrt von E nach W gewesen und habe 183 Stück entrindete Baumstämme geladen gehabt. Für diese Übertretung wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 23 Abs 1 Z 7 GütbefG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 365,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt.
Zweitens wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, dass er "als Verantwortlicher der Firma P", welche Absender von Gütern sei, nicht dafür Sorge getragen habe, dass die Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes eingehalten worden seien. Das Fahrzeug sei zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von K gelenkt worden, wobei festgestellt worden sei, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern verwendet worden sei, wobei ein Frachtbrief mitgeführt worden sei, welcher nicht nach den Vorschriften des § 17 Abs 3 GütbefG ausgefüllt gewesen sei, obwohl der Absender dafür zu Sorgen habe, dass im Frachtbrief der Beladeort und -tag, die Bezeichnung des Gutes, auch nach den Bestimmungen über die Beförderung gefährlicher Güter, die Art der Verpackung, die Anzahl, die Zeichen und die Nummern der Frachtstücke, das Bruttogewicht der Sendung und sonstige Angaben über die Menge des Gutes enthalten seien. Bei dem vorhandenen Frachtbrief sei eine falsche Gewichtangabe (24.500 kg) eingetragen gewesen. Der Beschwerdeführer habe dadurch gegen § 17 Abs 3 GütbefG verstoßen und es wurde über ihn gemäß § 23 Abs 1 Z 7 GütbefG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 365,-- verhängt.
Nach Wiedergabe des Verfahrensganges sowie der Bestimmungen des § 51e Abs 3 Z 3 VStG, § 66 Abs 4 AVG, § 51 Abs 1 VStG, § 51e Abs 2 VStG, § 17 Abs 1 GütbefG 1995 und § 23 Abs 1 GütbefG 1995 führte die belangte Behörde wörtlich aus:
"Die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ergibt auf Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmungen in Übereinstimmung mit den Feststellungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu verantworten hat; hätte es sich um keinen Transport im Rahmen der entgeltlichen Güterbeförderung gehandelt, wäre kein Frachtbrief mitzuführen gewesen. Aus dem anlässlich der Kontrolle fotokopierten Frachtbrief ergibt sich, dass es sich um keine dem Werksverkehr zuzuordnende Tätigkeit gehandelt hat, woraus sich hinsichtlich der Strafbemessung folgende Überlegungen ergeben ..."
Unter Verweis auf § 51e Abs 2 VStG führte die belangte Behörde weiter aus, dass im angefochtenen Straferkenntnis keine EUR 500,-- überschreitende Geldstrafe verhängt worden sei und die Durchführung einer Berufungsverhandlung in der Berufung auch nicht beantragt worden sei, weshalb eine solche auch nicht durchzuführen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer, nach dem Verwaltungsakt zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Übertretungen Inhaber eines Einzelunternehmens mit dem Unternehmensgegenstand "Sägewerk - Viehhandel - Transporte", macht geltend, die belangte Behörde sei zu Unrecht vom Vorliegen einer gewerbsmäßigen Güterbeförderung ausgegangen. Wie er auch in seiner Berufung dargelegt habe, sei bei der verfahrensgegenständlichen Beförderung Werkverkehr im Sinne des § 10 GütbefG vorgelegen. Die belangte Behörde habe jedoch jede Ermittlungstätigkeit in diese Richtung unterlassen.
§ 10 GütbefG lautet wie folgt:
"Werkverkehr
§ 10. (1) Werkverkehr liegt vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Die beförderten Güter müssen Eigentum des Unternehmens oder von ihm verkauft, gekauft, vermietet, gemietet, erzeugt, gewonnen, bearbeitet oder ausgebessert werden oder worden sein.
2. Die Beförderung muss der Heranschaffung der Güter zum Unternehmen, ihrer Fortschaffung vom Unternehmen, ihrer Überführung innerhalb oder - zum Eigengebrauch - außerhalb des Unternehmens dienen.
3. Die für die Beförderung verwendeten Kraftfahrzeuge müssen vom eigenen Personal des Unternehmens geführt werden.
4. Die die Güter befördernden Kraftfahrzeuge müssen dem Unternehmen gehören, von ihm auf Abzahlung gekauft worden sein oder gemietet sein. Dies gilt nicht bei Einsatz eines Ersatzfahrzeuges für die Dauer eines kurzfristigen Ausfalls des sonst verwendeten Kraftfahrzeugs.
5. Die Beförderung darf nur eine Hilfstätigkeit im Rahmen der gesamten Tätigkeit des Unternehmens darstellen.
(2) Zum Unternehmen im Sinne des Abs. 1 gehören auch alle Zweigniederlassungen, weiteren Betriebsstätten u. dgl. sowie auch die nur vorübergehend betriebenen Arbeitsstellen (insbesondere Baustellen).
(3) Als Werkverkehr gilt ferner unter der Voraussetzung des Abs. 1 Z 3 das Abschleppen der im Unternehmen verwendeten Fahrzeuge sowie die Beförderung von Gütern in besonders eingerichteten Vorführungswagen zum ausschließlichen Zweck der Werbung oder Belehrung."
Der Beschwerdeführer hat bereits im Einspruch gegen die zunächst ergangene Strafverfügung ausgeführt, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen Beförderung von 183 entrindeten Baumstämmen um Werkverkehr gehandelt habe. Wie sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt, hat die erstinstanzliche Behörde den Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang telefonisch dazu befragt, um wen es sich beim Empfänger der beförderten Güter gehandelt habe und ist - da der Beschwerdeführer angab, dass es sich um einen Kunden seines Unternehmens in Italien gehandelt habe - in der Folge davon ausgegangen, dass kein Werkverkehr vorgelegen sei; dies offensichtlich in der irrigen Annahme, dass allgemein nur bei einer Beförderung von Gütern zum Eigengebrauch Werkverkehr vorliegen könne.
Der Beschwerdeführer hat auch in der Berufung darauf hingewiesen, dass Werkverkehr vorgelegen sei. Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid, der ohne weiteres Ermittlungsverfahren und ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, nur kursorisch insoweit auf dieses Vorbringen eingegangen, als sie die Auffassung vertreten hat, allein aus dem Mitführen eines (im konkreten Fall auch unvollständigen) Frachtbriefes ergebe sich, dass es sich um keine dem Werkverkehr zuzuordnende Tätigkeit gehandelt habe.
Für diese Annahme findet sich kein Anhaltspunkt im Gesetz. Allein aus dem Mitführen eines - allenfalls nach güterbeförderungsrechtlichen Bestimmungen nicht erforderlichen - Frachtbriefes kann nicht darauf geschlossen werden, dass eine Beförderung im gewerbsmäßigen Güterbeförderungsverkehr vorliege. Aus der im Verwaltungsakt erliegenden Kopie des Frachtbriefes ist erkennbar, dass sowohl als Absender als auch als Frachtführer das Einzelunternehmen des Beschwerdeführers vermerkt ist, sodass - auch im Hinblick auf den Unternehmensgegenstand (ua Sägewerk) und die beförderten Güter (entrindetes Rundholz) - jedenfalls nicht ausgeschlossen ist, dass es sich dabei um die Beförderung von Gütern handeln könnte, die vom Beschwerdeführer bearbeitet oder verkauft und iSd § 10 Abs 1 Z 2 GütbefG vom Unternehmen fortgeschafft - an einen Kunden ausgeliefert - wurden.
Die belangte Behörde hat ausgehend auf der unzutreffenden rechtlichen Beurteilung, bereits aus dem Mitführen eines (unvollständigen) Frachtbriefes ergebe sich, dass eine Beförderung im gewerbsmäßigen Güterverkehr vorgelegen sei, weitere Ermittlungen und Feststellungen im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer behauptete Vorliegen von Werkverkehr unterlassen und damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts belastet.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am