VwGH vom 22.12.2011, 2008/15/0227

VwGH vom 22.12.2011, 2008/15/0227

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der P GmbH in I, vertreten durch die Rubatscher Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH in 6020 Innsbruck, Anichstraße 24, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom , Zl. RV/0632- I/07, miterledigt RV/0388-I/07, betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2000 bis 2005, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.286,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH ist Komplementärin einer KG und in dieser Eigenschaft mit der Geschäftsführung der KG befasst. Sie bedient sich dazu im Rahmen von Dienstverträgen ihrer jeweils zu 25% an ihr beteiligten Gesellschafter MP und AP, die zugleich Kommanditisten der KG sind.

Anlässlich einer bei der Beschwerdeführerin für die Jahre 2000 bis 2003 durchgeführten Lohnsteuerprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, dass die private Nutzung der im Betriebsvermögen der KG befindlichen Kraftfahrzeuge durch MP und AP als Sachbezug zu versteuern sei.

Das Finanzamt schloss sich dieser Ansicht an und erließ entsprechende Haftungs- und Abgabenbescheide.

In Berufungen gegen diese für die Jahre 2000 bis 2003 ergangenen Bescheide wandte die Beschwerdeführerin ein, dass die in Rede stehenden Fahrzeuge MP und AP seitens der KG zur Privatnutzung überlassen worden seien. Es liege kein Sachbezug im Rahmen des Dienstverhältnisses zur Beschwerdeführerin, sondern ein "Entnahmetatbestand in der KG" vor.

Dazu legte die Beschwerdeführerin mehrere zwischen der KG und ihren Kommanditisten geschlossene mit "Mai 1996, Jänner 1998 und Juni 2003" datierte Vereinbarungen folgenden Inhaltes vor:

"Herr (MP bzw. AP) ist Kommanditist der (KG). Die Komplementärgesellschaft (die Beschwerdeführerin) übt lediglich die Funktion einer Geschäftsführerin aus und ist selbst am Vermögen und am Gewinn bzw. Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt.

Die Vertragspartner vereinbaren, daß das von der KG geleaste Fahrzeug (…) auch für private Nutzung durch Herrn (MP bzw. AP) verwendet werden kann. Dabei wird der auf die Privatnutzung entfallende Kostenanteil dem Gewinn-/Verlustanteil des Gesellschafters angelastet."

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt aus, seitens des Prüfers sei im Prüfungsbericht klar festgestellt worden, dass MP und AP Angestellte der Beschwerdeführerin seien und "lt Dienstvertrag neben ihrem Gehalt Anspruch auf einen Dienstwagen" hätten, den sie auch für Privatfahrten verwenden dürften. Dieser eindeutigen Feststellung sei die Beschwerdeführerin nicht mit der genügenden Deutlichkeit entgegengetreten. Hiezu hätte es nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 88/14/0045, der Vorlage des schriftlichen Dienstvertrages zwischen der Beschwerdeführerin und den beiden Geschäftsführern bedurft, wonach "über diese ein eindeutiges, glaubhaftes und in der Realität nachvollziehbares Verbot jeglicher Privatnutzung der betreffenden Kfz in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer ausgesprochen" werde. Stattdessen habe die Beschwerdeführerin lediglich schriftliche Vereinbarungen zwischen MP und AP einerseits und der KG andererseits vorgelegt, wonach die Kraftfahrzeuge auch für die private Nutzung durch MP und AP verwendet werden könnten. Dies sage "jedoch in Wirklichkeit überhaupt nichts darüber aus, dass es (MP und AP) im Gegensatz dazu verboten gewesen wäre, die Kfz auch in ihrer Eigenschaft als angestellte Geschäftsführer privat zu verwenden." Damit müssten die gegenständlich unklaren Abmachungen gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Lasten der Beschwerdeführerin ausfallen.

In ihrem Vorlageantrag entgegnete die Beschwerdeführerin diesen Ausführungen, dass es keinen schriftlichen Dienstvertrag gebe, nach dem die Geschäftsführer Anspruch auf einen Dienstwagen hätten. Demgegenüber bestünden die vorgelegten Vereinbarungen mit der KG, aus denen eindeutig und unmissverständlich hervorginge, dass die der KG gehörigen Fahrzeuge den Gesellschaftern zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt werden.

In der Folge ergingen auch für die Jahre 2004 und 2005 Haftungs- und Abgabenbescheide, denen entsprechende Sachbezüge der Geschäftsführer zu Grunde gelegt wurden und gegen die die Beschwerdeführerin Berufung erhob.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen. Es stehe außer Streit, dass die beiden Geschäftsführer von der KG geleaste und in deren Betriebsvermögen befindliche Kraftfahrzeuge auch für private Fahrten nutzten. Strittig sei lediglich, ob diese Privatnutzung zu Einkünften aus den bestehenden Geschäftsführerdienstverhältnissen führe, wie dies vom Finanzamt angenommen werde, oder ob die beiden Geschäftsführer in ihrer Eigenschaft als Kommanditisten in diesem Zusammenhang Privatentnahmen aus der KG tätigen.

Aus den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom , 89/13/0166, vom , 93/15/0146, und vom , 88/14/0045, ergebe sich nach Ansicht der belangten Behörde, dass es insbesondere bei Führungskräften den Gepflogenheiten des Geschäftslebens entspräche, ihnen neben den Geldbezügen auch Sachleistungen zuzusagen. Damit bedürfe es einer klaren und eindeutigen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und den (in leitender Position tätigen) Dienstnehmern, um die Privatnutzung eines im Betriebsvermögen einer KG stehenden Kraftfahrzeuges durch einen (Gesellschafter )Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH, der zugleich auch Kommanditist der KG ist, als Entnahmetatbestand bei der KG und nicht als Vorteil aus dem Dienstverhältnis ansehen zu können.

Im Beschwerdefall habe das Finanzamt sowohl in der Begründung der bekämpften Bescheide als auch in der Begründung der Berufungsvorentscheidung ausgeführt, dass die Geschäftsführer nach ihren Dienstverträgen mit der Beschwerdeführerin Anspruch auf die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens gehabt hätten, welchen sie auch für Privatfahrten hätten verwenden dürfen. Es wäre nunmehr Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen, sich mit dem Ergebnis der Ermittlungen auseinanderzusetzen. Die Beschwerdeführerin habe aber den Ausführungen des Finanzamtes im Vorlageantrag lediglich entgegen gehalten, dass es keine schriftlichen Dienstverträge zwischen der Beschwerdeführerin und ihren Geschäftsführern gebe. Damit habe sie den vom Finanzamt festgestellten Sachverhalt nicht entkräften können. Es sei unbestreitbar, dass mündliche oder in konkludenter Form geschlossene Dienstverträge vorlägen. Dass diese eine Zurverfügungstellung von Dienstwagen für Privatfahrten nicht beinhalteten, habe die Beschwerdeführerin nicht behauptet. Auch die von der Beschwerdeführerin im Zuge des Verwaltungsverfahrens vorgelegten schriftlichen Vereinbarungen entbehrten der für die Untermauerung eines (ausschließlichen) Entnahmetatbestandes notwendigen Klarheit. Vereinbart werde darin nämlich ausschließlich, dass dem namentlich genannten Gesellschafter, Geschäftsführer und Kommanditisten "das von der KG geleaste Kraftfahrzeug", welches in der Folge näher beschrieben werde, auch für eine private Verwendung zur Verfügung stünde. In welcher Eigenschaft die Privatnutzung erfolge, ob als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin oder als Kommanditist, ergebe sich aus diesen Vereinbarungen jedoch in keiner Weise. Somit sei es durch die vorgelegte Vereinbarung keineswegs ausgeschlossen, dass die KG in Erfüllung ihrer Verpflichtung zum Kostenersatz für die Geschäftsführung die von ihr geleasten Fahrzeuge der Beschwerdeführerin zur Verfügung stelle, um dadurch (auch) die Privatnutzung durch die Geschäftsführer im Rahmen der bestehenden Dienstverhältnisse zu ermöglichen. Diese Überlegungen seien der Beschwerdeführerin ebenfalls bereits vom Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung mitgeteilt worden und seien im Vorlageantrag "unkommentiert" geblieben. Es sei daher davon auszugehen, dass den Geschäftsführern in ihren dienstvertraglichen Vereinbarungen mit der Beschwerdeführerin die Nutzung von "Firmenfahrzeugen" auch zu privaten Zwecken zugestanden worden sei.

Diese Ansicht werde dadurch bestärkt, dass in den vorgelegten Vereinbarungen auch die Beschwerdeführerin erwähnt werde und die Vereinbarungen von beiden Geschäftsführern der Beschwerdeführerin (für die KG) gezeichnet seien. Dies obwohl der Geschäftsführer AP im Streitzeitraum keine Prokuristenstellung bei der KG inne gehabt habe. Um von einem anderen Sachverhalt (Entnahmetatbestand) ausgehen zu können, hätte es klarer und eindeutiger Vereinbarungen bedurft.

Damit sei noch zu prüfen, ob es sich bei den auf die Privatnutzung entfallenden geldwerten Vorteilen um Arbeitslohn handle, der von der Beschwerdeführerin zugewendet worden sei, oder ob allenfalls Arbeitslohn von dritter Seite vorliege. Bei einer GmbH Co KG sei die KG in der Regel die operative Gesellschaft, in deren Vermögen sich der Betrieb befinde. Dies treffe auch im gegenständlichen Fall zu. Werde einem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH von dieser als weitere Entlohnung für seine Geschäftsführertätigkeit ein PKW für Privatfahrten zur Verfügung gestellt, so handle es sich in der Regel um einen PKW, der im Eigentum der KG stehe und von dieser der Komplementär-GmbH zur Nutzung überlassen werde. Gegenständlich sprächen die beigebrachten Vereinbarungen nicht gegen das Vorliegen dieses Regelfalles. Um von einem von den üblichen Gegebenheiten abweichenden Sachverhalt ausgehen zu können, hätte es mehr als der vorgelegten Vereinbarungen bedurft, welche "nach allen Richtungen hin" auslegbar seien. Die Geschäftsführer hätten auf Grund ihrer Dienstverträge die Verpflichtung zum Tätigwerden, was regelmäßig das Aufsuchen der Arbeitsstätte und die Durchführung beruflich veranlasster Fahrten in der Eigenschaft als im Dienstverhältnis stehender Geschäftsführer beinhalte. Mit dem bei der KG im Schätzungswege angesetzten lediglich geringen Privatanteil könne nach Ansicht der belangten Behörde jedenfalls nicht das Auslangen gefunden werden. Die Privatanteile hätten weit über 50% liegen müssen. Auch dieser Umstand spreche gegen den behaupteten Entnahmetatbestand und unterstreiche wiederum die Notwendigkeit einer nachvollziehbaren, klaren und eindeutigen Abgrenzung, welche im gegenständlichen Fall nicht erfolgt sei. Somit stelle die unbestritten erfolgte Privatnutzung der in Rede stehenden Kraftfahrzeuge bei den Geschäftsführern der Beschwerdeführerin einen Vorteil aus ihren Dienstverhältnissen dar.

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 88/14/0045, ausgeführt hat, ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Kommanditist neben den Vergütungen, die er für seine Geschäftsführertätigkeit durch die Komplementär-GmbH erhält, auch bei der KG Entnahmen tätigt. Solche Entnahmen können auch in der Privatnutzung eines Kraftfahrzeuges der KG bestehen, was als Privatentnahme des Kommanditisten zu verbuchen ist.

Liegen klare Vereinbarungen vor, dass der GmbH-Geschäftsführer den Sachbezug als weitere Entlohnung erhält und die KG der Komplementär-GmbH den Pkw für Zwecke ihres Geschäftsführers zur Verfügung stellt, wird zusätzlicher Lohn des Geschäftsführers und Sonderbetriebsausgabe der KG angenommen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 82/13/0136, 0167, Slg.Nr. 5813/F, vom , 93/15/0146, und vom , 93/14/0129). Nur bei dieser Konstellation hat der Verwaltungsgerichtshof auch die Lohnsteuerpflicht für den Sachbezug des Geschäftsführers (wenn nicht wesentlich beteiligt) bei der Komplementär-GmbH bejaht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 99/15/0095, vom , 92/13/0200, und vom , 89/13/0166). Im Erkenntnis vom , 88/14/0045, wurden solche Vereinbarungen auch als üblich unterstellt.

Das Finanzamt ging sowohl im Prüfungsbericht als auch in der Berufungsvorentscheidung davon aus, dass die Geschäftsführer nach den mit der Beschwerdeführerin geschlossenen Dienstverträgen Anspruch auf die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens hatten, welchen sie auch für Privatfahrten verwenden durften. Im angefochtenen Bescheid wird in diesem Zusammenhang ausgeführt, es wäre Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen, sich mit den Ergebnissen der Ermittlungen des Finanzamtes auseinanderzusetzen und die Feststellungen über das Bestehen entsprechender mündlicher bzw. konkludenter Dienstverträge zu widerlegen.

Es trifft nicht zu, dass die Beschwerdeführerin den Feststellungen des Finanzamtes inhaltlich nicht entgegengetreten wäre. Einziger Gegenstand der Berufung war der Einwand der Beschwerdeführerin, MP und AP nützten die Kraftfahrzeuge für ihre Privatfahrten auf Grund von Vereinbarungen mit der KG. Diese lagen schon dem Prüfer vor und waren der Berufung neuerlich angeschlossen. Auf Grund welcher Ermittlungen das Finanzamt und ihm folgend die belangte Behörde vom Bestehen eines mündlichen oder konkludenten Geschäftsführervertrages ausgehen konnte, der die Überlassung eines Dienstfahrzeuges zum Inhalt hat, ist im Beschwerdefall indes nicht zu erkennen. Dass der Prüfer seine diesbezügliche Feststellung beispielsweise auf eine entsprechende (Erst)Aussage der Geschäftsführer, vorgefundene Aktennotizen, Gesprächsprotokolle oder ähnliche Unterlagen gründen konnte, ist dem Akt nicht zu entnehmen. Zu Recht rügt die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang, sie könne keine Ermittlungsergebnisse widerlegen, für die es keine Anhaltspunkte gebe.

Den vorliegenden schriftlichen Vereinbarungen mit der KG lässt sich entgegen der Annahme der belangten Behörde nicht entnehmen, dass der jeweilige Geschäftsführer die Sachleistung (Privatnutzung der von der KG geleasten Fahrzeuge) als (weitere) Geschäftsführerentlohnung erhalten soll. Dies ergibt sich auch nicht aus der Höhe des von der KG tatsächlich angesetzten Privatanteils. Wohl trifft es zu, dass Fahrten der Gesellschafter zwischen Wohnung und ihrer Arbeitsstätte als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH aus Sicht der KG Privatfahrten darstellen und bei Ermittlung des auszuscheidenden Privatanteils nicht außer Betracht bleiben dürfen. Wurde der von der KG im Schätzungswege angesetzte Privatanteil unter diesen oder anderen Gesichtspunkten zu niedrig bemessen, was in der Beschwerde allerdings in Abrede gestellt wird, hätte dies Anlass einer entsprechenden Berichtigung sein können. Ein Indiz für das Vorliegen eines Sachbezuges lässt sich daraus aber nicht ableiten.

Insgesamt erweist sich somit die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, die beschwerdeführende GmbH habe ihren Geschäftsführern auf Grund mündlicher oder konkludenter Dienstverträge Kraftfahrzeuge zur Privatnutzung überlassen, nicht als Ergebnis schlüssiger Beweiswürdigung.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am