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VwGH vom 29.11.2010, 2010/17/0188

VwGH vom 29.11.2010, 2010/17/0188

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des Dr. M H in W, vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates (Außenstelle Linz) vom , Zl. RV/1420- L/09, betreffend Rückzahlung von Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2003, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer zur Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2003 in der Höhe von EUR 909,-- verhalten. Begründend führte die Behörde - abgesehen von Angaben über die Berechnung des Rückzahlungsbetrages - aus, dass Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld ausbezahlt worden seien. Der Beschwerdeführer sei auf Grund näher genannter gesetzlicher Bestimmungen alleine zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet. Im Jahr 2003 seien die für die Rückzahlung des Zuschusses maßgeblichen Einkommensgrenzen überschritten worden.

Der Beschwerdeführer brachte dagegen in seiner Berufung - teilweise gleichlautend wie in einer Stellungnahme vom - im Wesentlichen vor, er sei mit Schreiben vom ersucht worden, eine Erklärung über sein Einkommen für das Jahr 2003 gemäß § 23 KBGG abzugeben. Er habe dieses Schreiben erst am erhalten, nachdem er sich mehrere Tage nicht an der Abgabestelle aufgehalten habe. Konkret sei er erst am an die Abgabestelle zurückgekehrt. Er habe sich von Montag, dem bis zum nicht an der Abgabestelle aufgehalten, weil er auf Grund eines Schlaganfalles seiner Mutter sich bei seinen Eltern aufgehalten habe, um diese zu pflegen. Aus seiner Sicht sei die Rückzahlungsverpflichtung wegen Verjährung nicht mehr rechtswirksam vorzuschreiben gewesen. Er sehe auch keinen Umstand, der den Lauf der Verjährung unterbrochen hätte, weil während der Verjährungsfrist keine zur Geltendmachung des Abgabenanspruches nach Außen erkennbare Amtshandlung gesetzt worden sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/16/0022). Erstmalig habe er eben am (sohin nach Eintritt der Verjährung) über eine mögliche Abgabenverpflichtung im Zusammenhang mit dem Zuschuss von den Abgabenbehörden erfahren.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Berufung ab. Sie vertrat darin im Hinblick auf § 49 Abs. 17 in Verbindung mit Abs. 18 KBGG die Ansicht, dass die Verjährung für die Jahre 2002 und 2003 erst mit eingetreten sei; würden im Jahr 2008 Amtshandlungen gesetzt, verlängere sich die Verjährungsfrist um ein weiteres Jahr. Das Schreiben der Abgabenbehörde vom sei bereits ab zur Abholung beim zuständigen Postamt bereit gelegen, womit eine nach Außen hin erkennbare Amtshandlung eindeutig nachgewiesen sei.

Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage seiner Berufung.

Die belangte Behörde wies mit ihrem Bescheid vom die Berufung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Parteienvorbringens sowie der Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2009/17/0277, vertrat die belangte Behörde die Ansicht, § 49 Abs. 17 KBGG könne sinnvoll nur dahin verstanden werden, dass damit für das Jahr 2003 eine Abgabenfestsetzung auch noch im Jahr 2009 ermöglicht werden sollte, ohne dass es einer Verlängerungshandlung innerhalb des fünf Jahres-Zeitraumes des § 207 BAO bedurft hätte. Da die Einkommensgrenzen unbestritten überschritten worden seien, sei die Abgabenfestsetzung zu Recht erfolgt.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits dargelegt hat (vgl. nur das Erkenntnis vom , Zl. 2009/17/0277, auf das hier gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann), ist der Anspruch auf Rückzahlung von Zuschüssen zum Kinderbetreuungsgeld eine Abgabe im Sinne des § 1 BAO; die Bestimmungen über die Verjährung nach der BAO finden Anwendung.

Nach § 207 Abs. 2 erster Satz der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre (Hinweise auf einen Sachverhalt, der eine längere Verjährungsfrist mit sich brächte, wie etwa die Hinterziehung der Abgabe, lassen sich dem Akt nicht entnehmen). Nach § 209 Abs. 1 erster Satz leg. cit. verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist nach Außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen werden.

Vor dem Hintergrund der bereits erwähnten hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2009/17/0277) bedeutet dies, dass - unbeschadet der Bestimmung des § 49 Abs. 17 KBGG, die insoweit ins Leere gegangen ist - Abgabenansprüche wie der vorliegende aus dem Jahre 2003 nach Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist (also mit Ablauf des Jahres 2008) verjährt sind, soferne keine Verlängerung - etwa im Sinne des § 209 Abs. 1 erster Satz BAO - eingetreten ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. nur das vom Beschwerdeführer angeführte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/16/0022, mwN) unterbrechen schriftliche Erledigungen die Verjährung nur dann, wenn sie ihren Empfänger erreicht haben, diesem somit zugestellt wurden. Dieser Grundsatz, wonach schriftliche Erledigungen nur dann die Verjährungsfrist verlängern können, wenn sie (wirksam) zugestellt wurden, gilt auch für Aufforderungen zur Einreichung von Abgabenerklärungen (vgl. etwa Ritz , Bundesabgabenordnung3, RZ 20 zu § 209) bzw. für schriftliche Anfragen (vgl. Ritz , aaO, RZ 24 zu § 209).

Im Beschwerdefall hat jedoch der Beschwerdeführer vorgebracht, dass er ab bis zum ortsabwesend gewesen sei.

Gemäß § 17 Abs. 1 Zustellgesetz ist das Schriftstück, wenn es an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, zu hinterlegen. Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen (§ 17 Abs. 2 Zustellgesetz).

Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten, wobei der Lauf dieser Frist mit dem Tag beginnt, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird und hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt gelten. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte (§ 17 Abs. 3 Zustellgesetz).

Vor dem Hintergrund der behaupteten Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers würde die Zustellung zunächst als nicht bewirkt gelten; die Heilung der zunächst gegebenen Unwirksamkeit der Zustellung nach § 17 Abs. 3 letzter Satz Zustellgesetz setzt (unter anderem) die Rückkehr an die Abgabestelle voraus. Eine wirksame Zustellung würde daher frühestens am Tag der Rückkehr, sohin am , eingetreten sein. Damit wäre aber - bei Zutreffen der Behauptungen des Beschwerdeführers - die Verjährung der Abgabenforderung (mangels wirksamer Zustellung durch Hinterlegung am ) eingetreten.

Die belangte Behörde hat - ausgehend von einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht - es unterlassen, Feststellungen zur Frage der behaupteten Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers zu treffen. Sie hat daher insoweit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am