VwGH vom 10.01.2011, 2010/17/0182
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des F J in W, vertreten durch Dr. Helmut Graupner, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 22-24/4/9, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. IVW6-P-77/001-2010, betreffend Antrag auf Feststellung des Familiennamens sowie Ausstellung einer Partnerschaftsurkunde mit einem Familiennamen, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Ausspruches über die Zurückweisung des Antrages auf Ausstellung einer Partnerschaftsurkunde, in der der Name "J" nicht als "Nachname" sondern als "Familienname" ausgewiesen wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit seinem Antrag vom begehrte der Beschwerdeführer, es möge bescheidmäßig festgestellt werden, dass ihm der Familienname J. zukomme. Er begründete diesen Antrag damit, dass er am eine eingetragene Partnerschaft eingegangen sei. Er sei österreichischer Staatsbürger, in Wien geboren und habe seinen Hauptwohnsitz in Österreich.
Nach den Vorstellungen der Bundesregierung - so der Beschwerdeführer in seinem Antrag weiter - sollten eingetragene Partner nach Begründung der Partnerschaft keinen Familiennamen mehr haben, sondern einen Nachnamen. Nirgendwo im Gesetz sei jedoch statuiert, dass eine Person mit Eingehung einer eingetragenen Partnerschaft ihren Familiennamen verliere und sich ihr bisheriger Familienname in einen Nachnamen wandle. Eine solche Bestimmung und die damit verbundene staatlich vorgenommene "Punzierung" eingetragener Partnerschaften gleichgeschlechtlicher Paare mit einer neuen, eigenen Namenskategorie würde überdies massiv auf Grund des Geschlechts und der sexuellen Orientierung diskriminieren, was unzulässig sei.
Des Weiteren beantragte der Beschwerdeführer, ihm "eine dem Gesetz entsprechende Partnerschaftsurkunde" auszustellen, in der der Familienname des Antragstellers nicht als "Nachname" sondern als "Familienname" ausgewiesen werde.
Mit ihrem Bescheid vom wies die angerufene Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung die Anträge des Beschwerdeführers zurück. Begründend führte die Behörde aus, die Erlassung des vom Beschwerdeführer beantragten Feststellungsbescheides sei weder gesetzlich vorgesehen, noch liege sie im öffentlichen Interesse. Beim vorliegenden Sachverhalt sei der beantragte Feststellungsbescheid auch kein notwendiges Mittel, mit dem eine künftige Rechtsfolge bzw. eine Rechtsgefährdung abgewendet werden könnte. Auch sei aus den österreichischen Gesetzen keine nachteilige Folge ableitbar, wenn anstelle des Begriffes "Familienname" der Begriff "Nachname" verwendet werde oder umgekehrt. Die Verwendung einer der beiden Bezeichnungen verursache keinerlei unterschiedliche Rechtsfolge oder gar einen Rechtsnachteil. Es handle sich dabei um Synonyme; so sei der Ausdruck "Nachname" bereits in früheren Rechtsvorschriften - wie näher ausgeführt wird - verwendet worden.
Hinsichtlich des Antrages auf Ausstellung einer Partnerschaftsurkunde gebe es für die angerufene Behörde keine gesetzliche Legitimation, die mittels Verordnung festgelegten Formen der Urkunde abzuändern.
Es sei auch keine Behörde zu erkennen, an die das Anbringen zuständigkeitshalber im Sinne des § 6 AVG weitergeleitet oder verwiesen werden könne.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, der Hinweis der Behörde auf die Verwendung des "Nachnamens" in der österreichischen Rechtsordnung bestärke ihn in der Ansicht, dass er seinen "Familiennamen" nicht verloren habe. Durch die Zurückweisung verweigere die Behörde dem Beschwerdeführer zu erfahren, ob er von der Grundrechtswidrigkeit, die die Bundesregierung beabsichtigt habe, die aber im Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag gefunden habe, betroffen sei oder nicht. Der Beschwerdeführer sei daher durch den bekämpften Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung seines Privatlebens sowie im Recht auf Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung verletzt worden.
Mit der Zurückweisung habe die Behörde ihn daher in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 83 Abs. 2 B-VG verletzt; die angerufene Erstbehörde sei für den beantragten Feststellungsbescheid zuständig, weil zu ihrem Wirkungsbereich der engste sachliche Zusammenhang bestehe. Auch verletzte ihn der (erstinstanzliche) Bescheid im Recht auf eine wirksame Beschwerde nach Art. 13 MRK.
Soweit ihm die Ausstellung einer Urkunde mit "Familienname" anstelle von "Nachname" verweigert werde, sei die Personenstandsverordnung, auf die sich die Behörde in diesem Zusammenhang gestützt habe, gesetzeskonform zu interpretieren, allenfalls das Gesetz verfassungskonform.
Mit ihrem Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den angefochtenen (erstinstanzlichen) Bescheid "vollinhaltlich".
Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Parteienvorbringens verneinte die belangte Behörde mit näherer Begründung das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers und damit die Zulässigkeit des von ihm beantragten Feststellungsbescheides. Überdies sei in der österreichischen Rechtsordnung der Begriff "Nachname" - wie näher dargelegt wird - nur als Synonym für den im ABGB verwendeten Begriff "Familienname" zu werten.
Was den Antrag auf Ausstellung einer Partnerschaftsurkunde betreffe, in der der Namenbestandteil J. nicht als "Nachname" sondern als "Familienname" ausgewiesen werde, habe die Erstbehörde zu Recht auf § 13 der Personenstandsverordnung verwiesen, der die ausstellende Behörde an die Verwendung der Anlagen zu der genannten Verordnung binde. Wenn die Behörde erster Instanz daraus ihre Unzuständigkeit zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der genannten Verordnung ableite, so könne dem ebenso wenig entgegengetreten werden wie der Tatsache, dass ein subjektives Recht auf Antragstellung zur Änderung von Personenstandsurkunden nicht gegeben sei. Auf die aufgeworfenen Fragen hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen oder der Gesetzmäßigkeit von Verordnungen sei nicht weiter einzugehen gewesen, weil der Beschwerdeführer in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt worden sei.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen. Der Beschwerdeführer hat hierauf repliziert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2010/17/0080, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden kann, dargelegt, dass ein Feststellungsbescheid, wie er vom Beschwerdeführer im ersten Teil seines Antrages begehrt wird, unzulässig wäre. Aus den im erwähnten Erkenntnis näher dargelegten Gründen hat daher die belangte Behörde zutreffend den Feststellungsantrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen. Die Beschwerde war daher soweit sie sich gegen die Zurückweisung des Feststellungsantrages richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch in dem erwähnten Erkenntnis vom auch ausgesprochen, dass ein Recht auf Ausstellung einer Partnerschaftsurkunde gemäß § 34a PStG besteht. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass nach der von den Verwaltungsbehörden bezogenen Bestimmung des § 13 der Personenstandsverordnung die dort in den Anlagen erwähnten Formulare zu verwenden sind. Sollten die Verwaltungsbehörden auf Grund der erwähnten Bestimmung der Ansicht sein, es könne nur eine Urkunde mit dem "Nachnamen" ausgestellt werden, müsste diese Auffassung zu einer inhaltlichen Entscheidung führen, da die Antragstellung auf Ausstellung einer Partnerschaftsurkunde als solche nicht unzulässig wäre.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere dessen § 50, im Zusammenhang mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, unter Berücksichtigung der dem Beschwerdeführer gewährten Verfahrenshilfe.
Wien, am