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VwGH vom 28.06.2011, 2010/17/0176

VwGH vom 28.06.2011, 2010/17/0176

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des Dr. W T in W, vertreten durch Themmer, Toth Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Biberstraße 15, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern vom , Zl. GIS 0488/10, betreffend Rundfunkgebühren für Fernsehen und Radio und damit verbundene Entgelte und Abgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte kann auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/17/0221, verwiesen werden. Mit diesem hob der Verwaltungsgerichtshof den damals vor ihm angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit der Begründung auf, dass die erstinstanzliche, als "Bescheid" bezeichnete Erledigung schon mangels Fehlen eines Spruches nicht als Bescheid zu betrachten sei.

Mit der nunmehr wieder als "Bescheid" bezeichneten, vor der belangten Behörde bekämpften Erledigung vom wurde der Beschwerdeführer als Rundfunkteilnehmer zur Entrichtung von Rundfunkgebühren für Fernsehen und Radioempfang samt den damit verbundenen Entgelten und Abgaben sowie Säumniszuschlägen für den Zeitraum Jänner 2001 bis Dezember 2004 in der Gesamthöhe von EUR 742,39 verhalten. Nach der im Akt erliegenden Kopie weist diese Erledigung keine Bezeichnung der bescheiderlassenden Stelle sowie keine Unterschrift, sondern nur nach der Wendung "mit freundlichen Grüßen" einen Namen (Mag. A.R.) mit dem Zusatz "i.V."

und dem Hinweis "Leitung Rechtliche Angelegenheiten" auf.

In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeit des erstinstanzlichen Bescheides vor, aus der Unterfertigung des Bescheides sei ersichtlich, dass Mag. A. R. diesen in Vertretung (i.V.) unterfertigt habe; wer jedoch der Vertretene sei und wer daher die Genehmigung erteilt habe, sei aus dem Bescheid nicht ersichtlich. Aus der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides gehe somit nicht hervor, dass ein Geschäftsführer oder Prokurist der GIS Gebühren Info Service GmbH den vorliegenden Bescheid bzw. dessen Ausfertigung genehmigt hätte. Sei aus der Ausfertigung des Bescheides der Name des Genehmigenden nicht erkennbar, sei der Bescheid jedenfalls nichtig.

Mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Der Bescheidbegründung ist zu entnehmen, dass sie die erstinstanzliche Erledigung offenbar als Bescheid ansah; eine nähere Begründung dafür, insbesondere in Auseinandersetzung mit dem oben wiedergegebenen Berufungsvorbringen, ist nicht ersichtlich.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur anzuwendenden Rechtslage kann zunächst auf deren Darstellung im bereits erwähnten Vorerkenntnis vom , Zl. 2009/17/0221, hingewiesen werden. Hervorzuheben ist, dass gemäß § 6 Abs. 1 letzter Satz des Rundfunkgebührengesetzes, BGBl. I Nr. 159/1999, im vorliegenden Verfahren von den Behörden das AVG anzuwenden ist. § 18 Abs. 3 und 4 AVG 1991 in der Fassung durch BGBl. I Nr. 5/2008 lauten wie folgt:

"(3) Schriftliche Erledigungen sind vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z. 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z. 5 E-GovG) der Erledigung treten.

(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt."

Die Zurechnung einer Erledigung zum Staat setzt nach allgemeinem Verständnis (vgl. nur Hengstschläger/Leeb , Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, Rz 10 zu § 56) voraus, dass diese entweder von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion inne hat selbst oder von einem zumindest abstrakt approbationsbefugten Organwalter genehmigt wurde. Zu den formalen Mindesterfordernissen der schriftlichen Ausfertigung eines Bescheides gehört auch die Erkennbarkeit des Namens des Genehmigenden sowie die ordnungsgemäße Fertigung. Insgesamt ist die Frage, ob eine behördliche Enunziation ein Bescheid ist, nach objektiven Gesichtspunkten (nach dem äußeren Tatbestand) zu beurteilen (vgl. Hengstschläger/Leeb , aaO Rz 11). Folglich hängt die Erkennbarkeit der Behörde nicht von der subjektiven Kenntnis des Adressaten ab.

Der Beschwerdeführer verweist vor dem Verwaltungsgerichtshof unter anderem darauf, dass die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf sein Berufungsvorbringen nicht näher eingegangen sei. So habe sie nicht dazu Stellung genommen, dass sich nach der in der Berufung zum Ausdruck gebrachten Ansicht des Beschwerdeführers der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides nicht entnehmen ließe, dass der Geschäftsführer oder Prokurist der GIS Gebühren Info Service GmbH den vorliegenden Bescheid bzw. dessen Ausfertigung genehmigt hätte.

Damit zeigt der Beschwerdeführer im Ergebnis einen Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides auf, der den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung von dessen Rechtmäßigkeit hindert. Die belangte Behörde hat zwar - wie dem Kopf des angefochtenen Bescheides zu entnehmen ist - die vor ihr mit Berufung bekämpfte Erledigung der GIS Gebühren Info Service GmbH zugerechnet, jedoch nicht begründet, wie sie zu dieser Annahme im Hinblick auf die im Akt erliegende Kopie gelangt. Es ist daher - wie die Beschwerde zutreffend rügt - bei dem anzulegenden objektiven Maßstab auch nicht ersichtlich, in wessen Vertretung ("i.V.") Mag. A. R. gehandelt hat. Darüber hinaus steht mangels einer Unterschrift oder einer Beglaubigung durch die Kanzlei (ein Hinweis auf eine elektronische Fertigung ist nicht vorhanden) nicht fest, ob die erstinstanzliche Erledigung überhaupt genehmigt wurde. Schon aus dem erstgenannten Grund kann auf Grund des Akteninhaltes nicht beurteilt werden, ob die vor der belangten Behörde angefochtene Erledigung überhaupt der GIS Gebühren Info Service GmbH zuzurechnen und als staatliches Handeln (vgl. § 6 Abs. 1 erster Halbsatz Rundfunkgebührengesetz) zu qualifizieren ist.

Im Übrigen bedürfte es nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde noch einer näheren Begründung hinsichtlich der Vertretungsmacht von Mag. A. R.. Für den Fall des gänzlichen Fehlens einer solchen könnte die vor der belangten Behörde angefochtene Erledigung (gleichfalls) nicht der GIS Gebühren Info Service GmbH zugerechnet werden. Insoweit wird es daher Sache der belangten Behörde sein, Feststellungen über die Organisation der GIS Info Service GmbH und die (allfällige) Erteilung von Vertretungsmacht an Mag. A. R. zu treffen und diese ihrer rechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen (vgl. etwa zur Frage des "Genehmigenden" bei beliehenen Unternehmen den hg. Beschluss vom , Zl. 93/17/0391).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Bei diesem Ergebnis konnte ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen unterbleiben.

Da die Schriftsätze der Parteien des Verwaltungsverfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache in dem hier allein entscheidenden Punkt nicht erwarten lässt, konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, wobei das Begehren, soweit damit die in der genannten Verordnung festgelegten Sätze überstiegen wurden, abzuweisen war.

Wien, am