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VwGH vom 11.11.2010, 2010/17/0174

VwGH vom 11.11.2010, 2010/17/0174

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des WB in S, vertreten durch Dr. Christoph Schneider, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, Bahnhofstraße 8a, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Feldkirch vom , Zl. Jv 5251-30/09 g, betreffend Gerichtskosten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom wurde der Beschwerdeführer des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 StGB für schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen (100 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) sowie zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom wurde der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und ausgesprochen, dass dem Angeklagten gemäß § 390a Abs. 1 StPO auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last fielen.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom wurden die Kosten des Strafverfahrens für einbringlich erklärt und die vom Beschwerdeführer zu ersetzenden Pauschalkosten mit EUR 700,-- bestimmt.

Mit Zahlungsauftrag vom wurde dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf eine Zahlungsaufforderung vom ein Pauschalkostenbeitrag in Höhe von EUR 700,-- zuzüglich Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 GEG 1962 in Höhe von EUR 7,-- zur Zahlung vorgeschrieben.

Der Beschwerdeführer stellte einen Berichtigungsantrag und beantragte u. a., ihm einen Beschluss über die Bestimmung der Höhe der Kosten zuzustellen.

In einem Aktenvermerk des Landesgerichtes Feldkirch vom wurde festgehalten, dass der Beschluss vom irrtümlich einem früheren Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zugestellt worden sei. Es wurde eine Beschlussausfertigung an den damaligen Beschwerdeführervertreter verfügt.

In der Folge entrichtete der Beschwerdeführer EUR 707,--.

Mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom wurde der gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom erhobenen Beschwerde u. a. teilweise stattgegeben und die vom Beschwerdeführer zu ersetzenden Pauschalkosten mit EUR 500,-- bestimmt.

Mit Schreiben vom und vom urgierte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers die bescheidmäßige Erledigung des Berichtigungsantrages.

In seinem Schreiben vom führte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers aus, der mit Berichtigungsantrag bekämpfte Zahlungsauftrag habe keine Grundlage gehabt, weil die Höhe des Kostenbeitrages noch nicht beschlussmäßig festgelegt worden sei. Er beantrage daher die Aufhebung des Zahlungsauftrages und die Rückzahlung des ohne Rechtsgrund bezahlten Betrages.

Mit seiner zur hg. Zl 2009/17/0225 protokollierten Beschwerde machte der Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Präsidenten des Landesgerichtes Feldkirch mit der Begründung geltend, dass dieser durch mehr als sechs Monate weder über den Berichtigungsantrag vom , welcher mit Schreiben vom präzisiert worden sei, noch über den Rückzahlungsantrag entschieden habe. Der Beschwerdeführer stellte den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof wolle in Stattgebung dieser Säumnisbeschwerde in der Sache selbst erkennen und dem Berichtigungsantrag des Beschwerdeführers Folge geben, den Zahlungsauftrag des Landesgerichtes Feldkirch vom aufheben, die Rückzahlung des auf Grund dieses Auftrages bezahlten Betrages von EUR 700,-- verfügen und "das Landesgericht Feldkirch in den Ersatz der Aufwendungen bei sonstiger Exekution verurteilen".

Der Verwaltungsgerichtshof stellte mit Verfügung vom der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG die Beschwerde mit der Aufforderung zu, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Diese Verfügung wurde der belangten Behörde am zugestellt. Die dreimonatige Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides endete somit am .

Mit Bescheid vom holte die belangte Behörde die versäumte Entscheidung nach. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt. Mit Schreiben vom teilte der Beschwerdeführer mit, sich "klaglos gestellt" zu erachten.

Mit hg. Beschluss vom heutigen Tag, Zl. 2009/17/0225, wurde das Verfahren über die Säumnisbeschwerde wegen Nachholung des versäumten Bescheides gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eingestellt.

Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG der belangten Behörde vom Verwaltungsgerichtshof aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Säumnisbeschwerde bleibt die belangte Behörde zur Nachholung des versäumten Bescheides nur bis zum Ablauf der Frist des § 36 Abs. 2 VwGG zuständig. Nach Ablauf der Frist ist sie nicht mehr zuständig, den versäumten Bescheid nachzuholen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/17/0143, mwN).

Da die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid vom erst nach Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof im Säumnisbeschwerdeverfahren gesetzten Frist erlassen hat, war sie dazu entsprechend der dargestellten Rechtslage nicht mehr zuständig. Diese Unzuständigkeit ist vom Verwaltungsgerichtshof im Bescheidbeschwerdeverfahren nur aufzugreifen, wenn sie in der Beschwerde ausdrücklich geltend gemacht wird. Dies ist hier der Fall; der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/07/0095, mwN).

Für das fortzusetzende Verfahren wird bemerkt, dass nach der seit dem (zu § 36 Abs. 2 VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997 ergangenen) Beschluss vom , Zl. 98/01/0277 = VwSlgNF 14.979 A, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach Aufhebung des nachgeholten Bescheides wegen Unzuständigkeit die belangte Behörde zur Entscheidung in der Verwaltungssache wieder zuständig ist und ihr zur Erlassung eines (Ersatz )Bescheides neuerlich eine Frist von sechs Monaten zur Verfügung steht. Die Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Säumnisbeschwerdeverfahrens nach § 45 Abs. 1 Z. 5 VwGG kommt im Hinblick auf die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens nach § 36 Abs. 2 dritter Satz VwGG nicht in Betracht (vgl. wieder das hg. Erkenntnis vom und die dort erwähnte Vorjudikatur).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am