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VwGH vom 28.03.2011, 2010/17/0170

VwGH vom 28.03.2011, 2010/17/0170

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der Gemeinde A, vertreten durch Dr. Hermann Geissler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Neutorgasse 12, gegen den Bescheid der Datenschutzkommission vom , Zl. K121.359/0009-DSK/2010, betreffend Verletzung im Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten (mitbeteiligte Partei: Dr. W S in A, vertreten durch Mag. Ulrich Salburg, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neustiftgasse 3/6), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Zur Vorgeschichte kann auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/17/0152, verwiesen werden. Mit diesem hob der Verwaltungsgerichtshof den dort angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom in seinem Spruchpunkt 1 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Der Verwaltungsgerichtshof führte insoweit begründend aus, die beschwerdeführende Gemeinde habe vorgebracht, als Privatrechtssubjekt - und nicht in Vollziehung der Gesetze - gehandelt zu haben. Auf dieses Vorbringen sei die belangte Behörde aber nur insoweit eingegangen, als sie die Verkehrsüberwachung als hoheitliche Aufgabe beurteilt habe, die rechtmäßig nur von einer Behörde erfüllt werden könne. Sie habe daher - so die Begründung des Verwaltungsgerichtshofes zusammengefasst - nicht geprüft, ob die beschwerdeführende Partei tatsächlich als Privatrechtssubjekt gehandelt habe und - falls dies sich als zutreffend erweisen sollte - unterlassen, die im Datenschutzgesetz für diesen Fall vorgesehene Interessenabwägung vorzunehmen.

1.2. Mit ihrem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Ersatzbescheid sprach die belangte Behörde aus, es werde festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten durch das digitale Fotografieren des ihm gehörenden Fahrzeuges am zu einer näher angeführten Zeit, die folgende Bild- und Messdatenspeicherung sowie die automationsunterstützte Übermittlung dieser Daten an die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung in seinem Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt habe.

Nach Wiedergabe des Parteienvorbringens und des bisherigen Verfahrensablaufes samt den als wesentlich angesehenen Feststellungen und Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde mit näherer Begründung aus, es lägen ihrer Ansicht nach personenbezogene Daten sowie die Auftraggebereigenschaft der beschwerdeführenden Partei vor. Zur Frage, ob die beschwerdeführende Partei in Vollziehung der Gesetze gehandelt habe, sei von näher genannten Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes auszugehen, in denen dieser habe erkennen lassen, dass er verkehrspolizeiliche Überwachungsmaßnahmen zum hoheitlichen Handeln des Staates, nämlich zur Straßenpolizei zähle und dieses einer strengen rechtlichen Determinierung bedürfe. Diese Sichtweise werde in der seit der 22. StVO-Novelle, BGBl. I Nr. 16/2009, geltenden Rechtslage insofern noch deutlicher ersichtlich als bisher, als im neuen XIII. Abschnitt der StVO 1960 unter der Überschrift "Besondere Vorschriften für die Verkehrsüberwachung mittels bildverarbeitender technischer Einrichtungen" in § 98b ausdrücklich - und nur - die Bezirksverwaltungsbehörden zur punktuellen Radar-Geschwindigkeitsüberwachung ermächtigt würden. Die beschwerdegegenständliche Tätigkeit - Verkehrsüberwachung mittels bildverarbeitender technischer Einrichtungen - werde somit vom Gesetz eindeutig und ausdrücklich als behördliche Tätigkeit qualifiziert. Würde die Datenschutzkommission der beschwerdeführenden Partei nunmehr "zubilligen", dieselben Aufgaben die nach der Auslegung des Verfassungsgerichtshofes und des Gesetzgebers der 22. StVO-Novelle hoheitlicher Natur seien, auf Grund eines "Jedermannsrechts" auch im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung ausüben zu können - und damit an andere, weniger strenge Grundrechtskautelen gebunden zu sein -, würde sie den entsprechenden Bestimmungen der StVO einen im Hinblick auf Art. 18 B-VG verfassungswidrigen Inhalt zumessen. Der Gesetzgeber selbst habe bereits in der im Eingriffszeitpunkt geltenden, hier anzuwendenden Fassung der StVO, in § 94c auf diese Frage Bezug genommen, indem er eine durch Hoheitsakt (Verordnung der Landesregierung) vorzunehmende Übertragung behördlicher Befugnisse auf dem Gebiet der Straßenpolizei an Ortsgemeinden vorsehe. Die Bestimmung des § 94c StVO ginge ins Leere, wenn Gemeinden Tätigkeiten der Verkehrsüberwachung bereits auf Grund ihrer Befugnisse als Privatwirtschaftssubjekte entfalten könnten. Dass der Gesetzgeber inhaltsleere Bestimmungen erlassen hätte, sei ihm jedoch nicht zuzumuten.

Eine Ermächtigung zur Vornahme von Verkehrsüberwachung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung könne aber auch nicht aus dem jedermann zustehenden Recht auf Anzeige an die zuständige Behörde abgeleitet werden. Dieses Anzeigerecht, das einen Sachverhalt betreffe, dessen Zeuge der Anzeigende geworden sei und der beim Anzeigenden den Verdacht einer (verwaltungs)strafrechtswidrigen Handlung erregt habe, müsse ganz grundsätzlich unterschieden werden von einer Berechtigung zur systematischen und dauernden Überwachung von Menschen mit dem Zweck der Feststellung, ob sie strafrechtswidriges Verhalten setzen würden. Letztere Tätigkeit stelle einen tiefgreifenden Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz dar und könne daher, soweit sie zur Verfolgung öffentlicher Interessen erfolge, in einer demokratischen Gesellschaft schon aus Gründen des Verhältnismäßigkeitsgebots für Grundrechtseingriffe keinesfalls als überall ausübbares "Jedermannsrecht" angesehen werden, das ohne Weiteres auch von Privaten vorgenommen werden könne. Das Determinierungsgebot für Grundrechtseingriffe verlange vielmehr, dass eine solche "Überwachung" - im Sinn einer dauernden und systematischen Beobachtung aus öffentlichen Interessen - mit dem Ziel der Feststellung und Bestrafung von strafrechtswidrigem Verhalten nur unter gesetzlich festgelegten Bedingungen stattfinden dürfe, die auch jene Kautelen ("angemessen Garantien") vorzusehen hätten, die den Grundrechtseingriff verhältnismäßig und erträglich machten. Deshalb sei davon auszugehen, dass die ausdrückliche Regelung des § 98b in der 22. StVO-Novelle, wonach die Bezirksverwaltungsbehörde Verkehrsüberwachung mit Hilfe bildverarbeitender Verfahren betreiben dürfe, als abschließend in dem Sinn zu betrachten sei, dass es beliebigen Anderen nicht frei stehe, dieselbe Kompetenz zum Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz für sich in Anspruch zu nehmen.

Die Datenschutzkommission verkenne nicht, dass an einer Überwachung der Einhaltung von Geschwindigkeitsbestimmungen gerade in den Gemeinden, die von ihren Bürgern wohl in erster Linie zur Abhilfe gegen verkehrsbedingte Belästigungen aufgerufen würden, ein besonderes Interesse bestehe. Doch müsse bedacht werden, dass es dem Gesetzgeber obliege, eine entsprechende Zuständigkeit für Gemeinden im Verkehrsüberwachungsbereich zu schaffen.

Auch dann, wenn man die Frage, ob Privatwirtschaftsverwaltung durch die beschwerdeführende Gemeinde vorliege, bejahe und entsprechende rechtliche Befugnisse für gegeben erachte, so führe eine Interessenabwägung zu keinem für die beschwerdeführende Partei positiven Ergebnis. Dabei müsse § 8 Abs. 4 DSG 2000 als Maßstab dienen, wobei sich die beschwerdeführende Partei mangels einer gesetzlichen Zuständigkeit oder einer besonderen Ermächtigung oder Verpflichtung bei der Datenermittlung nur auf die Z. 3 stützen könne.

Als Privatwirtschaftssubjekt, das ein sinngemäß hypothetisch jedermann zukommendes Recht ausübe, die Fahrgeschwindigkeit von Kraftfahrzeugen messtechnisch festzustellen und durch Bilddatenverarbeitung zu dokumentieren, zähle die Beschwerdegegnerin nämlich nur als ein Rechtssubjekt, das, ähnlich einem Nachbarn und Straßenanrainer, seine Interessen verfolge, ohne ein subjektives Recht auf Durchführung einer solchen Überwachung und auch Verfolgung von Verwaltungsübertretungen behaupten zu können. Demgegenüber stehe das subjektiv-öffentliche Recht des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten, ohne überwiegende berechtigte, das heißt rechtlich positivierte und geschützte Interessen des Auftraggebers, nicht in seinem Grundrecht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt zu werden. Der Gesetzgeber habe jedoch nicht zuletzt, um unerwünschten Versuchen der Selbsthilfe oder gar der Anmaßung behördlicher Befugnisse hintanzuhalten, dem Einzelnen und damit auch der Ortsgemeinde als Privatrechtssubjekt kein besonders geschütztes Recht verliehen, die Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften zu kontrollieren. Insbesondere bestünden auch keine "gesetzlichen Sorgfaltspflichten" im Sinne des § 8 Abs. 4 Z. 3 DSG 2000, die die Gemeinde zu solchen Vorgehen anleiten oder verpflichten würde, weil die Straßenverkehrsordnung die entsprechenden Pflichten eben der allgemeinen Straßenpolizeibehörde - hier der Bezirksverwaltungsbehörde - übertrage.

Das Argument, dass der Grundrechtseingriff ja im öffentlichen Interesse erfolge und schon deshalb ein "überwiegendes berechtigtes Interesse" im Sinne des § 8 Abs. 3 DSG 2000 gegeben sei, das die Vornahme der Datenermittlung rechtfertige, könne nicht überzeugen. Das Vorliegen eines derartigen Interesses als Rechtsgrundlage einer Datenanwendung setze voraus, dass der präsumtive Auftraggeber der Datenanwendung zunächst ein "berechtigtes Interesse" nachweisen könne. Dass ein Privater ein berechtigtes, das heiße von der Rechtsordnung anerkanntes Interesse an der Verfolgung öffentlicher Interessen hätte, könne aber nicht als selbstverständlich angenommen werden. Grundsätzlich sei es Aufgabe des Staates und seiner Organe, die öffentlichen Interessen mit dem vom Gesetz näher umschriebenen Inhalt und in der vom Gesetz näher determinierten Weise wahrzunehmen - ein Privater müsse eigens nachweisen, dass ihm die Verfolgung öffentlicher Interessen übertragen worden sei. Eine Übertragung wäre im vorliegenden Zusammenhang nach § 94c StVO durch Hoheitsakt (Verordnung) auch möglich gewesen, doch sei sie nicht vorgenommen worden, sodass kein berechtigtes Interesse an der Vornahme von Handlungen der Verkehrsüberwachung durch die beschwerdeführende Gemeinde erkannt werden könne, wodurch auch das Vorliegen eines überwiegenden berechtigten Interesses an der Vornahme solcher Handlungen ausgeschlossen sei.

Aus § 7 Abs. 2 Z. 1 DSG 2000 folge in einem zweiten Schritt der zwingende Schluss, dass auch die Übermittlung der Daten an die Bezirkshauptmannschaft unrechtmäßig erfolgt sei, da diese nicht rechtmäßig verarbeitet worden seien. Durch die solcherart unrechtmäßige Datenverwendung habe die beschwerdeführende Partei den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten in seinem Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt.

1.3. Die beschwerdeführende Partei bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligte - eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Zur anzuwendenden Rechtslage kann auf die Darstellung in dem bereits erwähnten Erkenntnis vom , Zl. 2008/17/0152, verwiesen werden. Ergänzend ist auf den im Beschwerdefall ebenfalls maßgeblichen § 8 DSG 2000 in der hier noch anzuwendenden Fassung durch BGBl. I Nr. 13/2005 hinzuweisen:

"Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nichtsensibler Daten

§ 8. (1) Gemäß § 1 Abs. 1 bestehende schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind bei Verwendung nicht-sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn


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1.
eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung der Daten besteht oder
2.
der Betroffene der Verwendung seiner Daten zugestimmt hat, wobei ein Widerruf jederzeit möglich ist und die Unzulässigkeit der weiteren Verwendung der Daten bewirkt, oder
3.
lebenswichtige Interessen des Betroffenen die Verwendung erfordern oder
4.
überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten die Verwendung erfordern.

(2) Bei der Verwendung von zulässigerweise veröffentlichten Daten oder von nur indirekt personenbezogenen Daten gelten schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen als nicht verletzt. Das Recht, gegen die Verwendung solcher Daten gemäß § 28 Widerspruch zu erheben, bleibt unberührt.

(3) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind aus dem Grunde des Abs. 1 Z 4 insbesondere dann nicht verletzt, wenn die Verwendung der Daten


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1.
für einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe ist oder
2.
durch Auftraggeber des öffentlichen Bereichs in Erfüllung der Verpflichtung zur Amtshilfe geschieht oder
3.
zur Wahrung lebenswichtiger Interessen eines Dritten erforderlich ist oder
4.
zur Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung zwischen Auftraggeber und Betroffenem erforderlich ist oder
5.
zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen des Auftraggebers vor einer Behörde notwendig ist und die Daten rechtmäßig ermittelt wurden oder
6.
ausschließlich die Ausübung einer öffentlichen Funktion durch den Betroffenen zum Gegenstand hat oder
7.
im Katastrophenfall, soweit dies zur Hilfeleistung für die von der Katastrophe unmittelbar betroffenen Personen, zur Auffindung und Identifizierung von Abgängigen und Verstorbenen und zur Information von Angehörigen notwendig ist; im letztgenannten Fall gilt § 48a Abs. 3.

(4) Die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen verstößt - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 - nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn


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1.
eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung solcher Daten besteht oder
2.
die Verwendung derartiger Daten für Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung einer ihnen gesetzlich übertragenen Aufgabe ist oder
3.
sich sonst die Zulässigkeit der Verwendung dieser Daten aus gesetzlichen Sorgfaltspflichten oder sonstigen, die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen überwiegenden berechtigten Interessen des Auftraggebers ergibt und die Art und Weise, in der die Datenanwendung vorgenommen wird, die Wahrung der Interessen der Betroffenen nach diesem Bundesgesetz gewährleistet."

2.2. Soweit dem angefochtenen Bescheid und der Gegenschrift die Ansicht entnommen werden könnte, die beschwerdeführende Gemeinde könne - im hier gegebenen Zusammenhang - ausschließlich hoheitlich handeln, hätte die belangte Behörde insoweit die Bindungswirkung des erwähnten aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom verkannt (vgl. § 63 Abs. 1 VwGG).

Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem eben erwähnten Erkenntnis vom dargelegt, dass die Zuweisung einer Aufgabe wie etwa der "Verkehrsüberwachung" zur "hoheitlichen Vollziehung" noch nicht bedeutet, dass nicht hoheitliche Akte auf diesem Gebiet nicht mehr gesetzt werden könnten. Die Wahrnehmung von Vorgängen und die Weitergabe von Beobachtungen sind grundsätzlich durch den Umstand der Verpflichtung von Behörden zur Überwachung und zum allfälligen hoheitlichen Einschreiten einer Behörde nicht ausgeschlossen. Die Frage ist dabei nur, ab wann eine Maßnahme zu einer solchen wird, dass sie einer Behörde vorbehalten ist (so wird man eine Preisbeobachtung durch private Vereinigungen oder die Arbeiterkammer nicht als unzulässig ansehen können, nur weil die behördliche Preisüberwachung einem bestimmten Organ übertragen ist), und, ob die "Beobachtung" oder "Wahrnehmung" mit der Rechtsordnung im Einklang steht. Dies kommt im erwähnten Erkenntnis durch den Hinweis zum Ausdruck, dass die datenschutzrechtliche Zulässigkeit zu prüfen wäre. (Dies missversteht oder verkennt offenbar Pürstl in seiner Anmerkung zum erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom in ZVR 2010/101, 216).

2.3. Der angefochtene Bescheid erweist sich jedoch jedenfalls aus anderen Erwägungen als zumindest im Ergebnis zutreffend:

Die in den Abs. 1 und 2 DSG 2000 verfassungsrechtlich grundgelegte Interessenabwägung wird in § 8 leg. cit. - wie dies die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - näher konkretisiert.

Die beschwerdeführende Partei beruft sich in diesem Zusammenhang nicht auf das Bestehen einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung der Daten oder - die beschwerdeführende Gemeinde geht nach wie vor davon aus, dass sie im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung gehandelt habe - darauf, dass die Verwendung der Daten für sie als Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung einer ihr gesetzlich übertragenen Aufgabe gewesen wäre (vgl. § 8 Abs. 4 Z. 1 und 2 DSG 2000).

Soweit die beschwerdeführende Gemeinde im Sinne des § 8 Abs. 4 Z. 3 DSG 2000 vorbringt, ihre Pflichten als Straßenerhalter würden hier zum Tragen kommen, kann ihr jedoch nicht zugestimmt werden. Es ist nämlich keineswegs einsichtig, warum die Pflichten eines Straßenerhalters, selbst wenn sie eine Information über die Anzahl der die Straße benützenden Verkehrsteilnehmer erforderten, die für eine Anzeige wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung erforderlichen Daten miteinzubeziehen hätten.

Soweit die beschwerdeführende Partei aber auf sonstige berechtigte Interessen im Sinne des § 8 Abs. 4 Z. 3 DSG 2000 abstellt und in diesem Zusammenhang auf die mangelnde Schutzwürdigkeit dessen verweist, der eine verwaltungsstrafrechtliche Übertretung begeht, legt sie nicht dar, welche speziellen Erfordernisse gerade hier eine generelle Verkehrsüberwachung (und damit das Sammeln von geschützten Daten) durch sie erforderlich machen würde. Es wäre nämlich an der beschwerdeführenden Partei gelegen gewesen, im Sinne der gesetzlich vorgegebenen Interessenabwägung ein berechtigtes Interesse ihrerseits darzulegen, das über das allgemeine Interesse an der Einhaltung von Geschwindigkeitsbeschränkungen (oder sonstigen Vorschriften) hinaus eine Überwachung gerade der konkreten Geschwindigkeitsbeschränkung durch die von ihr getroffenen Maßnahmen rechtfertigen würde.

Wenn schließlich die Beschwerde noch das Vorliegen von personenbezogenen Daten in Zweifel zieht, so genügt es auf die von der belangten Behörde bereits im ersten Rechtsgang in Anlehnung an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dargetane Auffassung zu verweisen, dass es sich bei Kennzeichen von Kraftfahrzeugen um solche Daten handelt und auch eine Zustimmung des Inhabers der Kennzeichen durch deren Verwendung zur Erhebung der dadurch ersichtlichen Daten nicht konkludent gegeben ist.

2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Entscheidung über die Kostenersatzpflicht beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
MAAAE-79609