VwGH 27.04.2016, 2013/05/0074
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Dem Nachbarn kommt auch dann kein Recht auf Schutz vor Immissionen aus einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß zu, wenn auf dem Baugrundstück selbst eine geringere Anzahl von Stellplätzen als die gesetzlich vorgesehenen errichtet werden sollen. |
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RS 2 | Dem Nachbarn kommt gemäß § 6 Abs. 2 NÖ BauO 1996 kein Nachbarrecht dahin zu, dass Pflichtstellplätze gemäß § 63 Abs. 2 leg. cit. nach Möglichkeit auf dem Baugrundstück herzustellen sind. Dies gilt auch im Hinblick auf die Bestimmung des § 63 Abs. 3 NÖ BauO 1996, die regelt, unter welchen Voraussetzungen Stellplätze für ein Projekt auf einem anderen Grundstück als dem Baugrundstück hergestellt werden dürfen. |
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RS 3 | Die Bestimmungen der NÖ BauO 1996 über die Ausgestaltung von Abstellanlagen (§ 64 NÖ BauO 1996) räumen dem Nachbarn kein über die Regelungen des § 6 Abs. 2 NÖ BauO 1996 hinausgehendes Nachbarrecht ein (Hinweis E vom , 2010/05/0223). |
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RS 4 | Dem Nachbarn kommt aus der straßenverkehrsrechtlichen Erklärung einer Straße zur Wohnstraße im Sinne des § 76b StVO 1960 kein Nachbarrecht gemäß § 6 Abs. 2 NÖ BauO 1996 zu. |
Normen | BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z1; BauRallg; BauTV NÖ 1997 §10; |
RS 5 | Das Recht auf Brandschutz kann nur insoweit verletzt sein, als durch die Ausgestaltung und die zulässige Benützung des bewilligten Bauwerks der Nachbarschutz nicht gewährleistet ist; typischerweise kommt dafür § 10 NÖ BauTV, betreffend die Gestaltung von Außenwänden als Brandwände in Betracht. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2001/05/1127 E VwSlg 16428 A/2004 RS 3 |
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RS 6 | Das verfahrensgegenständliche Brandschutzkonzept betrifft die für das geplante Projekt erforderlichen Maßnahmen aus brandschutztechnischer Sicht, primär im Hinblick auf eine Brandabschnittsbildung im Gebäude, die Sicherung der Flucht aus diesem im Falle eines Brandes und die Ausstattung des Gebäudes mit technischen Brandschutzeinrichtungen. Das Brandschutzkonzept betrifft somit den Brandschutz des Projektes des Baubewilligungsverfahrens und nicht den Brandschutz betreffend Bauwerke der Nachbarn. Dem Nachbarn kommt daher insofern kein Recht auf Brandschutz zu, weshalb die mangelnde Akteneinsicht diesbezüglich den Nachbarn nicht in Rechten gemäß § 6 Abs. 2 NÖ BauO 1996 verletzen konnte, da Verfahrensrechte nicht weiter gehen als die materiellen Rechte (Hinweis E vom , 2011/05/0159). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Beschwerde des Dr. C K in M, vertreten durch Mag. Friedrich Poppmeier, Rechtsanwalt in 9470 St. Paul, Hauptstraße 4, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-1768/001-2012, betreffend Einwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. R eGen.m.b.H. in M, vertreten durch Beck Krist Bubits & Partner, Rechtsanwälte in 2340 Mödling, Elisabethstraße 2; 2. Stadtgemeinde M), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die erstmitbeteiligte Partei beantragte mit Ansuchen vom (eingelangt beim Magistrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde am ) die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines neuen Bankgebäudes auf dem näher angeführten Grundstück H.-Straße 29 in der mitbeteiligten Stadtgemeinde und den Umbau im Erdgeschoss des im Osten unmittelbar anschließenden bestehenden Gebäudes gleichfalls für Bankzwecke auf dem Grundstück H.-Straße 27.
2 Das Grundstück des Beschwerdeführers liegt westlich des Baugrundstückes, auf dem der angeführte Neubau des Bankgebäudes in geschlossener Bauweise vorgesehen ist, und ist von diesem durch die F.-Gasse getrennt. Die F.-Gasse ist gemäß § 76b Abs. 1 StVO zur Wohnstraße erklärt. Das Gebäude auf dem Nachbargrundstück des Beschwerdeführers befindet sich in einer Entfernung von ca. 7 m zur F.-Gasse.
3 Aus Anlaß der am anberaumten mündlichen Verhandlung erhob der Beschwerdeführer Einwendungen. Er machte insbesondere geltend, dass ihm in das in der Baubeschreibung erwähnte Brandschutzkonzept keine Akteneinsicht gewährt worden sei, sodass es für ihn nicht nachvollziehbar sei, ob ein ausreichender Brandschutz für Bauwerke der Nachbarn vorgesehen sei. Es sei auch nicht ersichtlich, ob bei der Planung und Ausführung des Bauvorhabens die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Hygiene und der Gesundheit der Nachbarn im Sinne von § 43 Abs. 1 Z 3 NÖ. Bauordnung 1996 (BO) gewährleistet würden. Durch das durch den Bau hervorgerufene erhöhte Verkehrsaufkommen auf der F.-Gasse liege nach Ansicht des Beschwerdeführers ein Verstoß gegen den Immissionsschutz gemäß § 48 BO vor. Es hätten Stellplätze geplant werden müssen, die ausschließlich über die (senkrecht zur F.-Gasse verlaufende) Hauptstraße erreichbar seien. Es seien auf dem Baugrundstück nicht genug Pflichtstellplätze vorgesehen. Es werde weiters gegen die Verkehrserschließungsbestimmungen verstoßen, weil es sich bei der F.-Gasse um eine Wohnsiedlungsstraße nach § 71 Abs. 5 Z 4 BO handle, auf der durch das Bauvorhaben das Verkehrsaufkommen unzulässiger Weise erhöht werde.
4 Der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde erteilte der erstmitbeteiligten Partei mit Bescheid vom die beantragte baubehördliche Bewilligung für den Neubau eines Bankgebäudes auf dem Baugrundstück H.-Straße 29 sowie für die Änderungen im Erdgeschoss des Gebäudes auf dem Grundstück H.- Straße 27 unter Erteilung von etlichen Auflagen (insbesondere zahlreiche feuerpolizeiliche Auflagen, denen u.a. das im Verfahren mit dem Bauansuchen vorgelegte Brandschutzkonzept von Dipl. Ing. G. K. zu Grunde lag). Zu den Stellplätzen wird in diesem Bescheid ausgeführt, dass derzeit auf der Liegenschaft bereits drei Pkw-Abstellplätze genehmigt seien, durch die sieben vorgesehenen Stellplätze des vorliegenden Projektes komme es zu einem Zuwachs von vier Fahrzeugen. Es seien fünfzehn Pflichtstellplätze für das Projekt erforderlich, wobei sieben Stellplätze auf Eigengrund hergestellt würden. sechs Stellplätze seien in der Tiefgarage H.-Straße 28 grundbücherlich sichergestellt und zwei Stellplätze seien vom Bestand der Bankräumlichkeiten auf dem Nachbargrundstück H.- Straße 27 anzurechnen. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden teils zurück-, teils als unbegründet abgewiesen.
5 Der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde wies die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers mit dem in seiner Sitzung vom beschlossenen Bescheid vom als unbegründet ab.
6 Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie führte dazu - soweit es beschwerderelevant ist - im Wesentlichen aus, dass gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 BO jene Immissionen hinzunehmen seien, die sich aus einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergäben. Diese Bestimmung enthalte keine Beschränkung auf damit im Zusammenhang stehende Gebäude, die Wohnzwecken dienten. Es sei die Argumentation des Beschwerdeführers nicht nachvollziehbar, dass er zwar die Immissionen von fünfzehn Pflichtstellplätzen auf den Baugrundstücken hinnehmen müsste, nicht aber jene von den auf diesen tatsächlich geplanten sieben Pflichtstellplätzen. Von sieben Stellplätzen gingen naturgemäß deutlich weniger Immissionen aus als von fünfzehn Stellplätzen. Weiters räume § 6 Abs. 2 BO den Nachbarn kein Recht auf die Vorschreibung einer bestimmten Anzahl von Stellplätzen ein und der Nachbar habe weiters auch keinen Rechtsanspruch auf die Beibehaltung der Verkehrs- und Parkplatzsituation auf öffentlichen Verkehrsflächen.
7 Wenn der Beschwerdeführer meine, es gingen von der Benützung des Vorhabens unzumutbare Immissionen durch Lärm und Abgase aus, die geeignet seien, das Leben und die Gesundheit von Nachbarn zu gefährden und Nachbarn durch Lärm und Abgase unzumutbar zu belästigen, wobei er sich damit nicht auf die Verkehrssituation beziehe, verweise die belangte Behörde darauf, dass dem gegenständlichen Baubewilligungsverfahren unter anderem auch ein Schallgutachten, ein akustisches und bauphysikalisches Gutachten und ein Elektrotechnik-Projekt sowie eine technische "Baueinrichtung" (gemeint offensichtlich: Baubeschreibung) für Heizung, Klima-, Lüftungs- und Sanitäreinrichtungen zugrunde lägen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen seien. Er habe die Gutachten der Sachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene bekämpft. Der Nachbar habe weder ein Recht darauf, dass die Baubehörde einem Bauwerber eine bestimmte Anzahl von Pflichtstellplätzen vorzuschreiben habe, noch darauf, dass die Pflichtstellplätze eines Projektes ausschließlich auf dem Baugrundstück zu errichten seien. Nach der für Wohnstraßen geltenden Regelung des § 76b Abs. 1 StVO sei "das Befahren zum Zwecke des Zu- und Abfahrens" zulässig, ohne dass dabei auf "Anrainer, die dort wohnen" abgestellt werde.
8 In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.
9 Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die erstmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
10 Gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen dieses Gesetzes weiter anzuwenden.
11 Im vorliegenden Beschwerdefall war im Hinblick auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde, einer Kollegialbehörde, die BO, LGBl. 8200-0, idF LGBl. 8200-20 anzuwenden.
12 Gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 BO sind u.a. Eigentümer von Grundstücken, die von dem Baugrundstück durch dazwischenliegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind, Nachbarn im Baubewilligungsverfahren.
13 § 6 Abs. 2 BO sieht für die den Nachbarn zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechte Folgendes vor:
"(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die
1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4) sowie
2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben,
gewährleisten und über
3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 11) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen."
14 Die §§ 63 und 64 BO betreffend Abstellanlagen lauten auszugsweise:
"§ 63 Verpflichtung zur Herstellung von Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge
(1) Wird ein Gebäude errichtet, vergrößert oder dessen Verwendungszweck geändert, sind dem voraussichtlichen Bedarf entsprechend Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge herzustellen. Die Mindestanzahl der Stellplätze ist mit Verordnung der Landesregierung festzulegen:
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Für | nach Anzahl der |
... | |
4. Industrie- und Gewerbebetriebe und Verwaltungsgebäude | Beschäftigten oder nach der Verkaufs- oder Geschossfläche |
... |
(2) Die Stellplätze sind nach Möglichkeit auf dem Baugrundstück herzustellen.
(3) Ist die Herstellung oder Vergrößerung einer Abstellanlage mit der erforderlichen Anzahl von Stellplätzen nach Abs. 1 auf dem Baugrundstück
o technisch nicht möglich,
o wirtschaftlich unzumutbar oder
o verboten (Bebauungsplan),
darf die Anlage auf einem anderen Grundstück hergestellt werden.
Dieses Grundstück muss
o in einer Wegentfernung bis zu 300 m liegen und
o seine Verwendung für die Anlage grundbücherlich sichergestellt
sein, wenn
dieses Grundstück nicht im Eigentum des Verpflichteten steht.
... ."
"§ 64 Ausgestaltung der Abstellanlagen
...
(4) Abstellanlagen sind so auszugestalten und zu benützen, daß o eine Gefährdung von Personen und eine Beschädigung von Sachen durch Gase oder Dämpfe, durch Brand oder durch Explosion sowie o eine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Belästigung durch Lärm, Geruch oder Erschütterung
nicht zu erwarten ist.
Die Bestimmung über die Benützung von Abstellanlagen gilt
nicht für gewerbliche Betriebsanlagen.
(5) Abstellanlagen dürfen nur dort errichtet werden, wo es die Verkehrsverhältnisse gestatten.
Hiefür sind
o die Größe der Anlage,
o die Lage des Tores oder der Einmündung des Verbindungsweges in
die öffentliche Verkehrsfläche,
o die Nähe von Straßenkreuzungen,
o die Verkehrsbedeutung der Straße,
o die Verkehrsdichte auf ihr und
o die Sichtverhältnisse
maßgebend."
15 Der Beschwerdeführer macht im Hinblick auf die im Projekt auf dem Baugrundstück des Bankgebäudes geplanten sieben Stellplätze geltend, dass für das Projekt fünfzehn Pflichtstellplätze vorgeschrieben seien. Indem das Projekt nur sieben Stellplätze vorsehe, stelle dies keine Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß im Sinne des § 6 Abs. 2 Z 2 BO dar. Gegen eine solche Abstellanlage stehe ihm daher im Hinblick auf die Immissionen ein Nachbarrecht zu. Gemäß § 63 Abs. 2 BO sollten Stellplätze nach Möglichkeit auf dem Baugrundstück hergestellt werden. Nur bei Vorliegen bestimmter Umstände dürften solche auf einem anderen Grundstück errichtet werden. Nach Ansicht des Beschwerdeführers wären die fünfzehn gesetzlich vorgeschriebenen Stellplätze für das vorliegende Projekt zwingend auf dem Baugrundstück zu errichten gewesen. Die belangte Behörde habe auch § 64 BO (insbesondere Abs. 4 und 5) nicht beachtet. Danach seien Abstellanlagen so zu gestalten und zu benützen, dass eine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Belästigung an Lärm oder Geruch nicht zu erwarten sei (§ 64 Abs. 4 leg. cit.), und derartige Anlagen dürften nur dort errichtet werden, wo es die Verkehrsbedeutung der Straße gestattete (§ 64 Abs. 5 leg. cit).
16 In einer Wohnstraße sei jeder Lärm und Geruch durch Kraftfahrzeuge, die nicht zu einem Wohngebäude, sondern zu einem Betriebsgebäude zuführen oder von dort abführen, unzumutbar, da Geschäftsverkehr durch Kraftfahrzeuge in einer Wohnstraße verboten sei. Die Zufahrt zur Abstellanlage für das geplante Bankgebäude durch die F.-Gasse als Wohnstraße verstoße gegen § 76b StVO und gegen § 64 Abs. 4 BO. Es liege auch ein Verstoß gegen § 64 Abs. 5 BO vor. Durch die fehlenden Pflichtstellplätze werde er in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf Schutz von Leben und Gesundheit und Schutz vor unzumutbarer Belästigung durch Lärm und Abgase gemäß § 6 in Verbindung mit § 48 BO verletzt sei, da die Immissionen der vorliegenden Abstellanlage von einer solchen Anlage ausgingen, die nicht dem gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß entspreche.
17 Nach § 76b Abs. 1 StVO sei in "einer solchen Wohnstraße ... der Fahrzeugverkehr verboten". Weiters habe die Behörde nicht nachgewiesen, dass die Errichtung der 15 geforderten Pflichtstellplätze im geplanten Bankgebäude im Sinne des § 63 Abs. 3 BO wirtschaftlich unzumutbar oder technisch unmöglich wäre. Bei den sechs weiteren Stellplätzen, die im Nahebereich für das Projekt vorgesehen seien, handle es sich um eine existierende Abstellanlage, die bereits einem bestehenden Betriebsgebäude der erstmitbeteiligten Partei als Pflichtabstellanlage zugeordnet sei.
18 Dazu ist Folgendes auszuführen:
19 § 6 Abs. 2 Z 2 BO gewährt dem Nachbarn kein Recht auf Schutz vor Immissionen in dem Fall einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63 BO). Im vorliegenden Fall ist - wie bereits erwähnt - geplant, dass sieben Pflichtstellplätze auf dem Baugrundstück des Bankgebäudes errichtet werden, weitere sechs Stellplätze sind in einer dem Bankgebäude gegenübergelegenen Tiefgarage grundbücherlich sichergestellt und zwei weitere Stellplätze befinden sich auf dem Nachbargrundstück H.-Straße 27. Die belangte Behörde hat zutreffend die Ansicht vertreten, dass dem Nachbarn auch dann kein Recht auf Schutz vor Immissionen aus einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß zukommt, wenn auf dem Baugrundstück selbst eine geringere Anzahl von Stellplätzen als die gesetzlich vorgesehenen errichtet werden sollen. Dem Nachbarn kommt gemäß § 6 Abs. 2 BO auch kein Nachbarrecht dahin zu, dass Pflichtstellplätze gemäß § 63 Abs. 2 BO nach Möglichkeit auf dem Baugrundstück herzustellen sind. Dies gilt auch im Hinblick auf die Bestimmung des § 63 Abs. 3 BO, der regelt, unter welchen Voraussetzungen Stellplätze für ein Projekt auf einem anderen Grundstück als dem Baugrundstück hergestellt werden dürfen. Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2010/05/0223, bereits ausgesprochen, dass die Bestimmungen der BO über die Ausgestaltung von Abstellanlagen (§ 64 BO) dem Nachbarn kein über die Regelungen des § 6 Abs. 2 BO hinausgehendes Nachbarrecht einräumen.
20 Auch kommt dem Nachbarn aus der straßenverkehrsrechtlichen Erklärung einer Straße zur Wohnstraße im Sinne des § 76b StVO kein Nachbarrecht gemäß § 6 Abs. 2 BO zu. Im Übrigen hat die Behörde zutreffend darauf hingewiesen, dass Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nach § 6 Abs. 2 BO kein Recht haben, dass sich die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen nicht ändern (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/06/0129).
21 Der Beschwerdeführer macht weiters die Verletzung seines Rechtes auf Akteneinsicht geltend. Sein Vertreter habe am Akteneinsicht genommen und es sei ihm lediglich Einsicht in die Baubeschreibung vom samt E-Mail vom und in die Baupläne gewährt worden. Weitere Aktenbestandteile habe er nicht einsehen können. Er sei daher bei der Erhebung von Einwendungen gegen das Bauprojekt insofern beeinträchtigt gewesen. Insbesondere sei ihm das in der Baubeschreibung erwähnte Brandschutzkonzept nicht vorgelegt worden. Er habe auch das Gutachten betreffend den Schallschutz für das Projekt nicht einsehen können.
22 Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend:
23 Gemäß § 6 Abs. 2 Z 1 BO steht dem Nachbarn in Bezug auf Bestimmungen der BO und ihrer Durchführungsverordnungen betreffend den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn ein Nachbarrecht zu. Das Recht des Nachbarn auf Brandschutz kann aber nur insoweit verletzt sein, als durch die Ausgestaltung und die zulässige Benützung des bewilligten Bauwerkes der Nachbarschutz für das Bauwerk des Nachbarn nicht gewährleistet ist; typischerweise kommt dafür § 10 Nö. Bautechnikverordnung 1997 betreffend die Gestaltung von Außenwänden als Brandwände in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/05/1127). Das verfahrensgegenständliche Brandschutzkonzept betrifft die für das geplante Projekt erforderlichen Maßnahmen aus brandschutztechnischer Sicht, primär im Hinblick auf eine Brandabschnittsbildung im Gebäude, die Sicherung der Flucht aus diesem im Falle eines Brandes und die Ausstattung des Gebäudes mit technischen Brandschutzeinrichtungen. Das Brandschutzkonzept betrifft somit den Brandschutz des Projektes des Baubewilligungsverfahrens und nicht den Brandschutz betreffend Bauwerke der Nachbarn. Dem Beschwerdeführer kommt daher insofern kein Recht auf Brandschutz zu, weshalb die mangelnde Akteneinsicht diesbezüglich den Beschwerdeführer nicht in Rechten gemäß § 6 Abs. 2 BO verletzen konnte, da Verfahrensrechte nicht weiter gehen als die materiellen Rechte (vgl dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/05/0159).
24 Das schalltechnische Gutachten vom , in dem die Schallimmissionen der vorgesehenen haustechnischen Anlagen (Klimageräte auf dem Dach, eine Lüftungsanlage im Keller bzw. eine Außenluftansaugung vor der Glasfassade 2 m über dem Gehsteig in der F.-Gasse) zu den Anrainern hin untersucht wurden, langte beim Stadtamt der mitbeteiligten Stadtgemeinde am ein. Eine Akteneinsicht in dieses Gutachten war am , wie es der Beschwerdeführer moniert, daher nicht möglich. Dieses schalltechnische Gutachten ist im erstinstanzlichen Bescheid unter den Grundlagen für die Bescheiderlassung angeführt. Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich im weiteren Verfahren nicht um Akteneinsicht ersucht, weshalb er schon deshalb nicht in seinem Recht auf Akteinsicht verletzt sein kann. Aber auch wenn man sein Vorbringen dahin versteht, dass ihm diesbezüglich zu Unrecht kein Parteiengehör gewährt worden sei, hätte er ausgehend von der ihm zugekommenen Baubeschreibung, in der auch eine haustechnische Beschreibung und eine elektrotechnische Beschreibung enthalten waren, eine allfällige Verletzung in einem Recht gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 BO diesbezüglich geltend machen können. Verfahrensrechte reichen aber immer nur soweit, als die Verletzung in geltend gemachten materiellen Rechten möglich ist (vgl. das angeführte hg. Erkenntnis vom ). Auch in dieser Hinsicht liegt somit jedenfalls kein wesentlicher Verfahrensmangel vor.
25 Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
26 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 513/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014 weiterhin anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
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Schlagworte | Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Brandschutz (Bestimmungen feuerpolizeilichen Charakters) BauRallg5/1/4 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:2013050074.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAE-79560