VwGH vom 28.10.2009, 2008/15/0190
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der B Gesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Dr. Walter Rinner, Rechtsanwalt in 4060 Leonding, Am Exerzierfeld 15/2, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IKD(Gem)-524650/1-2008-Sa, betreffend Kommunalsteuer 1997 bis 2001 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Gallneukirchen vertreten durch den Bürgermeister in 4210 Gallneukirchen, Reichenauer Straße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei wurde auf Grund einer Kommunalsteuerprüfung die Kommunalsteuer für die Streitjahre und in Anrechnung der erklärten Kommunalsteuer die Nachforderung samt Säumniszuschlag festgesetzt. Die beschwerdeführende GmbH (Beschwerdeführerin) erhob Berufung. Darin wurde - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - ausgeführt, der Geschäftsführer sei auf Grund seiner sonstigen beruflichen Situation als Optikermeister keineswegs in der Weise in der Betriebsstätte in G. tätig, die der Definition als kommunalsteuerpflichtiger Geschäftsführer entspreche. Es fehle die Eingliederung in das Unternehmen, weil die Tätigkeit weitestgehend von einem in einem anderen Ort liegenden Betrieb des Geschäftsführers aus erfolge.
Mit Ernst M. bestehe kein Dienst- oder Arbeitsverhältnis, sondern lediglich eine Vereinbarung als Inhaber einer gewerberechtlichen Konzession für das Gewerbe Kontaktlinsenoptiker in Form eines Werkvertrages.
Nach einem Vorhalteverfahren wurde der Berufung in einem nicht mehr beschwerdegegenständlichen Punkt Folge gegeben. Die Berufungsbehörde führte im Übrigen aus, der Geschäftsführer sei im Streitzeitraum mit 98 % an der Beschwerdeführerin beteiligt gewesen. Der Geschäftsführer habe der Beschwerdeführerin Honorarnoten ohne weitere Angaben für etwaige von seiner Einzelfirma erbrachten Leistungen übermittelt. Diese Honorarnoten seien 14 mal jährlich, also mit Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration der Beschwerdeführerin gelegt worden. Die in den Honorarnoten angeführten Beträge seien als Geschäftsführerhonorare in der GmbH der Kommunalsteuer zu unterwerfen. Die Beschwerdeführerin habe einbekannt, dass sich der Geschäftsführer zumindest einmal wöchentlich (ca. 4 Stunden) in der Betriebsstätte in G. aufhalte. Daraus sei zu folgern, dass sich der Geschäftsführer in dieser Zeit der Tätigkeit als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin gewidmet habe. Der Geschäftsführer sei bereits seit 1982 Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin und erbringe seit diesem Zeitpunkt Arbeitsleistungen für die Beschwerdeführerin. Im Hinblick auf die permanente entgeltliche Arbeitsleistung des Geschäftsführers sei die Unternehmenseingliederung eindeutig nachgewiesen.
Ernst M. sei seit bis als Prokurist und ab als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen gewesen. Die Beschwerdeführerin habe eine nicht datierte und nicht signierte "Vereinbarung" zwischen ihr und Ernst M. vorgelegt. Aus dieser Vereinbarung sei ersichtlich, dass Ernst M. ab für seine gewerberechtliche Tätigkeit als Geschäftsführer von der Beschwerdeführerin ein monatliches Entgelt beziehe. Nach dieser Vereinbarung habe Ernst M. einmal wöchentlich im Rahmen dieser Tätigkeit selbst die Anpassung, Abgabe und Nachkontrolle von Kontaktlinsen zu übernehmen und die im Betrieb der Beschwerdeführerin vorgenommenen Kontaktlinsenanpassung zu überwachen. Gemäß dieser Vereinbarung hafte die Beschwerdeführerin als Bürge und Zahler für alle Verbindlichkeiten und Strafen, für die Ernst M. auf Grund seiner gewerberechtlichen Geschäftsführertätigkeit in Anspruch genommen werde und werde er diesbezüglich schad- und klaglos gehalten. Das gegenständliche Arbeitsverhältnis könne von jeder Vertragspartei unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist jeweils zum Jahresviertel aufgekündigt werden. Die Beschwerdeführerin habe vorgetragen, dass Ernst M. einmal wöchentlich einen Tag laut Werkvertrag für die Beschwerdeführerin in G. tätig sei. Da Ernst M. im Prüfungszeitraum regelmäßig Dienstleistungen für die Beschwerdeführerin erbracht habe, sei vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses auszugehen.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen diesen Berufungsbescheid als unbegründet abgewiesen. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe in der Vorstellung behauptet, der Geschäftsführer sei am Standort in G. ins Unternehmen nicht eingegliedert gewesen.
Mit Ernst M. habe sie einen Werkvertrag abgeschlossen, der ein nicht kommunalsteuerpflichtiges Rechtsverhältnis sei.
Die im Prüfungsverfahren angesprochene Niederschrift sei nicht in den Betriebsräumlichkeiten übergeben worden. Die vorliegende Durchschrift der Niederschrift sei mangelhaft, weil sie keine Erklärungen des Abgabepflichtigen und auch nicht dessen Unterschrift enthalte.
Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei ein Unternehmen im Sinne des Kommunalsteuergesetzes 1993, die gewerbliche Tätigkeit werde am Standort des Unternehmens in G. ausgeübt. Der Geschäftsführer sei im Streitjahr am Stammkapital der Beschwerdeführerin zu 98 % beteiligt gewesen. Er sei als Geschäftsführer in das Unternehmen eingegliedert gewesen und habe für seine Arbeitsleistungen (gelegentlicher oder teilweiser Wareneinkauf, Werbung und Produktionsleistungen) regelmäßige Vergütungen in Form von "Honorarnoten" erhalten. Er sei nicht von einem Unternehmerrisiko betroffen gewesen, weil er diese Vergütungen unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens erhalten habe.
Ernst M. sei einmal wöchentlich für acht Stunden für die GmbH am Standort in G. tätig gewesen. In der Vereinbarung mit ihm sei eine dreimonatige Kündigungsfrist vorgesehen. Es sei auch eine Haftung der Beschwerdeführerin als Bürge und Zahler für Verbindlichkeiten des Ernst M. im Rahmen seiner gewerberechtlichen Tätigkeit fixiert worden. Im Rahmen dieser Vereinbarung habe Ernst M. regelmäßig Honorare bezogen. Das für freie Werk- und Dienstverträge wesentliche Element der persönlichen Unabhängigkeit sei in diesem Fall nicht gegeben. Auch die Umstände, dass Ernst M. im Streitzeitraum zunächst Prokurist und danach handelsrechtliche Geschäftsführer gewesen sei, sprächen für das Vorliegen eines echten Dienstverhältnisses.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei über die Beschwerde in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerde macht geltend, im Rahmen des Prüfungsverfahrens seien Verfahrensvorschriften verletzt worden. Die Niederschrift vom sei keineswegs an Maria O. in den Betriebsräumlichkeiten übergeben worden. Das ihr vorliegende Exemplar der Niederschrift stelle lediglich ein Fax der mitbeteiligten Partei dar, welches auf Grund eines telefonischen Ersuchens an den steuerlichen Vertreter übermittelt worden sei. Diese Niederschrift sei verfahrensrechtlich in jedem Fall mangelhaft. Sie enthalte keinerlei Erklärungen des Abgabepflichtigen, es fehle auch die Unterschrift des Abgabepflichtigen bzw. ein Vermerk, warum diese Unterschrift fehle. Die Vorstellungsbehörde sei auf die Frage der Ordnungsmäßigkeit des Prüfungsverfahrens nicht eingegangen.
Diese behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führt schon deswegen nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil es die Beschwerde unterlässt, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels darzutun.
Die Beschwerdeführerin hält ihr bereits im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen auch in der Beschwerde aufrecht. Damit zeigt sie jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
Gemäß § 1 KommStG 1993 unterliegen der Kommunalsteuer die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind. Dienstnehmer sind nach § 2 leg. cit. Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinn des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinn des § 22 Z. 2 EStG 1988. Die zuletzt genannten Personen sind nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 an einer Kapitalgesellschaft wesentlich (zu mehr als 25 % am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft) Beteiligte hinsichtlich ihrer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 leg. cit.) aufweisenden Beschäftigung.
Die rechtlichen Voraussetzungen der Erzielung von Einkünften nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 hat der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der zu 50 % oder höher an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Personen oder der über eine Sperrminorität verfügenden wesentlichen Beteiligten im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 2003/13/0018, klargestellt. In diesem Erkenntnis, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass entscheidende Bedeutung dem Umstand zukommt, ob der Geschäftsführer bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist. Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen eines Unternehmerrisikos oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, kann nur in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes nicht klar zu erkennen wäre. Von einem solchen Fehlen der Eingliederung ist nach dem in ständiger Judikatur entwickelten Verständnis von diesem Tatbestandsmerkmal in aller Regel nicht auszugehen.
Bei dieser Sachlage kann der belangten Behörde nicht erfolgreich entgegen getreten werden, wenn sie die im Beschwerdefall dem Gesellschafter-Geschäftsführer gewährten Vergütungen (14 mal pro Jahr) als Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 beurteilt und daher in die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer einbezogen hat, weil die Eingliederung des für die Beschwerdeführerin tätigen Gesellschafter-Geschäftsführers in den Organismus des Betriebes der Beschwerdeführerin nach Maßgabe des im genannten Erkenntnis des verstärkten Senates dargelegten Verständnisses vorgelegen ist. Ausgehend vom maßgeblichen funktionalen Verständnis der Eingliederung kann auch im Beschwerdefall hinsichtlich der Tätigkeit des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin kein Zweifel an der Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Beschwerdeführerin bestehen. Der Umstand, dass der Geschäftsführer nur an einem Tag pro Woche (ca. 4 Stunden) in dieser Betriebsstätte anwesend war und im Übrigen die Geschäftsführung vom Ort seines Einzelunternehmens aus geleitet hat, steht der Annahme einer Eingliederung im dargelegten Sinne nicht entgegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2007/15/0267, und vom , 2006/13/0127).
Zur Kommunalsteuerpflicht der dem Prokuristen und gewerberechtlichen Geschäftsführer Ernst M. gewährten Bezüge führt die Beschwerdeführerin aus, es liege kein Dienstverhältnis im Sinne des Angestelltengesetzes vor. Nach der Vereinbarung sei Ernst M. weder berechtigt noch verpflichtet gewesen, für die Beschwerdeführerin andere als in der Vereinbarung festgelegten Tätigkeiten zu entfalten. Er habe wöchentlich 7,5 Stunden die Anpassung, Abgabe und Nachkontrolle von Kontaktlinsen durchgeführt. Er sei in der Gestaltung seiner Tätigkeit im Übrigen frei und weisungsungebunden gewesen.
Die belangte Behörde ist - wie bereits die Berufungsbehörde - vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses ausgegangen. Ein solches liegt gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Der Legaldefinition dieser Bestimmung sind somit zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. Lediglich in Fällen, in denen beide Kriterien über keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos) Bedacht zu nehmen (vgl. auch dazu das Erkenntnis eine verstärkten Senates vom , 2003/13/0018). Das Beschwerdevorbringen lässt nicht erkennen, dass die belangte Behörde zu Unrecht von einer persönlichen Weisungsgebundenheit des Ernst M. und seiner Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Beschwerdeführerin ausgegangen wäre. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, dass Ernst M. der Beschwerdeführerin ungeachtet der unstrittig erfolgten regelmäßigen Entlohnung nicht seine Arbeitskraft laufend zur Verfügung gestellt, sondern die Erbringung einzelner Werke geschuldet hätte. Auf die von den Vertragspartnern gewählte Bezeichnung des Vertrages kommt es für das Bestehen eines Dienstverhältnisses nicht an. Die belangte Behörde hat ebenso wie bereits die Berufungsbehörde zutreffend darauf hingewiesen, dass die Vereinbarung auf unbestimmte Zeit geschlossen worden ist und unter Einhaltung einer Frist gekündigt werden konnte. In einem Werkvertrag wird die Verpflichtung zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges vereinbart, nicht aber eine auf Dauer angelegte und damit zeitraumbezogene Erbringung von Leistungen. Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass die im Beschwerdefall vorliegende Vereinbarung für ein Dienstverhältnis spricht, nicht aber für einen Werkvertrag als Zielschuldverhältnis (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2000/13/0182). Es ist daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die von Ernst M. im Rahmen der Vereinbarung bezogenen regelmäßigen Honorare der Kommunalsteuer unterworfen hat.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Kostenbegehren der nicht durch einen Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) vertretenen mitbeteiligten Partei war gemäß § 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG abzuweisen.
Wien, am