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VwGH vom 16.05.2011, 2010/17/0128

VwGH vom 16.05.2011, 2010/17/0128

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde 1. der B B, und 2. des Mag. W B, beide in K-R und vertreten durch Mag. Gernot Strobl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 46a, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau vom , Zl. MD-B-1/Mag.H/R/2010, betreffend Vorschreibung von Ergänzungsabgaben gemäß § 39 der Niederösterreichischen Bauordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Ausspruches über eine Ergänzungsabgabe betreffend den Zweitbeschwerdeführer (Spruchpunkt II) 2.) des angefochtenen Bescheides wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Stadt Krems hat dem Zweitbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Erstbeschwerdeführerin hat der Stadt Krems Aufwendungen in der Höhe von EUR 581,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte kann auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/17/0135, verwiesen werden. Mit diesem hat der Verwaltungsgerichtshof den damals vor ihm angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil der Bescheidspruch, wonach den damals beschwerdeführenden Parteien eine einzige Ergänzungsabgabe auferlegt worden sei, im Widerspruch zur Begründung stehe, wonach die Erstbeschwerdeführerin die Ergänzungsabgabe im Ausmaß von EUR 8.806,96 und die (damals) zweitbeschwerdeführende Partei die Ergänzungsabgabe im Ausmaß von EUR 22.452,44 zu tragen habe.

Beschwerdeführende Parteien waren in dem dem eben erwähnten Erkenntnis vom zugrunde liegenden Beschwerdefall die Erstbeschwerdeführerin des vorliegenden Beschwerdeverfahrens sowie als zweitbeschwerdeführende Partei die B GmbH Co KG.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen (Ersatz )Bescheid der belangten Behörde, der im Kopf und in der Zustellverfügung an die Erstbeschwerdeführerin und die B GmbH Co KG gerichtet ist, änderte die belangte Behörde den Spruch des vor ihr bekämpften erstinstanzlichen Bescheides vom dahin, dass der Bescheid über die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe infolge der Änderung von Grundgrenzen vom , Zl. IV/3-100/1215/18-04, ergangen an die Erstbeschwerdeführerin und die B GmbH Co KG, vollinhaltlich behoben werde (Spruchpunkt I). Unter Spruchpunkt II wurde auf Grund der schriftlich eingebrachten Anzeige vom über die Änderung von Grundstücksgrenzen im Bereich der Grundstücke 16/1, 16/8 und .1/1 einer näher genannten Katastralgemeinde, "die hiermit bestätigt wird", - nunmehr abweichend vom Spruch des erstinstanzlichen Bescheides - der Erstbeschwerdeführerin eine Ergänzungsabgabe in der Höhe von EUR 6.476,68 und dem nunmehrigen Zweitbeschwerdeführer (Mag. W. B.) eine Ergänzungsabgabe in der Höhe von EUR 17.033,42 auferlegt.

Am habe die Erstbeschwerdeführerin unter Hinweis auf einen näher bezeichneten eingereichten Teilungsplan vom die Grenzveränderung der Grundstücke Nr. 16/1, 16/8 und .1/1 einer näher bezeichneten Katastralgemeinde gemäß § 10 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 angezeigt. Entsprechend diesem Teilungsplan sollte das zu diesem Zeitpunkt im Eigentum der B GmbH Co KG stehende Grundstück .1/1 auf die einzelnen Grundstücke .1/1, .1/3, .1/4 und .1/5 aufgeteilt werden. Für die neuen Grundstücke .1/1 und .1/4 war als neuer Eigentümer Mag. W. B. (der nunmehrige Zweitbeschwerdeführende) vorgesehen. Für das neue Grundstück .1/3 sei als Neueigentümerin die Erstbeschwerdeführerin und für das neue Grundstück .1/5 die Stadt Krems an der Donau vorgesehen gewesen. Das Grundstück 16/1, dessen Eigentümerin die Erstbeschwerdeführerin gewesen sei, sollte danach gelöscht werden. Demgegenüber sollte das bisher im Alleineigentum der Erstbeschwerdeführerin stehende Grundstück 16/8 mit dem neuen Flächenausmaß von 9.745 m2 auf Mag. W. B. (den Zweitbeschwerdeführer) übertragen werden. Am habe die Erstbeschwerdeführerin die Vereinigung der Grundstücke Nr. 16/1 und Nr. 16/8 angezeigt, welche von der Baubehörde erster Instanz bestätigend zur Kenntnis genommen worden sei.

Auf Grund der Anzeige der Änderung der Grundstücksgrenzen habe die Abgabenbehörde erster Instanz mit Bescheid vom den Liegenschaftseigentümern, nämlich der Erstbeschwerdeführerin und der B GmbH Co KG die Entrichtung einer Ergänzungsabgabe von EUR 31.259,41 vorgeschrieben.

In der schriftlichen Stellungnahme vom habe der rechtsfreundliche Vertreter der Erstbeschwerdeführerin ausgeführt, dass die Rechtsmittelfrist des Bescheides vom auf Grund einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung nicht in Lauf gesetzt worden sei.

In der Folge habe die Behörde erster Instanz gegenüber der Erstbeschwerdeführerin und der B GmbH Co KG den Bescheid vom erlassen. Mit Spruchteil I dieses Bescheides sei der Bescheid vom vollinhaltlich behoben worden. In Spruchteil II sei den Bescheidadressaten (die Erstbeschwerdeführerin und die B GmbH Co KG) aus Anlass der angezeigten Änderung von Grundstücksgrenzen für die Grundstücke Nr. 16/1, Nr. 16/8 und Nr. 1/1 eine Ergänzungsabgabe von EUR 31.259,41 vorgeschrieben worden.

Über diese Berufung sei (nunmehr im zweiten Rechtsgang) zu entscheiden gewesen.

In der Folge stellte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides das weitere Verfahrensgeschehen dar und traf im Beschwerdeverfahren nicht mehr strittige Feststellungen.

Rechtlich gelangte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 289 BAO zur Ansicht, sie habe für den Fall der Änderung des Sachverhaltes nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides den im Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde vorliegenden Sachverhalt ihrer Entscheidung zugrunde zu legen und daher zu berücksichtigen, dass sich zwischen der Erlassung des angefochtenen Bescheides erster Instanz und der nun zu treffenden Berufungsentscheidung Änderungen in der Eigentümerschaft der betroffenen Liegenschaften ergeben hätten, die bei der Berichtigung des Spruches des angefochtenen Bescheides zu berücksichtigen gewesen seien.

Im Übrigen erachtete die belangte Behörde die Voraussetzungen für die Ergänzungsabgabe infolge der Änderung von Grundgrenzen für gegeben.

Der gegen diesen Bescheid zunächst mit Beschwerde angerufene Verfassungsgerichtshof lehnte deren Behandlung mit Beschluss vom , B 572/10-4, ab und trat über Antrag der Beschwerdeführer mit Beschluss vom , B 572/10-6, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpfen die Beschwerdeführer den Bescheid der belangten Behörde erkennbar wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde und wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass die Wiederholung des erstinstanzlichen Spruchteiles I durch die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides (gleichfalls Spruchteil I) die Beschwerdeführer in keinen vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden subjektiv-öffentlichen Rechten beeinträchtigen konnte und daher insoweit zu Recht auch vom Beschwerdevorbringen nicht erfasst wurde.

Zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers:

Die belangte Behörde geht zutreffend davon aus, dass sie im Beschwerdefall die Bundesabgabenordnung (BAO) anzuwenden hatte (vgl. § 323a Abs. 1 Z. 1 erster Satz BAO). Die belangte Behörde hat auch richtig erkannt, dass sie nach § 289 Abs. 2 leg. cit. - außer in den hier nicht vorliegenden Fällen des Abs. 1 leg. cit. -

immer in der Sache selbst zu entscheiden hat und berechtigt ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Die belangte Behörde hat jedoch - worauf der Zweitbeschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof zutreffend verweist - übersehen, dass ihre Abänderungsbefugnis durch die Sache des Berufungsverfahrens begrenzt ist. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat, sodass die Berufungsbehörde weder eine Abgabe erstmals vorschreiben noch eine Person erstmals in die Schuldnerposition verweisen noch sonst den Bescheidadressaten austauschen kann (vgl. nur Ritz , Bundesabgabenordnung3, Rz 38 f zu § 289 mit weiteren Nachweisen). Die belangte Behörde durfte daher auch nicht den Zweitbeschwerdeführer zu der ihm spruchgemäß auferlegten Ergänzungsabgabe verhalten, da dies nicht Sache des erstinstanzlichen Verfahrens war.

Im Übrigen sei noch darauf verwiesen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2005/17/0206, zum Ausdruck gebracht hat, dass es hinsichtlich der Position des Abgabenschuldners bei der Ergänzungsabgabe nach § 39 der Niederösterreichischen Bauordnung auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes ankommt und ein späterer Eigentümerwechsel nicht zu berücksichtigen ist.

Der angefochtene Bescheid war daher insoweit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

Zur Abweisung der Beschwerde hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin:

Die Erstbeschwerdeführerin wendet sich vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid der belangten Behörde nur mehr insoweit, als diese zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass der Abgabenanspruch noch nicht verjährt sei. Die der Abgabenbemessung zugrunde liegende Berechnung der belangten Behörde wird nicht mehr bekämpft.

Sowohl nach § 156 Abs. 1 der Niederösterreichischen Abgabenordnung 1977 (Wiederverlautbarung), LGBl. Nr. 3400, als auch nach § 207 Abs. 2 BAO beträgt die hier in Frage kommende Frist für die Verjährung fünf Jahre und beginnt gemäß § 157 lit. a der Niederösterreichischen Landesabgabenordnung bzw. § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Die Verjährung wurde gemäß § 158 Abs. 1 Niederösterreichische Landesabgabenordnung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabenpflichtigen von der Abgabenbehörde unternommene nach Außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen und begann mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, neu zu laufen. Nach § 209 Abs. 1 BAO verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207 BAO) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen werden. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.

Sowohl nach § 158a Abs. 1 Niederösterreichische Landesabgabenordnung als auch nach § 209a Abs. 1 BAO steht der Eintritt der Verjährung einer Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen hat, nicht entgegen.

Die Erstbeschwerdeführerin bringt nicht vor, dass der Abgabentatbestand, nämlich die Teilung der gegenständlichen Grundstücke Nr. 16/1, 16/8 und .1/1 (wobei die Erstbeschwerdeführerin unbestrittenermaßen Eigentümerin der Grundstücke Nr. 16/1 und Nr. 16/8 war), etwa schon vor der Anzeige vom verwirklicht worden wäre. Damit steht aber fest, dass der erstinstanzliche Bescheid vom , der unbestrittenermaßen der Erstbeschwerdeführerin zu Handen ihres Rechtsfreundes zugestellt wurde, jedenfalls innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist ergangen ist. Im nachfolgenden Berufungsverfahren konnte aber im Beschwerdefall eine Verjährung nicht eintreten.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Erstbeschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG insoweit als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf den §§ 47 ff VwGG, wobei im Hinblick auf die trennbaren Aussprüche der belangten Behörde zumindest von einer sinngemäßen Anwendung des § 52 Abs. 1 VwGG auszugehen war. Dies legen auch die Beschwerdeführer ihrem Kostenersatzanspruch vor dem Verwaltungsgerichtshof zu Grunde. Der belangten Behörde stand jedoch als gegenüber der Erstbeschwerdeführerin obsiegenden Partei nur der halbe Vorlageaufwand zu, da sie die Akten des Verwaltungsverfahrens nur einmal vorgelegt hat.

Wien, am