VwGH 27.08.2014, 2013/05/0065
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3; BauRallg; |
RS 1 | Liegt keine Baubewilligung oder Bauanzeige vor, dann ist die Bewilligungsfähigkeit oder die Möglichkeit einer dem Gesetz entsprechenden Anzeige zu prüfen. Im Fall einer positiven Beurteilung ist dem Eigentümer des Bauwerkes die Einbringung eines entsprechenden Antrags innerhalb einer bestimmten Frist aufzutragen. Ein solcher Auftrag hat jedoch zu entfallen, wenn das Bauwerk unzulässig ist. |
Normen | BauO NÖ 1996 §20 Abs1 Z2; BauO NÖ 1996 §23 Abs1; BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3; BauRallg; |
RS 2 | Ist das Bauwerk unzulässig, dann HAT die Behörde den Abbruch anzuordnen. Diese Anordnung ist somit zwingend vorgesehen; eine Berücksichtigung wirtschaftlicher Interessen sieht das Gesetz ebenso wenig vor wie eine Bedachtnahme darauf, ob Nachbarn mit der Abweichung einverstanden sind. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2005/05/0368 E RS 2 |
Normen | BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3; BauRallg; |
RS 3 | Ist das Bauwerk unzulässig, hat die Behörde den Abbruch anzuordnen. Das Beschwerdevorbringen, das sich darauf bezieht, dass in anderen Fällen Öffnungen in Brandwänden geduldet würden, ist nicht zielführend. Aus einer allenfalls rechtswidrigen Vorgangsweise gegenüber Dritten kann nämlich kein Anspruch auf eine vergleichbare Rechtswidrigkeit abgeleitet werden (Hinweis E vom , Zl. 2005/05/0343, mwN). |
Normen | BauO NÖ 1996 §35; BauRallg; VwRallg; |
RS 4 | Ein "Verzicht" auf die Erlassung von Bauaufträgen kommt nicht in Frage. |
Normen | BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3; BauTV NÖ 1997 §10 Z2; BauTV NÖ 1997 §10 Z3 lita; VwGG §42 Abs2 Z1; |
RS 5 | Der Bfin wurde der Auftrag erteilt, vier Fensteröffnungen in der Brandwand brandbeständig zu vermauern und zu verputzen. Befindet sich die Außenwand jedoch nicht unmittelbar an der Grundstücksgrenze, sondern ist sie um 25 cm von der Grundgrenze abgerückt, hätten sich die Baubehörden mit den Voraussetzungen des § 10 Z. 3a und auch Z. 2 NÖ BauTV 1997 auseinandersetzen müssen, nämlich mit der Frage, ob die Sicherheit von Personen und Sachen aufgrund der zulässigen Bebauung auf dem Nachbargrundstück die Verschließung der Öffnungen erfordert. Hervorzuheben ist, dass mit zulässiger Bebauung nicht nur die rechtmäßige bestehende Bebauung, sondern auch die in Zukunft zulässige Bebauung auf dem Nachbargrundstück angesprochen ist. Es ist nicht auszuschließen, dass sich bei Befassung mit den Kriterien des § 10 Z. 3a NÖ BauTV 1997 eine Bewilligungsmöglichkeit der Öffnungen ergibt. In diesem Fall wäre der Bfin im Sinne des § 35 Abs. 2 Z. 3 NÖ BauO 1996 zunächst aufzutragen gewesen, den entsprechenden Antrag auf Baubewilligung bzw. die entsprechende Bauanzeige einzubringen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerde der I W in B, vertreten durch Mag. Thomas Nitsch und Dr. Sacha Pajor, Rechtsanwälte in 2340 Mödling, Hauptstraße 48, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1- BR-1592/004-2012, betreffend Abbruchauftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde B in B), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte ist auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/05/0003, zu verweisen. Daraus ist Folgendes festzuhalten:
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligen Stadtgemeinde vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (BO) unter anderem der Auftrag erteilt, alle Fensteröffnungen in der südlichen Brandwand zum Grundstück Nr. 200/8, KG G, zu schließen.
Mit Bescheid vom gab der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde der gegen den Bescheid vom erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin unter anderem hinsichtlich der Schließung der Fensteröffnungen keine Folge.
Mit Vorstellungsbescheid vom gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge.
Mit dem eingangs genannten hg. Erkenntnis vom wurde der Vorstellungsbescheid vom , soweit er die Schließung aller Fensteröffnungen in der südlichen Brandwand zum Grundstück Nr. 200/8, KG G, betraf, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen Folgendes aus:
"Die Beschwerdeführerin zieht den von der belangten Behörde zu Grunde gelegten Grenzverlauf in Zweifel, wonach sich die südliche Außenwand unmittelbar an der Grundstücksgrenze zum Nachbargrundstück Nr. 200/8, KG G, befinde. Dem ist zu entgegnen, dass nach dem mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom bewilligten Bauplan (Lageplan) die Bewilligung für ein Vorhaben erteilt wurde, das im Süden direkt an der Grundgrenze liegt. Dass eine andere Ausführung hinsichtlich der Lage des Bauvorhabens (und somit entgegen der Bewilligung) erfolgt wäre, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet, ebenso nicht, dass sich die Grundgrenze seit der Baubewilligung vom geändert habe. Die belangte Behörde konnte somit davon ausgehen, dass sich die südliche Außenwand in dem von der Baubewilligung vom umfassten Bereich an der Grundstücksgrenze befindet und somit bewilligungsgemäß als Brandwand zu errichten ist.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach drei der Fensteröffnungen in der südlichen Außenwand baubehördlich bewilligt worden seien, ist Folgendes auszuführen:
Der Einreichplan aus dem Jahr 1961 weist eine Öffnung in der südlichen Außenwand im seinerzeit als Bad ausgewiesenen Raum auf (nicht jedoch im damals als 'Schupfen' ausgewiesenen Raum). Durch die Aktenlage ist nun nicht nachvollziehbar, ob das im Einreichplan 1961 eingezeichnete Fenster in dieser Form in Konsumierung der Baubewilligung aus dem Jahre 1961 errichtet worden ist. (Mit der Baubewilligung vom ist lediglich der in den entsprechenden Bauplänen mit roter Farbe eingezeichnete Zu- und Umbau bewilligt worden, sie hat sich aber nicht auf den - in diesen Plänen ohne Fensteröffnungen eingezeichneten - Altbestand im betreffenden Teil des Erdgeschosses bezogen.) Feststellungen zum ursprünglich bewilligten und errichteten Altbestand fehlen. Ohne diese kann aber nicht beurteilt werden, ob das Fenster im seinerzeit als Bad ausgewiesenen Raum baubehördlich bewilligt ist.
Der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom ist im Übrigen ein auf § 111 NÖ-BO 1976 gestützter Benützungsbewilligungsbescheid. Eine solche Benützungsbewilligung kann den Baukonsens nicht abändern oder ersetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0181). Wenn aber eine Benützungsbewilligung erkennen lässt, dass damit bewilligungspflichtige Projektänderungen bewilligt wurden, dann ist davon auszugehen, dass in Wahrheit zugleich auch eine Baubewilligung erteilt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/05/0248), was auch in Bezug auf Bauteile möglich ist, auf die sich die (ursprüngliche) Baubewilligung gar nicht bezogen hat.
Im Beschwerdefall ist mit dem erwähnten Benützungsbewilligungsbescheid vom unter anderem der in dem diesem zu Grunde liegenden Bestandsplan ersichtliche, als Garage neu errichtete Raum (Anmerkung: westlich des als 'Schupfen' seinerzeit bewilligten Baubestandes) mit einer verglasten Öffnung an der südlichen Wand (mit)bewilligt worden. Gegenüber des südlich angrenzenden Bauteiles (ehemaliger 'Schupfen') springt dieser neue Raum allerdings zurück, sodass nicht hinreichend ersichtlich ist, ob er an der Grundgrenze liegt (in der Niederschrift zur Benützungsbewilligung vom wird die Wand auch in diesem Bereich als 'Brandwand' bezeichnet, die Öffnung liege allerdings 'im Bereich des öffentlichen Gutes'). Es ist nicht eindeutig nachvollziehbar, ob dieses Fenster nicht trotz seiner Bewilligung mit dem Bescheid vom vom gegenständlichen Bauauftrag (der sich auf alle Fensteröffnungen in der südlichen Brandwand zum Nachbargrundstück bezieht) umfasst ist. Die Bescheidbegründung, nach der dies nicht der Fall sei, reicht angesichts des auch in der Beschwerde angesprochenen Umstandes, dass die Fenster im Bescheidspruch weder zahlenmäßig noch lagemäßig näher definiert wurden, für die erforderliche Bestimmtheit des Auftrages bei der gegebenen Aktenlage nicht aus.
Für den Bereich des ehemaligen 'Schupfens' weist der Bestandsplan, auf den sich der Bescheid vom bezieht, im Grundriss ein Fenster aus, nicht jedoch in der Ansicht. Da der Bescheid vom ausdrücklich auch das Protokoll über die Endbeschau vom zu seinem Bestandteil erklärt, in dem ein solches Fenster mit dieser Situierung nicht genannt ist, ist dieser Widerspruch im Plan dahin aufzulösen, dass das Fenster als nicht bewilligt anzusehen ist."
In der Folge wurde mit Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom der Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom , soweit er die Schließung aller Fensteröffnungen in der südlichen Brandwand zum Grundstück Nr. 200/8, KG G, betraf, behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde zurückverwiesen.
Am fand eine Ortsaugenscheinsverhandlung betreffend "Objektsüberprüfung" statt.
Mit Bescheid vom gab der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom teilweise Folge und änderte den Spruchpunkt betreffend die Schließung der Fensteröffnungen dahingehend ab, dass die vier, bei der Überprüfung am festgestellten, in der südlichen Brandwand befindlichen Fensteröffnungen mit dem Achsmaß von 2,84 m (WC), von 3,94 m und 4,65 m (Bad) sowie von 7,25 m (Küche), jeweils gemessen von der Veranda-Innenkante zur Fenstermitte, brandbeständig zu vermauern und beidseitig zu verputzen sind.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es seien insgesamt fünf Fenster nach Süden gerichtet. Beim Lokalaugenschein am sei festgestellt worden, dass die Länge der südlichen Brandwand 9,8 m (von Gebäudeaußenkante zu Gebäudeaußenkante), gemessen aus dem Plan vom , betrage und sich in dieser Wand vier Fensteröffnungen befänden. Festgestellt sei ferner worden, dass die südliche Außenwand nicht unmittelbar an der Grundstücksgrenze liege, sondern um die vorhandene Zaunsockelstärke (ca. 25 cm) von der Grundstücksgrenze abgerückt sei. Westlich von den vier genannten Fenstern befinde sich in einem um 1,5 m nach hinten versetzten Mauerteil eine verglaste Fensteröffnung in dem im Plan aus 1995 als Abstellraum bezeichneten Gebäudeteil. Dieses Fenster sei nicht verfahrensgegenständlich, da es mit dem Benützungsbewilligungsbescheid vom im Rahmen des Umbaues bewilligt worden sei.
Im Plan vom sei im seinerzeitigen Bad ein Fenster eingezeichnet, das offensichtlich eine gleiche Breite (46 cm) wie die nunmehr gemessenen Fenster habe. Das Achsmaß dieses Fensters liege allerdings von der seinerzeitigen Verandakante (aus dem Plan 1961 gemessen) ca. 5,54 m entfernt und decke sich nicht mit dem heutigen Bestand. Im Einreichplan von 1991 sei in diesem Gebäudeteil überhaupt kein Fenster eingezeichnet gewesen. Im Plan von 1995 befinde sich ein Fenster in der Küche (Aufriss-Ansicht), nicht jedoch in der Südansicht. Vergleiche man die Pläne mit dem heutigen Bestand, könne festgestellt werden, dass das in der heutigen Küche vorgefundene Fenster mit jenem aus dem Plan aus 1995 (Aufriss-Ansicht) deckungsgleich sei. Dieses Fenster sei jedoch in der Südansicht des Änderungsplanes 1995 nicht eingezeichnet gewesen.
Keine der drei Fensterachsen (WC-Fenster und zwei Fenster im Bad) decke sich mit der Darstellung des Fensters im Bad aus dem Jahr 1961. An der Stelle, wo sich heute ein "Küchenfenster" befinde, sei 1961 ein "Schuppen" eingezeichnet gewesen, ohne Belichtungsöffnung.
Mit Schreiben der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom sei die Beschwerdeführerin im Rahmen des damals laufenden Bewilligungsverfahrens darauf hingewiesen worden, dass offenbar nunmehr vorgefundene Fensteröffnungen in der Feuermauer zum Anrainer S unzulässig und somit nicht genehmigungsfähig seien. In der Folge sei der Einreichplan überarbeitet worden und aus dem Austauschplan (Einreichplan 1995) ergebe sich zweifelsfrei, dass in der Fassadendarstellung der südlichen Brandwand keinerlei Fensteröffnungen zu finden seien. Von einer behördlichen Bewilligung der in der südlichen Brandwand vorhandenen vier Belichtungsöffnungen könne somit keine Rede sein.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde (nach Wiedergabe vor allem der Begründung des Berufungsbescheides vom ) im Wesentlichen aus, nach Durchsicht des Bauaktes könne für alle vier Fenster keine behördliche Bewilligung gesehen werden. Das Küchenfenster sei zwar im Einreichplan (Grundriss aus 1995) enthalten, nicht jedoch in der Südansicht des Gebäudes, und sei auch nicht Genehmigungsgegenstand des Zu- und Umbaues von 1991 gewesen. Die drei anderen Fenster (zwei Badfenster und ein WC-Fenster) stimmten mit keinem der vorliegenden Pläne überein und seien daher jedenfalls nicht als bewilligt anzusehen. Eine schriftliche Zustimmungserklärung des Nachbarn zur Errichtung von Fensteröffnungen sei nicht vorgelegen. Zum Einwand, dass die Brandwand nicht direkt an der Grundstücksgrenze stehe, sondern 25 cm davon abgerückt sei, werde ausgeführt, dass auf Lichtbildern im Nahebereich der Fenster auch ein Dach eines Gebäudes der Nachbarn S ersichtlich sei. Auch hätten die Nachbarn ihre Bedenken betreffend eine allfällige Gefährdung durch die Öffnungen der südlichen Brandwand mehrmals bei der Behörde deponiert. Es seien keine zusätzlichen Feststellungen hinsichtlich der Lage der verfahrensgegenständlichen südlichen Brandwand notwendig gewesen. Die Beschwerdeführerin habe auch nicht darstellen können, wie bei einer zulässigen Bebauung des Nachbargrundstückes an der Grundstücksgrenze die Sicherheit von Personen und Sachen des Nachbarn nicht gefährdet würde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligte Stadtgemeinde, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
In der Beschwerde wird im Wesentlich vorgebracht, eine schriftliche Zustimmung der Nachbarn sei nicht vonnöten. Im Rahmen des Verfahrens habe sich ergeben, dass eine Zustimmung der Nachbarn erteilt worden sei. Ein Widerruf einer derartigen Zustimmung sei nicht zulässig, weil es dann im Belieben von Anrainern läge, ob ein Fenster zu schließen sei oder nicht. Wenn die Außenwand in einem Abstand von weniger als 3 m zur Grundstücksgrenze liege, sei es notwendig, dass zusätzlich noch die Sicherheit von Personen und Sachen aufgrund der zulässigen Bebauung auf dem Nachbargrundstück den Auftrag erfordere. Die Fenster seien daher genehmigt bzw. wären zu genehmigen. Eine Gefahr einer Ausbreitung eines etwaigen Feuers bestehe nicht. Es könne nicht nachvollzogen werden, woraus die tatsächliche Grenze ersichtlich sein solle. Es sei durchaus üblich und laufend aufgrund natürlicher Gegebenheiten so, dass die offensichtlich erkennbare Grundstücksgrenze gar nicht dort liege, wo man sie vermute. Erhebungen zur Lage der Grundstücksgrenze seien unterblieben. Aus dem Akt ergebe sich eindeutig, dass sich auf dem Nachbargrundstück im Bereich der Fenster keine Verbauung befinde, insbesondere keine genehmigte. Somit bestünden keine Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von Personen und Sachen. Bei der Einreichung 1991 sei kein Fenster eingezeichnet gewesen, da die Behörde gesagt habe, dass der Altbestand nicht relevant und außerdem genehmigt sei. Im Bescheid aus 1995 sei ausgeführt worden, dass keinerlei Bedenken aus gesundheits-, feuer- und baupolizeilichen Gründen bestünden. Daraus ergebe sich eine Genehmigung. Im Plan von 1995 sei außerdem ein Fenster in der Küche im Grundriss ersichtlich. Auch das im Bad westlich vorhandene Fenster decke sich mit einem Fenster aus dem Altbestand aus dem Jahr 1961. Im Übrigen widerspreche es dem Gebot der Gleichbehandlung, wenn andere Anrainer Öffnungen in Brandschutzwänden errichten dürften, die Beschwerdeführerin jedoch nicht. Die gegenständlichen Fenster existierten bereits seit 50 Jahren, jedenfalls aber seit über 30 Jahren, weshalb ein Auftrag zu ihrer Vermauerung unzulässig sei. Aus dem Akt ergebe sich, dass zumindest zwei der vier Fenster baubehördlich bewilligt seien, zumal auch eine Benützungsbewilligung vorhanden sei. Durch die Benützungsbewilligung sei auch eine Baubewilligung erteilt worden. Die belangte Behörde habe auch Feststellungen unterlassen, ob eine Gefährdung von Personen oder Sachen gegeben sei, ob etwaige benachbarte Bauwerke genehmigt worden seien oder ob es sich diesbezüglich lediglich um Vorbauten handle. Es wären auch Feststellungen notwendig gewesen, ob überhaupt eine Bebauung auf benachbarten Grundstücken zulässig sei. Feststellungen, ob trotz der Fenster eine Brandbeständigkeit gegeben sei, die die Ausbreitung von Feuer verhindern könnte, seien nicht getroffen worden. Seien die eingebauten Fenster brandbeständig, hätte die belangte Behörde unter Umständen eine nachträgliche Genehmigung erteilen müssen.
Gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 BO hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerkes anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine Baubewilligung oder Bauanzeige vorliegt und das Bauwerk unzulässig ist oder der Eigentümer den für die fehlende Bewilligung erforderlichen Antrag oder die Anzeige nicht innerhalb der von der Baubehörde bestimmten Frist ab Zustellung der Aufforderung hiezu eingebracht hat. Für andere Vorhaben gilt Z. 3 sinngemäß.
Gemäß § 10 der Niederösterreichischen Bautechnikverordnung 1997 (BTV) idF LGBl. Nr. 8200/7-6, sind Außenwände, sofern nicht anderes bestimmt ist, als Brandwände und öffnungslos zu errichten an einer Grundstücksgrenze, sofern nicht das angrenzende Grundstück als Verkehrsfläche, Parkanlage oder Grüngürtel gewidmet oder ein Gewässer ist (Z. 1); gegen eine Reiche (Z. 2); bei einem Abstand von weniger als 3 m, gerichtet gegen eine Grundstücksgrenze, wenn es die Sicherheit von Personen und Sachen aufgrund der zulässigen Bebauung auf dem Nachbargrundstück erfordert, es sei denn das angrenzende Grundstück ist als Verkehrsfläche, Parkanlage oder Grüngürtel gewidmet oder es ist ein Gewässer (Z. 3a) oder es handelt sich lediglich um Vorbauten und diese sind im Verhältnis zur Außenwand untergeordnet (Z. 3b). Anstelle von Außenwänden als Brandwänden sind gemäß § 10 Abs. 2 erster Satz BTV öffnungslose Gebäudeabschlusswände mit einer Brandwiderstandsfähigkeit brandbeständiger Bauteile und einer äußeren Oberfläche aus nichtbrennbaren Baustoffen zulässig.
Liegt keine Baubewilligung oder Bauanzeige vor, dann ist die Bewilligungsfähigkeit oder die Möglichkeit einer dem Gesetz entsprechenden Anzeige zu prüfen. Im Fall einer positiven Beurteilung ist dem Eigentümer des Bauwerkes die Einbringung eines entsprechenden Antrags innerhalb einer bestimmten Frist aufzutragen. Ein solcher Auftrag hat jedoch zu entfallen, wenn das Bauwerk unzulässig ist
(vgl. Pallitsch/Pallitsch/Kleewein, Niederösterreichisches Baurecht, 8. Auflage, S. 571, Z. 8).
Ist das Bauwerk unzulässig, hat die Behörde den Abbruch anzuordnen. Eine Bedachtnahme darauf, ob Nachbarn mit der Abweichung einverstanden sind, sieht das Gesetz nicht vor (vgl. die bei Pallitsch/Pallitsch/Kleewein, aaO, S. 577 unter Z. 18 zitierte hg. Rechtsprechung). Soweit die Beschwerde daher auf eine Zustimmung der Nachbarn verweist, geht dieses Vorbringen ins Leere.
Nicht zielführend ist auch das Beschwerdevorbringen, das sich darauf bezieht, dass in anderen Fällen Öffnungen in Brandwänden geduldet würden. Aus einer allenfalls rechtswidrigen Vorgangsweise gegenüber Dritten kann nämlich kein Anspruch auf eine vergleichbare Rechtswidrigkeit abgeleitet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0343, mwN).
Wenn die Beschwerde darauf verweist, dass die Fenster schon seit langer Zeit vorhanden seien, ist dem einerseits entgegenzuhalten, dass ein "Verzicht" auf die Erlassung von Bauaufträgen nicht in Frage kommt (vgl. die bei Pallitsch/Pallitsch/Kleewein, aaO, S. 578 unter Z. 22 genannte hg. Rechtsprechung), und andererseits, dass im vorliegenden Fall auch ein vermuteter Konsens ausscheidet, weil ein solcher voraussetzt, dass keine Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme vorliegen (vgl. die bei Pallitsch/Pallitsch/Kleewein, aaO, S. 542 unter Z. 28 zitierte hg. Rechtsprechung). Solche gegenteiligen Anhaltspunkte liegen hier vor, weil Baupläne für das Bauobjekt vorhanden sind; dass diese lückenhaft wären, wird in der Beschwerde nicht begründet dargelegt und ist auch nicht ersichtlich.
In der Folge des zitierten hg. Vorerkenntnisses vom haben sich die Baubehörden mit den vorhandenen Fenstern und deren Rechtmäßigkeit eingehend auseinandergesetzt. Es wurde nachvollziehbar begründet, dass keine derzeit vorhandene Öffnung jener entspricht, die im Jahr 1961 im seinerzeit als Bad ausgewiesenen Raum bewilligt worden ist. Dass der Umstand, dass in den Bauplänen aus 1995 im Grundriss ein Fenster vorhanden ist, nicht jedoch in der Ansicht, dazu führt, dass das diesbezügliche Fenster als nicht bewilligt anzusehen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Vorerkenntnis vom dargelegt. (Jenes Fenster, das nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Vorerkenntnis vom in dem zurückspringenden Bauteil im Jahre 1995 bewilligt worden ist, war im Übrigen nicht Gegenstand des nunmehrigen Bescheides - vgl. die Begründung des Berufungsbescheides vom -, da es mit dem Benützungsbewilligungsbescheid vom im Rahmen des Umbaues bewilligt worden ist).
Der belangten Behörde kann somit nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass hinsichtlich der vier verfahrensgegenständlichen Fenster kein Konsens vorliegt.
Allerdings ist der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom davon ausgegangen, dass sich die südliche Außenwand unmittelbar an der Grundstücksgrenze befindet. Nach den nunmehrigen behördlichen Feststellungen trifft dies jedoch nicht zu, sondern ist diese Außenwand 25 cm von der Grundgrenze abgerückt.
Im Hinblick auf das Abweichen von der Grundgrenze ist der Beschwerdeführerin aber Recht zu geben, dass sich die Baubehörden mit den Voraussetzungen des § 10 Z. 3a und auch Z. 2 BTV hätten auseinandersetzen müssen, nämlich mit der Frage, ob die Sicherheit von Personen und Sachen aufgrund der zulässigen Bebauung auf dem Nachbargrundstück die Verschließung der Öffnungen erfordert. Hervorzuheben ist, dass mit zulässiger Bebauung nicht nur die rechtmäßige bestehende Bebauung, sondern auch die in Zukunft zulässige Bebauung auf dem Nachbargrundstück angesprochen ist. Es ist nicht auszuschließen, dass sich bei Befassung mit den Kriterien des § 10 Z. 3a BTV eine Bewilligungsmöglichkeit der Öffnungen ergibt. In diesem Fall wäre der Beschwerdeführerin im Sinne des § 35 Abs. 2 Z. 3 BO zunächst aufzutragen gewesen, den entsprechenden Antrag auf Baubewilligung bzw. die entsprechende Bauanzeige einzubringen.
Da die belangte Behörde die Notwendigkeit von weiteren Feststellungen, die sich in Zusammenhang mit dem nunmehr festgestellten Abweichen der Baulichkeit von der Grundgrenze ergeben, nicht erkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Bemerkt wird, dass auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen nach den genannten Verordnungen bereits berücksichtigt ist.
Wien, am
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Normen | BauO NÖ 1996 §20 Abs1 Z2; BauO NÖ 1996 §23 Abs1; BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3; BauO NÖ 1996 §35; BauRallg; BauTV NÖ 1997 §10 Z2; BauTV NÖ 1997 §10 Z3 lita; VwGG §42 Abs2 Z1; VwRallg; |
Schlagworte | Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 Rechtsgrundsätze Verzicht Widerruf VwRallg6/3 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2014:2013050065.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAE-79528