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VwGH vom 10.08.2010, 2010/17/0125

VwGH vom 10.08.2010, 2010/17/0125

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren:

* Vorabentscheidungsantrag:

2008/17/0049 B

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde 1. des A H in W und 2. des R G in R, beide in der Schweiz und vertreten durch Kaufmann Thurnher, Rechtsanwälte GmbH in 6850 Dornbirn, Schulgasse 7, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , Zl. IIIa-243.068, betreffend Jagdabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Die Beschwerdeführer haben am als Pächter mit einer Jagdgenossenschaft einen Jagdpachtvertrag über ein Jagdgebiet der Genossenschaft für eine Pachtzeit von sechs Jahren ( bis ) abgeschlossen; der jährliche Pachtzins wurde mit EUR 10.900,-- vereinbart, das verpachtete Jagdgebiet hat ein Flächenausmaß von 1.598 ha. Im Jagdjahr 2004/2005 fielen 1.386 kg Wildbret, im Jagdjahr 2005/2006

1.202 kg Wildbret und im Jagdjahr 2006/2007 1.322 kg Wildbret (jeweils aufgebrochen mit Haupt) an. Aus dem Verkauf von Wildbret wurde im Jagdjahr 2002/2003 ein Erlös von EUR 2.905,03, im Jagdjahr 2003/2004 ein solcher von EUR 3.201,03, im Jagdjahr 2004/2005 ein Erlös von EUR 4.116,14 und im Jagdjahr 2005/2006 ein Erlös von EUR 2.344,-- erzielt. Einen Teil des erlegten Wildbrets konsumierten die Beschwerdeführer als Eigenverbrauch.

Die Beschwerdeführer unterhalten im Zusammenhang mit der Jagdausübung nach ihrem unbestrittenen Vorbringen auch eine Jagdhütte.

Mit Bescheid vom wurden von der zuständigen Behörde zwei näher genannte Personen als Jagdschutzorgane für die Dauer des Jagdpachtverhältnisses genehmigt. Diese beiden Personen erhalten eine Aufwandsentschädigung in der Form von Barauslagen, Kilometergeldern und freier Kost und Logis. Diese Personen haben das Recht, sich (jagdlich) frei im Jagdrevier zu bewegen. Weiters helfen diese Personen teilweise bei der Wildpflege (Hege, Abschuss von erkrankten und verletzten Tieren und von Raubwild) mit. Die Beschwerdeführer haben diesen beiden Gehilfen (insgesamt) im Jagdjahr 2002/2003 Aufwandsentschädigungen in der Höhe von EUR 11.790,--, im Jagdjahr 2003/2004 solche in der Höhe von EUR 11.987,--, im Jagdjahr 2004/2005 solche in der Höhe von EUR 12.043,-- und im Jagdjahr 2005/2006 solche in der Höhe von EUR 11.988,-- bezahlt. Zu diesen Aufwendungen kamen auch Aufwendungen für die Wildfütterung durch den Einkauf von Futter.

1.2. Mit Bescheid des Landesabgabenamtes für Vorarlberg vom wurde den Beschwerdeführern eine Jagdabgabe in der Höhe von 35 % der Bemessungsgrundlage, somit in der Höhe von EUR 4.359,30, für das Jagdjahr vom bis zum vorgeschrieben.

Die Beschwerdeführer erhoben dagegen Berufung.

1.3. Die belangte Behörde gab mit ihrem Bescheid der Berufung keine Folge. Sie vertrat in ihrem Bescheid mit eingehender Begründung die Ansicht, dass die Anwendung des höheren Abgabensatzes auf die Beschwerdeführer keinen unzulässigen Eingriff in die gemeinschaftsrechtliche Dienstleistungsfreiheit mit sich bringe. Darüber hinaus legte die Behörde unter näherer Darstellung der Rechtslage in den einzelnen Kantonen der Schweiz dar, dass ihrer Ansicht nach auch der schweizer Gesetzgeber Unionsbürger nicht den schweizer Staatsbürgern bzw. den Einwohnern der einzelnen Kantone gleichstelle; daraus folge nach Ansicht der belangten Behörde, dass die Schweizerische Eidgenossenschaft selbst nicht von einer Anwendbarkeit des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit im Hinblick auf die Jagd (und damit verbundene Abgaben) ausgehe. Dadurch werde die Ansicht der belangten Behörde gestützt, dass dieses Abkommen auf die Ausübung der Jagd generell (sowie die damit verbundenen Abgaben), insbesondere aber in einem Umfang wie im Beschwerdefall nicht zur Anwendung zu kommen habe, eine Gleichstellung der Beschwerdeführer und damit die Anwendung des geringeren Abgabensatzes nicht in Betracht komme.

1.4. Der gegen den Bescheid der belangten Behörde vom zunächst mit Beschwerde angerufene Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung derselben mit Beschluss vom , B 2267/07, ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Begründend führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen sowie insbesondere der Frage, ob von der belangten Behörde innerstaatliche einfach gesetzliche Normen oder gemeinschaftsrechtliche Normen anzuwenden seien, seien spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht anzustellen gewesen.

1.5. Vor dem Verwaltungsgerichtshof machen die Beschwerdeführer in ihrer - ergänzten - Beschwerde ausschließlich Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Nach § 1 des (Vorarlberger) Gesetzes über die Erhebung einer Jagdabgabe, LGBl. Nr. 28/2003 (in der Folge: Vlbg. JagdAbgG) ist für die Ausübung des Jagdrechtes eine Jagdabgabe zu entrichten (Abs. 1); die Jagdabgabe ist eine ausschließliche Landesabgabe (Abs. 2).

Abgabenschuldner ist gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit. der Jagdverfügungsberechtigte, im Falle der Übertragung der Nutzung an Pächter der Jagdnutzungsberechtigte.

Nach § 3 Abs. 1 Vlbg. JagdAbgG ist bei verpachteten Jagden die Abgabe nach dem Jahrespachtzins zuzüglich des Wertes allenfalls vertraglich vereinbarter Nebenleistungen zu bemessen. Aufwendungen für die Jagdaufsicht sowie für Jagd- und Wildschäden gelten nicht als Nebenleistungen.

Nach § 4 Abs. 1 Vlbg. JagdAbgG beträgt die Abgabe für Personen mit Hauptwohnsitz im Inland und Unionsbürger sowie natürliche und juristische Personen, die diesen nach dem Recht der Europäischen Union gleich gestellt sind, 15 v.H. der Bemessungsgrundlage.

Für alle anderen Personen beträgt die Abgabe nach § 4 Abs. 2 leg. cit. 35 v.H. der Bemessungsgrundlage.

2.2. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist allein strittig, ob auf die Beschwerdeführer die Bestimmung des § 4 Abs. 2 des Vlbg. JagdAbgG mit dem Abgabensatz von 35 v.H. der Bemessungsgrundlage oder aber § 4 Abs. 1 leg. cit. mit dem Abgabensatz von 15 v.H. der Bemessungsgrundlage anzuwenden ist. Die Beschwerdeführer berufen sich dabei ausschließlich darauf, dass sie natürliche Personen seien, die den Personen mit Hauptwohnsitz im Inland und Unionsbürgern auf Grund des zwischen der Schweiz "und der EG" abgeschlossenen "Personenfreizügigkeitsabkommens" (ABl. 2002 L 114/6 ff) nach dem Recht der Europäischen Union gleichgestellt seien.

2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Hinblick auf die damit verbundenen Auslegungsfragen des Gemeinschaftsrechts (nunmehr Unionsrechts) aus den im hg. Beschluss vom , Zl. EU 2009/0001-1, näher dargelegten Gründen veranlasst gesehen, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu richten.

Mit dem Urteil des Gerichtshof der Europäischen Union vom , Rs C-70/09, wurden die im vorliegenden Beschwerdefall allein maßgeblichen Auslegungsfragen des Gemeinschaftsrechts (und nunmehr Unionsrechts) bindend dahin entschieden, dass es mit den Bestimmungen des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, unterzeichnet in Luxemburg am , vereinbar ist, einen Staatsangehörigen einer der Vertragsparteien im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei in Bezug auf die Erhebung einer Abgabe, die für eine Dienstleistung wie die Überlassung eines Jagdrechts geschuldet wird, als Dienstleistungsempfänger anders zu behandeln als Personen mit Hauptwohnsitz im Inland und Unionsbürger sowie Personen, die diesen nach dem Recht der Europäischen Union gleichgestellt sind.

2.4. Aus den dargelegten und in der Begründung des den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bekannten, soeben erwähnten Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom näher ausgeführten Gründen ergibt sich somit, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden sind.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am