VwGH vom 21.12.2012, 2010/17/0122

VwGH vom 21.12.2012, 2010/17/0122

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der P in W, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Singerstraße 12/9, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA4A-26Ku1-265/2010, betreffend Wiederaufnahme von Verfahren und neuerliche Festsetzung von Kurabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

I. Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit die Berufung gegen die mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde A vom , GZ 920/9-2009/1 SA, ausgesprochene Wiederaufnahme des Verfahrens abgewiesen wird, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

II. Im Übrigen wird das Verfahren als gegenstandslos geworden eingestellt.

III. In Anwendung des § 42 Abs. 3a VwGG wird der Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde A vom , GZ 920/9- 2009/1 SA, betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren zur Vorschreibung von Kurabgabe für den Zeitraum bis , Festsetzung der Kurabgabe für diesen Zeitraum, Feststellung des Rückstands, Festsetzung eines Säumniszuschlags und Rundung gemäß § 155 Stmk. LAO auf Grund der Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 289 Abs. 2 BAO in Verbindung mit § 323a BAO und § 224 Abs. 1 lit. b Stmk. Landesabgabenordnung ersatzlos aufgehoben.

IV. Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Über Antrag der Kurkommission der Marktgemeinde A schrieb der Bürgermeister der Marktgemeinde A zwischen dem und dem der beschwerdeführenden Partei mit 14 Bescheiden gemäß § 4 Abs. 2 des Steiermärkischen Kurabgabegesetzes 1980, LGBl. Nr. 55/1980 (in der Folge: Stmk. KurabgabeG), die zu entrichtende Kurabgabe für den Zeitraum bis (jeweils für ein Kalendermonat) vor. Dabei wurde für alle Kurgäste der ermäßigte Tarif gemäß § 2 Abs. 3 Stmk. KurabgabeG angewendet.

1.2. Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung gegen alle Bescheide und wandte sich im Wesentlichen gegen die Annahme der Abgabenbehörde, die Rehabilitationspatienten gemäß § 302 ASVG seien nicht nach § 2 Abs. 2 lit. c Stmk. KurabgabeG von der Entrichtung der Kurabgabe (gänzlich) befreit.

1.3. Vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 2 Abs. 3 Stmk. KurabgabeG verlangte die Abgabenbehörde erster Instanz sodann im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zur Erlassung einer Berufungsvorentscheidung mit Schreiben vom von der beschwerdeführenden Partei eine Offenlegung, wie viele Gästenächtigungen der (Stichproben)Monate April 2006 und April 2007 zuzahlungspflichtig gemäß §§ 302 Abs. 4 und 307d Abs. 6 ASVG gewesen seien bzw. wie viele Nächtigungen von der Zuzahlung befreit gewesen seien.

Mit Stellungnahme vom legte die beschwerdeführende Partei dar, dass in den Monaten April 2006 und April 2007 jeweils 3.020 Nächtigungen angefallen seien, wovon 694 bzw. 802 Nächtigungen von Zuzahlungen befreit gewesen seien.

1.4. In weiterer Folge zog die beschwerdeführende Partei ihre Berufungen mit Schriftsatz vom (eingelangt bei der Abgabenbehörde erster Instanz am ) zurück.

1.5. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeine A vom wurden sodann die mit näher bezeichneten Bescheiden für den Zeitraum bis rechtskräftig abgeschlossenen Kurabgabeverfahren wieder aufgenommen und die insgesamt zu entrichtende Kurabgabe mit EUR 28.442,68 (zuzüglich eines Säumniszuschlages in der Höhe von EUR 161,06) neu festgesetzt. Darüber hinaus wurde in diesem Bescheid der sich insgesamt ergebende Rückstand festgestellt und ein Säumniszuschlag festgesetzt sowie spruchgemäß die Anwendung der Rundungsbestimmung des § 155 Stmk. LAO ausgesprochen.

Begründend führte die Behörde aus, die jeweils mit Bescheid vorgenommenen und nach Berufungszurücknahme rechtskräftig gewordenen Abgabenfestsetzungen beseitigten zwar den Mangel, dass Rehabilitationspatienten ursprünglich nicht in die Bemessungsgrundlage der Kurabgabe einbezogen worden seien und dass für deren Aufenthalte keine Kurabgabe entrichtet worden sei; andererseits seien die Ermittlungen im Berufungsverfahren auch in die Richtung zu führen gewesen, ob tatsächlich für alle Kurgästenächtigungen die Ermäßigung des § 2 Abs. 3 Stmk. KurabgabeG in Anspruch genommen werden könne. Nachdem die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung nach dem Wissensstand der Behörde zwar früher Kuraufenthalte zur Gänze bezahlt hätten, seit einiger Zeit aber von bestimmten Personen Zuzahlungsbeträge einhöben, sei auch zu klären gewesen, ob in A tatsächlich nur solche Personen untergebracht gewesen seien, für welche die Aufenthaltskosten zur Gänze von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung bezahlt worden seien.

Dies wäre möglich, wenn in A nur Heilverfahrensgäste gemäß § 307d ASVG und Rehabilitationspatienten im Sinne des § 302 ASVG nächtigen würden, welche über kein oder nur über ein unter dem Ausgleichszulage-Richtsatz liegendes Einkommen verfügten; alle übrigen Kurgäste hätten pro Aufenthaltstag Zuzahlungsbeträge zu leisten. Dass im berufungsgegenständlichen Zeitraum ausschließlich Personen des untersten Einkommensspektrums in A Kuren absolviert hätten, sei bei näherer Überlegung unwahrscheinlich erschienen. Deshalb sei der Verdacht nahe gelegen, dass die Voraussetzungen für die generelle Anwendung eines (um 20 %) ermäßigten Kurabgabesatzes - d.h. von Vornherein für alle Nächtigungen - nicht gegeben sein könnten.

Aus der Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom ergebe sich nun endgültig, dass in den beiden Monaten April 2006 und April 2007 jeweils 3.020 Nächtigungen angefallen seien, wovon lediglich 1.496 Nächtigungen - damit durchschnittlich 24,77 % der 6.040 Gesamtnächtigungen - zuzahlungsfrei seitens der Kurgäste hatten absolviert werden können.

Dies bedeute für den komplementären Teil der Nächtigungen der Kurgäste - somit für einen Anteil von 75,23 % -, dass ein Träger der gesetzlichen Sozialversicherung nicht die gesamten Kosten des Kuraufenthaltes übernehme und damit auch die 20 %ige Ermäßigung der Kurabgabe in diesen Fällen nicht gebühre. Der Kurabgabe-Hebesatz betrage in diesen Fällen EUR 0,70 pro Nächtigung.

Inhaltlich habe sich somit im Berufungsverfahren (kurz vor der späteren Zurückziehung der Berufungen) aus der Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom ergeben, dass nur für einen Bruchteil der Kurgäste die Kosten der Kuraufenthalte zur Gänze von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung übernommen würden.

Die amtswegige Wiederaufnahme wirke sich zum Nachteil der beschwerdeführenden Partei aus. Der Grund für die sachliche Unrichtigkeit der nun wiederaufgenommenen Bescheide habe bereits im Zeitpunkt der Erlassung dieser Bescheide bestanden. In weiterer Folge sei daher mit dem Erkennen der Unrichtigkeit eine neue Tatsache hervorgekommen, deren Kenntnis einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte: Die Durchbrechung der Rechtskraft nach § 224 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Abs. 3 Stmk. LAO, LGBl. Nr. 158/1963 in der Fassung LGBl. Nr. 68/2008, sei daher unter diesen Voraussetzungen von Amts wegen geboten.

In weiterer Folge schätzte die Behörde - anhand der sich aus der Stellungnahme vom für die Monate April 2006 und April 2007 ergebenden Prozentsätze - die für den Zeitraum bis zu entrichtende Kurabgabe mit EUR 28.442,68.

1.6. Die beschwerdeführende Partei berief.

Über Aufforderung der belangten Behörde gab die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom u.a. die (nicht monatsmäßig aufgegliederte) Gesamtzahl der zuzahlungspflichtigen und von Zuzahlungen befreiten Nächtigungen im Zeitraum bis bekannt.

1.7. Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde einerseits die Berufung gegen die Wiederaufnahmen der Kurabgabeverfahren für den Zeitraum bis als unbegründet ab und setzte andererseits die zu leistende Kurabgabe mit EUR 28.768,74 (zuzüglich eines Säumniszuschlages von 2 % in der Höhe von EUR 96,57) fest.

Nach der Wiedergabe des maßgeblichen Sachverhaltes und der hg. Rechtsprechung zur Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO, führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 2 Abs. 3 Stmk. KurabgabeG Kurgäste, für deren Aufenthalt ein Träger der gesetzlichen Sozialversicherung die gesamten Kosten des Kuraufenthaltes übernehme, eine 20 %ige Ermäßigung der Kurabgabe erhielten, sofern sie in Heimen untergebracht seien. In den Bestimmungen des § 302 und des § 307d ASVG würden bundesgesetzlich die Leistungen der Pensionsversicherungsträger geregelt und stellten diese keine Erweiterung landesgesetzlich geregelter Abgabenbefreiungsbestimmungen dar.

Die Wortinterpretation des Begriffes "gesamte Kosten" lasse keinen Handlungsspielraum erkennen. Sobald nämlich von Patienten der Sonderkrankenanstalt eine Zuzahlung - unabhängig davon, in welcher Höhe diese erfolge - geleistet werde, würden de facto nicht mehr die gesamten Kosten durch den Sozialversicherungsträger getragen. Es spiele auch keine Rolle, wie hoch der Prozentsatz der Zuzahlungen im Verhältnis zu den Gesamtkosten sei und dass dieser Prozentsatz variiere, da der Begriff "gesamte Kosten" einen Prozentsatz von 100 darstelle. Dieser könne, sobald eine Zuzahlung erfolge, nicht mehr erreicht werden. Daher könne die Ermäßigung gemäß § 2 Abs. 3 Stmk. KurabgabeG für Personen, die Zuzahlungen leisteten, nicht zur Anwendung kommen.

Bezüglich der Höhe der Kurabgabe sei von der belangten Behörde ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden. Dabei sei die Anzahl der zuzahlungsfreien Nächtigungen gemäß § 302 Abs. 4 ASVG für den Zeitraum bis zum mit 8.149 ermittelt worden. Für diese Nächtigungen komme der ermäßigte Kurabgabesatz in Höhe von EUR 0,56 pro Nächtigung zur Anwendung, weshalb diesbezüglich EUR 4.563,44 zu entrichten seien. Die Anzahl der Nächtigungen mit Zuzahlungen belaufe sich im bescheidgegenständlichen Zeitraum auf 34.579, auf die der Kurabgabesatz in Höhe von EUR 0,70 pro Nächtigung anzuwenden sei. Demgemäß seien hiefür EUR 24.205,30 zu entrichten.

Insgesamt sei die Kurabgabe daher mit EUR 28.768,74 festzusetzen, wobei bisher lediglich ein Betrag in Höhe von EUR 23.940,00 entrichtet worden sei. Da somit noch EUR 4.828,74 aushafteten, sei gemäß § 217 BAO ein 2 %iger Säumniszuschlag in Höhe von EUR 96,57 festzusetzen gewesen.

1.8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

1.9. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 224 Stmk. LAO, LGBl. Nr. 158/1963 in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung LGBl. Nr. 68/2008, hatte folgenden auszugsweisen Wortlaut:

"§ 224. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

a) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder

c) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2) …

(3) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ist unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a. und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte."

Die maßgeblichen Bestimmungen des Stmk. KurabgabeG, LGBl. Nr. 55/1980 in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 69/2001, lauten:

"§ 1

Art und Zweck der Abgabe

In den Gebieten, die nach den landesgesetzlichen Bestimmungen als Kurort (Kurbezirk) gelten, ist eine Kurabgabe zu entrichten.

Diese

Abgabe ist eine ausschließliche Landesabgabe im Sinne des § 6 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45. Der Ertrag dieser Abgabe ist in der Höhe seines Aufkommens im Kurort (Kurbezirk) den in den einzelnen Kurorten (Kurbezirken) bestehenden Kurfonds als Förderungsbeitrag des Landes zuzuführen und dient ausschließlich zur Deckung der Ausgaben der Kurkommissionen.

§ 2

Abgabepflicht

(1) Abgabepflichtig sind die Kurgäste, das sind jene Personen, die

sich während der Kursaison durch einen in der Kurordnung festgesetzten Mindestzeitraum im Kurort (Kurbezirk) aufhalten und nicht nach Abs. 2

von der Entrichtung der Abgabe ausgenommen sind. Die Kurabgabe ist neben der Fremdenverkehrsabgabe nach dem Steiermärkischen Fremdenverkehrsabgabegesetz 1980, LGBl. Nr. 54, zu entrichten.

(2) Von der Abgabepflicht sind ausgenommen:

...

(3) Kurgäste, für deren Aufenthalt ein Träger der gesetzlichen Sozialversicherung die gesamten Kosten des Kuraufenthaltes übernimmt, erhalten eine 20 %ige Ermäßigung der Kurabgabe, sofern sie in Heimen untergebracht sind.

(4) …

§ 4

Einhebung

(1) Sofern in der nach § 3 zu erlassenden Verordnung nichts anderes bestimmt wird, sind die Unterkunftgeber verpflichtet, die Kurabgabe von den Kurgästen einzuheben, und zwar spätestens bei der Begleichung der Rechnung für die Nächtigung bzw. bei der Beendigung des Aufenthaltes. Die Unterkunftgeber haben die eingehobene Kurabgabe bis 10. des nächstfolgenden Monats an die Kurkommission abzuführen. Die Einhebungspflichtigen haften für die richtige Abfuhr der Abgabe insoweit, als ihre eigene Rechnung vom Gast beglichen wurde.

(2) Wird die Abgabe nicht oder nicht vollständig geleistet, so hat die zuständige Gemeinde über Antrag der Kurkommission den ausständigen Betrag mittels Bescheid vorzuschreiben."

Die Ermäßigungsregelung des § 2 Abs. 3 Stmk. KurabgabeG war schon in § 1 der Verordnung der Landesregierung gemäß § 2 Abs. 3 Stmk. KurabgabeG, LGBl. Nr. 48/1955, enthalten und wurde mit der Novelle LGBl. Nr. 126/1967 in das Kurabgabegesetz (zunächst noch taxativ auf bestimmte Orte bezogen) aufgenommen (und die Verordnungsermächtigung des § 2 Abs. 3 Stmk. KurabgabeG beseitigt). Mit der Novelle zum KurabgabeG im Jahre 1972 (LGBl. Nr. 13/1972) wurde diese Begünstigung (über Antrag der Kurverwaltung A-Kurort) durch die Streichung der Nennung der konkreten Orte, für die die Begünstigung gelten sollte, auch für A eingeführt (vgl. 29 Blg Stmk LT, VII. Periode, Einl.Zl. 267, 2).

Gemäß § 302 Abs. 4 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in den im Beschwerdefall auf Grund der zeitlichen Lagerung anzuwendenden Fassungen BGBl. II Nr. 446/2005 bzw. BGBl. II Nr. 532/2006, haben Versicherte (Pensionisten), die für Rechnung des Pensionsversicherungsträgers in einer Krankenanstalt, die vorwiegend der Rehabilitation dient, untergebracht werden, eine Zuzahlung in der Höhe von EUR 6,52 bzw. EUR 6,68 pro Verpflegstag zu leisten. Der Pensionsversicherungsträger hat bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzwürdigkeit des (der) Versicherten von der Einhebung der Zuzahlung abzusehen, und zwar nach Maßgabe der vom Hauptverband hiezu erlassenen Richtlinien (§ 31 Abs. 5 Z 27). Die Zuzahlung darf für jeden Versicherten für höchstens 28 Kalendertage in jedem Kalenderjahr eingehoben werden.

§ 307d Abs. 6 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 (ebenfalls in den im Beschwerdefall auf Grund der zeitlichen Lagerung anzuwendenden Fassungen auf Grund der Kundmachungen BGBl. II Nr. 446/2005 bzw. BGBl. II Nr. 532/2006) sieht vor, das Versicherte (Pensionisten), die für Rechnung des Pensionsversicherungsträgers in einem Genesungsheim, einem Erholungsheim, einer Kuranstalt oder einer Krankenanstalt, die vorwiegend der Rehabilitation dient, untergebracht werden, eine Zuzahlung in der Höhe von mindestens EUR 6,52 und höchstens EUR 16,59 bzw. mindestens EUR 6,68 und höchstens EUR 16,99 pro Verpflegstag zu leisten haben.

Der Pensionsversicherungsträger hat bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzwürdigkeit des (der) Versicherten von der Einhebung der Zuzahlung abzusehen. Die Höhe der im Einzelfall in Betracht kommenden Zuzahlung sowie die Verpflichtung zur Befreiung von diesen Zuzahlungen bestimmt sich nach Maßgabe der vom Hauptverband hiezu erlassenen Richtlinien (§ 31 Abs. 5 Z 27).

2.2.1. Die Beschwerdeführerin bestreitet die Tauglichkeit des von der Abgabenbehörde herangezogenen Wiederaufnahmsgrundes.

2.2.2. In diesem Zusammenhang ist im Hinblick auf das Inkrafttreten der BAO in der Fassung BGBl. I Nr. 20/2009 auch für den Landesbereich mit vorweg abzuklären, nach welcher Rechtslage die Zulässigkeit der im Beschwerdefall verfügten Wiederaufnahme zu prüfen ist.

Für die Beurteilung der Zulässigkeit von Verfahrenshandlungen kommt es grundsätzlich darauf an, wann der verfahrensrechtlich maßgebliche Sachverhalt stattgefunden hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/20/0345). Die Übergangsbestimmungen für Landes- und Gemeindeabgaben in § 323a BAO zum Abgabenverwaltungsreformgesetz, BGBl. I Nr. 20/2009, treffen für die Wiederaufnahme des Verfahrens keine von diesem Grundsatz abweichende Regelung. Die verfahrensgegenständliche Wiederaufnahme war daher nach der Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer Verfügung durch die Abgabenbehörde erster Instanz zu prüfen. Zu diesem Zeitpunkt galt noch die Stmk. LAO in der bereits zitierten Fassung. Die belangte Behörde hätte ihrer Prüfung daher diese Rechtslage zu Grunde legen müssen. Dass sie die Zulässigkeit der Wiederaufnahme dementgegen nach den Bestimmungen der BAO beurteilt hat, verletzt die beschwerdeführende Partei jedoch für sich allein noch nicht in ihren Rechten. Soweit die Heranziehung des im Wesentlichen inhaltsgleichen Wiederaufnahmsgrundes des Hervorkommens neuer Tatsachen in § 303 BAO auch nach § 224 Stmk. LAO seine Deckung finden würde, wäre der angefochtene Bescheid insoweit nicht rechtswidrig.

2.2.3. Gemäß § 224 Abs. 3 Stmk. LAO war die Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen u.a. dann zulässig, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen waren, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden waren, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Es liegt somit kein tauglicher Wiederaufnahmsgrund vor, wenn die Kenntnis über neu hervorgekommene Tatsachen nicht zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid geführt hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/17/0049).

2.2.4. Es ist daher zu prüfen, ob die Auffassung der belangten Behörde zutrifft, dass die Zuzahlungen der versicherten Rehabilitationspatienten zu einer anderen rechtlichen Beurteilung im Hinblick auf das Stmk. KurabgabeG führen (vgl. die zu § 303 Abs. 4 BAO ergangenen hg. Erkenntnisse vom , Zl. 99/15/0144, und vom , Zl. 2004/15/0128).

2.2.5. Die Abgabenbehörde erster Instanz erblickte in der - durch das Antwortschreiben der beschwerdeführenden Partei vom hervorgekommenen - Tatsache, dass es in den verfahrensgegenständlichen Monaten zuzahlungspflichtige Nächtigungen gemäß §§ 302 Abs. 4 und 307d Abs. 6 ASVG in einer bestimmten Anzahl gegeben habe und nicht alle in den Abgabenerklärungen der beschwerdeführenden Partei berücksichtigten Rehabilitationspatienten in den Genuss einer Vollkostenübernahme durch den Sozialversicherungsträger gekommen seien, eine neu hervorgekommene Tatsache, die den Grund für die von ihr verfügten Wiederaufnahmen darstelle. Ihrer Ansicht nach erfüllten diese Personen nicht die Voraussetzungen der (in den Bescheiden in den wiederaufgenommenen Verfahren noch gewährten) Abgabenermäßigung gemäß § 2 Abs. 3 Stmk. KurabgabeG.

Dies könnte zutreffend sein, wenn der Umstand, ob bzw. wieviele der Kurgäste eine Zuzahlung gemäß § 302 Abs. 4 ASVG bzw. § 307d Abs. 6 ASVG zu den Kosten für ihren Aufenthalt zu leisten hatten, für die Vorschreibung der Kurabgabe relevant wäre.

Die belangte Behörde hat diese Relevanz mit der Begründung bejaht, dass bei jenen Versicherten, die eine Zuzahlung zu leisten hätten, nicht mehr die Voraussetzung des § 2 Abs. 3 Stmk. KurabgabeG, dass der Sozialversicherungsträger die gesamten Kosten des Aufenthalts übernehme, gegeben sei.

2.2.6. Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 Stmk. KurabgabeG, wonach in Heimen untergebrachte Kurgäste, für deren Aufenthalt ein Sozialversicherungsträger die gesamten Kosten des Kuraufenthaltes übernimmt, eine 20 %ige Ermäßigung der Kurabgabe erhalten, ist jedoch aus ihrer dargelegten historischen Entwicklung dahin gehend zu verstehen, dass sie an einen bestimmten Typus einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung anknüpft.

Die hier interessierende, im ASVG seit 1996 verankerte Differenzierung bei der Einhebung der Zuzahlung knüpft nicht an der versicherungsrechtlichen Notwendigkeit einer Leistung oder an im Versicherungsverlauf liegenden Unterschieden an, sondern an der sozialen Lage der Leistungsempfänger. Sie ändert - wie die beschwerdeführende Partei hervorgehoben hat - nichts am grundsätzlichen Anspruch der Versicherten auf Übernahme der Kosten durch den Versicherungsträger im Gegensatz zu einer bloßen Zuschussleistung.

Die hier vorgenommene Anknüpfung in einer landesgesetzlichen Abgabenbestimmung an das sozialversicherungsrechtliche Leistungsrecht kann nur dahin gehend verstanden werden, dass bestimmte Typen von Leistungen erfasst werden sollten. Die hier anzuwendende landesrechtliche Abgabenbestimmung enthielte eine nicht an systemimmanenten Kriterien orientierte Differenzierung, wollte man sie im Sinne der belangten Behörde auslegen (vgl. zu den rechtspolitischen Intentionen, die mit der Kurabgabe verfolgt werden, die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Stmk. KurabgabeG, 48 Blg Stmk LT, III. Periode, Einl.Zl. 162, 3f.).

Innerhalb desselben Systems, wie im Beschwerdefall des ASVG, ergäbe die Auslegung der belangten Behörde, dass eine an sich unveränderte sozialversicherungsrechtliche Leistung bis 1996 abgabenrechtlich nach Stmk. KurabgabeG begünstigt war, danach aber die Begünstigung nur mehr in jenen Fällen, in denen aufgrund sozialpolitischer Überlegungen des Bundesgesetzgebers von der Einhebung einer grundsätzlich vorgesehen Zuzahlung in Härtefällen Abstand zu nehmen ist, eingegriffen hätte. Ein und dieselbe sozialversicherungsrechtliche Leistung für in Heimen untergebrachte Patienten würde damit ohne ersichtlichen Grund und entgegen dem sich aus dem ursprünglichen Gesetzeszweck ergebenden Willen des Landesgesetzgebers kurabgabenrechtlich differenziert behandelt. Eine solche Auslegung verbietet sich überdies auch aus verfassungsrechtlichen Gründen.

Durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 wurde zwar für die Rehabilitationsaufenthalte im ASVG eine Beitragsleistung wie beim allgemeinen Spitalskostenbeitrag eingeführt; an der systematischen Differenzierung zwischen der Vollkostenübernahme und einer Zuschussleistung änderte sich dadurch jedoch nichts.

Vor diesem Hintergrund haben Modifikationen innerhalb eines Versicherungssystems - wie die gegenständliche Einführung einer nach diesem System zunächst nicht gegebenen Zuzahlung - für die Auslegung der Abgabenvorschrift des § 2 Abs. 3 Stmk. KurabgabeG außer Betracht zu bleiben.

Die Zuzahlung gemäß § 302 Abs. 4 ASVG bzw. § 307d Abs. 6 ASVG hindert daher nicht die Anwendung des reduzierten Satzes des § 2 Abs. 3 Stmk. KurabgabeG.

2.3. Da es für die Gewährung der (in den rechtskräftigen Bescheiden in jenen Verfahren, auf die sich die Wiederaufnahme bezieht) Abgabenermäßigung gemäß § 2 Abs. 3 KurabgabeG somit nicht relevant ist, ob seitens der Versicherten Zuzahlungen an den Sozialversicherungsträger erfolgen oder nicht, erweisen sich die von den Abgabenbehörden herangezogenen, neu hervorgekommen Tatsachen als ungeeignet, einen anders lautenden Bescheid herbeizuführen. Sie stellen daher keinen Wiederaufnahmsgrund nach § 224 Abs. 3 Stmk. LAO dar.

Die belangte Behörde hat in Verkennung der dargestellten Rechtslage durch die Bestätigung der erstinstanzlich verfügten Wiederaufnahmen den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

2.4. Der angefochtene Bescheid ist daher, soweit er die Abweisung der Berufung gegen die Wiederaufnahme der Kurabgabeverfahren ausspricht, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

2.5. Auf Grund der gemäß § 42 Abs. 3 VwGG gegebenen Rückwirkung der Aufhebung des die Wiederaufnahme bewilligenden Bescheids, scheidet auch der im angefochtenen Bescheid enthaltene Spruchteil, der die Berufung gegen die Sachentscheidung im wiederaufgenommenen Verfahren (die Festsetzung der Abgabe) und die Festsetzung des Säumniszuschlages betrifft, aus dem Rechtsbestand aus (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/15/0144). Insoweit war daher das Beschwerdeverfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

Damit erweist sich die gegen die auf Grund der Wiederaufnahme des Verfahrens ergangene neuerliche erstinstanzliche Vorschreibung der Kurabgabe erhobene Berufung wieder als unerledigt. Im vorliegenden Verfahren ist diese Konsequenz zum Anlass der Gegenstandsloserklärung der Beschwerde und Einstellung des Verfahrens zu nehmen, soweit der angefochtene Bescheid über die Abweisung der Berufung gegen die Verfügung der Wiederaufnahme hinausgeht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/17/0030).

2.6. Die belangte Behörde hätte auf Grund der Aufhebung des die Wiederaufnahme erledigenden Spruchteils des angefochtenen Bescheides im fortgesetzten Verfahren gemäß § 63 Abs. 1 VwGG einerseits der Berufung gegen die Verfügung der Wiederaufnahme (Spruchpunkt 1 des Bescheids des Bürgermeisters der Gemeinde A vom ) stattzugeben und den erstinstanzlichen Wiederaufnahmebescheid ersatzlos aufzuheben, andererseits auf Grund der durch den gemäß § 42 Abs. 3 VwGG eintretenden Wegfall der Berufungsentscheidung über die Berufung gegen die weiteren Spruchpunkte des erstinstanzlichen Bescheids, nämlich die Abgabenvorschreibung, die Feststellung des sich ergebenden Rückstands, die Festsetzung eines Säumniszuschlags und die vorgenommene Rundung (die als solche auch durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, soweit mit ihm über die Wiederaufnahme abgesprochen wurde, noch unberührt wären), insoweit wieder offenen Berufung dieser stattzugeben und die Abgabenvorschreibung und die weiteren Bescheidpunkte des erstinstanzlichen Bescheides ebenfalls ersatzlos zu beheben.

2.7. Gemäß § 42 Abs. 3a VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Ein solcher Fall liegt hier vor, da dadurch eine weitere Tätigkeit der belangten Behörde, die das vorliegende Erkenntnis im Sinne der Ausführungen unter Punkt 2.6. umzusetzen hätte, entbehrlich wird.

2.8. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher gemäß § 42 Abs. 3a VwGG ausgesprochen, dass der mit Berufung bekämpfte Bescheid der Behörde erster Instanz zur Gänze gemäß § 289 Abs. 2 BAO ersatzlos aufgehoben wird.

2.9. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am