VwGH vom 07.10.2013, 2010/17/0119

VwGH vom 07.10.2013, 2010/17/0119

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner, Hofrat Mag. Straßegger und Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der C Limited in B, vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , Zl. BMF-180000/0029-VI/1/2009, betreffend Bewilligung nach § 56 Abs. 2 GSpG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist ein in Malta ansässiges, im maltesischen Handelsregister registriertes Unternehmen und betreibt auf Grund behördlicher Bewilligungen der maltesischen Lotterie- und Glücksspielbehörde über das Internet zugängliche Spielbanken, in denen die Teilnahme an diversen Glücksspielen angeboten wird.

Mit stellte die Beschwerdeführerin beim Bundesminister für Finanzen den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach § 56 Abs. 2 des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2008 (in der Folge: GSpG).

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag gemäß § 56 Abs. 2 GSpG ab.

Begründend verwies die belangte Behörde zunächst darauf, dass Inhalt einer Bewilligung nach § 56 GSpG sei, in Österreich den physischen Vor-Ort-Besuch ausländischer Spielbankenbetriebsstätten in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes zur dortigen Spielteilnahme zu bewerben.

Eine Bewilligung nach § 56 Abs. 2 GSpG dürfe nur einem Antragsteller erteilt werden, der für die Spielbankenbetriebsstätte eine aufrechte Konzession des Standortstaates innehabe und die Konzession auch im Konzessionserteilungsland aktuell ausübe und diese Konzession einer Konzession nach § 21 GSpG (Konzession zum Betrieb physischer Vor-Ort-Casinos) entspreche und die gesetzlichen Spielerschutzbestimmungen des Mitgliedstaates der EU oder des Staates des EWR den österreichischen entsprächen und in seinen Werbeauftritten in Österreich einen verantwortungsvollen Maßstab zu beachten bereit sei.

Nach Ausführungen zur Rechtsprechung des EuGH und zur Sicherstellung von hohen Spielerschutzstandards als wesentliches Ziel des österreichischen Glücksspielgesetzes weist die belangte Behörde darauf hin, dass der Gesetzgeber bei Regelung des § 56 GSpG davon ausgegangen sei, dass die Spielteilnahme vom Inland aus der nationalen Regelungshoheit der Mitgliedstaaten unterliege. Für eine Spielteilnahme vom Ausland aus stelle sich dies anders dar. Nach Darstellung der Beweggründe für die Neufassung des § 56 GSpG stellte die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdeführerin nach eigenen Angaben über das Internet zugängliche Spielbanken, in denen die Teilnahme an diversen Glücksspielen wie Roulette, Black Jack oder Poker angeboten werde, betreibe. Überdies biete die Beschwerdeführerin auch die Möglichkeit zum Abschluss von Wetten auf sportliche Ereignisse.

Das Anbieten von Glücksspielen via Internet sei nicht Teil einer Spielbankenkonzession in Österreich. Es bestehe daher keine einer Spielbankkonzession nach § 21 GSpG vergleichbare aufrechte Konzession der Antragstellerin, weshalb § 56 Abs. 2 GSpG auf den vorliegenden Sachverhalt schon von seinem Tatbestandsumfang nicht anwendbar sei. Überdies unterlägen Glücksspielangebote, die eine Teilnahme vom Inland aus ermöglichten, dem Konzessionssystem des Glücksspielgesetzes und seien daher ohne österreichische Konzession in Österreich nicht zulässig.

§ 56 GSpG, auf den sich die Antragstellerin beziehe, habe das bisherige generelle Werbeverbot für ausländisches Glücksspiel nur in einem bestimmten Teilbereich gelockert und ausschließlich Werbung für den physischen Vor-Ort-Besuch ausländischer Spielbankstandorte unter gewissen Bedingungen erlaubt. Die antragsgegenständliche Werbung für ausländische Internet-Glücksspiele sei daher vom Anwendungsbereich des § 56 Abs. 2 GSpG nicht umfasst.

Da der Antrag somit schon mangels Vorliegens einer Spielbankenkonzession im Sinn des § 21 GSpG nicht positiv erledigt werden könne, habe eine Vergleichbarkeitsprüfung der gesetzlichen Spielerschutzmaßnahmen gar nicht vorgenommen werden müssen. Der Antrag sei daher abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Mit Erkenntnis vom , B 887/09-9, wies der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde als unbegründet ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab. Der Verfassungsgerichtshof hielt begründend u.a. fest, eine gesetzliche Regelung, mit der die Ausnahme vom grundsätzlich bestehenden Werbeverbot für Unternehmen mit ausländischer Konzession auf Standorte im EU-Raum beschränkt und damit nicht auf über Internet zugängliche Glücksspiele erstreckt werde, bezwecke den Schutz der Spieler und liege somit im öffentlichen Interesse. Das - differenzierte - Werbeverbot sei auch zur Erreichung des Zieles geeignet, bewirke es doch, dass Unternehmen, die Spiele über Internet anböten, bei denen besondere Gefahren für Spieler bestehen, nicht über Werbung Spielerkreise erschließen könnten, die sich etwa der Gefahren des Betrugs beim Glücksspiel im Internet nicht bewusst sein könnten. Die Beschränkung sei schließlich auch adäquat.

In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 56 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung

BGBl. I Nr. 126/2008, lautete:

"Zulässige Werbung

§ 56. (1) Die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber nach diesem Bundesgesetz haben bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren.

Die Einhaltung dieses verantwortungsvollen Maßstabes ist ausschließlich im Aufsichtswege durch den Bundesminister für Finanzen zu überwachen und nicht dem Klagswege nach §§ 1 ff UWG zugänglich. Abs. 1 Satz 1 stellt kein Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB dar.

(2) Spielbanken aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes dürfen im Inland den Besuch ihrer ausländischen, in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes gelegenen Betriebsstätten gemäß den Grundsätzen des Abs. 1 bewerben, wenn dem Betreiber der Spielbank dafür eine Bewilligung durch den Bundesminister für Finanzen erteilt wurde. Eine solche Bewilligung ist zu erteilen, wenn der Betreiber der Spielbank dem Bundesminister für Finanzen nachgewiesen hat, dass

1. die für den Betrieb der Spielbank erteilte Konzession § 21 entspricht und im Konzessionserteilungsland, das ein Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes ist, ausgeübt wird, und

2. die gesetzlichen Spielerschutzbestimmungen dieses Mitgliedstaates der Europäischen Union oder Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes den inländischen zumindest entsprechen.

Entsprechen die Werbemaßnahmen nicht den Anforderungen nach Abs. 1, kann dem Betreiber der ausländischen Spielbank die Werbung durch den Bundesminister für Finanzen untersagt werden."

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Auslegung des § 56 GSpG durch die belangte Behörde unter dem Gesichtspunkt des Unionsrechts. Auch die Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, dass die Auslegung des Gesetzes, wonach nur an Spielbankenkonzessionen für "Lebendspielbanken" gedacht sei, keine gleichheitswidrige Auslegung darstelle, stehe einer gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung des § 56 Abs. 2 GSpG dergestalt, dass Onlinespielbanken von der Erlangung einer Bewilligung zur Bewerbung ihres Angebots nicht ausgeschlossen seien, nicht entgegen.

Zum Beschwerdevorbringen ist darauf hinzuweisen, dass auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (in der Folge: EuGH) die Beschränkung der Durchführung von Glücksspielen in einem Mitgliedstaat durch die Errichtung eines Konzessionssystems bei Erfüllung der für eine Rechtfertigung der Beschränkung in der Rechtsprechung als erforderlich erachteten Kriterien nicht unionsrechtswidrig ist.

Es ist einzuräumen, dass der EuGH speziell zur Glücksspielwerbung bereits entschieden hat, dass eine nationale Regelung, die bewirke, dass die Werbung in einem Mitgliedstaat für Glücksspiele, die in anderen Mitgliedstaaten rechtmäßig veranstaltet werden, verboten ist, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstelle ( verb. Rs C-447/08 und C-448/08, Sjöberg und Gerdin , Slg. 2010, I-6921, Rn 33 und 34).

Der EuGH hat in diesem Urteil vom , verb. Rs C- 447/08 und C-448/08, aber auch ausgesprochen, dass Art. 49 EG (nunmehr Art. 56 AEUV) "dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, die an die Bevölkerung dieses Mitgliedstaats gerichtete Werbung für Glücksspiele verbietet, die von privaten Anbietern in anderen Mitgliedstaaten zu Erwerbszwecken veranstaltet werden" (Rn 46). Die diesem Verfahren zu Grunde gelegene schwedische Rechtslage ist im Ergebnis mit der Rechtslage nach dem GSpG vergleichbar, derzufolge Werbung für Glücksspiele nur mit Genehmigung nach § 56 GSpG zulässig ist und eine solche Genehmigung für die Werbung für im Ausland angebotene Glücksspiele, die von Österreich aus über Internet gespielt werden können, nicht erteilt werden kann.

Der EuGH hat in dem genannten Urteil neuerlich bekräftigt (Rn 40), dass eine Rechtfertigung einer Beschränkung wie der hier vorliegenden dann gegeben ist, wenn die in Rede stehenden Regelung geeignet ist, die Verwirklichung eines oder mehrerer der von dem Mitgliedstaat geltend gemachten legitimen Ziele zu gewährleisten, und sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. Auf jeden Fall dürften die Beschränkungen nicht diskriminierend angewandt werden (in diesem Zusammenhang verweist der EuGH auf sein Urteil Rs C-42/07, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International , Slg. 2009, I-07633, Rn 60 und 61).

Es lässt sich der Rechtsprechung des EuGH zur Frage der Zulässigkeit von Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit auf dem Gebiet des Glücksspiels somit nicht entnehmen, dass die Mitgliedstaaten gehalten wären, auf ihrem Staatsgebiet die Werbung für illegale Spiele zuzulassen. Auch das genannte, kurz nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ergangene Urteil des EuGH bietet daher keinen Anlass, von der bereits vom Verfassungsgerichtshof dargelegten Auffassung abzugehen, dass die vorliegenden Werbebeschränkungen keine unzulässige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit sind. Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich insofern der Einschätzung des Verfassungsgerichtshofes an, dass sich das vom österreichischen Gesetzgeber verfolgte Ziel des Spielerschutzes innerhalb des vom EuGH skizzierten Rahmens bewegt und die gegenständliche Werbeverbotsregelung sowohl geeignet ist, das Ziel zu erreichen, als auch adäquat im Sinne der Rechtsprechung des EuGH ist.

Die belangte Behörde hat insoferne zutreffend darauf hingewiesen, dass ein qualitativer Unterschied zwischen einer Werbung für legal in einem anderen Mitgliedstaat betriebene Spielbanken und einer Werbung für die Teilnahme an Internetspielbanken, die einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Staates darstellen würde, besteht. Die besondere Gefährdung, die sich aus dem Anbieten von Glücksspielen über das Internet ergibt, hat auch der EuGH in dem oben genannten Urteil in der Rechtssache Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International (Rn 70) festgestellt.

§ 56 Abs. 2 GSpG bedeutet somit auch in unionsrechtlicher Betrachtungsweise nicht, dass die Werbung für ein Glücksspielangebot über das Internet ohne entsprechende innerstaatliche Konzession zulässig ist.

Aus diesen Überlegungen folgt, dass auch das Beschwerdevorbringen unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht geeignet ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Eine Prüfung auf die Einhaltung der maltesischen Rechtsnormen durch die Beschwerdeführerin bei der Durchführung ihrer Onlinespielbanken war vielmehr nicht erforderlich.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am