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VwGH vom 24.05.2012, 2008/15/0169

VwGH vom 24.05.2012, 2008/15/0169

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des MS in S, vertreten durch die Wirtschaftstreuhandgesellschaft - Steuerberatungsgesellschaft Gapp Geiger OEG in 6460 Imst, Kramergasse 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom , Zl. RV/0250-S/07, betreffend Einkommensteuer 2004 bis 2006, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte in seinen Einkommensteuererklärungen der Jahre 2004 bis 2006 die Berücksichtigung des Pauschbetrages gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 für das auswärtige Studium seines Sohnes Christian.

In den Einkommensteuerbescheiden 2004 und 2005 wurde dieser Freibetrag zunächst ohne nähere Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen gewährt. Mit Einkommensteuerbescheid 2006 vom anerkannte das Finanzamt den Pauschbetrag mit der Begründung nicht, dass auch im Einzugsgebiet des Wohnortes eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit (Studium der Rechtswissenschaften) bestünde. Gleichzeitig wurde der Einkommensteuerbescheid 2004 vom gemäß § 299 BAO aufgehoben und ein neuer Einkommensteuerbescheid erlassen. Für das Jahr 2005 erging nach Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO ebenfalls ein neuer Sachbescheid. In den beiden neuen Sachbescheiden vom wurde der streitgegenständliche Freibetrag nicht mehr berücksichtigt.

In der gegen die Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2006 erhobenen Berufung beantragte der Beschwerdeführer die Anerkennung der Kosten der auswärtigen Berufsausbildung seines Sohnes für die Kalendermonate Jänner 2004 bis Februar 2006 (Zeiträume des Bezuges von Familienbeihilfe) als außergewöhnliche Belastung. Begründend brachte er vor, sein Sohn interessiere sich besonders für das internationale Recht und das Europarecht, weil er eine berufliche Tätigkeit bei europäischen Institutionen oder österreichischen Stellen im Wirtschaftsbereich anstrebe. Dafür seien besondere Kenntnisse erforderlich, die - wie ein Vergleich der Studienpläne der Universitäten Salzburg und Linz im Jahr 2000 ergeben habe - keinesfalls im Rahmen eines Diplomstudiums der Rechtswissenschaften an der Universität Salzburg erworben werden könnten. Die Universität Linz biete seit dem Jahr 1999 einen näher dargestellten Studienschwerpunkt "Internationales Recht", welcher eine umfassende europarechtliche Ausbildung vorsehe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie stellte das Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Universität Linz jenem an der Universität Salzburg gegenüber und kam dabei zu dem Schluss, dass der erste und zweite Studienabschnitt an der Universität Salzburg und der erste Studienabschnitt sowie das Grundstudium des zweiten Studienabschnittes an der Universität Linz keine gravierenden Unterschiede aufwiesen, was auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten werde.

In weiterer Folge sähen beide Studienpläne die Möglichkeit einer Spezialisierung in einem Fachgebiet vor. An der Universität Linz erfolge dies durch die Wahl eines vorgegebenen Studienzweiges. An der Universität Salzburg würden keine verbindlichen Studienzweige vorgeschrieben, sondern erfolge die Schwerpunktbildung durch die Wahl eines entsprechenden Fächerbündels im dritten Studienabschnitt. Dabei seien aus dem Diplomarbeitsfach vier Semesterstunden zu absolvieren, aus einem dem Diplomarbeitsfach nahestehenden juristischen Kombinationsfach sechs Semesterstunden. Das zweite Fach könne mit zwei Semesterstunden aus einem dritten juristischen Vertiefungsfach oder mit zwei Semesterstunden aus einem Ergänzungsfach kombiniert werden. Die Thematik der Studienzweige und der vorgeschlagenen Fächerbündel sei teilweise gleich. So sei entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers an der Universität Salzburg auch eine Schwerpunktbildung im Bereich "Internationales Recht/Europarecht" möglich. Das diesbezüglich vorgeschlagene Fächerbündel bestünde aus dem Diplomarbeitsfach Völkerrecht (Internationale Organisationen) und dem Kombinationsfach Europarecht bzw. einem allfälligen zweiten Kombinationsfach Strafrecht, Handelsrecht, Politikwissenschaften/Wirtschaftswissenschaften.

Zweifellos seien die an der Universität Linz in Form von Studienzweigen angebotenen Vertiefungsstudien umfassender als jene an der Universität Salzburg. Wesentlich sei aber, dass auch an der Universität Salzburg ein vergleichbarer Schwerpunkt im Bereich "Internationales Recht/Europarecht" vorgesehen sei.

Beide Universitäten böten in acht Semestern bei nahezu gleichen Pflichtfächern (bei nicht vollständig identem Lehrveranstaltungsangebot) eine umfassende juristische Basisausbildung mit vertieftem Spezialwissen in teilweise gleichen Teilbereichen des Rechts, die den Zugang zu allen Juristen offenstehenden Berufsfeldern gewährleisteten. Auch wenn die durch die Wahl des Studienzweiges "Internationales Recht" erfolgte Spezialisierung für die spätere Berufslaufbahn des Sohnes des Beschwerdeführers von Vorteil sein könne, folge daraus nicht, dass die mit diesem Vorteil verbundenen Kosten zwangsläufig erwachsen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Berufsausbildungskosten eines Kindes können als Teil der Unterhaltsverpflichtung gemäß § 34 Abs. 7 EStG 1988 grundsätzlich keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung finden. Eine Ausnahme sieht Abs. 8 leg. cit. für Fälle der auswärtigen Berufsausbildung eines Kindes unter der weiteren Voraussetzung vor, dass im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 EUR pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Die Pauschalierung des Mehraufwandes der Höhe nach durch das EStG 1988 (im Gegensatz zum EStG 1972) enthebt, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 97/14/0068, ausgesprochen hat, nicht von der Prüfung der Frage, ob eine auswärtige Berufsausbildung dem Grunde nach geboten ist. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung dann nicht der Fall, wenn am Wohnort des Steuerpflichtigen oder in dessen Einzugsbereich - unter Berücksichtigung der Talente des Kindes - eine gleichartige Ausbildungsmöglichkeit besteht (vgl. Hofstätter/Reichel, § 34 EStG 1988 Einzelfälle Tz. 1 und die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Der Beschwerdeführer bringt vor, sein Sohn habe im Hinblick auf eine künftige berufliche Tätigkeit (z.B. bei internationalen Organisationen oder im diplomatischen Dienst) besondere Kenntnisse im Bereich des internationalen Rechts (EU-Recht) für erforderlich gehalten und sich nach einem Vergleich der "Studienpläne Linz - Salzburg" entschlossen, sein Studium in Linz zu absolvieren. In Salzburg habe ein älterer Studienplan bestanden, der im Rahmen der zweiten Diplomprüfung zwar Europarecht als eine von elf Teilprüfungen vorgesehen habe, jedoch nur im bescheidenen Umfang von zwei Vorlesungen. Demgegenüber bestünde an der Universität Linz seit 1999 ein Studienschwerpunkt "Internationales Recht", welcher die Ablegung zahlreicher Prüfungen aus dem Bereich des Völker- und Europarechts ermögliche. Dadurch habe sich das "Jus-Studium" in Linz mit dem Studienschwerpunkt "Internationales Recht" seinerzeit so deutlich vom "Jus-Studium" in Salzburg unterschieden, dass nicht mehr von einer "vergleichbaren Ausbildung" im Sinne des Erkenntnisses 97/14/0068 gesprochen werden könne. Das Ausmaß einschlägiger Lehrveranstaltungen habe in Linz 22 Semesterstunden, in Salzburg lediglich zehn betragen. Dazu komme, dass in Linz zwingend zu absolvierende Lehrveranstaltungen teilweise in englischer Sprache abgehalten würden und daher die Prüfungen auch mündlich in englischer Sprache erfolgten.

Nach dem hg. Erkenntnis vom , 2000/14/0207, sind die durch das auswärtige Studium verursachten Mehraufwendungen dann nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn das gleiche Studium bei gleichen Bildungschancen und gleichen Berufsaussichten auch an einer im Wohnort oder im Nahebereich des Wohnortes gelegenen Universität absolviert werden kann. Entscheidend ist, dass die betreffenden Studien ihrer Art nach vergleichbar sind. Abweichungen zwischen einzelnen Studienordnungen verschiedener Universitäten führen nicht zum Fehlen einer "entsprechenden Ausbildungsmöglichkeit".

Inwieweit zwei Studien ihrer Art nach vergleichbar sind, ist eine auf Ebene der Sachverhaltsermittlung zu lösende Frage. Die belangte Behörde hat die zu Studienbeginn des Sohnes (Wintersemester 2000/2001) in Geltung stehenden Studienpläne der beiden Universitäten einander gegenübergestellt und ist dabei zur Feststellung gelangt, dass in den Kernbereichen des Studiums keine gravierenden Unterschiede zwischen den Universitäten bestünden und beide Studienangebote als gleichwertig angesehen werden könnten. Insbesondere würden auch an der Universität Salzburg Lehrveranstaltungen aus den Bereichen Völker- und Europarecht - wenn auch nicht als Studienschwerpunkt - angeboten.

Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass das Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Universität Salzburg - entgegen der behördlichen Sachverhaltsannahme - nicht unbeschränkten Zugang zu allen juristischen Berufen (einschließlich jenen bei internationalen Organisationen) ermöglicht hätte. Damit kann es aber nicht als unschlüssig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zur Feststellung gelangt ist, dass beide Ausbildungsstätten ihren Absolventen grundsätzlich gleiche Bildungschancen und gleiche Berufsaussichten eröffnet haben.

Da ein Steuerpflichtiger, der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wissen will, selbst das Vorliegen jener Umstände darzulegen hat, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 98/13/0072), ist die - ohnedies nicht weiter ausgeführte - Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe den Sachverhalt nur unzureichend ermittelt ("z.B. Befassung der Universitäten") nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Soweit die Beschwerde die Frage der Fremdsprachenausbildung berührt, bleibt zu ergänzen, dass die belangte Behörde diesem (in den Berufungsschriftsätzen nicht erhobenen und auch nicht den Kernbereich des Studiums betreffenden) Einwand in ihrer Gegenschrift mit dem Hinweis begegnen kann, dass auch der an der Universität Salzburg seinerzeit gültige Studienplan bereits eine fremdsprachige Fachausbildung beinhaltet hat. Der (im Verwaltungsakt erliegende) Studienplan der Universität Salzburg sieht vor, dass Studierende der Rechtswissenschaften nachweislich in einer lebenden Fremdsprache abgehaltene Lehrveranstaltungen im Umfang von mindestens vier Semesterstunden aus Pflichtfächern zu besuchen oder einen entsprechenden Studienaufenthalt im fremdsprachigen Ausland erfolgreich zu absolvieren haben.

Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am