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VwGH 28.05.2013, 2013/05/0052

VwGH 28.05.2013, 2013/05/0052

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
RS 1
Durch Anführung des § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde klargelegt, dass sie eine Sachentscheidung getroffen hat; die ausgesprochene Aufhebung muss als "negative" Sachentscheidung im Sinne einer ersatzlosen Behebung angesehen werden. Da der Entscheidung der Behörde erster Instanz ein Antrag der Partei zugrunde lag, hätte die von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene (ersatzlose) Behebung zur Folge, dass die Behörde erster Instanz nicht mehr neuerlich über den Antrag absprechen dürfte und somit der Antrag unerledigt bleiben müsste (siehe dazu ausführlicher beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , 92/06/0168 ua., mwN; vgl. auch die Erkenntnisse vom , 2008/22/0882, vom , 2005/05/0374, oder vom , 2000/05/0063).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie den Senatspräsidenten Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der E P in Wien, vertreten durch Dr. Michael Czinglar, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Waaggasse 5/10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-WBF/V/52/2900/2010-8, betreffend Wohnbeihilfe (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/05/0050, zu entnehmen. Hieraus ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom (eingebracht am ) die Weitergewährung der Wohnbeihilfe beantragt hatte. Ihr Antrag wurde mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 50, vom abgewiesen. Die belangte Behörde gab ihrer Berufung mit Bescheid vom keine Folge. Mit dem eingangs genannten Erkenntnis vom wurde der Bescheid der belangten Behörde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Mit dem nun angefochtenen (Ersatz-)Bescheid hat die belangte Behörde wie folgt entschieden (Wortlaut des Spruches):

"Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der angefochtene Bescheid aufgehoben."

Begründet wurde dies nach zusammengefasster Wiedergabe des Verfahrensganges und des Wortlautes des § 66 Abs. 4 AVG damit, da die vom Verwaltungsgerichtshof im zuvor genannten Erkenntnis "geforderte und im gegenständlichen Einzelfall vorzunehmende Überprüfung des Antrages der BW vom auf Basis eines Einpersonenhaushaltes bislang nicht erfolgte, war der angefochtene Bescheid vom spruchgemäß aufzuheben" (es folgen obiter dicta).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 66 AVG lautet:

"§ 66. (1) Notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens hat die Berufungsbehörde durch eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen.

(2) Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

(3) Die Berufungsbehörde kann jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

(4) Außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern."

Durch Anführung des § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde klargelegt, dass sie eine Sachentscheidung getroffen hat; die ausgesprochene Aufhebung muss als "negative" Sachentscheidung (s Hengstschläger/Leeb, AVG § 66, Rz 97) im Sinne einer ersatzlosen Behebung angesehen werden. Da der Entscheidung der Behörde erster Instanz ein Antrag der Partei zugrunde lag, hätte die von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene (ersatzlose) Behebung zur Folge, dass die Behörde erster Instanz nicht mehr neuerlich über den Antrag absprechen dürfte und somit der Antrag unerledigt bleiben müsste (siehe dazu ausführlicher beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 92/06/0168 ua., mwN; vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/22/0882, vom , Zl. 2005/05/0374, oder vom , Zl. 2000/05/0063).

Damit belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Ergänzend ist noch Folgendes zu bemerken: Da es sich hier nicht um eine Verwaltungsstrafsache handelt, ist eine Vorgangsweise gemäß § 66 Abs. 2 AVG nicht von vornherein ausgeschlossen (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/04/0132, VwSlg 17.315/A, mwN; zu Verwaltungsstrafsachen siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0323, mwN.). § 66 Abs. 2 AVG setzt aber die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung voraus, wobei darüber hinaus zu begründen wäre, weshalb diese (hier) durch die Behörde erster Instanz und nicht durch den UVS durchzuführen wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Kassation
Anwendungsbereich des AVG §66 Abs4
Rechtsnatur und Rechtswirkung der Berufungsentscheidung
Verfahrensbestimmungen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2013:2013050052.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAE-79486