Suchen Hilfe
VwGH vom 09.09.2013, 2010/17/0105

VwGH vom 09.09.2013, 2010/17/0105

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Straßegger sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde 1. der AM, und 2. des WM, beide in K, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Winiwarter, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Utzstraße 9, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IVW3-BE-3211401/023-2010, betreffend Kanalbenützungsgebühr (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde K), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 zu ersetzen.

Begründung

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde den beschwerdeführenden Parteien als Eigentümer einer näher bezeichneten Liegenschaft mit Wirkung ab eine jährliche Kanalbenützungsgebühr mit der Begründung vorgeschrieben, dass das auf der gegenständlichen Liegenschaft befindliche Wohnhaus mit einer Berechnungsfläche von 145,92 m2 an das Kanalnetz angeschlossen sei. Dabei wurde der Einheitssatz von EUR 1,74 (damals ATS 24,--) angewendet. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den beschwerdeführenden Parteien für den Zeitraum bis eine jährliche Kanalbenützungsgebühr von EUR 507,80 vor. Der Berechnung wurden für das auf der gegenständlichen Liegenschaft befindliche Wohnhaus zwei Geschoße zu je EUR 145,92 m2 (Berechnungsfläche somit insgesamt 291,84 m2) und ein Einheitssatz von EUR 1,74 zugrunde gelegt.

Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den beschwerdeführenden Parteien für den Zeitraum bis eine jährliche Kanalbenützungsgebühr von EUR 642,05 vor. Dabei ging der Bürgermeister von derselben Berechnungsfläche, aber von einem höheren Einheitssatz (EUR 2,20) aus.

Mit dem dritten Bescheid vom selben Tag schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den beschwerdeführenden Parteien für den Zeitraum ab eine jährliche Kanalbenützungsgebühr von EUR 665,40 vor, wobei er der Berechnung wieder dieselbe Berechnungsfläche (291,84 m2), aber einen abermals erhöhten Einheitssatz von EUR 2,28 zugrunde legte.

In ihrer gegen diese Abgabenbescheide erhobenen Berufung brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, wie auch bei früheren Vorschreibungen sei das Kellergeschoß nicht zu berücksichtigen, weil sich (an der Baulichkeit) nichts geändert habe.

Mit Bescheid vom gab der Gemeindevorstand der Marktgemeinde der Berufung keine Folge. Das Untergeschoß sei nicht als Keller zu qualifizieren, weil es mehrheitlich über Niveau liege. 57,57 % der Kellermauern seien sichtbar.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Vorstellung insoweit Folge, als sich diese auf die Abgaben der Zeiträume vom bis bezogen hat. Sie wies die Vorstellung - "soweit sie sich auf den Zeitraum mit Wirkung ab bis bzw. mit Wirkung ab " bezogen hat - als unbegründet ab.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, dass der dem Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom zugrunde gelegte Einheitssatz erst mit Wirkung ab erhöht worden sei. Da weder die Berechnungsfläche noch der Einheitssatz eine Veränderung erfahren habe, erweise sich der Bescheid, welcher die Zeiträume bis betreffe, als rechtswidrig.

Hinsichtlich der Zeiträume nach dem sei anzumerken, dass in bau- und abgabenrechtlicher Hinsicht kein Kellergeschoß vorliege. Nach § 4 Z 7 NÖ BauO 1996 liege ein Kellergeschoß vor, wenn dessen Außenwände infolge seiner (teilweisen) unterirdischen Anlage zum Großteil von außen nicht sichtbar seien. An dieses Begriffsverständnis knüpfe auch § 5 Abs. 3 NÖ Kanalgesetz 1977 an. Die Auslegung, dass jedes unterhalb des untersten Hauptgeschoßes liegende Nebengeschoß ein Kellergeschoß sei, wenn es sich auch nur zu einem geringem Teil unter dem Erdniveau befinde, finde in § 5 Abs. 3 NÖ Kanalgesetz keine Deckung.

Die Abgabenbehörden seien gemäß § 14 Abs. 4 NÖ Kanalgesetz 1977 verpflichtet gewesen, auf Grund der Änderung des Einheitssatzes einen Abgabenbescheid zur Änderung festgesetzter Kanalbenützungsgebühren zu erlassen. Dabei sei es der Behörde nicht verwehrt gewesen, den abgabenrechtlichen Sachverhalt einer neuen Würdigung zu unterziehen und das bisher nicht berücksichtigte Untergeschoß im Lichte der zwischenzeitig ergangenen Judikatur der Höchstgerichte bei der Ermittlung der Berechnungsfläche zu berücksichtigen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligte Marktgemeinde erstattete ebenfalls eine Gegenschrift, ohne jedoch Kosten dafür zu beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das NÖ KanalG 1977, LGBl. 8230-0, lautet in der im Streitzeitraum anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 8230-5 (§ 5 idF LGBl. Nr. 8230-5 und § 14 Abs. 4 idF LGBl. Nr. 8230-2):

"§ 5

Kanalbenützungsgebühr

(1) Für die Möglichkeit der Benützung der öffentlichen Kanalanlage ist eine jährliche Kanalbenützungsgebühr zu entrichten, wenn der Gemeinderat die Einhebung einer solchen Gebühr beschlossen hat.

(2) Die Kanalbenützungsgebühr errechnet sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche und dem Einheitssatz zuzüglich eines schmutzfrachtbezogenen Gebührenanteiles. ...

(3) Die Berechnungsfläche ergibt sich aus der Summe aller an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoßflächen. Die Geschoßfläche angeschlossener Kellergeschoße und nicht angeschlossener Gebäudeteile wird nicht berücksichtigt. …

§ 13

Veränderungsanzeige

(1) Treten nach Zustellung des Abgabenbescheides (§ 14) derartige Veränderungen ein, daß die der seinerzeitigen Festsetzung der Kanalerrichtungsabgabe und Kanalbenützungsgebühr oder der Fäkalienabfuhrgebühr zugrunde gelegten Voraussetzungen nicht mehr zutreffen, so hat der Abgabepflichtige diese Veränderungen binnen zwei Wochen nach dem Eintritt der Veränderung bzw. nach dem Bekanntwerden derselben dem Bürgermeister (Magistrat) schriftlich anzuzeigen (Veränderungsanzeige).

§ 14

Abgabenbescheid

(1) Den Abgabepflichtigen ist die Abgabenschuld mit Abgabenbescheid vorzuschreiben. Durch je einen besonderen Abgabenbescheid sind vorzuschreiben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
b)
die Kanalbenützungsgebühren …;
c)
Änderungen der im Abgabenbescheid nach lit. b festgesetzten Gebühren;

(2) Der Abgabenbescheid hat zu enthalten:

(3) Die im Abgabenbescheid nach Abs. 2 festgesetzte Gebühr ist so lange zu entrichten, solange nicht ein neuer Abgabenbescheid ergeht.

(4) Der Abgabenbescheid nach Abs. 1 lit.c ist insbesondere auf Grund einer im § 13 Abs. 1 genannten Veränderung, ferner bei Änderung der Einheitssätze … zu erlassen."

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass stets zwei Geschoße des Gebäudes (Erdgeschoß und Untergeschoß) auf ihrer Liegenschaft an den öffentlichen Kanal angeschlossen waren. Die beschwerdeführenden Parteien wenden sich auch nicht gegen die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, bei dem unter dem "Erdgeschoß" liegenden Untergeschoß handle es sich nicht um ein "Kellergeschoß" iSd § 5 Abs. 3 NÖ KanalG, welches bei der Ermittlung der Berechnungsfläche nicht zu berücksichtigen wäre. Strittig ist lediglich, ob es den Abgabenbehörden verwehrt war, anlässlich der Abgabenvorschreibungen gem. § 14 Abs. 4 NÖ KanalG 1977 ausschließlich aufgrund der Änderung der Einheitssätze nunmehr auch dieses Untergeschoß in die Berechnungsfläche einzubeziehen.

Die beschwerdeführenden Parteien vertreten die Auffassung, eine bloße Änderung des Einheitssatzes berechtige die Abgabenbehörde noch nicht, der Abgabenbemessung eine geänderte Berechnungsfläche zugrunde zu legen, nur weil sich ihre Rechtsansicht geändert habe. Eine Änderung der Berechnungsfläche könne nur wegen einer Veränderung des Gebäudes erfolgen.

Damit sind die beschwerdeführenden Parteien aber nicht im Recht.

Bei den den neuen Abgabenvorschreibungen zu Grunde liegenden handelt es sich nämlich um von den den vorangegangenen Abgabenvorschreibungen zu Grunde liegenden unabhängige Abgabenverfahren, weshalb es der Abgabenbehörde auch frei stand, bei der Abgabenbemessung von ihrer geänderten rechtlichen Beurteilung des Untergeschoßes auszugehen und dieses nicht mehr als Kellergeschoß iSd § 5 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. zu behandeln.

Umgekehrt stünde es im Falle der Erlassung eines neues Kanalbenützungsgebührenbescheides auch dem Abgabepflichtigen frei, den neuen, abgeänderten Bescheid in jeder Richtung (z.B. hinsichtlich Abgabepflicht, Bemessungsgrundlage) zu bekämpfen, selbst wenn dieser Bescheid die Kanalbenützungsgebühr ausschließlich in Bezug auf den geänderten Einheitssatz neu festgesetzt hat (vgl. bereits das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1107/72).

Im Übrigen ist in der neuerlichen Erlassung eines Dauerbescheides aufgrund geänderter Einheitssätze keine Wiederaufnahme des Verfahrens zu erblicken, sodass aus dem in der Beschwerde angeführten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G5, 6/09, für das vorliegende Beschwerdeverfahren nichts gewonnen werden kann.

Aus den obigen Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Der Kostenzuspruch erfolgte in der Höhe der von der belangten Behörde beantragten Kosten.

Wien, am

Fundstelle(n):
YAAAE-79469