VwGH vom 21.12.2012, 2010/17/0102
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des P in I, vertreten durch Ing. Dr. Joachim Stock, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 12, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom , Zl. I-Präs-00443/2009, betreffend Erschließungskosten, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Landeshaushauptstadt Innsbruck hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf die Darstellung des Verfahrensganges im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/17/0029, verwiesen. Daraus ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer im Instanzenzug anlässlich der Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses mit Garage ein Erschließungsbeitrag in der Höhe von EUR 11.045,60 vorgeschrieben wurde. Mit dem genannten Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den damals angefochtenen Bescheid im Wesentlichen mit der Begründung auf, dass die auf Grund des Kaufvertrages vom von der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers erbrachten Aufwendungen zur Erschließung (u. a.) des gegenständlichen Bauplatzes bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages an den Beschwerdeführer zu berücksichtigen gewesen wären.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde die erstinstanzliche Vorschreibung des Erschließungsbeitrages mit der Maßgabe ab, dass die (anteilsmäßigen) Erschließungskosten für das Grundstück des Beschwerdeführers mit EUR 4.651,18 vorgeschrieben wurden. Die belangte Behörde führte begründend aus, es seien dabei nur jene Kosten zu berücksichtigen gewesen, welche der Größe des Grundstückes des Beschwerdeführers in Relation zum ursprünglichen Gesamtgrundstück, für welches die Erschließungskosten in ihrer Gesamtheit getätigt worden seien, entsprächen. Im Beschwerdefall wiesen das Gesamtgrundstück (vor seiner Parzellierung) 11.269 m2 und das Grundstück des Beschwerdeführers 721 m2 auf, sodass nur 6,4 % der Erschließungskosten angerechnet werden könnten. Für das Grundstück des Beschwerdeführers (Nr. X/Y, KG H) ergebe sich somit bei Gesamterschließungskosten von EUR 99.942,71 ein anteilsmäßiger Betrag von EUR 6.394,42, der von dem zu entrichtenden Erschließungsbeitrag in Abzug zu bringen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit in Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 7 Abs. 1 Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz (in der Folge: TVAAG), LGBl. Nr. 22/1998, ermächtigt die Gemeinden, u. a. im Falle des Neubaus eines Gebäudes einen Erschließungsbeitrag zu erheben.
Nach § 9 Abs. 4 TVAAG sind Aufwendungen für die Verkehrserschließung des betreffenden Bauplatzes, soweit diese der Abgabenschuldner oder einer seiner Rechtsvorgänger auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen mit der Gemeinde erbracht hat, bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages entsprechend zu berücksichtigen.
Der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde sei von einer unrichtigen Fläche des Grundstücks vor dessen Parzellierung ausgegangen. Diese habe lediglich 10.243 m2 (und nicht 11.269 m2) betragen. Da die belangte Behörde dies in ihrer Gegenschrift auch zugesteht, erübrigt sich die weitere Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen. Allerdings ist fraglich, ob dies für den Beschwerdefall überhaupt von Bedeutung ist. Nach dem weiteren Beschwerdevorbringen wurde nämlich nicht das gesamte (ursprüngliche) Grundstück aufgeschlossen, sondern lediglich die davon abgeteilten Grundstücke (darunter auch das Grundstück des Beschwerdeführers) im Ausmaß von insgesamt 5.186 m2. Das Grundstück des Beschwerdeführers mache jedoch 13,90 % der gesamten erschlossenen Fläche aus. Der Beschwerdeführer selbst geht aber in weiterer Folge davon aus, dass auch dieser Umstand im Beschwerdefall nicht von Bedeutung ist, wenn er vorbringt, dass die gesamten von ihm geltend gemachten Erschließungskosten in Höhe von EUR 99.942,71, die in einer von ihm im Abgabenverfahren vorgelegten Rechnung eines näher genannten Tiefbauunternehmens vom ausgewiesen wurden, tatsächlich lediglich auf sein Grundstück und das seines Nachbarn entfallen seien.
Der Beschwerdeführer hat anlässlich seiner Urkundenvorlage vom den gesamten Betrag von EUR 99.942,71 als anrechenbare Erschließungskosten geltend gemacht. Auch wenn er nicht ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass diese Kosten ausschließlich sein (in einer Sackgasse gelegenes) Grundstück und das seines Nachbarn beträfen, hätte die belangte Behörde nicht ohne Wahrung des Parteiengehörs davon ausgehen dürfen, dass auf das Grundstück des Beschwerdeführers nur ein Betrag in Höhe von 6,4 % der geltend gemachten Summe entfallen würde. Anders als die belangte Behörde vermeint, hat allein der Umstand, dass in dieser Rechnung als "Projekt: Herstellung Erschließungs-Strasse ((Beschwerdeführer), „(Nachbar des Beschwerdeführers), …)" angeführt ist, sie noch nicht zur Schlussfolgerung berechtigt, diese Kosten beträfen das gesamte Grundstück vor seiner Parzellierung. Da nicht auszuschließen ist, dass die Einräumung von Parteiengehör einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte, erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.
Im fortzusetzenden Verfahren wird die belangte Behörde somit unter Wahrung des Parteiengehörs Feststellungen zu treffen haben, welche konkreten Erschließungsaufwendungen vom Beschwerdeführer (von seiner Rechtsvorgängerin) getragen wurden und in welchem Ausmaß diese Aufwendungen allein der Erschließung des Grundstücks des Beschwerdeführers gedient haben. Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Rechnung vom auch Positionen enthält, deren Eignung als Erschließungskosten bezweifelt werden könnte (z. B. "02 Sicherung Baugrube-Tennisplätze").
Der angefochtene Bescheid war aus den angeführten Gründen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
FAAAE-79458