VwGH vom 10.09.2010, 2010/17/0084

VwGH vom 10.09.2010, 2010/17/0084

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der V V in R, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom , Zl. FMA-KI30 0758/0020-DEZ/2010, betreffend Auftrag gemäß § 70 BWG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit ihrem Bescheid vom trug die belangte Behörde gemäß § 70 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 70 Abs. 4 Z. 1 Bankwesengesetz (BWG), der beschwerdeführenden Partei bei sonstiger Zwangsstrafe in Höhe von EUR 20.000,-- auf, der belangten Behörde innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides den durch die K-Gesellschaft erstellten Prüfungsbericht vom betreffend die Tätigkeit der J Treuhandanstalt Liechtenstein uneingeschränkt in voller Textierung zu übermitteln.

Begründend führte die belangte Behörde aus, sie habe der beschwerdeführenden Partei mit Schreiben vom folgenden Sachverhalt mitgeteilt:

Die J Treuhandanstalt Liechtenstein sei eine indirekte Tochtergesellschaft der beschwerdeführenden Partei und unterliege der Aufsicht durch die Finanzmarktaufsichtsbehörde Liechtensteins. Im Rahmen der ordentlichen aufsichtsbehördlichen Tätigkeit seien Prüfungshandlungen durch die P-Gesellschaft erfolgt. Darüber hinaus kenne das liechtensteinische Bankenrecht außerordentliche aufsichtsbehördliche Tätigkeiten (beispielsweise infolge medialer Berichterstattung, strafrechtlicher Ermittlungen, etc.). In derartigen Fällen folge sodann eine forensische Prüfung, welche in der Regel durch die Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (allenfalls unter Beiziehung eines Dritten) durchgeführt werde. Eine derartige Prüfung habe durch die K-Gesellschaft bei der J Treuhandanstalt Liechtenstein im Jahr 2009 stattgefunden.

Gemäß § 39 Abs. 1 BWG - so die belangte Behörde weiter - hätten die Geschäftsleiter eines Kreditinstitutes bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters im Sinne des § 84 Abs. 1 AktG anzuwenden. Dabei hätten sie sich insbesondere über die bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken zu informieren, diese durch angemessene Strategien und Verfahren zu steuern, zu überwachen und zu begrenzen sowie über Pläne und Verfahren gemäß § 39a BWG zu verfügen. Weiters hätten sie auf die Gesamtertragslage des Kreditinstitutes Bedacht zu nehmen.

Da unter Bezugnahme auf vorerwähnte Bestimmungen aufsichtsbehördliche Maßnahmen (durch die Finanzmarktaufsichtsbehörde Liechtensteins) die J Treuhandanstalt Liechtenstein betreffend ein "Reputationsrisiko" für die beschwerdeführende Partei darstellen könnten, werde diese gemäß § 70 Abs. 1 Z. 1 BWG aufgefordert, der belangten Behörde den seinerzeit durch die K-Gesellschaft erteilten Prüfungsbericht betreffend die Tätigkeit der J Treuhandanstalt Liechtenstein zu übermitteln.

Unter Bezugnahme auf das Schreiben der belangten Behörde vom habe - so die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides weiter - die beschwerdeführende Partei ein Schreiben, datiert mit übermittelt: Bei dem von der belangten Behörde angeforderten Bericht der K-Gesellschaft handle es sich um einen im Auftrag der liechtensteinischen Finanzmarktaufsichtsbehörden erstellten und an diese gerichteten Bericht betreffend die indirekte Tochtergesellschaft der beschwerdeführenden Partei, die J Treuhandanstalt Liechtenstein. Der Bericht enthalte dementsprechend in vollem Wortlaut sämtliche Einzelheiten der geprüften Mandate, wie insbesondere die Namen von Gesellschaften und Kunden, deren Aktivitäten etc., die der Verschwiegenheitspflicht im Sinne von Art. 11 des liechtensteinischen Treuhändergesetzes unterlägen.

Auf den Bericht der K-Gesellschaft sowie auf den Umgang mit den darin enthaltenen Daten und Informationen fänden die liechtensteinischen Gesetze Anwendung; so auch jene betreffend das Berufsgeheimnis der Treuhänder. Ein Verstoß gegen diese Bestimmungen würde massive zivilrechtliche Haftungsrisiken für die J Treuhandanstalt Liechtenstein auslösen, abgesehen von den mit einer unbefugten Offenlegung möglicherweise verbundenen strafrechtlichen Konsequenzen für deren Organe.

Da die beschwerdeführende Partei nicht Adressat oder Gegenstand des Berichtes der K-Gesellschaft sei und es sich bei der J Treuhandanstalt Liechtenstein um ein reines Treuhandunternehmen handle, das nicht zur Kreditinstitutsgruppe zähle, sei auf Grund der bestehenden gesetzlichen Beschränkungen eine Übermittlung des Berichtes der K-Gesellschaft auf Basis der von der belangten Behörde genannten Gesetzesbestimmungen "leider" nicht möglich.

Um der Aufforderung der belangten Behörde inhaltlich sinngemäß und in rechtlich zulässiger Weise entsprechen zu können sowie zum Beleg dafür, dass alle zuständigen Organe ihren Pflichten mit der erforderlichen Sorgfalt nachgekommen seien und auch dem möglichen Reputationsrisiko angemessen begegnet worden sei, übermittle die beschwerdeführende Partei anbei (gemeint mit dem Schreiben vom ) erstens die zwischen der liechtensteinischen Finanzmarktaufsicht und der J Treuhandanstalt Liechtenstein abgeschlossene Vereinbarung vom sowie zweitens den Kontrollbericht der P-Gesellschaft vom über die Durchführung der Sorgfaltspflichtkontrolle bei der J Treuhandanstalt Liechtenstein im November 2009.

Die liechtensteinische Finanzmarktaufsicht habe - in Kenntnis des Berichtes der K-Gesellschaft - nach Würdigung der Fakten und unter Berücksichtigung der von der J Treuhandanstalt Liechtenstein abgegebenen Stellungnahme eine Vereinbarung mit dieser geschlossen, welche die damals bereits getroffenen Maßnahmen positiv würdige und anerkenne.

So erfolge bei der J Treuhandanstalt Liechtenstein neben anderen organisatorischen Anpassungen, insbesondere schon per die Einrichtung der Stelle eines Compliance-Beauftragten.

Zu betonen sei außerdem, dass sich die J Treuhandanstalt Liechtenstein über das gesetzlich geforderte Maß hinaus freiwillig der jährlichen Sorgfaltspflichtkontrolle durch die P-Gesellschaft, unter Beteiligung der Konzernrevision der beschwerdeführenden Partei mit Berichterstattung an die liechtensteinische Finanzmarktaufsicht unterstellt habe; vom Gesetz gefordert wäre eine solche Sorgfaltspflichtkontrolle für Treuhandunternehmen nur alle drei Jahre.

Der in diesem Rahmen erstellte erste Bericht der P-Gesellschaft beurteile das Gesamtergebnis der formellen und materiellen Kontrollen als positiv und attestiere der J Treuhandanstalt Liechtenstein eine gute Gesamtorganisation.

Beigefügt sei dem Schreiben der beschwerdeführenden Partei - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - ein von der P-Gesellschaft für die Finanzmarktaufsicht Liechtenstein erstellter Kontrollbericht über die Durchführung der Sorgfaltspflichtkontrolle über den Zeitraum vom 1. Jänner bis gewesen; inhaltlich nehme dieser Bericht im Wesentlichen Bezug auf die Einhaltung der Bestimmungen betreffend Geldwäscherei. Zusammenfassend komme der Bericht zu dem Ergebnis, dass die Sorgfaltspflichtige zur Umsetzung der Geldwäschevorschriften über die "interne Weisung zur Sicherstellung der Einhaltung der Sorgfaltspflichten über Finanzgeschäfte gemäß SPG/SPV" vom verfüge. Die Weisung enthalte die gemäß § 31 SPV regelungsbedürftigen Punkte. Die P-Gesellschaft stelle jedoch fest, dass sich zwei der Kriterien zur Klassierung von Kunden mit erhöhtem Risikopotential (Risiko Kategorie 3) auf die (derzeit) leere FATF-Liste bezögen. Die P-Gesellschaft empfehle der Sorgfaltspflichtigen daher, zweckmäßigere Kriterien zu definieren (z.B. Verweis auf die Liste des Corruption Perception Indexes (CPI) von Transparency International). Im Übrigen erachte die P-Gesellschaft die angewandten Kriterien zur Ermittlung von Geschäftsbeziehungen mit erhöhten Risiken als angemessen.

Dem Schreiben der beschwerdeführenden Partei sei - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiters - eine zwischen der J Treuhandanstalt und der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein mit Datum abgeschlossene Vereinbarung nachfolgenden Inhalts beigefügt: Die J Treuhandanstalt Liechtenstein und die (Anm.: liechtensteinische) Finanzmarktaufsichtsbehörde vereinbarten, in Kenntnis des Untersuchungsberichtes der K-Gesellschaft vom in Sachen Sachverhaltsfeststellung im Rahmen einer Untersuchung nach fristgerechter Einreichung einer Stellungnahme und nach Kenntnisnahme der mit Sachverhaltsfeststellung und Stellungnahme zusammenhängenden Ausführungen der (liechtensteinischen) Finanzmarktaufsichtsbehörde sowie im Nachklang zu dem am zwischen der J Treuhandanstalt Liechtenstein und der (liechtensteinischen) Finanzmarktaufsichtsbehörde geführten Gespräch wie folgt:

Die (liechtensteinische) Finanzmarktaufsichtsbehörde anerkenne die Bemühungen der J Treuhandanstalt Liechtenstein bei der Aufarbeitung der durch die K-Gesellschaft festgestellten Mängel und nehme zur Kenntnis, dass

a) organisatorische Maßnahmen getroffen worden seien, um den sorgfaltsrechtlichen Pflichten gezielter nachkommen zu können. Dazu gehörte unter anderem die Schaffung einer Compliance-Stelle per und die Anpassung und Aktualisierung des Weisungswesens im Frühjahr 2009;

b) sämtliche als risikobehaftet identifizierten Geschäftsbeziehungen im Bereich Handel mit Penny-Stocks seitens der J Treuhandanstalt Liechtenstein freiwillig und aus geschäftspolitischen Gründen bis Ende August 2009 gelöscht oder übertragen würden;

c) sämtliche im Rahmen der Untersuchung festgestellten weiteren risikobehafteten Geschäftsbeziehungen ebenfalls seitens der J Treuhandanstalt Liechtenstein freiwillig aus geschäftspolitischen Gründen gelöscht oder übertragen wurden bzw. ehestmöglich würden;

d) für die noch verbleibende risikobehaftende Geschäftsbeziehung weitergehende Abklärungen hinsichtlich der Herkunft der Vermögenswerte getroffen würden, die zu einer risikoadäquaten Abklärung führten;

e) die festgestellten Mängel soweit möglich bereits im Laufe der Untersuchung behoben worden seien;

f) sich die J Treuhandanstalt Liechtenstein ab 2009 jährlich durch die externe Revision des Mutterinstitutes, der P-Gesellschaft, unter Beteiligung der Konzernrevision der Konzernmutter einer Kontrolle unterziehen werde;

g) die J Treuhandanstalt Liechtenstein die Risikogeneigtheit der verbleibenden Geschäftsverbindungen einem Risk-Assessment unterziehen werde, welches im Rahmen der Erstprüfung im Rahmen der in f) genannten Kontrolle erfolgen könne;

h) die J Treuhandanstalt Liechtenstein die freiwillige Unterstellung zur Durchführung von jährlichen SPG-Prüfung in Betracht ziehe.

Auf Grund dieses Sachverhaltes - so die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid weiter - sei durch die belangte Behörde zu prüfen, ob gemäß § 30 Abs. 7 BWG in Verbindung mit § 42 Abs. 7 BWG die interne Revision des übergeordneten Kreditinstitutes (der beschwerdeführenden Partei) bei der Kreditinstitutsgruppe die Aufgaben der internen Konzernrevision wahrzunehmen habe.

Gemäß § 30 Abs. 7 BWG hätten die Institute der Kreditinstitutsgruppe angemessene interne Kontrollverfahren einzurichten und dem übergeordneten Kreditinstitut alle für die Konsolidierung erforderlichen Unterlagen zu übermitteln und Auskünfte zu erteilen. Sie hätten einander außerdem alle erforderlich erscheinenden Informationen zu geben, um für die Kreditinstitutsgruppe und die ihr angehörenden Institute eine angemessene Risikoerfassung, -beurteilung, -begrenzung, -steuerung und -überwachung im Sinne der §§ 39 und 39a (BWG) und die bankbetrieblich erforderliche Erfassung, Ermittlung und Auswertung von Kreditrisiken sicher zu stellen. Ferner hätten Unternehmen, an denen ein Kreditinstitut beteiligt ist, Auskünfte über jene Beteiligungen zu erteilen, die zur Feststellung der Konsolidierungspflicht des übergeordneten Kreditinstitutes in Bezug auf indirekte Beteiligungen erforderlich seien.

Gemäß § 42 Abs. 7 BWG habe bei Kreditinstitutsgruppen die interne Revision des übergeordneten Kreditinstitutes die Aufgaben der internen Konzernrevision wahrzunehmen.

Aus der Vereinbarung zwischen der J Treuhandanstalt Liechtenstein und der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein vom (Punkt 1 lit. f) erschließe sich, dass sich die J Treuhandanstalt Liechtenstein ab 2009 jährlich durch die externe Revision des Mutterinstituts unter Beteiligung der Konzernrevision der Konzernmutter einer Kontrolle unterziehen werde. In diesem Zusammenhang führe die beschwerdeführende Partei in ihrem Schreiben vom an, dass sich die J Treuhandanstalt Liechtenstein über das gesetzlich geforderte Maß hinaus freiwillig der jährlichen Sorgfaltspflichtkontrolle durch die P-Gesellschaft, unter Beteiligung der Konzernrevision der beschwerdeführenden Partei, mit Berichterstattung an die liechtensteinische Finanzmarktaufsichtsbehörde unterstellt habe.

Damit unter sinngemäßer Anwendung des § 42 Abs. 7 BWG die Konzernrevision der beschwerdeführenden Partei der vorerwähnten Verpflichtung nachkommen könne, erweise sich jene Tatsache als unabdingbar, dass der seinerzeit durch die K-Gesellschaft erstellte Prüfungsbericht betreffend die Tätigkeit der J Treuhandanstalt Liechtenstein der Konzernrevision der beschwerdeführenden Partei uneingeschränkt zur Verfügung zu stehen habe.

Daran ändere nichts die Tatsache, dass die J Treuhandanstalt Liechtenstein nicht im Konsolidierungskreis nach BWG berücksichtigt werde. Allerdings werde die vorerwähnte Anstalt einer Prüfung gemäß § 1 Abs. 2 Genossenschaftsrevisionsgesetz unterzogen, da es sich um eine operative bzw. wesentliche finanzielle Beteiligung handle. Unabhängig davon werde die J Treuhandanstalt Liechtenstein in den Konzernabschluss unter Anwendung des § 59a BWG nach IFRS einbezogen.

Der seinerzeit durch die K-Gesellschaft erstellte Prüfungsbericht betreffend die Tätigkeit der J Treuhandanstalt Liechtenstein habe der Konzernrevision der beschwerdeführenden Partei auch vor dem Hintergrund uneingeschränkt zur Verfügung zu stehen, dass gemäß § 39 Abs. 1 BWG die Geschäftsleiter eines Kreditinstitutes bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters im Sinne des § 84 Abs. 1 Aktiengesetz anzuwenden hätten. Dabei hätten sie sich insbesondere über die bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken zu informieren, diese durch angemessene Strategien und Verfahren zu steuern, zu überwachen und zu begrenzen sowie über Pläne und Verfahren gemäß § 39a BWG zu verfügen. Weiters hätten sie auf die Gesamtertragslage des Kreditinstitutes Bedacht zu nehmen.

Im Rahmen der Einhaltung der vorerwähnten Bestimmung sei unter anderem ein allfällig dem Kreditinstitut erwachsendes Reputationsrisiko zu berücksichtigen bzw. hintanzuhalten. Unter Reputationsrisiko sei jenes Gefahrenpotential zu werten, welches durch eine öffentliche Berichterstattung bzw. ungünstige Auswirkungen auf das Kundenverhalten durch Behebung von Einlagen und dadurch indirekt die Liquidität des Kreditinstitutes ergeben könnten. Reputationsrisiken könnten auch im Rahmen strategischer Ausrichtungen auf den Bankenmarkt in Liechtenstein nicht ausgeschlossen werden (beispielsweise in Form der Abweichungen von der inländischen Rechtslage, Rechtsrisiken, Qualitätsmängel oder Abweichen von den üblichen Standards). In diesem Zusammenhang sei anzuführen, dass die J Treuhandanstalt Liechtenstein mehrmals in der Vergangenheit im Fokus medialer Berichterstattung gestanden sei.

Gemäß § 70 Abs. 1 Z. 1 BWG könne die belangte Behörde in ihrem Zuständigkeitsbereich als Bankenaufsichtsbehörde (§ 69 Abs. 1 Z. 1 und 2 BWG) unbeschadet der ihr auf Grund anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zustehenden Befugnisse jederzeit zur Beaufsichtigung der Kreditinstitute und der Kreditinstitutsgruppe von den Kreditinstituten sowie von übergeordneten Kreditinstituten für Unternehmen der Kreditinstitutsgruppe die Vorlage von Zwischenabschlüssen, von Ausweisen in bestimmter Form und Gliederung und von Prüfungsberichten verlangen; ferner von den Kreditinstituten sowie von den übergeordneten Kreditinstituten für Unternehmen der Kreditinstitutsgruppe und deren Organe Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten fordern, in die Bücher, Schriftstücke und Datenträger Einsicht nehmen; auf den Umfang der Auskunfts-, Vorlage- und Einschaurechte der belangten Behörde und die Verpflichtung zur Verfügbarkeit von Unterlagen im Inland sei § 60 Abs. 3 BWG anzuwenden.

In diesem Zusammenhang sei auch anzuführen, dass das an die beschwerdeführende Partei adressierte Schreiben vom als solches ohne Bescheidwillen zu qualifizieren sei. Allerdings sei in dem Schreiben der belangten Behörde eindeutig zum Ausdruck gekommen, dass die beschwerdeführende Partei gemäß § 70 Abs. 1 Z. 1 BWG den durch die K-Gesellschaft erstellten Prüfungsbericht betreffend die Tätigkeit der J Treuhandanstalt Liechtenstein der belangten Behörde zu übermitteln habe.

Weiters sei anzuführen, dass eine Übermittlung dieses Berichtes durch die beschwerdeführende Partei (auch) deshalb nicht erfolgt sei, weil diese ihrer Ansicht nach gegen die liechtensteinischen Bestimmungen betreffend das Berufsgeheimnis der Treuhänder verstoßen würde. Ein Verstoß gegen diese Bestimmungen würde nach Einschätzung der beschwerdeführenden Partei massive zivilrechtliche Haftungsrisiken für die J Treuhandanstalt Liechtenstein auslösen, abgesehen von den mit einer unbefugten Offenlegung möglicherweise verbundenen strafrechtlichen Konsequenzen für deren Organe. Dem sei entgegen zu halten, dass die belangte Behörde gemäß § 14 Abs. 2 FMAG an das Amtsgeheimnis gemäß § 20 Abs. 3 B-VG gebunden sei und eine Weitergabe von Informationen ausschließlich im Rahmen der eben dort niedergelegten Voraussetzungen rechtlich zulässig sei.

1.2. In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei Unzuständigkeit der belangten Behörde, inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit desselben infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die J Treuhandanstalt Liechtenstein sei 1976 gegründet worden und eine konzessionierte Anstalt nach liechtensteinischem Recht mit Sitz im Vaduz. Ihr Unternehmenszweck bestehe in der Erbringung von Treuhanddienstleistungen; dazu gehöre die Gründung von Verbandspersonen, Gesellschaften und Treuhänderschaften für Dritte, im eigenen Namen und für fremde Rechnung, die Übernahme von Verwaltungsmandaten und von Treuhänderschaften, die Finanz- und Wirtschaftsberatung, die Steuerberatung, die Buchführung und Revisionsstellentätigkeit, die Rechtsberatung sowie Erwerbs-, Verwaltungs- und Veräußerungsgeschäfte auf eigene Rechnung. Derartige Tätigkeiten würden in Liechtenstein von Rechtsanwälten und Treuhändern erbracht. Die J Treuhandanstalt Liechtenstein erbringe als vollkonzessioniertes Treuhandunternehmen keine Bankdienstleistungen, wozu sie auch nicht berechtigt sei.

Für die Erbringung derartiger Treuhanddienste bestünden in Liechtenstein eigene Regeln, insbesondere auch im Hinblick auf die Bekämpfung der Geldwäscherei. Die diesbezüglichen Tätigkeiten unterlägen der Kontrolle durch die liechtensteinische Finanzmarktaufsichtsbehörde. Weiter unterliege das Treuhandgeheimnis in Liechtenstein strafrechtlichem Schutz. Danach sei ein liechtensteinischer Treuhänder bei Strafe zur Wahrung der ihm anvertrauten Angelegenheiten und Tatsachen verpflichtet.

Die J Treuhandanstalt Liechtenstein stehe unter rechtlicher Kontrolle der V AG in Schaan, sie sei deren Tochtergesellschaft. Auf Grund ihrer bankfremden Tätigkeit sei die J Treuhandanstalt Liechtenstein bisher nicht in die Kreditinstitutsgruppe der beschwerdeführenden Partei aufgenommen worden und war bisher auch nicht Bestandteil der bankaufsichtsrechtlichen Kreditinstitutsgruppe, was von den Aufsichtsbehörden bisher auch nie bemängelt worden sei. Die V AG in Schaan hingegen sei Teil einer Kreditinstitutsgruppe, deren übergeordnetes Kreditinstitut die beschwerdeführende Partei sei.

Auf Grund einiger "eher reißerisch ausgestatteter Fernsehberichterstattungen" zum Thema Steuerhinterziehung sei die beschwerdeführende Partei im Hinblick auf ihre Kontrollbeziehung zur J Treuhandanstalt Liechtenstein seit dem Jahre 2008 wiederholt mit behördlichem Auskunftsersuchen der belangten Behörde befasst gewesen. Obwohl sich die Rolle der beschwerdeführenden Partei auf die Wahrnehmung ihrer Kontrolle gegenüber der J Treuhandanstalt Liechtenstein beschränke und obwohl diese im Hinblick auf die Einhaltung aller geldwäschebezogenen und berufsrechtlichen Vorschriften von den liechtensteinischen Finanzmarktaufsichtsbehörden überwacht werde, wende sich die belangte Behörde nunmehr an die beschwerdeführende Partei, um an einen bestimmten Prüfbericht, nämlich den der K-Gesellschaft, im Hinblick auf die J Treuhandanstalt Liechtenstein zu gelangen. In diesem Bericht seien dem Vernehmen nach viele einzelkundenbezogene Daten und Einzeltransaktionen enthalten, die für österreichische, auf die beschwerdeführende Partei bezogene bankaufsichtsrechtliche Zwecke irrelevant seien, deren Herausgabe aber die weitere Tätigkeit der J Treuhandanstalt Liechtenstein existenziell wirtschaftlich bedrohen würde. Nach liechtensteinischem Strafrecht würden sich die Organe der J Treuhandanstalt Liechtenstein und der beschwerdeführenden Partei durch die Herausgabe des Berichts dem Risiko strafrechtlicher Verfolgung aussetzen; der dadurch ausgelöste Reputationsverlust bei den Kunden wäre irreparabel und für die J Treuhandanstalt Liechtenstein wirtschaftlich existenzbedrohend.

Die beschwerdeführende Partei habe bereits vor Erlassung des gegenständlichen Bescheides der belangten Behörde mitgeteilt, dass der Bericht "nicht einmal faktisch in der Gewahrsame" von Organen oder Mitarbeitern der beschwerdeführenden Partei stehe, "sondern physisch ausschließlich in Liechtenstein" bei der J Treuhandanstalt Liechtenstein einsehbar sei. Obwohl der gegenständliche Auftrag im angefochtenen Bescheid auf die Vermeidung von Reputationsrisiken und Verletzungen der Geschäftsleitersorgfalt im Konzern der beschwerdeführenden Partei gestützt sei und die beschwerdeführende Partei andere Unterlagen (den Kontrollbericht der P-Gesellschaft und die Vereinbarung zwischen der J Treuhandanstalt Liechtenstein und der liechtensteinischen Finanzmarktaufsicht) vorgelegt habe, welche die von der belangten Behörde geäußerten Bedenken betreffend die Reputationsrisiken und allfälligen Verletzungen von Sorgfaltspflichten entkräfteten, werde der angefochtenen Bescheid weiterhin mit dem Vorliegen von Reputationsrisiken und Verletzungen der Sorgfaltspflicht begründet. In Wahrheit jedoch würde erst ein bescheidkonformes Verhalten der beschwerdeführenden Partei die entsprechenden Reputationsrisiken und Sorgfaltspflichtverletzungen der Geschäftsleitung der beschwerdeführenden Partei auslösen, weil der dadurch bewirkte Vertrauensverlust bei den internationalen Kunden die J Treuhandanstalt Liechtenstein wirtschaftlich existenziell bedrohe. Die Anforderung des Berichtes in voller Textierung (ungeschwärzt), wie sich aus dem Bescheidspruch ergebe, stelle nach Auffassung der beschwerdeführenden Partei eine "fishing expedition" ohne Rücksicht auf datenschutzrechtliche, kundengeheimnisbezogene und ausländische strafrechtliche Wertungen dar und lasse sich auch nicht mit den sonstigen Grenzen aufsichtsbehördlicher Tätigkeiten vereinbaren.

1.3. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Die beschwerdeführende Partei hat hierauf repliziert.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die Ausführungen der beschwerdeführenden Partei (im Einzelnen dazu später) vor dem Verwaltungsgerichtshof lassen sich wie folgt zusammenfassen:

a) Die J Treuhandanstalt Liechtenstein unterliegt nicht der Aufsicht durch die belangte Behörde und

b) Die Herausgabe des (nicht anonymisierten) Berichtes der K-Gesellschaft vom ist aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht möglich.

Hiezu ergibt sich aus dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei im Verein mit den von ihr vorgelegten Urkunden folgender unbestrittener Sachverhalt:

Die beschwerdeführende Partei hält 100 % der V AG in Liechtenstein, diese wiederum 100 % an der J Treuhandanstalt Liechtenstein. Letztere ist eine konzessionierte Anstalt nach liechtensteinischem Recht mit Sitz in Liechtenstein mit folgendem statutarischem Zweck:

1. Gründung von Verbandspersonen, Gesellschaften und Treuhänderschaften für Dritte im eigenen Namen und für fremde Rechnung und damit verbundene Interventionen bei Behörden und Amtsstellen;

2. Übernahme von Verwaltungsmandaten gemäß Art. 180a des (liechtensteinischen) Personen- und Gesellschaftsrechtes sowie Übernahme von Treuhänderschaften;


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3.
Finanzberatung und Wirtschaftsberatung;
4.
Steuerberatung;
5.
Buchführung und Revisionsstellentätigkeit, sowie dies nicht den Wirtschaftsprüfern und Revisionsgesellschaftern vorbehalten ist;
6.
Rechtsberatung im Rahmen vorstehender Tätigkeiten;
7.
Alle Erwerbs-, Verwaltungs- und Veräußerungsgeschäfte auf eigene Rechnung sowie sämtliche mit den vorerwähnten Tätigkeiten unmittelbar oder mittelbar zusammenhängende Geschäfte.
Die J
Treuhandanstalt Liechtenstein ist eine nach den Vorschriften der Art. 534 ff des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechtes vom gegründete Verbandsperson mit eigener Rechtspersönlichkeit, die am in das liechtensteinische Öffentlichkeitsregister eingetragen wurde.

2.2. Die Zuständigkeit der belangten Behörde wird im hier gegebenen Zusammenhang durch § 69 des Bankwesengesetzes, BGBl. Nr. 532/1993, in der Fassung durch die Novelle BGBl. I Nr. 108/2007, geregelt. Nach dessen Abs. 1 hat die belangte Behörde unbeschadet der ihr in anderen Bundesgesetzen zugewiesenen Aufgaben die Einhaltung (unter anderem) der Vorschriften dieses Bundesgesetzes durch (Z. 1) Kreditinstitute gemäß § 1 Abs. 1 BWG zu überwachen und dabei auf das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionsfähigen Bankwesen und an der Finanzmarktstabilität Bedacht zu nehmen.

Nach § 69 Abs. 2 leg. cit. hat die belangte Behörde unter Bedachtnahme auf die Art, den Umfang und die Komplexität der betriebenen Bankgeschäfte der Kreditinstitute und Kreditinstitutsgruppen die Angemessenheit des Kapitals, welches zur quantitativen und qualitativen Absicherung aller wesentlichen bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken zur Verfügung steht, sowie die Angemessenheit der Verfahren gemäß § 39 Abs. 1 und 2 und § 39a BWG, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 39 Abs. 2b BWG angeführten Risiken, zu beaufsichtigen.

Gemäß § 69 Abs. 3 BWG hat die Aufsichtstätigkeit der FMA auch die Begrenzung des Zinsänderungsrisikos zu umfassen, dem die Kreditinstitute bei nicht unter das Handelsbuch fallenden Geschäften ausgesetzt sind. Bei Kreditinstituten, deren wirtschaftlicher Wert bei einer plötzlichen und unerwarteten Zinsänderung, deren Höhe von der FMA festzulegen ist und die nicht von Kreditinstitut zu Kreditinstitut variieren darf, um mehr als 20 v. H. ihre Eigenmittel absinkt, hat die FMA Maßnahmen zu ergreifen.

In ihrem Zuständigkeitsbereich als Bankenaufsichtsbehörde (unter anderem nach § 69 Abs. 1 Z. 1 BWG) kann die FMA gemäß § 70 BWG (in der Fassung durch die Novelle BGBl. I Nr. 66/2009), unbeschadet der ihr auf Grund anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zustehenden Befugnisse jederzeit zur Beaufsichtigung der Kreditinstitute und der Kreditinstitutsgruppen (Abs. 1 Z. 1) von den Kreditinstituten sowie von übergeordneten Kreditinstituten für Unternehmen der Kreditinstitutsgruppe die Vorlage von Zwischenabschlüssen, von Ausweisen in bestimmter Form und Gliederung und von Prüfungsberichten verlangen, ferner von den Kreditinstituten sowie von den übergeordneten Kreditinstituten für Unternehmen der Kreditinstitutsgruppe und deren Organen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten fordern, in die Bücher, Schriftstücke und Datenträger Einsicht nehmen; auf den Umfang der Auskunfts-, Vorlage- und Einschaurechte der FMA und die Verpflichtung zur Verfügbarkeit von Unterlagen im Inland ist § 60 Abs. 3 BWG anzuwenden.

Nach den ErläutRV zur Novelle BGBl. I 2005/33, 819 BlgNR XXII GP, abgedruckt bei Dellinger , Kommentar zum Bankwesengesetz, bei § 70 BWG, soll § 70 Abs. 1 Z. 1 BWG auch die Einholung von Auskünften (Unterlagen, Einschau) von beaufsichtigten Instituten durch die FMA umfassen.

Liegt eine Konzessionsvoraussetzung gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 bis 14 oder gemäß § 5 Abs. 4 BWG nach Erteilung der Konzession nicht mehr vor oder verletzt ein Kreditinstitut (unter anderem) Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, so hat die FMA gemäß § 70 Abs. 4 Z. 1 dem Kreditinstitut unter Androhung einer Zwangsstrafe aufzutragen, den rechtmäßigen Zustand binnen jener Frist herzustellen, die im Hinblick auf die Umstände des Falles angemessen ist. Im Wiederholungs- oder Fortsetzungsfall hat die FMA gemäß § 70 Abs. 4 Z. 2 leg. cit. dem Geschäftsleiter des Kreditinstitutes die Geschäftsführung ganz oder teilweise zu untersagen, es sei denn, dass dies nach Art und Schwere des Verstoßes unangemessen wäre und die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes durch nochmaliges Vorgehen gemäß Z. 1 erwartet werden kann; in diesem Fall ist die erstverhängte Zwangsstrafe zu vollziehen und der Auftrag unter Androhung einer höheren Zwangsstrafe zu wiederholen.

Schließlich hat die belangte Behörde gemäß Z. 3 der zitierten Bestimmung die Konzession zurückzunehmen, wenn andere Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz die Funktionsfähigkeit des Kreditinstitutes nicht sicherstellen können.

Die in § 70 Abs. 1 Z. 1 BWG angesprochene Bestimmung des § 60 Abs. 3 BWG - § 60 leg. cit. in der Fassung BGBl. I Nr. 141/2006 regelt die Tätigkeit des Bankprüfers - lautet wie folgt:

"(3) Die Auskunfts-, Vorlage- und Einschaurechte (§ 272 HGB, Anm.: jetzt UGB) des Bankprüfers erstrecken sich auf alle Unterlagen und Datenträger auch dann, wenn diese von einem Dritten geführt oder bei diesem verwahrt werden oder wenn sie im Ausland geführt oder verwahrt werden. Werden zu prüfende Unterlagen, insbesondere die Buchhaltung, im Ausland geführt oder verwahrt, so hat das Kreditinstitut unbeschadet der vorstehenden Einschaurechte des Bankprüfers für die jederzeitige Verfügbarkeit der Unterlagen des laufenden Geschäftsjahres und mindestens dreier vorhergehender Geschäftsjahre im Inland zu sorgen. Das Kreditinstitut hat dem Bankprüfer die Prüfungspläne und Prüfungsberichte der internen Revision zur Verfügung zu stellen."

Die Materialien (abgedruckt bei Dellinger , a.a.O.) führen hiezu aus wie folgt:

"Die Bestimmung trägt dem zunehmenden Trend zum outsourcing von Dienstleistungen, insbesondere der Buchhaltung, Rechnung. Sie soll einerseits unbeabsichtigte Lücken im zugänglichen Prüfungsbereich vermeiden, andererseits aber auch gezielten Umgehungshandlungen vorbeugen. Daher wird es z.B. nicht erforderlich sein, sämtliche Unterlagen, die in der Regel nicht Prüfungsgegenstand sind und nach der Natur der Sache im Ausland geführt bzw. aufbewahrt werden, im Inland zu duplizieren; dies betrifft insbesondere jene Buchhaltungsunterlagen, die sich ausschließlich auf die betreffende (ausländische) Filiale beziehen. Bei im Ausland geführten Unterlagen wird die Entscheidung zwischen der Vor-Ort-Einsicht und der Heranziehung der inländischen Duplikate in Abwägung zwischen Wirtschaftlichkeit und Prüfungserfordernis zu treffen sein; das heißt, dass bei Verdacht auf Unregelmäßigkeiten eine vollständige Vor-Ort-Einschau vorzuziehen wäre, jedoch im Regelfall die Heranziehung der inländischen Unterlagen genügen dürfte. Eine Rechtfertigung der Prüferentscheidung ist jedoch nicht vorgesehen, da in jedem Fall (Stichprobe) beide Überprüfungsarten möglich sein sollen."

2.3. Die beschwerdeführende Partei erblickt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, dass die belangte Behörde keine Befugnis zur Prüfung der J Treuhandanstalt Liechtenstein habe; diese zähle nicht zur Kreditinstitutsgruppe.

Der Begriff der "Kreditinstitutsgruppe" ist in § 30 BWG in der Fassung durch BGBl. I Nr. 141/2006 näher definiert. Nach § 30 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. liegt eine Kreditinstitutsgruppe dann vor, wenn ein übergeordnetes Institut (Kreditinstitut oder eine Finanz-Holding-Gesellschaft) mit Sitz im Inland bei einem oder mehreren Kreditinstituten, Finanzinstituten, Wertpapierfirmen oder Anbietern von Nebendienstleistungen (nachgeordnete Institute) mit Sitz im Inland oder Ausland mehrheitlich mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist.

Nach § 30 Abs. 3 erster Satz BWG sind mittelbar gehaltene Beteiligungen nur einzubeziehen, wenn sie über ein Unternehmen gehalten werden, an dem das übergeordnete Institut zumindest 20 v.H. beteiligt ist.

Ein übergeordnetes Kreditinstitut einer Kreditinstitutsgruppe ist nach § 30 Abs. 5 BWG erster Satz jenes Kreditinstitut mit Sitz im Inland, das selbst keinem anderen gruppenangehörigen Kreditinstitut mit Sitz im Inland nachgeordnet ist. Das übergeordnete Kreditinstitut ist nach § 30 Abs. 6 BWG für die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, die für die Kreditinstitutsgruppe gelten, verantwortlich.

Nach § 30 Abs. 7 leg. cit. haben die Institute der Kreditinstitutsgruppe angemessene interne Kontrollverfahren einzurichten und dem übergeordneten Kreditinstitut alle für die Konsolidierung erforderlichen Unterlagen zu übermitteln und Auskünfte zu erteilen. Sie haben einander außerdem alle erforderlich erscheinenden Informationen zu geben, um für die Kreditinstitutsgruppe und die ihr angehörenden Institute eine angemessene Risikoerfassung, -beurteilung, -begrenzung, -steuerung und -überwachung im Sinne der §§ 39 und 39a BWG und die bankbetrieblich erforderliche Erfassung, Ermittlung und Auswertung von Kreditrisiken sicher zu stellen. Ferner haben Unternehmen, an denen ein Kreditinstitut beteiligt ist, Auskünfte über jene Beteiligungen zu erteilen, die zur Feststellung der Konsolidierungspflicht des übergeordneten Kreditinstitutes in Bezug auf indirekte Beteiligungen erforderlich sind.

Nach § 30 Abs. 8 erster Satz BWG hat das übergeordnete Kreditinstitut die Informationsübermittlung und Auskunftserteilung (unter anderem) durch die nachgeordneten Institute sicher zu stellen. Nach dem letzten Satz dieser Bestimmung darf das übergeordnete Institut eine konsolidierungspflichtige Beteiligung nicht erwerben, wenn die Übermittlung der für die Konsolidierung erforderlichen Auskünfte nicht sichergestellt ist.

Die Unterlagen und Auskünfte (unter anderem) gemäß § 30 Abs. 7 BWG umfassen gemäß § 30 Abs. 10 BWG folgende Bereiche der Konsolidierung und der bankbetrieblich notwendigen Erfassung, Ermittlung und Auswertung von Kreditrisiken, sowohl konsolidiert als auch bei den einzelnen Instituten:


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1.
Aktiv- und Passivposten sowie Positionen der Ertragsrechnung,
2.
Außerbilanzmäßige Geschäfte,
3.
Derivate,
4.
Eigenmittel,
5.
Großveranlagungen und Großkredite,
6.
Qualifizierte Beteiligungen gemäß § 29,
7.
Jahresabschluss samt Anhang und Lagebericht,
8.
Großkreditevidenz und vergleichbare Einrichtungen im Ausland,
9.
Devisenpositionen,
10.
Positionen, die in die Konsolidierung eines Kurs-, Liquiditäts-, Zinsänderungs- oder Wertpapierrisikos einfließen,
11.
Unternehmenssteuerung (§ 39),
12.
Kreditinstitutseigene Verfahren zur Bewertung der Eigenkapitalausstattung und
13.
Offenlegungspflichten.

2.4. Die beschwerdeführende Partei stützt ihr Vorbringen, die belangte Behörde habe ihren Zuständigkeitsbereich als Bankenaufsichtsbehörde mit dem gegenständlichen angefochtenen Bescheid überschritten, im Wesentlichen darauf, dass die J Treuhandanstalt Liechtenstein ein branchenfremdes Unternehmen und damit nicht im bankwesenrechtlichen Konsolidierungskreis enthalten sei. Zutreffend geht die beschwerdeführende Partei dabei davon aus, dass sie selbst ein übergeordnetes Kreditinstitut (mit dem Sitz im Inland) und an der J Treuhandanstalt Liechtenstein mehrheitlich mittelbar beteiligt ist, wobei diese Beteiligung die Anforderung des § 30 Abs. 3 erster Satz BWG erfüllt. Gleichfalls zutreffend verneint die beschwerdeführende Partei, dass die J Treuhandanstalt Liechtenstein ein Kredit- oder ein Finanzinstitut im Sinne des BWG ist, weil ihr registermäßig umschriebener Zweck derartige Tätigkeiten nicht umfasst. Fraglich ist (worauf die beschwerdeführende Partei gleichfalls zutreffend verweist) ob die J Treuhandanstalt Liechtenstein allenfalls ein "Anbieter von Nebendienstleistungen" im Sinne des § 30 Abs. 1 BWG ist.

Nach der Begriffsdefinition des § 2 Z. 27 BWG ist der "Anbieter von Nebendienstleistungen" ein Unternehmen,

a) dessen Tätigkeit in direkter Verlängerung zur Banktätigkeit steht, oder

b) dessen Haupttätigkeit die Immobilienverwaltung, die Verwaltung oder den Betrieb von Rechenzentren oder ähnliche Tätigkeiten umfasst und die den Charakter einer Nebentätigkeit im Verhältnis zur Haupttätigkeit eines oder mehrerer Kreditinstitute hat.

Im Hinblick auf die nach dem registermäßig angegebenen Gesellschaftszweck ausgeübte Tätigkeit scheidet eine Einordnung der J Treuhandanstalt Liechtenstein als Anbieter von Nebendienstleistungen nach § 2 Z. 27 lit. b BWG aus. Die beschwerdeführende Partei bringt nun vor, dass die Gründung von Verbandspersonen, die Übernahme von Verwaltungsmandaten, die Finanz- und Wirtschaftsberatung, die Steuerberatung, die Buchführung, die Rechtsberatung sowie Verwaltungs- und Veräußerungsgeschäfte auf eigene Rechnung nicht in "direkter Verlängerung irgendeiner Banktätigkeit" stünden, weil es sich hiebei nicht um Tätigkeiten handle, die im Verhältnis Kreditinstitut und Kunde zwischengeschaltet seien, wie z.B. die Nachrichtenübermittlung für Bankgeschäfte, die Vermittlung von Verlustbeteiligungsgeschäften oder ausgelagerte Finanzgeschäfte, die im Kundeninteresse abgewickelt würden, sofern diese Tätigkeit nicht selbst ein Kredit- oder Finanzinstitut entstehen lasse. Vielmehr erbringe die J Treuhandanstalt Liechtenstein Beratungsleistungen für Gründungs- und Abwicklungstätigkeiten (z.B. für Stiftungen), ohne dass dies zwingend oder regelmäßig mit irgendeiner Bank- oder Wertpapierdienstleistung verknüpft sei.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag insoweit diese Rechtsansicht nicht zu teilen: Die beschwerdeführende Partei hat hier - im Anschluss an die Lehre (vgl. Schütt in Dellinger, aaO., Rz 163 zu § 2 BWG) und die Gesetzesmaterialien (vgl. die EBRV 94, BlgNR 20.GP 27 f, abgedruckt bei Dellinger , aaO, bei § 2 Z. 27 BWG) auf "ausgelagerte Finanzgeschäfte" Bezug genommen. Nach der Beschreibung der Tätigkeiten der J Treuhandanstalt Liechtenstein wäre aber gerade davon auszugehen, dass derartige "ausgelagerte Finanzgeschäfte" vorliegen. So kann etwa in der Erbringung von Treuhanddienstleistungen, der Gründung von Verbandspersonen, Gesellschaften und Treuhänderschaften für Dritte im eigenen Namen und für fremde Rechnung, die Übernahme von Verwaltungsmandaten und von Treuhänderschaften, sowie der Finanz- und Wirtschaftsberatung im gegebenen Zusammenhang kein grundlegender Unterschied zu der von der Lehre hier beispielsweise herangezogenen "Vermittlung von Verlustbeteiligungsgeschäften" gesehen werden, umfasst doch die letztere Tätigkeit durchaus Aspekte, die mit dem umschriebenen Tätigkeitsbereich der J Treuhandanstalt Liechtenstein vergleichbar sind.

Hiezu kommt noch, dass die Anbieter von Nebendienstleistungen, die nach § 30 Abs. 1 BWG (das Vorliegen entsprechender Beteiligungsverhältnisse vorausgesetzt) zur Kreditinstitutsgruppe zählen, auch Unternehmen sind, deren Tätigkeit etwa die Immobilienverwaltung oder den Betrieb von Rechenzentren im Sinne des § 2 Z. 27 lit. b BWG umfasst. Betrachtet man den erwähnten Tätigkeitsbereich der J Treuhandanstalt Liechtenstein, so erscheint deren Nähe und Ergänzung zur Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei als Kreditinstitut im Rahmen des - unbestrittener Maßen bestehenden - Konzerns wesentlich stärker ausgeprägt, als etwa die Tätigkeit eines Unternehmens als Immobilienverwaltung. Auch dieser Größenschluss spricht für die Zurechnung der J Treuhandanstalt Liechtenstein an die Kreditinstitutsgruppe, an deren Spitze die beschwerdeführende Partei steht.

Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass die belangte Behörde Aufsichtsbefugnisse gegenüber der zur Kreditinstitutsgruppe zählenden J Treuhandanstalt Liechtenstein und ihren Zuständigkeitsbereich nicht überschritten hat.

2.5. Die beschwerdeführende Partei hat bereits im Verfahren vor der belangten Behörde darauf hingewiesen, dass ihrer Ansicht nach der ("ungeschwärzten") Übermittlung des Prüfberichtes der K-Gesellschaft vom an die belangte Behörde zwingende Normen des liechtensteinischen Rechtes entgegen stünden. Sie hat diese Rechtsansicht vor dem Verwaltungsgerichtshof durch die Vorlage zweier "gutachterlicher Stellungnahmen" bekräftigt. Die beschwerdeführende Partei legt auch vor dem Verwaltungsgerichtshof näher dar, warum ihrer Ansicht nach die Weitergabe jener Daten an die belangte Behörde, auf welche sich der genannte Prüfbericht vom bezieht, gegen Art. 11 des liechtensteinischen Treuhändergesetzes verstoßen würde. Weiters legt die beschwerdeführende Partei auch vor dem Verwaltungsgerichtshof dar, warum ihrer Ansicht nach sich sowohl die Organe der J Treuhandanstalt Liechtenstein wie auch der beschwerdeführenden Partei im Sinne des § 121 des liechtensteinischen Strafgesetzbuches mit der Weitergabe der genannten Daten an die belangte Behörde strafbar machen würden.

Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde diesbezüglich nur darauf verwiesen, dass sie zur Einhaltung der österreichischen Vorschriften über die Amtsverschwiegenheit verpflichtet sei. Sie hat aber nicht näher begründet, warum ihrer Ansicht nach die österreichischen Vorschriften über das Amtsgeheimnis eine Ausnahme von den nach liechtensteinischem Recht einzuhaltenden Verschwiegenheitspflichten ermöglichen sollten.

Dieser Begründungsmangel erweist sich auch als wesentlich. Folgte man nämlich der - in sich schlüssigen - Argumentation der beschwerdeführenden Partei, wäre die begehrte Vorlage im aufgetragenen Umfang des (in Liechtenstein befindlichen) Berichts der K-Gesellschaft vom und die damit verbundene Auskunftserteilung über die darin enthaltenen Daten rechtlich unmöglich und damit nicht zulässig. Die auf das BWG gestützte Verpflichtung der beschwerdeführenden Partei zur Erteilung der von der belangten Behörde begehrten Information durch Herausgabe des Prüfungsberichtes in voller Textierung und damit zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes könnte an der Unmöglichkeit der Durchsetzung durch die beschwerdeführende Partei gegenüber der J Treuhandanstalt in Liechtenstein scheitern; diesfalls aber wäre die Verhängung von Zwangsstrafen durch die belangte Behörde unzulässig, weil die beschwerdeführende Partei zu keiner ihr unmöglichen Handlung verhalten werden darf.

Wäre aber demnach die Übermittlung der erforderlichen Auskünfte innerhalb der Kreditinstitutsgruppe nicht sichergestellt, wäre nach § 30 Abs. 8 leg. cit. ein Beteiligungserwerb durch die beschwerdeführende Partei nicht zulässig (gewesen). In diesem Fall hätte die belangte Behörde unter Heranziehung der in § 70 Abs. 4 BWG genannten Mittel den rechtmäßigen Zustand, nämlich hier die Rückgängigmachung der Beteiligung, wieder herzustellen.

2.6. Die beschwerdeführende Partei bringt vor dem Verwaltungsgerichtshof weiter vor, die Übermittlung des Berichtes der K-Gesellschaft vom an die belangte Behörde ohne Anonymisierung ("Schwärzung") sei ein unzulässiger Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , B 504/09, auf das sich die beschwerdeführende Partei im hier vorliegenden Zusammenhang bezieht, unter anderem ausgeführt, dass das Grundrecht auf Datenschutz im Zusammenhang mit Wirtschaftsdaten - um solche handelt es sich im hier zu beurteilenden Beschwerdefall nach dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei offenbar - so zu verstehen sei, dass die Erhebung von Wirtschaftsdaten, an denen die Wirtschaftssubjekte ein schutzwürdiges Interesse haben, gemäß § 1 Datenschutzgesetz in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 EMRK jedenfalls nur dann zulässig sei, wenn eine zur Datenerhebung ermächtigende Norm den Eingriff gestattet, dieser einem der enumerativ aufgezählten Eingriffsziele diene und auf das Erforderliche beschränkt, geeignet und verhältnismäßig sei.

Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu dieser verfassungsrechtlichen Frage fehlen, was hier aber nur angemerkt sei.

2.7. Im Übrigen sei noch darauf verwiesen, dass die belangte Behörde das von ihr geübte Ermessen bei der Festsetzung der Höhe der von ihr im angefochtenen Bescheid angedrohten Zwangsstrafe nicht näher begründet hat (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/17/0229) und daher auch in diesem Zusammenhang eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof nicht möglich ist.

2.8. Aus den obigen Erwägungen ist der angefochtene Bescheid mit Begründungsmängeln behaftet, welche den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit und die beschwerdeführende Partei an der Verfolgung ihrer Rechte vor dem Verwaltungsgerichtshof hindern. Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

2.8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am