VwGH vom 27.08.2014, 2013/05/0031

VwGH vom 27.08.2014, 2013/05/0031

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerde des S F in W, vertreten durch Lansky, Ganzger Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Biberstraße 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-WBF/52/15539/2012-1, betreffend Wohnbeihilfe (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom wies der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 50, den Antrag des Beschwerdeführers vom auf Gewährung einer Wohnbeihilfe gemäß §§ 60 bis 61 Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz 1989 und der dazu ergangenen Verordnung der Wiener Landesregierung LGBl. Nr. 32/1989 ab. Begründend wurde ausgeführt, dass sich das monatliche Haushaltseinkommen derzeit auf EUR 2.086,90 belaufe und damit die Summe der

13. Einkommensstufe, die gemäß § 2 Abs. 1 der zitierten Verordnung für zwei Personen EUR 1.704,15 betrage, übersteige.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, das Haushaltseinkommen sei nicht korrekt ermittelt worden und betrage richtigerweise EUR 1.166,40. Bei der Berechnung seien weder Freibeträge noch - in der Berufung näher ausgeführte - außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden. Mindestsicherung und Mietbeihilfen seien bei der Ermittlung des Haushaltseinkommens nicht zu berücksichtigen. Außerdem beantragte der Beschwerdeführer "vor dem UVS Wien eine mündlichen Verhandlung und die Befassung des ganzen Senates".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und führte dazu im Wesentlichen aus, eine mündliche Berufungsverhandlung in der vom Beschwerdeführer begehrten Form sei gesetzlich nicht vorgesehen, und auf das Vorbringen zum Haushaltseinkommen sei nicht näher einzugehen gewesen. Dies deshalb, weil für die antragsgegenständliche Wohnung zunächst der Mutter des Beschwerdeführers Wohnbeihilfe gewährt, dann aber wegen eines zu hohen Haushaltseinkommens wieder eingestellt worden sei. Der dagegen erhobenen Berufung sei keine Folge gegeben worden und es sei festgestellt worden, dass die Mutter des Beschwerdeführers Eigentümerin eines Hauses in der Nähe von Wien wäre, was von vornherein die Gewährung von Wohnbeihilfe ausschlösse. Dieser Ansicht schließe sich die belangte Behörde im gegenständlichen Fall an, da die Gewährung von Wohnbeihilfe unter den Kompetenztatbestand "Armenwesen" falle und, ohne dass es näherer Ausführungen bedürfe, ersichtlich sei, dass einer Haushaltsgemeinschaft, der das Eigentum an einem um EUR 670,-- monatlich vermieteten, bebauten Grundstück im näheren Einzugsbereich der Bundeshauptstadt Wien zuzuordnen sei, nicht zusätzlich Wohnbeihilfe für die tatsächlich bewohnte Wohnung zu gewähren sei. Aus welchen Gründen das Haus nicht von der Eigentümerin bewohnt werde, sei unbeachtlich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 weiter anzuwenden.

Der Beschwerdeführer wendet in seiner Beschwerde im Wesentlichen ein, in der durch die belangte Behörde von der Behörde erster Instanz übernommenen Berechnung des Haushaltseinkommens sei der Freibetrag im Rahmen einer außergewöhnlichen Belastung aus eigener Behinderung von 30% gemäß § 34 Abs. 6 EStG trotz Vorlage der entsprechenden Nachweise nicht berücksichtigt worden. Die Mutter des Beschwerdeführers beziehe für ihren behinderten Sohn, den Beschwerdeführer, erhöhte Familienbeihilfe, der Beschwerdeführer selbst erhalte kein Pflegegeld. Daher sei ein pauschalierter Freibetrag von EUR 262,-- monatlich zu berücksichtigen und das Einkommen der Mutter um diesen Betrag zu kürzen. Die Kosten für Heilbehandlungen, Hilfsmittel etc. seien beim Einkommen der Mutter zu berücksichtigen und nicht bei jenem des Sohnes. Die Mietbeihilfe von EUR 184,60 hätte bei der Ermittlung des Haushaltseinkommens nicht hinzugerechnet werden dürfen. Feststellungen dazu, dass die befristete Berufsunfähigkeitspension des Beschwerdeführers mit weggefallen sei und seit eine monatliche Mindestsicherung und Mietbeihilfe bezogen werde, seien nicht getroffen worden.

Eigentum an einer Wohnung könne nur dann für die Beurteilung, ob Wohnbeihilfe zu gewähren sei, maßgeblich sein, wenn das dringende Wohnbedürfnis auch in dieser Wohnung befriedigt werden könne. Dazu seien jedoch von der belangten Behörde keine Feststellungen getroffen worden.

Weiters habe der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Der Beschwerdeführer habe damit sein Begehren klar zum Ausdruck gebracht; die belangte Behörde hätte eine mündliche Verhandlung durchführen und den (Teil )Antrag auf Senatsentscheidung zurückweisen müssen.

Abgesehen davon rügt der Beschwerdeführer die Unschlüssigkeit der Begründung, da sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt habe, sowie einen Verstoß gegen das Überraschungsverbot.

Im Beschwerdefall ist das Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz 1989 (WWFSG 1989), LGBl. Nr. 18/1989, in der Fassung LGBl. Nr. 23/2011 anzuwenden.

Gemäß § 60 Abs. 1 WWFSG 1989 ist dem Mieter einer nicht nach §§ 20 ff geförderten Wohnung, der durch den Wohnungsaufwand unzumutbar belastet wird, auf Antrag mit Bescheid Wohnbeihilfe zu gewähren, sofern er und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ausschließlich diese Wohnung zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwenden.

Das rechtspolitische Ziel, es solle nicht jemand aus öffentlichen Mitteln gefördert werden, der ohnedies über eine andere Wohnung verfüge, ist zwar grundsätzlich dem Wiener Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG 1989 zu unterlegen, aus dem Blickwinkel des Beschwerdefalles allerdings unter der Voraussetzung, dass ein dringendes Wohnbedürfnis an der zu fördernden Wohnung zu verneinen ist, wenn es gehörig in der anderen Wohnung befriedigt werden kann. Es genügt daher nicht, dass eine andere Wohnung überhaupt vorhanden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/05/0069, unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 2007/05/0166).

In Anbetracht dieser Rechtsprechung führt das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Erfolg. Die belangte Behörde geht auf das Berufungsvorbringen zum Haushaltseinkommen nicht ein, sondern verweist auf die Tatsache, dass die Mutter des Beschwerdeführers, die mit ihm im gemeinsamen Haushalt wohnt, Eigentümerin eines Gebäudes ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof in der genannten Judikatur bereits ausgeführt hat, hängt die Gewährung von Wohnbeihilfe aber nicht davon ab, ob Eigentum an einer anderen Wohnung vorhanden ist, sondern ob (trotzdem) ein dringendes Wohnbedürfnis an der zu fördernden Wohnung besteht. Die belangte Behörde hat nicht festgestellt, ob das dringende Wohnbedürfnis des Beschwerdeführers in dem im Eigentum der Mutter stehenden Haus befriedigt werden kann.

Eine solche Feststellung kann nicht mit dem Hinweis unterlassen werden, dass die Regelung der Wohnbeihilfe vom Landesgesetzgeber auf Grund des Kompetenztatbestandes "Armenwesen" gemäß Art. 12 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 15 Abs. 6 B-VG getroffen werden kann.

Der angefochtene Bescheid war schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, ohne dass auf das übrige Beschwerdevorbringen näher einzugehen gewesen wäre.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht (gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014) auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am