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VwGH vom 27.04.2020, Ra 2018/17/0206

VwGH vom 27.04.2020, Ra 2018/17/0206

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick, die Hofrätin Dr. Koprivnikar und den Hofrat Dr. Terlitza als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des T M in S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , LVwG-S-126/001-2018, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom wurde der Revisionswerber als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft der dreifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) mit drei bestimmt bezeichneten Glücksspielgeräten schuldig erkannt und über ihn drei Geldstrafen (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Der Revisionswerber habe sich in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft an Glücksspielen unternehmerisch beteiligt, weil diese Gesellschaft in einem näher genannten Zeitraum in einem näher bezeichneten Lokal die mit den Eingriffsgegenständen ermöglichten Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen dadurch organisiert habe, dass die Gesellschaft gegen Entgelt die Veranstaltung der verbotenen Ausspielungen gemäß § 2 Abs. 4 GSpG gegen Gewinn in Aussicht gestellt habe und "(...) dadurch selbständig und nachhaltig eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausgeübt hat (...)." Mit diesen näher bezeichneten Eingriffsgegenständen habe sich die vom Revisionswerber vertretene Gesellschaft als Eigentümerin der Glücksspielgeräte unternehmerisch beteiligt. 2 Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) der Beschwerde hinsichtlich eines Gerätes Folge, behob das Straferkenntnis in diesem Punkt und stellte das diesbezügliche Strafverfahren ein. Im Übrigen korrigierte es die Tatzeitangaben, ergänzte die Übertretungsnorm durch Angabe des "vierten Deliktsfalles" und die Strafsanktionsnorm (§ 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG) und setzte die verhängten Geldstrafen (sowie die Ersatzfreiheitsstrafen) herab. Überdies setzte es die Kosten für das verwaltungsbehördliche Verfahren neu fest und sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

In der rechtlichen Begründung führte das Verwaltungsgericht u. a. aus, dass sich die vom Revisionswerber vertretene Gesellschaft an den an der Tatörtlichkeit veranstalteten verbotenen Ausspielungen unternehmerisch beteiligt habe, "indem auf ihren Geräten gegen Entgelt die Veranstaltung verbotener Ausspielungen in Form von Walzenspielen organisiert" worden sei, um daraus Einnahmen zu erzielen.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich, soweit es den Revisionswerber belastet, die außerordentliche Revision. 4 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 1.1. Der Revisionswerber erachtet die Revision als zulässig, weil die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig zu erfolgen habe; diese Voraussetzungen seien im Revisionsfall entgegen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jedoch nicht erfüllt.

Die Revision ist aus den von ihr angeführten Gründen zulässig. Sie ist auch begründet.

6 1.2.§ 52 GSpG in der im Revisionsfall anzuwendenden Fassung, BGBl. I Nr. 105/2014, lautet auszugsweise:

"Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;

(...)."

7 1.3.§ 44a VStG regelt, welche Bestandteile der Spruch eines Straferkenntnisses zu enthalten hat. Dazu zählen unter anderem die als erwiesen angenommene Tat (Z 1) und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann. Der Revisionswerber hat zudem ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden (vgl. ). Die Identität der Tat muss unverwechselbar feststehen (vgl. , mwN). 8 1.4. Die belangte Behörde hat dem Revisionswerber im Spruch des Straferkenntnisses die Verwirklichung zweier verschiedener Tatbilder des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG durch eine Tathandlung vorgeworfen:

Zum einen enthält der Spruch den Vorwurf, die vom Revisionswerber vertretene Gesellschaft habe sich als Eigentümerin der Glücksspielgeräte/Eingriffsgegenstände an verbotenen Ausspielungen beteiligt (§ 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG); zum anderen wird dem Revisionswerber als Vertreter der Gesellschaft vorgeworfen, dass die Gesellschaft diese Glücksspiele in Form von Ausspielungen "dadurch organisiert" habe, dass die Gesellschaft "die Veranstaltung der verbotenen Ausspielungen öffentlich in bestimmten Kundenkreisen bei Vorliegen bestimmter im Lokal bekannt gemachter Voraussetzungen zusätzliche Gewinne in Aussicht gestellt" und dadurch Einnahmen erzielt habe (§ 52 Abs. 1 Z 1 zweites Tatbild GSpG).

9 § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG enthält insgesamt vier Tatbilder, die von einer Person in Ansehung eines Tatortes und einer Tatzeit nicht gleichzeitig verwirklicht werden können (vgl. zur Konsumtion zwischen erstem und viertem Tatbild ; vgl. zur Konsumtion zwischen erstem und drittem Tatbild ; zum zweiten Tatbild vgl. ).

10 Die vom Verwaltungsgericht durch Bestätigung des Straferkenntnisses insoweit übernommene Tatumschreibung im Spruch, die dem Täter gleichzeitig vorwirft, sowohl verbotene Ausspielungen "organisiert" als auch sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG an den verbotenen Ausspielungen "beteiligt" zu haben, widerspricht dem Bestimmtheitsgebot des § 44a VStG und entspricht demnach nicht den Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG, der eine entsprechende Eindeutigkeit und Genauigkeit der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat fordert (vgl. , mwN).

11 Das angefochtene Erkenntnis ist schon deshalb mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und ist gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

12 Es erübrigt sich daher, auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen.

13 2. Die Kostenentscheidung gründet auf den § 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018170206.L00

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