zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 25.03.2020, Ra 2018/17/0203

VwGH vom 25.03.2020, Ra 2018/17/0203

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick, die Hofrätin Dr. Koprivnikar und den Hofrat Dr. Terlitza als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des G P in S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom , LVwG 30.18-1062/2017-7, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag),

Spruch

1. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Ausspruchs über die Strafe wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom wurde der Revisionswerber als zur Vertretung nach außen berufener Geschäftsführer gemäß § 9 Abs. 1 VStG einer näher bezeichneten Gesellschaft als Gewerbeinhaberin des Gastgewerbebetriebes "Cafe-Bistro A" in K insgesamt neun Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 und 2 Glücksspielgesetz (GSpG) mit sechs näher bezeichneten Glücksspielgeräten sowie mit drei sogenannten "Cash Centern" schuldig erkannt und es wurden über ihn Geldstrafen samt Ersatzfreiheitsstrafen verhängt.

2 Mit dem angefochtenen, zunächst mündlich verkündeten Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde hinsichtlich der Glücksspielgeräte mit der Maßgabe ab, dass es pro Gerät eine gegenüber dem Straferkenntnis der belangten Behörde jeweils niedrigere Geldstrafe (samt Ersatzfreiheitsstrafe) verhängte (Spruchpunkt I.). Hinsichtlich der "Cash Center" gab es der Beschwerde hingegen statt, hob das Straferkenntnis in diesem Punkt auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich ein (Spruchpunkt II.). Weiters sprach das Verwaltungsgericht gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 Gegen Spruchpunkt I. dieses Erkenntnisses richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer

außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert - vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 1. Liegen - wie hier in Bezug auf den Ausspruch von Schuld und Strafe - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision getrennt zu prüfen (vgl. z.B. , mwN).

9 2.1. Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision zur Unionsrechtskonformität ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; , Pfleger, C- 390/12, Rn. 47 ff; , Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; , Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie , Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17, Rn. 22 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom , Ra 2018/17/0048 bis 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Pfleger, C-390/12. 10 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom , Online Games Handels GmbH u.a., C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie bis 0049, Rn. 24 ff; ).

11 Entgegen dem weiteren Zulässigkeitsvorbringen steht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das in § 14 Abs. 3 GSpG statuierte Erfordernis eines Sitzes im Inland bzw. der davon normierten Ausnahme, wenn die ausländische Kapitalgesellschaft in ihrem Sitzstaat über eine vergleichbare Lotterienkonzession verfügt und einer vergleichbaren staatlichen Glücksspielaufsicht unterliegt, die im Sinne des § 19 GSpG der österreichischen Aufsicht erforderlichenfalls Kontrollauskünfte übermittelt und für sie Kontrollmaßnahmen vor Ort durchführt, nicht mit Unionsrecht im Widerspruch (vgl. näher bis 0049, Rn. 34 ff). Auch in diesem Zusammenhang wird daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.

12 Anders als der Revisionswerber vertritt, kann sich das GSpG selbst bei Hinweisen auf das Vorliegen einer expansionistischen Geschäftspolitik der Konzessionäre - etwa durch das Glücksspiel verharmlosende Werbung - nach der Rechtsprechung des EuGH und des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen der Gesamtwürdigung als mit dem Unionsrecht in Einklang stehend erweisen, wenn etwa mit dieser Geschäftspolitik eine Umlenkung von Spielern vom illegalen zum legalen Glücksspiel sichergestellt werden soll (vgl. , 0460, sowie , Ra 2017/17/0947). Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht nicht abgewichen.

13 2.2. Die Revision bringt zur Zulässigkeit weiters vor, das angefochtene Erkenntnis widerspreche den Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG, weil der Tatort nicht bezeichnet worden sei.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat sich der Tatvorwurf auf eine bestimmte physische Person des Beschuldigten, ferner auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschriften im Sinne des § 44a Z 2 VStG zu beziehen. § 44aVStG wird entsprochen, wenn der Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorwirft, dass er in die Lage versetzt wird, den Tatvorwurf zu bestreiten, und er davor geschützt wird, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. z.B. , mwN).

Im Einklang mit diesen Grundsätzen wird dem Revisionswerber die Übertretung gemäß § 9 Abs. 1 VStG als zur Vertretung nach außen berufenem Geschäftsführer der Gewerbeinhaberin des Gastgewerbebetriebes "Cafe-Bistro A" in K vorgeworfen. Der Tatort ergibt sich somit ausdrücklich aus dem Spruch, weshalb kein Abweichen von der hg. Rechtsprechung vorliegt.

14 Davon ausgehend kann der Verwaltungsgerichtshof im Revisionsfall nicht erkennen, dass der im Spruch des Straferkenntnisses umschriebene Tatort ("Cafe-Bistro A" in K) dem im § 44a Z 1 VStG umschriebenen Rechtsschutzbedürfnis des Beschuldigten nicht entspräche und das angefochtene Erkenntnis insofern von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abwiche.

15 2.3. Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen, soweit es sich gegen den Schuldspruch richtet, keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf, sodass sich die Revision in diesem Umfang als unzulässig erweist. 16 3.1. Soweit die Revision jedoch vorbringt, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zu näher genannter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 3 VStG, wonach im Spruch u. a. auch die "richtige" Strafsanktionsnorm anzuführen sei, erweist sie sich als zulässig. Sie ist insofern auch begründet. 17 3.2. Die hg. Rechtsprechung räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint. Gleiches gilt für die Anführung der Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. z.B. ). Im vorliegenden Fall ist bei einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG die Strafsanktionsnorm § 52 Abs. 2 GSpG.

18 3.3. Das Verwaltungsgericht hat, falls der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides fehlerhaft ist, weil z.B. die angewendeten Gesetzesstellen unrichtig oder unvollständig zitiert wurden, dies in seinem Abspruch zu ergänzen oder richtigzustellen (vgl. , 0148, mwN).

19 Im verwaltungsbehördlichen Straferkenntnis wurde(n) als Strafsanktionsnorm(en) "§ 52 Abs. 1 Ziffer 1 und 2 GSpG iVm § 16 Abs. 1 und 2 VStG 1991" angeführt. Das Verwaltungsgericht hat - abgesehen von der Herabsetzung der Strafe - in seinem durch die vorliegende Revision angefochtenen Spruchpunkt I. die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Strafsanktionsnorm nicht korrigiert, was aber zwingend notwendig gewesen wäre, weil es - anders als die belangte Behörde - von § 52 Abs. 2 GSpG als strafsatzbestimmend ausging, der im Straferkenntnis nicht als Strafsanktionsnorm genannt war. Damit belastete es das angefochtene Erkenntnis insoweit mit Rechtswidrigkeit des Inhalts (vgl. z.B. , mwN).

20 4. Das angefochtene Erkenntnis war daher im Umfang des Ausspruchs über die verhängten Strafen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

21 Im Übrigen war die Revision zurückzuweisen.

22 5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf § 47 ff VwGG, insbesondere § 50 VwGG, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018170203.L00

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.