VwGH vom 10.08.2010, 2010/17/0067
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde der I GmbH in S, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 5, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ib-17512/12- 2010, betreffend Wasseranschlussgebühren (mitbeteiligte Partei:
Stadtgemeinde K, vertreten durch Brüggl Harasser OEG, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Rathausplatz 2/II), zu Recht erkannt:
Spruch
Der Bescheid der belangten Behörde wird im angefochtenen Umfang (also hinsichtlich seines Spruchpunktes 2 betreffend die Vorschreibung einer Wasseranschlussgebühr) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte kann auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/17/0020, verwiesen werden. Mit diesem hatte der Verwaltungsgerichtshof den damals vor ihm angefochtenen Bescheid der belangten Behörde hinsichtlich seines Spruchpunktes 1 betreffend die Vorschreibung der Kanalanschlussgebühr durch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligte Partei wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hinsichtlich seines Spruchpunktes 2, betreffend die Vorschreibung der Wasseranschlussgebühr, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Diesbezüglich verwies der Verwaltungsgerichtshof darauf, dass die beschwerdeführende Partei ausgeführt habe, sie habe in beiden Angelegenheiten (sowohl der Kanalanschlussgebühr wie auch der hier gegenständlichen Wasseranschlussgebühr) einen Vorlageantrag per Einschreiben an den Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde verfasst und diesen in einem Kuvert am zur Post gegeben. Die Feststellung der belangten Behörde, dass kein Vorlageantrag gestellt worden sei, sei sohin unrichtig und unbegründet.
Die belangte Behörde habe - so der Verwaltungsgerichtshof in dem erwähnten Erkenntnis weiter - festgestellt, dass der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Abgabenbehörde II. Instanz über die Wasseranschlussgebühr ohne Vorlageantrag der beschwerdeführenden Partei entschieden habe; sie habe jedoch hiezu die beschwerdeführende Partei nicht gehört. Diese habe daher zulässigerweise vor dem Verwaltungsgerichtshof ein Vorbringen erstatten und so darlegen können, dass die belangte Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften (möglicherweise) zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.
Mit ihrem Bescheid vom entschied nunmehr die belangte Behörde in ihrem Spruchpunkt 1 (neuerlich) über die Vorschreibung der Kanalanschlussgebühr. In dem - allein Gegenstand des jetzigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bildenden - Spruchpunkt 2 gab sie der Vorstellung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom über die Vorschreibung der Wasseranschlussgebühr Folge und behob den angefochtenen Bescheid ersatzlos.
Diesbezüglich führte die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides aus, dass sie die beschwerdeführende Partei aufgefordert habe, eine Stellungnahme hinsichtlich des (fehlenden) Vorlageantrages abzugeben. In der fristgerecht eingelangten Stellungnahme habe die abgabenpflichtige beschwerdeführende Partei im Wesentlichen mitgeteilt, dass die Übersendung beider Vorlageanträge (zur Kanalanschlussgebühr und zur Wasseranschlussgebühr) "offensichtlich" in einem Kuvert am zur Post gegeben worden sei. Als Nachweis dafür habe sie mit Ausstellungsdatum vom versehene Kopien von Schriftstücken übermittelt sowie eine eidesstattliche Erklärung einer Mitarbeiterin des für sie einschreitenden Rechtsanwaltes vorgelegt.
In weiterer Folge - so die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides weiter - sei das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Stadtgemeinde zur Kenntnis gebracht und gleichzeitig die am im Zuge des Vorstellungsverfahrens per E-Mail an die Tiroler Landesregierung ergangene Erklärung der Abgabenbehörde, "wonach ein weiterer
Vorlageantrag im Stadtbauamt der Stadtgemeinde ... nicht
aufliege", mit der Bitte um Stellungnahme übermittelt worden.
Mit Schreiben vom habe die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligte Partei mitgeteilt, dass auf die Ausführungen in der Gegenschrift im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof verwiesen werde. Dort heißt es:
"Entgegen den Behauptungen der Firma (beschwerdeführende
Partei) wurde ein Vorlageantrag nicht gestellt. Der behauptete
Vorlageantrag ist bei der Stadtgemeinde ... nie eingegangen. Der
von der Gegenseite behauptete Vorlageantrag enthält einen
Stempelaufdruck, der nicht der Stadtgemeinde ... zuzuordnen ist,
vielmehr dürfte es sich um den Eingangsstempel der Kanzlei des Rechtsvertreters der Firma (beschwerdeführende Partei) handeln."
Aus Sicht der Behörde sei im verfahrensgegenständlichen Fall und im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zunächst festzustellen, dass die Beförderung einer Sendung durch die Post auf Gefahr des Absenders erfolge. Die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde treffe den Absender; dafür reiche der Beweis der Postaufgabe nicht.
Im Ergebnis und nach Anhörung der Abgabepflichtigen stehe für die belangte Behörde fest, dass den "Feststellungen" der beschwerdeführenden Partei über die Einbringung von zwei Vorlageanträgen in einem Kuvert nicht gefolgt werden könne. Dies vermöge auch die der Stellungnahme vom beigelegte Kopie nicht zu entkräften. Auch der am gegenständlichen Schriftstück angebrachte Stempelaufdruck (Datumstempel mit dem Rubriken "Porto", "Einschr." und "erledigt") sei nicht geeignet, das Gegenteil darzutun. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der beschriebene Stempel dem Vertreter der Abgabepflichtigen zuzurechnen sein werde. Auch die "Erklärung an Eidesstatt" einer Sekretärin der Kanzlei des ausgewiesenen Vertreters der Abgabepflichtigen (beschwerdeführenden Partei) sei nicht als Beweis für das Einlangen eines Schriftstückes bei der Behörde im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtsprechung anzusehen.
Die beschwerdeführende Partei bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.
Die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligte Stadtgemeinde hat gleichfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Es trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. neben dem von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zitierten Erkenntnis vom , Zl. 2002/13/0165, etwa auch noch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/15/0137), die Beförderung einer Sendung durch die Post auf Gefahr des Absenders erfolgt, diesen die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde trifft und der Beweis der Postaufgabe für den Beweis des Einlangens nicht ausreicht. Der hier zu beurteilende Beschwerdefall ist jedoch dadurch gekennzeichnet, dass der Vorlageantrag hinsichtlich der Kanalanschlussgebühren, der - behauptetermaßen - in einer Postsendung mit dem (im Akt nicht vorhanden) Vorlageantrag hinsichtlich der Wasseranschlussgebühren aufgegeben wurde, unstrittig beim Adressaten (Abgabenbehörde) eingelangt ist.
In diesem Fall wäre es erforderlich gewesen, näher darzulegen, warum - etwa auf Grund der Ablauforganisation bei der Abgabenbehörde - das Nichteinlangen des Schriftstückes als wahrscheinlicher denn das Nichtabsenden (oder der Verlust) angesehen werden kann, sodass die oben erwähnte Gefahrtragungsregel zur Anwendung käme.
Dies erkennt die belangte Behörde offenbar selbst, führt sie doch nach ergänzenden Erhebungen (nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof) in der Gegenschrift selbst aus, dass die gegenständliche Postsendung am nach Eingang in der Poststelle vom Adressaten (dem Bürgermeister) persönlich geöffnet, sodann an das Direktionssekretariat zu Handen der Sachbearbeiterin des Posteinganges umgehend weitergegeben, von dieser mit dem Posteingangsstempel und der Geschäftszahl versehen wurde und nach Sichtung durch den Stadtamtsdirektor in das Scanprogramm der Posteingangsstelle eingetragen worden sei. Dabei sei nicht aufgefallen, dass der Briefsendung ein weiteres Schriftstück (als das in Bearbeitung genommene) beigelegt gewesen sei. Derartige Feststellungen, auf die sich die Beweiswürdigung hinsichtlich des Nichteinlangens des Poststückes hätte stützen können, enthält jedoch der angefochtene Bescheid nicht; derartige Feststellungen können aber in der Gegenschrift nicht mehr nachgetragen werden. Dadurch, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die erforderlichen Feststellungen unterlassen hat, konnte eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nicht vorgenommen werden.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Kosten für die Bescheidkopie in der Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG inkludiert ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/02/0212).
Wien, am